Archiv: Monat: Januar 2013

Leserbrief von E. J.

Leserbrief zu Paul Krugman: Debt in times of zero, zitiert in den Nachdenkseiten vom 04.01.2012

Wie groß ist die Verwirrung und wie aussichtslos die Lage, wenn selbst ein kluger Kopf wie Paul Krugman nicht umhin kommt, vor den bösen Folgen der “Staatsfinanzierung” über die Notenpresse zu warnen. Oder wie anders lässt sich die letzte Passage seines Artikels verstehen ?

Irgendwann – so Krugman – wird es zur Abwendung steigender Inflation bei vollausgelasterter Kapazität notwendig sein, das zum Erwerb von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt gedruckte Geld wieder einzusammeln. Die Staatsanleihen befinden sich dann wieder in Privathand – die Staatsverschuldung wird “real”. Kein free lunch für den Staat, die “Finanzierung” über die Notenpresse erweist sich als Illusion.

In punkto Inflation verkennt Krugman, dass der erfolgte Ankauf von Staatsanleihen durch die Fed auf dem Sekundärmarkt (Quantitative Easing, QE) nichts mit dem Gütermarkt, auf dem Inflation entsteht, zu tun hat. Weder sind die Banken für ihre Konsum- oder Investitionskreditvergabe auf Zentralbankgeld angewiesen (sie schöpfen selbst Kreditgeld), noch wird – wie die mangelnde Kapazitätsauslastung der US-Wirtschaft nach mehreren Etappen QE belegt – das für Staatsanleihen gezahlte Geld für produzierte Güter und Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors nachfragewirksam. Welche abergläubischen oder finanzmarktimmanenten Gründe die Notenbanken für QE haben mögen, mit Nachfrage in der Realwirtschaft und Inflation haben weder An- noch Wiederverkauf von Staatsanleihen durch die Fed etwas zu tun. Will der Staat etwas gegen Inflation unternehmen, muss er (z.B. über Steuererhöhungen) Kaufkraft vom Güter- und Dienstleistungsmarkt nehmen.

Zweitens versäumt es Krugman, die Absurdität der gesetzlichen Verschuldensgrenze beim richtigen Namen zu nennen. Absurd ist sie nämlich nicht, weil sie der “Verschuldung” eine Obergrenze setzt, sondern weil sie eine Überschuldungsfähigkeit suggeriert, die für den währungssouveränen amerikanischen Staat (anders als für die Eurostaaten) nicht existiert. Dies beweist gerade das Beispiel der Platinmünze, mit deren Hilfe die Ausgaben des amerikanischen Staatshaushalts auf Dauer ohne Steuereinnahmen oder Kredite bewältigt werden könnten. Gleiches gälte – zählte dieses Verfahren nicht auf Grund willkürlicher Festlegung als “Verschuldung” – für durch den Fiskus herausgegebene und durch die Fed unmittelbar angekaufte Staatsanleihen.[*]

Diese landen – anders als Krugman mit Verweis auf das Aufkaufprogramm der Fed und die angeblichen Erfordernisse der Inflationsabwehr (s.o.) wenig trennscharf behauptet – nicht notwendig in Privathand, sondern müssen die staatliche Sphäre theoretisch überhaupt nicht verlassen. Eine Finanzierung des Staates durch den Verkauf von Staatsanleihen an privat findet nicht statt. Die Einlösung von Staatsanleihen durch den währungssouveränden Staat unterliegt im übrigen – anders als in Euroland – keinerlei Zweifeln, weshalb Staatsanleihen in Privathand nicht mehr oder weniger real sind als in den Händen der Fed.

Gleichwohl sieht Krugman offenbar Gefahren der Überschuldung, deren Maßstab er aber schuldig bleibt. Nur in Zeiten der Nullzinspolitik auf Grund lahmender Wirtschaft sind staatliche Defizite für ihn kein Problem.

Insoweit sitzt selbst Krugman der Analogie zur schwäbischen Hausfrau auf, die – ebenso wie die Staaten des Euro – zur Bestreitung ihres Haushalts ausschließlich auf Einnahmen oder Kredite angewiesen ist. Beiden letztgenannten ist die Möglichkeit der Geldschöpfung, anders als dem amerikanischen Fiskus, genommen.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für das Neue Jahr

E. J.


[«*] Korrektur: Der Fed ist es auf Grund der derzeit geltenden Bestimmungen untersagt, Geld unmittelbar zur Finanzierung des Fiskus zu schöpfen.
Diese Verfahrensweise ändert nichts an der potentiell unbegrenzten Schuldentragfähigkeit der amerikanischen Regierung (Treasury und Fed) und dem allgemein so wahrgenommenen Fehlen eines Insolvenzrisikos. Die “Märkte” haben im übrigen, wie an anderer Stelle auf den Nachdenkseiten erläutert, keinen Einfluss auf den Zinssatz der US-Staatsanleihen auf dem Primärmarkt. Dies ist dann auch der entscheidende Unterschied zu den Eurostaaten und der schwäbischen Hausfrau, die sich beide wie ein Privathaushalt zu “Marktbedingungen” finanzieren müssen.

Interview mit Prof. James K. Galbraith – Teil 1

“Es muss einen Wandel der Betrachtungsweise geben, und wenn dieser Wandel – das ist jetzt der wichtige Punkt – irgendeinen Einfluss auf die Situation Europas haben soll, dann muss er von Deutschland ausgehen. Davon sind die Deutschen weit entfernt, aber aus dieser Richtung muss der Wandel kommen. Denn der Rest Europas und die betroffenen Staaten können protestieren oder sogar Widerstand leisten, aber die Änderung des Diskussionsklimas und der Perspektive kann nicht von den schwachen Ländern ausgehen. Und unglücklicherweise gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass sie aus Frankreich kommen wird.“ So hat es mir Prof. Galbraith am 6.12.2012 bei unserem Gespräch am Rande des Kurswechsel-Kongresses der IG-Metall in Berlin erklärt. Von Roger Strassburg

Hinweise des Tages

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Leserbrief von M. P.

Sehr geehrter Herr Berger,

ich möchte mich nur wieder sehr bedanken für Ihren fabelhaften Artikel “Die SPD, Hans Werner Sinn und die Billionenfrage”! Niemals, nicht ansatzweise könnte ich dieses Interview mit C. Schneider widerlegen, außer, dass ich ihm (das mit dem Seeheimer Kreis wusste ich schon) eh nichts glaube. Es ist einfach klasse, wie Sie diesen Knoten entwirren und uns “normalen” Bürgern erklären helfen. Und angesichts der trockenen Materie auch toll geschrieben zuzgl. Leckerlis wie “Stammtischökonom, Faktotum” etc.

Meine für auf Sie vielleicht recht seltsam wirkende Euphorie und dass ich Sie ständig anschreibe – sehen Sie mir das bitte nach! Es ist für mich einfach geradezu ein elektrisierendes Erlebnis, durch Sie, Ihre Kollegen, die NDS überhaupt, diese grandiose Chance geboten zu bekommen, so richtig fundiert hinter all dieses manipulierende Geschwafel blicken zu dürfen. Das ist, wie soll ich es beschreiben, weit mehr als nur eine andere Meinung oder etwas dann besser zu wissen, nein, das hat auch ganz viel mit dem eigenen “aufrechten Gang” zu tun, mit der Zurückeroberung eines Stücks Mündigkeit, ja auch mit einer tiefen Genugtuung, mit Ihrer Hilfe die Maske der Mainstream-Ideologie vom Gesicht zu reißen zu können. Für mich, sicher auch angesichts meiner Biografie (mit der ich Sie garantiert nicht behelligen werde!), überschreiten die Informationen der NDS also bei Weitem einen bloßen Wissenshorizont, sondern verbinden sich auch tief emotional mit einem/meinem Freiheitsbegriff. Deshalb meine wirklich aufrichtige, tiefe Dankbarkeit.

Antworten Sie mir bloß nicht! Das hatten Sie ja schon. Ich will Ihnen diese meine Freude nur hin und wieder mitteilen dürfen.

Herzliche Grüße,
M.P.

Leserbrief eines Schülers

Gestern im Sozialkundeunterricht (von dem ich mich nicht befreien lassen kann) traf es mich, als der Lehrer anfing, den Generationenvertrag zu erklären, dabei aber eine Karikatur und einen Text präsentierte, die mir sofort Magenschmerzen und Übelkeit hervorriefen. Statt einer sachlichen Erklärung handelte es sich um offensichtliche Propaganda und Manipulation.

Durch das Verfolgen der Nachdenkseiten, wo u.a. die Agitation gegen umlagefinanzierte Rentenversicherung entlarvt wird, konnte ich das sehr leicht erkennen. Die rhetorischen Tricks in dem Text fielen mir wie Spielzeug entgegen, wenn die Wahrheit einmal klar ist – vorher hätte ich nur ein ungutes Gefühl gehabt, aber ohne zu wissen, warum. Ich meine, so funktioniert echte Aufklärung.

Mail eines Schülers an die Redaktion der NachDenkSeiten

Leserbrief von K. W.

Sehr geehrte Redaktion der Nachdenkseiten,

zu: „Sie sind die Trennmauer zwischen dem medialen Dauerverblödungsfeuer und dem wahnsinnig werden, eine Art firewall, die vor dem Absturz in völlige Resignation schützt. Ihre täglichen Hinweise, Ihre Kommentare, ihre kleinen und großen Extrabeiträge sind ungeheuer wichtig, ich weiß gar nicht, ob Sie sich dessen bewusst sind. Sie geben mir (und vielen anderen mit Sicherheit auch), das Gefühl, dass man doch noch nicht völlig bescheuert ist und das eigene Nachdenken und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sehr wohl logisch sind, ganz im Gegensatz zu dem, was uns aus einem sehr, sehr großen Teil der Medien in Deutschland angeboten wird.“

Dem kann ich mich aus tiefstem und vollem Herzen nur anschließen. Besser als mit dem Begriff ‚firewall‘ hätte auch ich es audrücken können. Mein Dank an den Schöpfer dieses Begriffes!

Ergänzend würde ich noch sagen: Sie geben nicht nur oft die Resonanz, dass das eigene Nachdenken und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sehrwohl logisch sind (– auch wenn ich Ihre parteipolitischen Schlüsse nicht immer teile). Sie spiegeln zudem und für mich an erster Stelle häufig wider, dass das, was ich (und sicher auch andere) emp-finden, berechtigt ist, manch andere ähnlich empfinden und auch die aus diesen Empfindungen gewonnenen Erkenntnisse nicht nur logisch, sondern -genauso wichtig- sehr wohl menschlich und dem Menschsein gemäß sind. Denn die große Gefahr ist ja, dass „wir alle“ vollends zu bloßen Automaten degenerieren, abstumpfen, verblöden.
Was mir besonders hilft, ist dass Sie oft (meine) Empfindungen und Themen in Worte fassen, für die ich z. B. noch keine Artikulation in Worten finde und dass Sie es mit wichtigem Informationsmaterial untermauern (z. B. Stichwort: Postdemokratie  – mit diesem unartikuliert Empfundenem bin ich schon viele Jahre „schwanger gegangen“):

Die Firewall NDS als ein Schutz vor der Entmenschlichung (durch den Primat/ Common Sense einer leider allzu einseitigen rationalisierenden Vernunft, die die Herzensbildung ins Abseits zu verschieben sucht).

Mit freundlichen Grüßen

K.W.

Leserbrief von F. L.

Liebe Nachdenkseiten Redaktion,

ich bin 59 Jahre alt und seit langer Zeit regelmäßiger Leser und Fan. Die Jahrbücher, wie auch alle Bücher von AM, gehören für mich zu regelmäßigem Lesestoff und Nachschlagwerken. In meinem politischen Leben gibt es klar eine Zeit vor und eine Zeit nach den Nachdenkseiten. Meine politische Ausrichtung hat sich um 180° gedreht. Je mehr ich lese und je tiefer ich grabe, desto erschreckender wirkt die derzeitige Situation auf mich. Soviel zu meiner Person.

Zwei Themen sind es jetzt, die mir wirklich „unter den Nägeln“ brennen und die ich hier gern ansprechen möchte.

  1. Angela Merkel. Wirklich fast jeden Tag lese ich, wie sich die sog. „Politische Elite“ penetrant weigert die derzeitige Situation richtig einzuordnen. Entweder kann oder will sie nicht verstehen. Eines ist sicherlich genauso verheerend wie das andere.
    Aber bisher habe ich noch keine Analyse bei Ihnen gesehen, was Frau Merkel in der Hand hat, um Europa dermaßen zu beherrschen.
    Womit erpresst Frau Merkel Europa, dass sie in der Lage ist, ganze Volkswirtschaften ruinieren und Europa an den Rand des Abgrunds zu bringen?
    Was verschafft ihr die Möglichkeit, gewählte Regierungen gegen nicht durch Wahlen legitimierte Apparatschiks auszutauschen?
    Was macht Frau Merkel zur „mächtigsten Frau“ der Welt, wie es von den Mietmäulern der Mainstream-Presse zu oft begeisternd geschrieben wird?
  2. US Präsident Obama – „NDAA“. Es werden von Ihnen immer wieder US-Themen vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten angesprochen. Aber die Ökonomie ist nur ein Teil – zugegeben ein sehr wichtiger Teil – eines Zusammenlebens und -wirkens von Demokratien. Es ist zu erwähnen, dass das Stichwort „Guantanamo“ immerhin 33 Treffer ergab, was nicht so schlecht ist und zeigt, dass auch dieses Thema behandelt wird, zuletzt am 26.01.2012. Was aber bei Ihnen überhaupt nicht zur Sprache kommt, ja nicht einmal erwähnt wird, ist die Tatsache, dass Obama am 31.12.2011 den „National Defense Authorization Act“ (NDAA) unterschrieben hat.
    War der „“Patriot Act“ nach 9/11 schon ein massiver Angriff auf Verfassung und Grundrechte,führt der NDAA das weiter, was mit dem Patriot Act begonnen wurde. Damit erübrigt sich jedwede Diskussion über das Demokratieverständnis oder die Glaubwürdigkeit des amerikanischen Präsidenten oder der amerikanischen „Eliten“.
    Nach dem Gedanken des NDAA war nie und ist nie geplant, Guantanamo zu schließen. Ein thematisches Herausstellen von Guantanamo ist wirklich nicht mehr angebracht und muss nur im Zusammenhang mit dem NDAA gesehen werden.
    Übrigens die Buchstabenfolge „NDAA“ ergab bei Google News 7 (sieben) deutschsprachige Treffer die fast alle zum linken Spektrum zu zählen sind. Der vollständige Mainstream der Nachrichtenmedien hat diese Meldung nicht gebracht.
    Es lohnt sich, oben genannten Link auch über die Nachdenkseiten zu verbreiten.

Ich wünschte mir, Sie würden diese beiden Punkte etwas intensiver beleuchten und so glänzend analysieren wie Ihre vielen, vielen
anderen Themen.

Hochachtungsvoll
F.L.

Rezension unseres Jahrbuchs von Stefan Hebel

Das Europrojekt als spannender Episodenfilm

Das Jahrbuch 2012/13 ist, wenig überraschend, fast ausschließlich der Finanzkrise gewidmet – einschließlich der fatalen Folgen, die sie für die soziale und demokratische Stabilität in Europa hat.

Manchmal fällt das Schweigen erst auf, wenn wieder Stimmen zu hören sind. Ein bisschen ähnlich ist es mit dem „kritischen Jahrbuch“ der Nachdenkseiten, das jetzt zum sechsten Mal erschienen ist. Die Stimmen, die dieses Jahrbuch sammelt, gehören allesamt dezidierten Kritikern der derzeit herrschenden Politik. Wenn man es liest, fällt einem erst auf, wie sehr diese Töne oft fehlen im täglichen Allerlei aus Schuldenkrisen und Rettungspaketen. Wie wenig Alternatives der Merkel’schen (und nicht selten von fast allen Parteien getragenen) Politik gegenübersteht – jedenfalls im Mainstream der öffentlichen Diskussion.

Die komplette Rezension können Sie hier nachlesen.

Ein neues Layout für die NachDenkSeiten

Als der SPIEGEL die NachDenkSeiten vor vier Jahren einmal wenig schmeichelhaft seinen Lesern vorstellte, schrieb der zuständige Redakteur, die NachDenkSeiten wirkten so, als stammten sie „aus der Web-Steinzeit“. Wenn ein Layout, das die Funktionalität in den Mittelpunkt stellt und auf technische Gimmicks, nutzerunfreundlicher Klickstrecken und blinkende Werbebotschaften verzichtet, denn steinzeitlich ist, dann waren und sind wir gerne steinzeitlich. Auch bei den NachDenkSeiten ist die Zeit jedoch nicht stehen geblieben. Das alte Layout stammte im Kern aus dem Jahre 2003. Damals waren kleine 15-Zoll-Bildschirme die Regel und soziale Netzwerke steckten ebenso wie das inhaltliche Angebot der NachDenkSeiten noch in den Kinderschuhen. Da wir nach wie vor die Funktionalität und Bedienbarkeit in den Mittelpunkt stellen wollen, war es auch an der Zeit, unser Layout mit derselben gehen zu lassen. Von Jens Berger

Hinweise des Tages II

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