Archiv: Monat: August 2007

Fünf Jahre Hartz: Nahezu 2 Millionen Kinder unter 15 leben in Hartz IV-Haushalten

1,929 Millionen Kinder im Alter von unter 15 Jahren (nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige bzw. Sozialgeld-Empfänger/innen) leben in sog. SGB II-Bedarfsgemeinschaften – der höchste Bestand in den ersten 27 Monaten nach Inkrafttreten von Hartz IV. Das sind 16,9 Prozent der Kinder in diesem Alter. Der Anteil der Kinder im Alter von unter 15 Jahren deren Mütter und/oder Väter auf Arbeitslosengeld II angewiesen waren, reichte im März 2007 in den 16 Ländern von 37,6 Prozent in Berlin bis 8,5 Prozent in Bayern.
Lesen Sie mehr in der statistischen Aufbereitung des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 184 KB]. Wolfgang Lieb.

IMK warnt vor Konjunkturrisiken – Aufschwung wird schwächer

Die konjunkturelle Dynamik in Deutschland verliert deutlich an Fahrt. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2006 hat sich das Wachstumstempo im ersten Halbjahr 2007 halbiert. Das zeigen die heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. “Wir haben damit gerechnet, dass der Aufschwung im Vergleich zu 2006 etwas schwächer wird. Aber der Verlust an Dynamik, der sich jetzt für das erste Halbjahr zeigt, stimmt uns bedenklich”, sagt der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Prof. Dr. Gustav A. Horn. “Wenn die Konjunktur im zweiten Halbjahr nicht wieder merklich stärker zulegt, müssten wir unsere Prognose nach unten revidieren”, sagt Horn.
Die Ökonomen des IMK [PDF – 184 KB] führen die Abkühlung vor allem auf die deutlich schwächere Konjunktur im Bausektor und die nach wie vor sehr verhaltene Konsumentwicklung und den starken Euro zurück. Eine wichtige Rolle spielen dabei nach Analyse des IMK die anhaltenden Belastungen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die primär den privaten Verbrauch treffen. Auch die härtere Gangart in der Geldpolitik wirke negativ auf die Konjunktur, weil sie nicht zuletzt die private Bautätigkeit bremse. Die Zentralbaken trügen jetzt eine große Verantwortung, insbesondere angesichts zusätzlicher Risiken, die sich aus den Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten ergeben, sagt Horn. “Die Zahlen machen deutlich, dass für weitere Zinserhöhungen im Euroraum vorerst kein Spielraum besteht.”

Dass die Mehrheit linken Positionen zustimmt, kann aus Vernunft nicht folgen – so die gängige Leere. Auch in der „Zeit“.

Einer unserer Leser, durch Ausbildung und Beruf kompetent in der Einschätzung sozialwissenschaftlicher Arbeit, schickte uns eine Bewertung der viel Aufmerksamkeit erregenden Zeit-Publikation über die linken Mehrheiten im Meinungsbild der Befragten. Wir übernehmen die Analyse als Kommentar zu diesem Zeit-Bericht über die Umfrage – einschließlich des freundlichen Lobs zu Beginn der Mail. Albrecht Müller.

Fünf Jahre Hartz-Reformen – ein kritischer Kommentar zu FR-Artikeln wäre nötig gewesen

Im Hinweis Nr. 1 von heute wird auf drei Beiträge der Frankfurter Rundschau hingewiesen – unteren anderem auf „BA-Chef ist zufrieden“ und auf „Das neue Denken“ von Markus Sievers. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass sich die NachDenkSeiten einen Hinweis darauf hätten sparen können, zumindest hätte kommentiert werden müssen. – Ich jedoch hatte gedacht, das „kräftige Sowohl-als-auch“ in „Das neue Denken …“ falle auf und den Rest erledige die Bewertung von Ottmar Schreiner. Ich lasse mich aber eines Besseren belehren und mache noch einige Anmerkungen, vor allem zu „Das neue Denken nach Hartz“. Albrecht Müller.

Gibt es ein öffentliches Interesse an der Bereitstellung eines internationalen Casinos?

Am 10.8.2007 erschien im Zeit Weblog ein kritischer Beitrag des Experten für internationale Finanzmärkte und Währungsfragen Dieter Wermuth. Bei der Lektüre dieses aufschlussreichen Beitrags mit dem Titel „Liquiditätskrise!!!“ ergaben sich ein paar, hoffentlich weiterführende Fragen. Dieter Wermuth (DW) hat sie dankenswerterweise schnell beantwortet. Albrecht Müller.

Der arme Herr Glos. Wie leicht könnte er zurückschlagen. Wenn er wollte.

Der Kölner Stadt-Anzeiger offenbarte am 10.8. den Versuch des Bundeswirtschaftsministerium, eine günstige Berichterstattung von Regionalzeitungen zu kaufen. Unter der Überschrift “Regierungsgeld für Zeitungen“ wird berichtet, „das von Michael Glos (CSU) geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) biete deutschen Regionalzeitungen über die Agentur Flaskamp öffentliche politische Veranstaltungen und Redaktionsbesuche durch den Staatssekretär an und biete ihnen dafür „Gegenfinanzierungen“ durch „Anzeigen“.
Auch andere Medien fallen über Michael Glos und sein Ministerium her, zum Beispiel die Tagesschau, und SpiegelOnline fragt „Hofberichterstattung gegen Anzeigen?“
Es ist natürlich nicht legitim, wenn eine Regierung versucht, gefällige Berichterstattung zu kaufen. Aber was jetzt glücklicherweise aufgedeckt wurde, ist kein Einzelfall. Eine solche Art von Publicrelations-Einflussnahme ist in Variationen gängige Methode. Einige markante Beispiele will ich nennen. Albrecht Müller.

„Wie bekämpft man den „Reformwiderstand“? – Das ZEW-Mannheim als Psychodoktor“

Das ist der Titel eines interessanten Beitrags von Friedhelm Grützner. „Er ist länger geworden als ursprünglich geplant“, so Grützner, „aber die methodologische Unbedarftheit dieser sich selbst aufblasenden “Experten” (und deren teilweise richtig drollige Argumentation) hat bei mir das unwiderstehliche Bedürfnis hervorgerufen, hier mal in medias res zu gehen – und zwar weniger von der fachlichen wirtschaftswissenschaftlichen Seite her, sondern mehr unter sozialwissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten.“ Schwerer Stoff, aber sehr lesenswert. Ein großes Dankeschön geht an den Autor. Albrecht Müller.

Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes – Der Staat zieht sich zurück, der Wettbewerb steuert

Die Bundesregierung will das Hochschulrahmengesetz (HRG) aufheben und damit ein Signal geben, “die Hochschulen zugunsten von mehr Wettbewerb aus der staatlichen Detailsteuerung zu entlassen”. In einem Gesetzentwurf [PDF – 88 KB] schreibt sie weiter, mit der Reform seien unter anderem die Rahmengesetzgebungskompetenzen des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens und für die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder stehenden Personen entfallen. Mit dem Pathos von „Freiheit und Autonomie“ werden nun die Hochschulen dem „unternehmerischen“ Wettbewerb auf dem Ausbildungs- und Wissenschaftsmarkt entlassen. Der Staat entledigt sich seiner grundgesetzlichen Pflicht die Freiheit der Wissenschaft der Wissenschaft zu garantieren. Wolfgang Lieb.

Nachtrag zu Altersvorsorge: Interessante Nachrichten aus der Slowakei.

In der Slowakei, die ich wegen ihrer früheren radikal-neoliberalen Ausrichtung eher skeptisch beobachtete, tut sich etwas. Der linke Ministerpräsident Robert Fico offenbart die Machenschaften von Pensionsfonds. So berichtet das Wiener Blatt “Die Presse” vom 10.8. 2007. Interessant dabei auch die Informationen über die Korruption von Journalisten. 11 Journalisten der prominentesten Medien hatten sich vom Pensionsfonds der Allianz Versicherung auf einen Ski-Urlaub einschließlich Schulung nach Österreich einladen lassen. Und Ähnliches soll es bei uns nicht geben? Die Performance prominenter Journalisten beim Thema Demographie und Altersvorsorge lässt auf anderes schließen. Albrecht Müller.

Betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung ist ein schlechtes Geschäft

Aufgrund unseres Hinweises Nr. 3 vom 9.8. „Kabinett beschließt Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltumwandlung über 2008 hinaus“, versehen mit einem Kommentar von Martin Betzwieser (siehe unten Anlage), hat der NachDenkSeiten-Leser Manfred Frieling gerechnet – hoffentlich richtig – und kommt zu dem Schluss, wie im erwähnten Hinweis schon angedeutet, dass diese betriebliche Altersversorgung ein schlechtes Geschäft, eine Mogelpackung ist.
Arbeitnehmer und Betriebsräte sollten sich diese Rechnung einmal anschauen. Albrecht Müller.