Archiv: Monat: Dezember 2004

Auf einem Auge blind – Unternehmer dürfen betrügen und Steuern hinterziehen oder mindern. Gehalts- und Sozialhilfeempfänger werden abkassiert.

Wenn in Deutschland ein Sozialhilfeempfänger ein paar tausend Euro erschwindelt hat oder wenn Studierende durch falsche Angaben ihrer Vermögensverhältnisse einige hundert Euro Studienförderung zu Unrecht kassiert haben, dann regt sich die ganze Republik auf. Umsatzsteuerbetrug im gigantischen Ausmaß von 16 bis 20 Milliarden Euro, Steuerhinterziehung durch Verschiebung von Schwarzgeld ins Ausland in Höhe von 100 bis 500 Milliarden Euro oder Steuerminderung durch Gewinnverlagerung ins Ausland als alltägliche Praxis, darüber erfährt man allenfalls in kleinen Meldungen des Wirtschaftsteils der Zeitungen etwas.

Pisa, die Primitivität der Debatte und der Reformer

Zu Pisa fällt mir nichts mehr ein. Wenn man meint, man könne nach gerade mal zwei Jahren irgend einen stimmigen Befund an Veränderungen feststellen, dann hat man – um es volkstümlich zu sagen – nicht mehr alle Tassen im Schrank. Was soll sich da messbar verändert haben? Wodurch denn? Pisa, das sollte man verstehen, ist vor allem ein Propagandainstrument in den Händen derer, die diesen Bereich der OECD steuern, und einen diffusen Druck auf Strukturreformen ausüben wollen – „konsequente Reformen für mehr Wettbewerb im Bildungswesen“ (siehe unten) Typisch dafür ist die primitive Agitation der INSM mit „Aale-Dieter“, siehe unten.

“Eichel ist ein Opfer seiner unsinnigen Steuerreform”

Das ist eine Quintessenz eines Tagesschau-Interviews mit Prof. Lorenz Jarass zur Steuerpolitik und den Folgen für Staatshaushalte und Schulden. Ich werde erst jetzt auf dieses Interview vom 18.11.04 aufmerksam. Da es aber noch seinen vollen Informationswert für alle hat, die in einschlägigen Diskussionen stecken, im folgenden Link und Text. Die Hinweise von L. Jarass sind interessant, und großenteils auch nachvollziehbar. Mit einer seiner Aussagen habe ich allerdings sehr große Probleme: „Wir haben in diesem Jahr ein Wachstum von rund zwei Prozent und im kommenden Jahr von vielleicht 1,5 Prozent. An diese vergleichsweise niedrigen Raten müssen wir uns gewöhnen und können froh sein, wenn wir im Durchschnitt ein Wachstum von 1,5 Prozent haben. Daran müssen sich alle Maßnahmen orientieren.“ Diese Einschätzung dürfte auch die Leser/innen der NachDenkSeiten spalten. Deshalb komme ich darauf bei nächster Gelegenheit im Kritischen Tagebuch zurück.

Lesetipp für Interessierte an Verteilungsfragen und Flächentarifvertrag

„Darf ich Ihnen und Ihren Leserinnen/Lesern bei dieser Gelegenheit noch einen Lesetipp geben?”, fragt eine unserer Leserinnen und gibt folgende nützlichen Hinweise:

In den neuen “WSI-Mitteilungen” Heft 11/2004 gibt es zwei ausgezeichnete Aufsätze (einer davon zum Downloaden, www.wsi-mitteilungen.de), die nahtlos an Ihre Ausführungen (gemeint ist „Die Reformlüge“) anschließen und meiner Meinung nach eine wertvolle Ergänzung zu den von Ihnen angeführten Denkfehlern 35 (“Steuersenkungen schaffen Investitionen und Arbeitsplätze”) und 24 (“Der Arbeitsmarkt ist zu unflexibel”) darstellen.

..auf dem Weg in den Untergang muss man die richtigen Lotsen haben…

Das DIW Berlin will seinen intensiven und fruchtbaren Austausch mit Wissenschaft, Politik und Wirtschaft weiter ausbauen. Dazu wird das Institut künftig profilierte Köpfe aus Politik und Wirtschaft als Distinguished Fellows in seine Arbeit einbinden. Distinguished Fellows wirken an konkreten politikorientierten Projekten des Instituts mit und leisten einen Beitrag zur Meinungsbildung und Analyse. Erster DIW Berlin Distinguished Fellow ist Oswald Metzger.

PHOENIX geht INSM auf den Leim

Günter Frech, Journalist und Autor einiger Beiträge zur Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, machte gestern auf einen, wie ich meine, skandalösen Vorgang aufmerksam. Hier sein Hinweis:

Heute strahlte PHOENIX die INSM-Preisverleihung “Reformer des Jahres” aus. In voller Länge die Reden von Kirchhoff, Merz und Tietmeyer. Ich habe mir erlaubt, an den Sender zu schreiben und gebe euch unten stehend diese Mail zur Kenntnis. So ihr Rundfunkräte kennt, möchte ich euch bitten, diese mit dem Sachverhalt zu konfrontieren.