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Denkfehler Wirtschaftsdebatte

Die politische Debatte kreist oft um wirtschaftliche Zusammenhänge. Vielen Menschen sind diese fremd. Denkfehler und Vorurteile zur Wirtschafts- und Finanzpolitik sind schon deshalb weit verbreitet. Die NachDenkSeiten klären immer wieder darüber auf.

Schäubles Selbstzeugnis: „Abgehärtet in einem langen bösen Leben“

Albrecht Müller

Dieser Geist prägt die aktuelle Politik in Europa: Strafen für Portugiesen und Spanier, damit sie ihre Volkswirtschaft nach des abgehärteten Deutschen Rezept weiter runterfahren. Kaputte Brücken in Deutschland (Quelle: Welt Online ), damit Schäuble sich seiner Schwarzen Null rühmen kann. Europas Banken voller fauler Kredite – nicht nur, aber auch wegen Schäubles und seiner Abnicker Austeritätspolitik. Dieser abgehärtete, böse (?) Badener wird zum Totengräber eines liebenswerten Europa der guten Nachbarschaft. Albrecht Müller.

Schäuble blendet Medien genauso wie das wirtschaftspolitisch ziemlich unwissende Bürgertum

Albrecht Müller

Am vergangenen Sonntag haben wir so etwas wie das Feuerwerk des Wolfgang Schäuble erlebt: ein Interview mit „Welt am Sonntag“ und ein Interview für den „Bericht aus Berlin“ der ARD. Da war vom „Reformplan“ Schäubles für die EU die Rede. „Vom Hardliner zum Brückenbauer“ hieß es über Schäuble. Bei der WamS lautete die zur Überschrift gemachte Aussage von Schäuble: „In Europa nicht so weitermachen wie bisher“. Für den Berliner Tagesspiegel schrieb der Chefredakteur in „CASDORFFS AGENDA“: „Mister Klartext: Nach dem Brexit redet keiner so offen über Fehler wie Wolfgang Schäuble. Keiner sagt auch so klar, was zu tun oder zu unterlassen ist.“ Wenn Sie die Sendungen gesehen haben oder die Texte lesen, dann werden Sie feststellen: Alles heiße Luft. Und die Journalistinnen und Journalisten atmen die heiße Luft ein und nicken. Albrecht Müller.

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„Die ganze Wahrheit über alles“ – eine Gebrauchsanleitung für die Zukunft

Man kann’s ja doch nicht ändern? Es ist alles viel zu kompliziert und es gibt keine Lösungen? Falsch, es ist alles ganz und gar nicht so kompliziert, wie uns die wenigen Gewinner im globalen Optimierungsspiel nur allzu gern glauben lassen. Gut gemeint war wahrscheinlich viel – von Agrarrevolution bis Demokratie, von Kapitalismus bis Wachstum und Zuwanderung. Nur: Daraus gemacht haben wir meist ein Riesendesaster. Mathias Bröckers und Sven Böttcher liefern mit ihrem neuen Buch „Die ganze Wahrheit über alles“ eine Gebrauchsanleitung für die Zukunft – für alle, die noch eine haben wollen. Hier ein Auszug.

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„Die gleichgeschaltete öffentliche Meinung blockiert die Wirtschaftspolitik“

Albrecht Müller

So lautet die Unterüberschrift eines Artikels über „Rezession oder Reformstau?“ von Heiner Flassbeck und mir in der FAZ vom 23.2.2002. Dieser nun schon über 14 Jahre alte Text ist immer noch lesenswert. Hier der Text als PDF. Wir erläutern dort, dass vor Beginn der Agenda 2010 schon 20 Jahre neoliberale Politik praktiziert worden ist. Erfolglos. Wir sagen das Scheitern der zum 1.1.2002 eingeführten Riester-Rente voraus und beschreiben, welch ein Wahnsinn dieses Projekt der Altersvorsorge schon aus makroökonomischer Sicht war und ist. Wir zeigen, welche jämmerliche Rolle die Mehrheit der deutschen Medien in wichtigen Fragen der Politik spielt. Albrecht Müller

Der Brexit und die Angst der Transatlantiker

Eine Woche vor dem entscheidenden Referendum vergrößern Umfragen zufolge die Brexit-Befürworter ihren knappen Vorsprung. Es ist also durchaus im Bereich des Möglichen, dass die EU und Großbritannien schon bald in Brüssel die Einzelheiten ihrer Scheidung verhandeln. Was dann passiert, ist vollkommen offen und liegt einzig und allein im Verantwortungsbereich der Verhandlungspartner. Die Welt wird dadurch weder gerettet noch untergehen. Und die Katastrophenszenarien der Freunde der transatlantischen Sache werden auch nicht automatisch eintreten. Der Brexit allein wäre auch kein Grund, eine Träne zu vergießen. Doch was kommt danach? Und warum haben vor allem die Transatlantiker in den Redaktionsstuben derart Angst vor einem Brexit? Von Jens Berger

Auch Gewerkschafter leben offensichtlich in der Glaubensgemeinschaft der TiSA-, CETA- und TTIP-Befürworter

Albrecht Müller

Das Wort „Freihandel“ hat offenbar eine bezaubernde Wirkung, die auch Gewerkschafter erfasst. Am 2. Juni erschien im „klartext 22/16“ des DGB unter der Überschrift „TiSA: Wikileaks bringt Licht ins Dunkel“ ein Artikel der Wirtschaftsabteilung. (Siehe hier und Wiedergabe in der Anlage.) Ab dem zweiten Absatz wird vor dem Liberalisierungs- und Deregulierungsdruck von TiSA gewarnt; dort finden sich vernünftige und nachvollziehbare Aussagen.Im ersten Absatz jedoch taucht die unausgegorene Anhimmelei der neoliberal geprägten Befürworter der sogenannten Freihandels-Abkommen auf. Albrecht Müller.

Vom Niedergang der ökonomischen Wissenschaft und Publizistik – dargestellt an der Rentenpolitik und am makroökonomischen Unverstand

Es ist immer wieder erstaunlich, feststellen zu müssen, dass es in der Entwicklung der Menschheit so etwas wie eine Regression, also einen Niedergang, eine Rückwärtsentwicklung des Wissens und der Erkenntnis gibt. Heiner Flassbeck hat dies heute am Beispiel der rentenpolitischen Debatte belegt: Journalistischer Renten-Mischmasch – oder wie man ein wichtiges Thema mit Vorurteilen erledigt, obwohl die Lösung auf der Hand liegt. – Mit Hilfe einer wichtigen Rede des Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller vom April 1967 kann man belegen, wie die makroökonomischen Erkenntnisse und Einschätzungen abgestürzt sind. Beredtes Zeichen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Relevanz des Absturzes ist das immer wieder erzählte Vorurteil, in den siebziger Jahren sei die von Keynes geprägte aktive Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik gescheitert. Albrecht Müller.

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Gestatten, Stettmer! Ich will Ihre tolle Mindestlohn-Analyse praktisch umsetzen!

Eine häufige Behauptung der Neoliberalen lautet: Mindestlöhne führen zu mehr Arbeitslosigkeit, weil Unternehmen jene Mitarbeiter entlassen müssen, die den Mindestlohn von 8,50 Euro nicht erwirtschaften. Schließlich machen sie mit diesen “unproduktiven” Beschäftigten ja Verluste. Was aber, wenn ein Unternehmer um Hilfe bittet beim Versuch, die Wirtschaftlichkeit bzw. Produktivität seiner Mitarbeiter zu berechnen? Dann sind fünf – teils prominente – Volkswirte und Institutionen mit ihrem Latein am Ende, wie unser Gastautor Thorsten Wolff als imaginärer Café-Betreiber Klaus Stettmer von ihnen erfahren musste.

„Wettbewerbsfähigkeit“ – das (ökonomische) Unwort der vergangenen Jahre

Das Wort „Gutmensch“ ist in dieser Woche zum Unwort des Jahres 2015 erklärt worden. Dass es ein Begriff rund um die Flüchtlingsdebatte werden würde, war abzusehen, denn diese überlagert derzeit alle anderen Themen. Auf Platz zwei landete mit „Hausaufgaben“ dann ein Wort aus der Euro- und Griechenlandkrise. Um zum „Unwort des Jahres“ gekürt zu werden, muss ein Begriff folgende Kriterien erfüllen: erstens gegen die Prinzipien der Menschenwürde und Demokratie verstoßen, zweitens einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren und drittens euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend sein. Darüber hinaus sollte der Begriff eine gewisse Aktualität aufweisen und allgemein bekannt sein. Von Thomas Trares [*]

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Schäubles „schwarze Null“ auf dem Weg in die Geschichtsbücher? – Über Sinn und Zweck staatlicher Budgetdefizite

Die Verklärung der „schwarzen Null“ im Bundeshaushalt, die in der letzten Woche – trotz Milliarden-Mehrausgaben aufgrund der Flüchtlingskrise – auch für das Jahr 2016 im Bundestag als Ziel beschlossen wurde, nimmt hierzulande bisweilen groteske Züge an. So schrieb etwa Roland Tichy erst kürzlich fast wortgleich in „bild.de“ und in „Tichys Einblick“: „Die schwarze Null bedeutet, dass wir erstmals seit 1969 keine neuen Schulden aufnehmen. Eine großartige Leistung! Damit hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sich einen Platz in den Geschichtsbüchern erobert.“ Von Günther Grunert[*]

„Mehrheitsgesellschaft“ – Wissen Sie, was das ist? Ich auch nicht.

Aber der Terrorismus-Experte Peter R. Neumann und der ihn interviewende Deutschlandfunk-Redakteur Armbrüster scheinen das genau zu wissen. Am Dienstag früh verlautbarte der in London arbeitende Professor, die in den Terrorismus abgleitenden Jugendlichen fühlten sich von der „Mehrheitsgesellschaft“ verraten und ausgeschlossen, und die Jugendarbeit habe dem Zweck zu dienen, sie „wieder für diese Gesellschaft zu gewinnen“. (Die entsprechende Interviewpassage folgt gleich.) Interessant: Begriff und Argumentation signalisieren, dass eine friedliche Alternative zur „Mehrheitsgesellschaft“ nicht gesehen wird und auch nicht gesucht wird. TINA auch hier bei der Terrorismus-Ursachenforschung und den Therapieerwägungen. Albrecht Müller.

Merkels Herrenmenschentum gründet nicht auf eigener Leistung sondern auf der Fehlkonstruktion der Eurozone und der brutalen Ausnutzung dieser Fehlkonstruktion

Es wird in diesen Tagen und Stunden viel geschrieben. Alleine die Hinweise des Tages enthalten eine Reihe von sehr guter Analysen, darunter einen Beitrag von Don Alphonso „Das ist ein Putsch gegen die alte BRD“ auf faz.blog, dem ich die Erinnerung an die Tradition des „Herrenmenschen“ verdanke. In den Analysen und Wertungen der verschiedenen Artikel kommt ein Hinweis zu kurz: Die deutsche Volkswirtschaft verdankt ihre Stärke im Vergleich zu der Mehrheit der anderen Euro Staaten einer Fehlkonstruktion. Man kann eine Währungsunion nämlich nicht gründen, wenn man nicht zugleich dafür sorgt, dass die Wettbewerbsfähigkeiten der Partner/alias: die Lohnstückkosten sich einigermaßen ähnlich entwickeln und auf mittlere Sicht ein Ausgleich der Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite stattfindet. Deutschland hat diese Fehlkonstruktion brutal ausgenutzt. Es hat mit der Agenda 2010 die Löhne gedrückt und ist stolz auf die Entwicklung eines Niedriglohnsektors. Von Albrecht Müller

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Die Krise in Griechenland: Kein Mangel an absurden Erklärungsversuchen

Eine Schnellschätzung von Eurostat [PDF – 63,5 KB], dem statistischen Amt der Europäischen Union, ergab in der vorletzten Woche, dass das saisonbereinigte reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Griechenland im ersten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent gesunken ist. Da die Wirtschaftsleistung des Landes bereits im vierten Quartal 2014 um 0,4 Prozent geschrumpft war, befindet sich Griechenland nach einer gängigen Definition damit wieder in einer Rezession (zwei Minus-Quartale in Folge). Von Günther Grunert[*].

Flexible Arbeitsmärkte senken die Produktivität und verhindern Arbeitsplätze

Angeführt von der deutschen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat die Eurogruppe auf ihrer Position beharrt, auch die neue griechische Regierung unter Alexis Tsipras (SYRIZA) müsse sich zu “Strukturreformen” bekennen und diese weiterführen. Zu solchen “Reformen” gehört regelmäßig auch die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Die dümmlich-neoliberale Halsstarrigkeit von Schäuble und Co. ist deshalb Anlass genug, auf einen wesentlichen Zusammenhang hinzuweisen: Die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts erhöht nicht die Produktivität (und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) von Unternehmen und Volkswirtschaften, sondern senkt sie sogar. Und sie verhindert die Schaffung von Arbeitsplätzen. Von Patrick Schreiner.