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Medien und Medienanalyse

Ein Papier zur Medienbarriere aus der Linkspartei. Muss das nur dort ein Thema sein?

Am 26. November haben wir von einer Erhebung über die unterschiedliche Parteienpräsenz in den Fernsehnachrichten berichtet: 573 zu 13 (!), das war das Verhältnis der Auftritte von Politikern der Union zu jenen der Linkspartei im Oktober 2012. Wenn das keine Medienbarriere ist! Jetzt veröffentlichte der Bundestagsabgeordnete der Linken Wolfgang Gehrcke die Arbeit seiner Mitarbeiterin Christel Buchinger zum Thema „Die Linke und die Medien“. Das Thema ist zur Klärung der Frage, ob es eine demokratische Willensbildung wirklich noch gibt, wichtig. Aber der Umgang mit der Medienbarriere ist selbst innerhalb der stark betroffenen Linkspartei strittig. In der SPD ist das Thema sowieso nahezu tabu. Ein Fehler, denn auch dort wird man sich mit der Medienbarriere beschäftigen müssen. Je mehr man sich nämlich dem Wahltermin nähert, umso mehr wird die Mehrheit der Medien ihre Nähe zu Angela Merkel entdecken. Albrecht Müller.

Was die Frankfurter Rundschau tatsächlich in die Insolvenz getrieben hat

Mit personellen Kahlschlägen allein lässt sich ein Zeitungsverlag nicht retten und ohne eine eigenständige Redaktion lässt sich keine profilierte Tageszeitung halten.
Die Umsatzverluste im Anzeigengeschäft bei den Printmedien sind nicht bestreitbar, aber der Verlust der verkauften Auflage war die entscheidende Ursache für den Niedergang dieser Tageszeitung. Zuerst sinkt die verkaufte Auflage einer Zeitung und dann sinken auch die erzielbaren Anzeigenpreise.
Eine Zeitung, die im Wesentlichen nur noch aus einem geborgten „Mantel“ besteht, kann auf Dauer nicht mehr verhüllen, dass unter dem Mantel kaum noch eigenständige Inhalte stecken. Die Frankfurter Rundschau hat neben den anderen überregionalen Zeitungen weitgehend ihre eigene Stimme verloren. Dieser Verlust war ein sich seit Jahren hinziehendes Trauerspiel, das nun durch die Insolvenz sein Ende gefunden hat.
Mit dem Aus der FR, die am 1. August 1945 die zweite Lizenz einer deutschen Tageszeitung nach dem Krieg erhalten hat, hat der Meinungs-Mainstream in der Presselandschaft hat einen weiteren Sieg errungen. Der Niedergang der FR ist exemplarisch für den Niedergang des Journalismus insgesamt. Von Wolfgang Lieb.

ARD Satire-Gipfel vom 05.11.2012: Neues vom toten Pferd

Satire im Ersten west dahin wie das tote Pferd an der deutsch-österreichischen Grenze in dem bekannten Gottschalk-Witz. Doch anders als die Grenzbeamten beider Nationalitäten scheuen sich beim Satire-Gipfel die Verantwortlichen auf beiden Seiten, den Kadaver mit einem wehmütigen „in memoriam Scheibenwischer“ endlich zu verscharren. Weder gelingt es dem bestallten Moderator, Dieter Nuhr, den einst zugkräftigen Gaul des politischen Kabaretts im Ersten zu reanimieren, noch macht die Programmdirektion Schluss mit der Schinderei.
Es blähen sich die Nüstern im Neid auf den Satire-Säuregrad und die analytische Sprungkraft von „Neues aus der Anstalt“. Mit Zweiten sieht man Satire nicht nur besser; man wiehert auch herzhafter. Von Karin Burger

Der SPIEGEL und die Inflation

Immer wenn man denkt, es geht nicht schlimmer, weiß der SPIEGEL einen in steter Regelmäßigkeit vom Gegenteil zu überzeugen. Vom Online-Ableger des ehemaligen Nachrichtenmagazins ist man in Sachen Niveau-Limbo ja schon einiges gewohnt. Mit der Titelgeschichte „Vorsicht Inflation!“ – Unterzeile „Die schleichende Enteignung der Deutschen“ – hat die alt-ehrwürdige Print-Mutter der boulevardesken Online-Tochter im Wettbewerb um den schlechtesten Wirtschafts-Artikel jedoch nun den Kampf angesagt. Von Jens Berger

Der organisierte Applaus – eine Stütze der totalen Manipulation

Keine Angst, in der folgenden kurzen Anmerkung geht es nicht um Peer Steinbrück, sondern um unsere Talkshows und die Ahnungslosigkeit bzw. die Manipulationsbereitschaft der begleitenden Medien. Gestern hatte ich mir Teile der Sendung Jauchs mit Steinbrück angesehen. Inhaltlich will ich jetzt nicht darauf eingehen, obwohl die Schonung Steinbrücks angesichts seiner aktiven Verflechtung mit der Finanzkrise und der Rettungsschirme beachtlich war. Augenfällig war die Einbindung des Publikums. Immer wieder wurden Aussagen von Peer Steinbrück durch Applaus unterstrichen. Die Applaudierenden wurden jedoch in der Regel nicht von der Kamera erfasst. Der Applaus hätte genauso gut hinein geschnitten sein können. Aber das ist wohl nicht der Fall gewesen. Das Publikum und damit auch der Applaus lässt sich organisieren. Das geschieht meist über Agenturen. Es wäre interessant, von der ARD zu erfahren, wie im Falle Jauch das Publikum ausgewählt und eingeladen wird. Von Albrecht Müller

Staunen über Prantls Schlingerkurs

Zwei Produkte des gleichen Journalisten. Zum Ersten: SPD-Kanzlerkandidat. Warum Steinbrück die beste Wahl ist“ vom 28.9.2012. Zum Zweiten: Bankenregulierung. Pflicht zur Wiedergutmachung“ vom 04.10.2012. Ein Kollege von Prantl staunt und fragt: Könnte es sein, dass Prantl in seiner Redaktion etwa massiven Gegenwind für seine vollkommen unkritische Propagierung Steinbrücks bekommen hat und sich nun auf diese Weise aus der Affäre zu ziehen versucht? – Ich weiß es nicht. – Ein anderer Freund meint, der Positionswechel habe persönliche Gründe. Wie auch immer, der zweite Text ist lesenswert. Beides zusammengenommen nur noch zum Staunen. Von Albrecht Müller

Steinbrück und seine Nebeneinkünfte – Wie die Süddeutsche Zeitung politische Korruption verharmlost

Vor zwei Jahren veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung ein mehr als zwanzig Artikel umfassendes Dossier zum Thema „Wozu noch Journalismus“. In seinem Debattenbeitrag erhebt der SZ-Journalist Hans Leyendecker die Frage, „wie Medien mit ihrer Rolle als Vermittler zwischen Wirtschaft, Politik und Publikum und mit ihrer Rolle als Kritiker und Kontrolleur umgehen“ zur zentralen Frage für eine funktionierende Demokratie. Gemessen an diesem Standard erweist der Artikel „Es braucht keine Steinbrück-Klausel“ des SZ-Journalisten Detlef Esslinger der Demokratie einen Bärendienst, verwechselt er doch die Kontroll- und Kritik-Funktion der Medien mit einem Persilschein für Selbstbedienungsmentalität der politischen Eliten. Von Jens Berger

Wie nationale Überheblichkeit gezüchtet wird. Beispiel Fußball.

Wenn man als junger Mensch wohltuend erlebt hat, wie zahlreiche junge Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg in europäische Länder ausschwärmten und die Internationalität genossen, dann wundert man sich immer wieder über den in der politischen Debatte üblich gewordenen herablassenden Umgang mit unseren Nachbarn: Pleitegriechen, faule Südländer usw.. Gestern konnte man in der ARD-Übertragung des Fußballspiels der deutschen gegen die österreichische Mannschaft praktisch mit erleben, wie diese herablassende Haltung gezüchtet und gefördert wird. Als die österreichische Mannschaftsaufstellung bekannt gegeben wurde, wurde in Bild und Ton jeweils hinzugefügt, in welcher deutschen Bundesligamannschaft die österreichischen Spieler tätig sind. Eigentlich, so der Unterton, sind sie ja nur so gut, weil sie bei uns spielen. Von Albrecht Müller

Bazooka mit eingebauter Ladehemmung

Die EZB nennt es „OMT“, die Medien „Bazooka“ – doch was EZB-Chef Mario Draghi gestern der Öffentlichkeit als geldpolitische Maßnahme zur Eindämmung der Eurokrise präsentierte, ist bestenfalls eine Spritzpistole. Auch wenn der mittlerweile komplett isolierte Bundesbank-Chef Jens Weidmann öffentlichkeitswirksam als einziger Vertreter des EZB-Rates gegen das OMT-Programm stimmte, trägt dieses doch deutlich seine Handschrift. Umso mehr erstaunt der Katzenjammer der weidmanntreuen konservativen Leitartikler. Was übrigbleibt, ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, der jedoch nicht ausreichen wird, um die Eurozone wieder in ruhige Gewässer zu manövrieren. Von Jens Berger

Bundespräsident Gauck in Rostock – Pastorales Pathos genügt nicht, um die Ursachen der Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen

„Bundespräsident Joachim Gauck hat eine sehr gute Rede gehalten. Er hat in Rostock-Lichtenhagen eindringliche Worte gefunden. Worte des Entsetzens über den Mob, der voller Lust nicht nur Häuser, sondern Mitbürger brennen sehen wollte. Worte des Entsetzens aber auch über den Staat, über die Institutionen des Staates, die den Mob damals gewähren ließen. Er sprach auch nicht nur über die Vergangenheit“ schreibt Arno Widmann in einem Beitrag der Frankfurter Rundschau und fügt ein persönliches Schuldbekenntnis an, dass er nicht selbst nach Rostock fuhr und Hilfe organisierte. Liest man die Rede, so wirkt sie sehr allgemein gehalten und ziemlich pastoral, meint Orlando Pascheit

Wie Papageien-Journalismus funktioniert und wie das IAB seine eigenen Studien zu politischen Propagandazwecken missbraucht

„Alterung der Bevölkerung hat sich kaum auf die Arbeitslosigkeit ausgewirkt“ lautet die Überschrift einer jüngst veröffentlichten Studie aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) [PDF – 944 KB]. Das eigentlich neue und interessante Ergebnis der Studie ist, dass die Alterung der erwerbsfähigen Bevölkerung auch in Zukunft „nur einen geringen Effekt auf die gesamte Arbeitslosenquote haben“ dürfte.
Dieser Befund widerspricht nämlich fundamental der von der Politik ständig ausgegebenen und von den Medien nachgeplapperten Behauptung, die demografische Entwicklung und dabei vor allem die Alterung der Bevölkerung werde die Arbeitslosenzahlen deutlich sinken lassen.
„Alterung der Bevölkerung wirkt sich kaum auf die Arbeitslosigkeit aus“ hätten also die Schlagzeilen aufgrund dieser Studie lauten müssen, doch die allermeisten Medien fallen auf die politisch motivierte, schönfärberische Pressemitteilung des IAB herein und machen daraus eine Jubelmeldung über die Verdoppelung der Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer.
Man müsste also sogar von Papagei-Papageien-Journalismus sprechen. Von Wolfgang Lieb.

Hofberichterstattung im Sommerloch – Der Bundespräsident als der „ständige Vertreter der Politik gegenüber der Bevölkerung“

Dass es Sommer geworden ist, merkt man nicht am Wetter, sondern am öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland. Die „Sommerinterviews“ müssen wieder einmal das Sommerloch stopfen. Die Rundfunkanstalten überbieten sich geradezu: Gabriel in der ARD, Gauck im ZDF. Die Erfahrung zeigt, wenn es nicht gerade gegen die Linkspartei geht, dann geraten die „Sommerinterviews“ zur reinen Hofberichterstattung. Passend dazu hat Bettina Schausten das Interview mit dem Bundespräsidenten auch im Schloss Bellevue geführt. Von Wolfgang Lieb.

Darf man Begriffe benutzen, die bisher der Beschreibung der Verhältnisse in der Nazizeit vorbehalten waren?

Robert Misik hat für einen Kommentar in der TAZ („Kollegen, ihr habt versagt!“) den Begriff „Gleichschaltung“ zur Beschreibung der Mediensituation in Deutschland benutzt. Es ist begrüßenswert, dass endlich auch ein Journalist einen passenden Begriff, der üblicherweise der Beschreibung der Verhältnisse im Deutschland der Naziherrschaft vorbehalten ist, benutzt. Normalerweise ist die Erinnerung an Nazimethoden dann, wenn man die Verhältnisse von heute beschreiben will, tabu. Man darf nicht von „Methoden wie bei Goebbels“ und eben auch nicht von „Gleichschaltung“, und im Blick auf Sarrazin und andere Politiker und Publizisten auch nicht von „Rassismus“ oder von „Volksverhetzung“ sprechen, u.a.m… Die Tabuisierung wirkt wie ein Schutz für jene die sich dergleichen Methoden bedienen. Albrecht Müller.

Jakob Augstein – der Sowohl-als-auch-Kolumnist.

Auf die Kommentierung seiner Kolumne („Was Merkel jetzt machen muss“) vom 26. Juni hat Augstein mit einem Offenen Brief geantwortet. Wenn Sie genügend Zeit zur Verfügung haben, dann lesen Sie bitte beides nacheinander. Man lernt dabei einiges über einen Publizisten, der als fortschrittlich gilt und links genannt wird, in verschiedenen Medien diese Rolle spielt und dann mit dabei gewonnener hoher Glaubwürdigkeit überraschend andere Parolen verbreitet. Und wenn er dabei ertappt wird, dann wird er persönlich wie in dem Offenen Brief an mich. Von Albrecht Müller