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Europäische Union

Europa – mehr Demokratie wagen!

Seit gestern sind die rund 375 Millionen Wahlberechtigten in der EU aufgerufen, ein neues EU-Parlament zu wählen. Viel zu wenige werden diesem Ruf folgen und wenn am Sonntagabend die Ergebnisse veröffentlicht sind, wird der Katzenjammer der etablierten Politik groß sein. Die Heuchelei kennt keine Grenzen. Wer jahrelang die Demokratie mit Füßen getreten und Europa für seine eigenen Interessen missbraucht hat, braucht sich nicht darüber zu wundern, wenn die Bürger sich vom politischen Europa abwenden. Doch diese Entwicklung ist fatal. Nur mit einem Mehr an Demokratie kann das europäische Projekt noch gerettet werden. Von Jens Berger

Das zentrale Element der Friedenspolitik wäre heute der Verzicht auf Eskalation und vor allem auf Destabilisierung.

Heute treffen sich die Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine und die Außenbeauftragte der EU Ashton zu einem als wichtig erachteten Gespräch über den Konflikt in und um die Ukraine. Die Begleitmusik ist im wahrsten Sinne des Wortes mörderisch: „Deutschland schickt Kampfjets nach Osteuropa“ überschrieb Spiegel Online einen Text zur Erklärung des NATO-Generalsekretärs Rasmussen, das Bündnis verstärke seine Truppen in Osteuropa. Der Grünen-Europa-Abgeordnete Werner Schulz weiß wie auch der NATO-Generalsekretär, dass Putin der Verursacher der Eskalation ist. Und der Deutschlandfunk verbreitet die Thesen von Schulz in einem langen Interview. Zur gleichen Zeit lässt Angela Merkel verkünden, sie habe die Regierung in Kiew für deren Vorgehen gelobt. Auch in Russland wird Stimmung gemacht. So schaukelt sich die Neigung zum Konflikt hoch. Hier wie in vielen anderen Medien unseres Landes. In wessen Hände sind wir da geraten! Von Albrecht Müller

Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, ein Weckruf zum Umdenken

Dass der Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinien von Anfang an für ungültig erklären würde und damit außer Kraft setzt, hatte wohl kaum jemand erwartet. Die Richter sehen durch die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten aus dem Jahre 2006 die „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“, speziell die Rechte auf Achtung des Privatlebens sowie auf den Schutz personenbezogener Daten, verletzt. Sie rechnen gründlich mit der Verharmlosung ab, wonach ja nur Verbindungsdaten und keine Kommunikationsinhalte gespeichert würden. Das Gericht sieht allerdings den Wesensgehalt dieser Grundrechte durch Datenspeicherung dann (noch) nicht tangiert, wenn die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränkt sind.
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, der die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Regierungsprogramm machte, läuft nun ins Leere. Die Richtlinie existiert nicht mehr. Die Frage ist nicht nur, ob ein deutsches Vorpreschen mit einem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor der Erarbeitung einer neuen Richtlinie auf europäischer Ebene Sinn macht. Das Urteil sollte vielmehr Anlass für ein Umdenken sein, nämlich darüber Aufklärung zu verlangen, ob eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt zu mehr öffentlicher Sicherheit führen kann. Dieser Beweis ist bisher nicht erbracht. Von Wolfgang Lieb.

Ergänzende Informationen zur Veranstaltung mit AM am kommenden Freitag

Aus aktuellem Anlass wird Albrecht Müller bei seinem Vortrag in Walzbachtal am 4.April 19 Uhr – siehe hier – neben anderem einen Willy-Brandt-gemäßen Schwerpunkt setzen: Was ist nötig, um uns in Europa den Frieden zu erhalten und nicht in eine neue West-Ost-Konfrontation zurück zu fallen. – Darüber gibt es vermutlich eine spannende Diskussion. Im folgenden Informationen zur Erreichbarkeit des Veranstaltungsorts und der Hinweis, dass die Veranstaltung keine Parteiveranstaltung, sondern offen für jedefrau und jedermann ist. Albrecht Müller

Eilmeldung: Putin und Obama verständigen sich auf eine europäische Friedensordnung

Wie die NachDenkSeiten vor wenigen Minuten aus absolut vertrauenswürdiger Quelle erfahren haben, sind in der letzten Nacht unter absoluter Geheimhaltung US-Präsident Barack Obama und der russische Präsident Wladimir Putin in Berlin zusammengetroffen und haben sich auf Grundzüge einer neuen europäischen Friedensordnung verständigt.
Das Treffen wurde von den Außenministern beider Staaten John Kerry und Sergej Lawrow bei ihren mehrstündigen Verhandlungen in Paris vorbereitet. Ihre Statements waren deshalb so nichtssagend, weil sie absolutes Stillschweigen darüber vereinbart hatten, dass sie einen diplomatischen Durchbruch erzielt hatten und ihren Regierungschefs grünes Licht für deren geheimes Zusammentreffen geben konnten. Hier die Grundzüge der Verständigung die Obama und Putin noch im Laufe des Tages der Weltöffentlichkeit präsentieren wollen. Von Wolfgang Lieb.

Die neue Konfrontation West-Ost. Wie geht es vermutlich weiter? Gedanken zur Ukraine, zu Putins Rede vom Dienstag, zu unseren Medien, etc. (Teil I)

Bis hierher und nicht weiter – das ist der Grundtenor der Rede des russischen Präsidenten vom 18. März. Putin erläutert und begründet, warum sich Russland betrogen fühlt. Bei uns im Westen reagiert man mit Sanktionen und wie schon zuvor mit scharfmacherischen Redensarten. Ausnahmen gibt es auch. Aber die Kräfteverhältnisse haben sich in Richtung Konfrontation verschoben, einschließlich der Wiederbelebung des Konzepts der Abschreckung statt der Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Europa und der dafür notwendigen Vertrauensbildung und Abrüstung. Katalysator und Träger der neuen Konfrontation sind herausragende Personen von untereinander vernetzten Leitmedien und eine Fülle von Instituten, Vereinigungen, Stiftungen und PR Agenturen. Albrecht Müller.

Warum ist eigentlich die Zuwanderung direkt in ein soziales Fürsorgesystem in Europa und in Deutschland so unklar und missverständlich geregelt?

Städte beklagen sich über die gehäufte Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren. Die CSU inszeniert eine populistische Wahlkampagne unter dem Motto „Wer betrügt, fliegt“. Es geht nicht um „Armutswanderung“, es geht um Menschen, die nach Deutschland kommen, aber auch hier keine besseren Lebensmöglichkeiten finden, bzw. sie nur dadurch realisieren können, dass sie von Anfang an ins Fürsorgesystem einwandern und nur deswegen dauerhaft verbleiben können.
Die Frage ist nun, wie ist das in Europa geregelt? Darf man ohne jede Einschränkung einwandern, oder darf man von Leistungen oder vom weiteren Aufenthalt ausgeschlossen werden und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Weder Behördenmitarbeiter, noch Gerichte, noch Wissenschaftler oder gar Journalisten wissen genau Bescheid. Nur Politiker – und zwar aus jeder Richtung – und die Kommission, vor allem Sozialkommissar Andor und Justizkommissarin Reding behaupten, das sei alles ganz eindeutig geregelt. Nicht die Zuwanderer seien das Problem, sondern eine problematische EU-Gesetzgebung, die die Personenverkehrsfreiheit forcieren will, aber der nichts am Schutz des Niveaus nationaler sozialer Sicherheitssysteme liegt, meint Helga Spindler.

Noch ein Nachtrag: Es geht um Krieg und Frieden und um die nicht enden wollende Kette von Manipulationen

Wir geben in Anlage 1 einen Essay von Peter Vonnahme, ehemals Richter am Bayer. Verwaltungsgerichtshof, zum Thema: „Ukraine – ein Musterfall von double standards und Totalausfall staatsmännischer Kunst“ wieder. Der Autor skizziert die selbstgerechte Heuchelei des Westens, die Völkerrechtsbrüche und die inakzeptable „Grenzüberschreitung“ durch den Westen – durch die USA und in ihrem Gefolge durch EU und Nato. – Sehr lesenswert. – Dann weisen wir in Anlage 2 beispielhaft auf den Fall einer konkreter Manipulation durch das Heute Journal des ZDF hin, in Anlage 3 auf die Einseitigkeit des Deutschlandfunks und in Anlage 4 auf den Einsatz der GfK aus Nürnberg in der Ukraine. – Wir bitten um Entschuldigung dafür, dass wir das Thema „Ukraine“ so intensiv bearbeiten. Aber leider gilt hier der Satz von Willy Brandt: „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ Albrecht Müller

Gemeinsame Sicherheit – das ist der entscheidende Gedanke.

Die Reaktionen auf unsere Beiträge (hier und hier) zu Krieg und Frieden und die Verwirrung in der öffentlichen Debatte machen ein paar Nachträge notwendig und sinnvoll. Als erstes ist auf die heute von Gregor Gysi gehaltene Rede aufmerksam zu machen. In Anhang 1 geben wir sie komplett wieder. Aus Gründen der Pluralität aber vor allem, um Ihnen den direkten Vergleich zu ermöglichen, geben wir in Anlage 2 die Erklärung des SPD Vorstands vom 10. März zum Thema wieder. – Dann will ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass es noch friedenspolitische Initiativen und Gruppen in Deutschland gibt. Ihre Arbeit wollte ich mit meiner Frage, wo die Friedensbewegung geblieben ist, keinesfalls herabwürdigen. – Dann wird kritisiert, wir gingen mit Putin zu freundlich um und würden die Verhältnisse in Russland verharmlosen. Von Albrecht Müller

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Die Debatte um die Exportüberschüsse ist ein einziger Beleg für den Niedergang der ökonomischen Wissenschaft und der Qualität politischer Entscheidungen

Die deutsche Politik, genauer müsste man sagen: Teile der deutschen Politik in Person des Bundeswirtschaftsministers, haben zehn Jahre gebraucht, um wenigstens ein bisschen einzusehen – siehe z.B. hier -, dass fortdauernde Exportüberschüsse eines Landes bei fortdauernden Defiziten anderer Länder im gleichen Wirtschafts- und Währungsverbund Verwerfungen und Probleme mit sich bringen. In der Folge ihrer mangelnden Einsicht wurden andere Volkswirtschaften zu deflationärer Politik gezwungen – mit den bekannten hohen Folgen mit Arbeitslosigkeit und dem wirtschaftlichen Elend sehr vieler Menschen. Jetzt, nach dem die riesigen Opfer falschen ökonomischen Denkens sichtbar werden, kehrt ein bisschen Einsicht ein. Makroökonomische Einsicht sozusagen. Aber nirgendwo in dieser Debatte wird überhaupt nur erwähnt, welch ein Wahnsinn andauernde Exportüberschüsse für den Wohlstand eines Volkes darstellen. Ressourcen werden nämlich nicht genutzt und genossen, sondern nach draußen verscherbelt. Auf den Trichter, dies einzusehen, kommt man nur, wenn man mehr gelernt hat als Makroökonomie. Albrecht Müller.

Interview mit Albrecht Müller über die Krise in der Ukraine im Jugendmagazin „Vice“

VICE: Herr Müller, fasse ich Ihre Position richtig zusammen, wenn ich sage, dass Sie Europa die Schuld an der gegenwärtigen Krise geben?

Ja, Europa und dem Westen. Das hat etwas mit der Geschichte unseres Volkes zu tun, mit der Frage, wie man in Europa friedlich miteinander auskommt. Ich habe in den 50er- und 60er-Jahren die Aggressivität des Gegeneinanders erlebt, dann den erfolgreichen Versuch des Miteinanders. Ich war damals Mitarbeiter von Willy Brandt, später von Helmut Schmidt, und uns war völlig klar, wir kommen nur weiter, wenn wir die Konfrontation abbauen. 

Am Ende war der Fall der Mauer, und da wurde deutlich, dass wir nur friedlich leben können, wenn wir eine europäische Friedensordnung schaffen. Das ist im SPD-Grundsatzprogramm vom September 1989 auch festgeschrieben, dass wir das Ende der Blöcke, das Ende von Warschauer Pakt und NATO wollen und keine neue Konfrontation. Und dennoch ist diese Konfrontation in den letzten Jahren wieder aufgebaut worden. 

Ist daran der Westen schuld?

Die Russen sind im Grunde betrogen worden. Gorbatschow hat unglaublich viel gegeben, hat den Russen enorm viel zugemutet. Bei ihrem Stolz und wenn man weiß, dass da im 2. Weltkrieg 20 Millionen umgekommen sind, da kann man verstehen, dass die sauer waren. Gorbatschow war trotzdem großzügig. Aber statt dann die NATO auch zur Disposition zu stellen, ist man mit der NATO rangerückt an die russischen Grenzen. Wenn Sie sich ankucken, was man den Russen in der Ukraine zugemutet hat. Die Ukraine war Partner bei NATO-Übungen! 

Die Russen haben einfach die Nase voll, sie wissen, dass sie dem Westen nicht trauen können. Dass im Westen heute die Leute dominieren, die die Konfrontation wollen. Ich halte das für verrückt: Russland gehört zu Europa, und die Zukunft Europas liegt darin, dass wir gemeinsam handeln.

Quelle: Vice

Urteil zur Drei-Prozent-Sperrklausel – Eine höchstrichterliche Abwertung der Europawahl

Das Bundesverfassungsgericht kippt die Sperrklausel mit der widersprüchlichen Begründung, dass das Demokratieprinzip Vorrang habe, solange das Europäische Parlament keinen hinreichenden demokratischen Einfluss habe. Im Kern ging es bei dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungskonformität der Drei-Prozent-Klausel um eine Abwägung

  • einerseits zwischen der Wahlrechtsgleichheit – also die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Gleichheit der Bürger – und der Chancengleichheit aller Parteien und
  • andererseits der Sicherung der Wahl einmal als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung des Volkes und zum anderen dem pragmatischen Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit eines Parlaments, also der Erschwerungen der Mehrheitsbildung bei einer großen Zahl von Vertretern kleiner Parteien.

Dabei hat das Bundesverfassungsgericht dem Demokratieprinzip nach den derzeitigen Verhältnissen des Parlamentarismus in der Europäischen Union eindeutig den Vorrang vor einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments eingeräumt. Das Urteil ist letztlich eine höchstrichterliche Abwertung der im Mai stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Von Wolfgang Lieb.

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Rein oder raus?

Eigentlich ist es ja ungerecht, Markus Lanz für seine hochnotpeinliche Befragung der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht zu kritisieren. Letztlich hat der kleine Markus doch nur nachgemacht, was er in den großen Qualitätszeitungen und von der großen Politik aufgeschnappt hat: Kritiker der europäischen Politik werden als Antieuropäer gebrandmarkt und wer es wagt, an der herrschenden Eurorettungspolitik zu zweifeln, will raus aus dem Euro. Vom vergifteten Diskussionsklima mit seinen Denkverboten profitieren am Ende jedoch nur die Rechtspopulisten. Von Jens Berger.

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Sven Giegold und die grüne Verdrängungsmaschine

Sven Giegold, Europaparlamentarier der Grünen und für viele im linken Spektrum der Grünen immer noch ein Hoffnungsträger, hat in der ZEIT vergangene Woche ein schlimmes Stück geschrieben, in dem er Sahra Wagenknecht angreift, weil sie einer Spaltung Europas das Wort rede und dem Euro Schuld für Vorgänge gebe, die von der Wirtschaftspolitik zu verantworten seien. Was der Beitrag vor allem wieder einmal zeigt, ist die Tatsache, dass die Grünen kein wirtschaftspolitisches Konzept haben und sich davor drücken, eines zu entwickeln. Und er zeigt zudem, dass die Grünen nicht wahr haben wollen, erhebliche Mitschuld an der Eurokrise zu haben, weil Deutschlands Lohndumping mit ihrer Zustimmung geschehen ist. Von Heiner Flassbeck[*] und Friederike Spiecker

Vom Abbau der Konfrontation in Europa zum Wiederaufbau der Konfrontation. Die Toten von Kiew sind die Opfer dieses Wahnsinns.

Auf der Basis einer dpa-Meldung hat meine Regionalzeitung, „Die Rheinpfalz“ am 18. Februar über das Treffen der ukrainischen Oppositionsführer Klitschko und Jazenjuk mit der Bundeskanzlerin berichtet. Da ist davon die Rede, die Ukraine brauche „eine europäische“ Perspektive, es wird von „proeuropäischer“ Opposition geschrieben. In anderen Texten wird wie selbstverständlich davon erzählt, der Konflikt in der Ukraine rühre daher, dass die Russen den Ukrainern nicht erlauben wollten, sich für Europa zu entscheiden. Und selbstverständlich schwingt immer mit: Wir hier im Westen sind die Guten, dort im Osten sind die Bösen. Der Konflikt hat das Zeug zu einem Bürgerkrieg und birgt zusammen mit anderen ähnlich arrangierten Konflikten nach meiner Einschätzung auch das Risiko eines Übergreifens auf andere Staaten wie Weißrussland oder Russland selbst und damit das Risiko eines dritten Weltkrieges, jedenfalls eines maßlosen Blutvergießens. Albrecht Müller.

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