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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (KR/WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Jens Bergers „Stresstest“: Die schwäbische Hausfrau als Kardinalfehler deutschen Denkens
  2. Finanz-Guru Soros attackiert Merkels Krisenpolitik
  3. Union der Lohndrücker
  4. Ein Mindestlohn für alle EU-Bürger
  5. Griechenland: Die nächste Angriffswelle rollt
  6. Arbeitsministerin macht sich für Lohnplus stark
  7. Michael Dauderstädt: Wachstum durch Ausbau sozialer Dienstleistungen
  8. Grünen-Politiker Schick: Bankenrettung: Undemokratisch, ungerecht, unsichtbar
  9. NRW-Finanzminister Walter-Borjans zum Steuerabkommen mit der Schweiz: „Kriminelle werden belohnt“
  10. Linke: Griechische Vermögen im Ausland einfrieren
  11. Schäuble verspricht Portugal weitere Hilfen
  12. Max-Planck-Institut: Deutsche sollen erst mit 72 in Rente gehen
  13. Paul Jorion, Die Reichtumskonzentrations-Maschine
  14. Maut-Abzocke: Konzerne ziehen Bund über den Tisch
  15. Der Widerstand gegen Nazis ist in Deutschland strafbar
  16. Saarland: SPD-Chef Maas rechnet mit großer Koalition
  17. Freihandel macht hungrig
  18. Kafka im Westjordanland
  19. Die Arbeitsverhältnisse im chinesischen Wachstumsmodell
  20. BBC to issue global apology for documentaries that broke rules
  21. HRK-Präsidentin zur Studienanfänger-Prognose: Über sieben Milliarden Euro fehlen beim Hochschulpakt
  22. Polizei in US-Schulen
  23. DGB und BDA: Gemeinsamer Aufruf zu einer bundesweiten Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt
  24. Zu guter Letzt: Was läuft eigentlich beim Verfassungsschutz

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Jens Bergers „Stresstest“: Die schwäbische Hausfrau als Kardinalfehler deutschen Denkens
    Angela Merkels wirtschaftspolitisches Leitbild führt uns mit Vollgas in die Sackgasse
    Mit ihrem Leitbild der „schwäbischen Hausfrau“ prägt Angela Merkel das volkswirtschaftliche Denken der politischen Elite Deutschlands. Dabei eignet sich die schwäbische Hausfrau denkbar schlecht als Modell, mit dem man gesamtwirtschaftliche Probleme erörtern könnte. Mit der Eurokrise wurde die schwäbische Hausfrau sogar zum volkswirtschaftlichen Leitbild für die gesamte Eurozone. Dieser Prozess ist nicht nur wirtschaftspolitisch fragwürdig, sondern sogar brandgefährlich – auch für die echte schwäbische Hausfrau. Dieser Text ist ein Auszug aus dem jüngst erschienen Buch “Stresstest Deutschland” des Redakteurs der NachDenkSeiten, Herausgebers desSpiegelfechters und Telepolis-Autoren Jens Berger.
    Quelle: Auszug auf Telepolis

    Anmerkung: Heiner Flassbeck über Bergers „Stresstest“:

    “Jens Berger hat ein herausragendes Buch geschrieben. Es ist gut recherchiert und der Autor argumentiert bei all den verschiedenen Themen, die er seinem Stresstest unterzieht, klar und sicher. Zu einem wirklich außergewöhnlich guten Buch wird es aber dadurch, dass hier die politische Analyse in umfassender Weise mit einer tragfähigen ökonomischen Analyse verknüpft wird. Nur wer die wirtschaftlichen Fehler des Mainstream versteht, kann politisch wirklich relevante Schlussfolgerungen ziehen.”

    Siehe auch das Inhaltsverzeichnis dieses Buches und eine weitere Leseprobe.

  2. Finanz-Guru Soros attackiert Merkels Krisenpolitik
    Die Konjunktur in den europäischen Krisenstaaten müsse mit Finanzspritzen belebt werden, anstatt die Regierungen nur zum Sparen zu zwingen. “Sonst wiederholen wir die Fehler, die Amerika 1929 in die große Depression geführt haben. Das versteht Angela Merkel einfach nicht”, sagte der Spekulant.
    So sei es falsch gewesen, Griechenland nur gegen die Zahlung hoher Zinsen Hilfskredite zu gewähren. “Deswegen ist das Land heute gar nicht mehr zu retten. Und genauso wird es Italien ergehen, wenn wir das Land in die Zwangsjacke gewaltiger Zinszahlungen stecken.” Für den Fall einer Pleite Griechenlands rechnet Soros mit einer Eskalation der Euro-Krise. “Es könnte zu einem Run auf die Bankschalter in Italien und Spanien kommen, und dann würde Europa auseinanderbrechen.”
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung WL: Man muss den Hedgefonds-Manager und Multimilliardär ja nicht gerade für eine moralische Instanz halten, aber ökonomischen Sachverstand kann man ihm nicht absprechen.

  3. Union der Lohndrücker
    Griechenland, Rumänien, Belgien – offensichtlich rückt die EU die Lohnentwicklung immer stärker ins Zentrum ihrer Krisenbewältigungsstrategie. Die nationalen Regierungen werden von Brüssel dazu angehalten, die Löhne zu drücken. Nun steht allerdings im Maastrichter Sozialabkommen, das als Zusatzprotokoll zum EU-Vertrag am 1. November 1993 in Kraft trat, im Artikel 2.6 der Satz, dass die “Unterstützung und Ergänzung” der nationalen Sozialpolitiken durch die Gemeinschaft “nicht für das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht und das Aussperrungsrecht” gelten. Diese Einschränkung wurde auch in den Vertrag von Lissabon übernommen.
    Obwohl also die Tarifpolitik offiziell der gemeinschaftlichen Zuständigkeit entzogen bleiben soll, zielen die von der EU durchgesetzten Maßnahmen zur Haushalts- und Schuldenkontrolle darauf, eine “Lohnzurückhaltung” zu gewährleisten. Diese Beeinflussung erfolgte früher diskret und ohne direkte Einmischung. Das hat sich nun geändert. Und der neue Brüsseler Kurs ist nach den Worten von Manuel Barroso, dem Präsidenten der EU-Kommission, keine bloße Krisenepisode: “Was sich gegenwärtig vollzieht, ist eine stille Revolution, in kleinen Schritten, hin zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen Steuerung. Die Mitgliedstaaten haben akzeptiert – und hoffentlich verstanden -, dass den europäischen Institutionen größere Aufsichtsbefugnisse übertragen werden.”
    Die Regierungen haben beschlossen, sich auf europäischer Ebene zu koordinieren und eine gemeinsame restriktive Lohnpolitik zu betreiben. Schon der im März 2011 vereinbarte Euro-Plus-Pakt sorgt für eine Aushöhlung der Zuständigkeiten der Tarifpartner. Jetzt will sich die Union über eine Begrenzung der jährlichen Haushaltsdefizite und der Staatsverschuldung hinaus – die nach deutschem Vorbild in den Verfassungen der einzelnen Ländern verankert werden soll – auch in die nationalen Tarifverhandlungen einmischen, um ihre Idee von Lohndisziplin durchzusetzen. Mehr noch: Das “Gesetzgebungspaket zur wirtschaftspolitischen Steuerung” (“Sixpack”), das Ende September 2011 vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, stattet den Euro-Plus-Pakt – der eine bloße zwischenstaatliche Verpflichtungserklärung ist – mit juristischen Sanktionsmöglichkeiten aus.
    Quelle: Le Monde diplomatique
  4. Ein Mindestlohn für alle EU-Bürger
    In Europa gibt es zwar einen gewerkschaftlichen Konsens darüber, dass der chronische Rückgang der Löhne bekämpft werden und die Löhne das zentrale Thema des Eurosyndikalismus sein müsse. Aber wie das gehen soll, weiß noch keiner. Angesichts der Lohndisparitäten innerhalb der EU und der Tatsache, dass es in manchen Ländern keinerlei Lohnuntergrenzen gibt, drängt sich eine logische Forderung auf: die nach dem europäischen Mindestlohn. Die Debatte darüber ist für die Kongressteilnehmer (des Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB)) allerdings ein Minenfeld…
    2005 hatte ein Netzwerk gewerkschaftsnaher Wissenschaftler versucht, einen europäischen Mindestlohnregelsatz zu definieren, der sich auf die nationalen Durchschnittslöhne bezieht (und zunächst 50, später 60 Prozent betragen soll). Da die gesetzlichen Mindestlöhne in Europa derzeit bei nur 30 bis 48 Prozent des Durchschnittslohns liegen würde dies eine Anhebung in allen EU-Ländern bedeuten.
    Was die praktische Umsetzung betrifft, hat es seitdem kaum Fortschritte gegeben. Auf dem EGB-Kongress in Athen wurde von den Delegierten immer wieder betont, dass es ihnen weniger um die Idee eines Mindestlohns als um das Prinzip der Tarifautonomie geht. Ein Vertreter der französischen CFDT stellte zum Beispiel klar: “Wir haben nie einen staatlichen festgesetzten Mindestlohn in allen europäischen Ländern gefordert.” Offensichtlich gibt es einen Gegensatz zwischen den Befürwortern eines europäischen Mindestlohnsystems und den Gewerkschaften jener Länder, in denen Lohnuntergrenzen jeweils in den Branchentarifverträgen festgelegt werden, wie etwa in Italien und den skandinavischen Ländern. So erklärte etwa ein Vertreter der schwedischen TCO: “Wir wollen keinen Staatseingriff. Bei uns sind 90 Prozent der Arbeitnehmer in Tarifverträge einbezogen. Wir brauchen keinen branchenübergreifenden gesetzlichen Mindestlohn.” Dieses Instrument sei zur Lösung des Niedriglohnproblems ungeeignet, meinte ein italienischer Kollege: “Wir wollen unsere Autonomie nicht verlieren.”
    Quelle: Le Monde diplomatique
  5. Griechenland: Die nächste Angriffswelle rollt
    Quelle: Harm Bengen
  6. Arbeitsministerin macht sich für Lohnplus stark
    Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat spürbare Lohnerhöhungen oberhalb der Inflationsrate für die Arbeitnehmer in Deutschland gefordert. “In den letzten Jahren haben wir in Deutschland gemeinsam fleißig gearbeitet und Lohnzurückhaltung geübt, damit wir gut aus der Krise kommen”, sagte die CDU-Politikerin der “Bild am Sonntag”. Nun fahre die deutsche Wirtschaft ordentliche Gewinne ein. “Jetzt müssen die Arbeitnehmer daran beteiligt werden, und sie müssen das Plus auch spüren.”
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung WL: Von der Leyen könnte dort, wo sie handeln kann, etwas für höhere Löhne tun, etwa durch die Einführung von angemessenen Mindestlöhnen, durch die Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes, durch die Einschränkung der Leiharbeit, durch die Bekämpfung des Niedriglohnsektors. So bleibt ihr Appell wohlfeiles Geschwätz, das nichts bewirkt und ausschließlich den Zweck hat, sich an die Gewerkschaften heranzuschlängeln.

  7. Michael Dauderstädt: Wachstum durch Ausbau sozialer Dienstleistungen
    Soziale Dienstleistungen werden gern als eine Belastung der Wirtschaft angesehen, deren Kosten von anderen, „wirklich“ produktiven Wirtschaftszweigen zu tragen seien. Tatsächlich führt ein Ausbau sozialer Dienste zu mehr Wachstum durch zusätzliche Beschäftigung und höhere Produktivität und zu höherem Wohlstand, da er gesellschaftliche Bedarfe deckt. Für ein Expansionsszenario in den Bereichen Pfl ege, Kinderbetreuung und häusliche Dienste errechnete die Prognos AG im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung einen Wachstumsimpuls von etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts mit 667.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen.
    Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung WISO direkt Februar 2012 [PDF – 220 KB]
  8. Grünen-Politiker Schick: Bankenrettung: Undemokratisch, ungerecht, unsichtbar
    Europas Schuldenkrise ist längst eine Bankenkrise. Deshalb holt Deutschland den Bankenrettungsfonds wieder hervor. Doch die Finanzinstitute werden auf europäischer Ebene gerettet – ohne Transparenz. Was die Regierungschefs der EU und die Europäische Zentralbank im Moment machen, dient vor allem den Interessen der Bankaktionäre…
    Zum einen bleibt es weitgehend dabei, dass auf Antrag der betroffenen Institute Garantien oder Kapitalhilfen zur Verfügung gestellt werden. Auf Druck der FDP wurde darauf verzichtet, künftig direkt zwangsweise eine Rekapitalisierung von Banken zu ermöglichen…
    Zum zweiten fehlt es auch künftig an Transparenz und Kontrolle: Auch künftig ist keine Beteiligung des Bundestags bei Entscheidungen zu den Bankenrettungen vorgesehen…
    Auch sind die dem Finanzmarktstabilisierungsfonds bisher entstandenen Verluste nicht transparent, so dass der Fonds einen Schattenhaushalt darstellt…
    Drittens bleiben die Regelungen unzureichend, die verhindern sollen, dass sich Mitarbeiter in den Banken vor dem Hintergrund staatlicher Hilfsmaßnahmen großzügig bedienen…
    Wenn allerdings derzeit von Bankenrettung die Rede ist, muss der Blick über Deutschland hinausgehen. Denn derzeit sieht es nicht so aus, als würde das neue deutsche Gesetz in großem Umfang genutzt werden. Die eigentliche zweite Welle der Bankenrettung erfolgt durch die Europäische Zentralbank.
    Mit ihren Beschlüssen vom 8. Dezember 2011 hat sie die Schleuse für einen Geldsegen über die Banken der europäischen Krisenstaaten weit geöffnet und für drei Jahre 489 Milliarden Euro zu 1% zur Verfügung gestellt. Für Ende Februar ist ein weiterer Tender der EZB für dreijährige Gelder geplant. Am Markt wird spekuliert, dass auch hier ein Betrag von circa 400 Milliarden abgerufen wird.
    Gleichzeitig garantierten die Krisenstaaten offenbar im Umfang von etwa 209 Milliarden Euro Bankanleihen ihrer jeweiligen Banken, so dass diese über Sicherheiten verfügten, die sie bei der EZB als Gegenwert einreichen konnten…
    Quelle: SZ
  9. NRW-Finanzminister Walter-Borjans zum Steuerabkommen mit der Schweiz: „Kriminelle werden belohnt“
    Am kommenden Mittwoch wollen die SPD-Finanzminister über das Steuerabkommen mit der Schweiz beraten: Sie fordern erhebliche Nachbesserungen, wie der nordrheinwestfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans in einem Interview mit dem Nachrichten- Magazin DER SPIEGEL ankündigt. Man werde keinem Abkommen zustimmen, das, so Walter-Borjans, von Seiten der Schweiz zwei Ziele habe: “Ermittlungen gegen Steuerhinterzieher zu behindern und, da wo ermittelt ist, die Verfolgung zu vereiteln.” “Kriminelle dürfen nicht mehr belohnt werden”, erklärt Walter-Borjans und fordert eine drastische Erhöhung der Steuersätze auf Altvermögen in der Schweiz. Das Steuerabkommen sieht Sätze von 19 bis 34 Prozent vor. Walter-Borjans hält 50 bis 70 Prozent für “angemessen, als Preis für die Anonymität”. Auch die Abschlagszahlungen der Schweizer Banken müssten höher ausfallen. Zwei Milliarden Franken hatten die Banken angeboten, als Zeichen des guten Willens. Der Sozialdemokrat hält fünf Milliarden für angebracht, als “Abschlag für die 130 bis 160 Milliarden Euro, die unseren Schätzungen zufolge schwarz in der Schweiz liegen”. Darüber hinaus fordert die SPD einen “automatischen Datenaustausch” mit der Schweiz, wie er “innerhalb der Europäischen Union üblich” ist.
    Quelle: Spiegel
  10. Linke: Griechische Vermögen im Ausland einfrieren
    Linkspartei-Chef Klaus Ernst fordert das sofortige Einfrieren griechischer Auslandsvermögen. “Europa sollte Griechenland endlich im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Kapitalflucht unterstützen. Wir sind dafür, dass alle griechischen Auslandsvermögen in Europa über eine Million Euro sofort eingefroren werden”, erklärte Ernst gestern im Gespräch mit der PNP. Dann müssten die Inhaber der Konten mit der griechischen Steuersünderdatei abgeglichen werden. “Und wo es einen Treffer gibt, da muss das Geld im Wege der Amtshilfe zugunsten des griechischen Staates eingezogen werden”, so Ernst weiter. Das vereinbarte Sparprogramm bringe die griechische Demokratie in Gefahr: “Es wird soziale Unruhen geben. Es fehlt jeder Impuls für die Einnahmeseite.”
    Quelle: Passauer Neue Presse
  11. Schäuble verspricht Portugal weitere Hilfen
    Quelle: YouTube

    Anmerkung WL: Das unfreiwillig zustande gekommene Dokument belegt: Es geht nur noch um taktische Spielchen.

  12. Max-Planck-Institut: Deutsche sollen erst mit 72 in Rente gehen
    Die Forscher rechnen damit, dass angesichts der steigenden Lebenserwartung das Renteneintrittsalter entsprechend ansteigen muss. Im Jahr 2050 müssten die Deutschen „fünf Jahre“ länger arbeiten, um die Funktion des Rentensystems zu erhalten, sagte der Direktor des Instituts, James Vaupel, der „Welt am Sonntag“. Das hieße, die Deutschen dürften erst mit 72 in den Ruhestand und nicht mit 67, wie bisher geplant.
    Quelle: FOCUS Online

    Anmerkung WL: Von diesem Max-Planck-Direktor für demografische Forschung haben sie ja vielleicht bei uns schon gelesen. Er gehört zu den demografischen Alarmisten und weiß ganz genau, wie 2050 die Erwerbssituation, wie die Produktivität, wie groß der Kuchen sein wird, der in knapp 40 Jahren zu verteilen ist. Er würde ja eine Altersgrenze am liebsten ganz abschaffen. Das Rentensystem setze bei uns falsche Anreize, es sei zu großzügig. Menschen seien nämlich eher bereit zu arbeiten, wenn sie das Geld nötiger brauchten.
    Vielleicht sollte sich der wohldotierte Direktor einfach mal von seinem Schreibtischsessel hochheben und einen Blick auf die Wirklichkeit werfen. Dann könnte er nämlich sehen, wie die Zahl der Rentenversicherten, die ihre Rente früher beginnen (müssen) in den letzten Jahren dramatisch angestiegen ist und welche Abschläge dafür hingenommen werden müssen.
    Was die „großzügigen“ Renten anbetrifft: Die Durchschnittsrente liegt in Westdeutschland bei 697 Euro (Männer 970 Euro, Frauen 473 Euro) und in den neuen Bundesländern bei 826 Euro (1.044 Euro für Männer und 676 Euro für Frauen). Jeder kann sich ausrechnen, was ein durchschnittlicher Abschlag von über 113 Euro ausmacht.

    Focus: Frühe Rente, weniger Geld

    Quelle: Focus

  13. Paul Jorion, Die Reichtumskonzentrations-Maschine
    In einer Rede am 12. Januar 2012 sprach der Vorsitzende von Obamas Wirtschaftsbeirat Alan B. Krueger über „Anstieg und den Konsequenzen der Ungleichheit in den USA“ [PDF – 7 MB].
    Während von 1947 bis 1979 die Einkommen der Amerikaner jährlich um etwas mehr als 2% in allen Berufskategorien stiegen, erhöhten sich in den Jahren 1979 bis 2000 zwar jährlich die Brutto-Einkommen der oberen 20% der Bevölkerung um 1,2%, gleichzeitig sanken jedoch die Brutto-Einkommen der unteren 20% um 0,4%. Diese Disparitäts-Tendenz wurde durch Steuergeschenke der beiden Bush-Administrationen an die reichsten amerikanischen Haushalte noch verstärkt. In der Periode von 1979 bis 2007 stiegen die Einkommen nach Steuern der unteren 20% zwar um 18% an, doch erhöhten sich im gleichen Zeitraum die Einkommen der 1% reichsten Haushalte um 278%.
    Inhalte eines in der Pariser Tageszeitung Le Monde vom 7.2.2012 (Ökonomiebeilage S.3) erschienenen Artikels übertragen von Gerhard Kilper
    Originaltitel: „La machine à concentrer la richesse“
    Autor: Paul Jorion, Ökonom und Anthropologe, Kolumnenschreiber für die Wochenchronik der Le Monde- Ökonomiebeilage.
    Quelle 1: Le Monde
    Quelle 2: Hier die Übertragung [PDF – 50 KB]
  14. Maut-Abzocke: Konzerne ziehen Bund über den Tisch
    Die Kooperation von Staat und Privatunternehmen beim Ausbau von Autobahnen ist für die Bundesregierung ein schlechtes Geschäft. Wissenschaftler der TU Berlin rechnen damit, dass die sogenannten Public Private Partnerships (PPP) rund 30 Prozent teurer sind, als wenn der Bund selbst gebaut hätte. Im Bundesrechnungshof kursieren Schätzungen über Mehrkosten von zehn bis 40 Prozent. Der Sprecher des Rechnungshofs nannte keine Zahlen, sagte aber: “Wir haben erhebliche Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Modelle für den Staat.” Zudem sei PPP langsamer als der Bau in staatlicher Eigenregie…
    Im Falle der sogenannten A-Modelle bauen Konsortien bestimmte Autobahnabschnitte aus und erhalten dafür die Lkw-Maut auf diesen Strecken teilweise oder ganz. Die Verträge über die Projekte laufen in der Regel 30 Jahre.
    Das Problem: Die Prognose über die Zahl der Lkw und damit die Mauteinnahmen auf den Strecken ist extrem schwierig. “Es gibt keine wissenschaftlich anerkannte Methode, Verkehrsmengen für 30 Jahre zu prognostizieren”, sagte der Sprecher des Rechnungshofs. Seine Behörde hatte bereits 2009 in einem Gutachten bemängelt, dass die Unternehmen, die bei der Ausschreibung für die A-Modelle zum Zuge gekommen waren, um bis zu 75 Prozent höhere Lkw-Zahlen angenommen hatten als der Bund.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Für NachDenkSeiten Leser/innen nichts Neues, aber gut, dass es immer mehr Belege für die Abzocke durch Privatisierungen gibt.

  15. Der Widerstand gegen Nazis ist in Deutschland strafbar
    Während in Deutschland noch darüber diskutiert wird, ob Politik und Behörden „auf dem rechten Auge blind sind“, werfen die Staatsanwaltschaft Dresden und der Immunitätsausschuss des Bundestages ein schwerwiegendes Argument in die Waagschale, das den Verdacht einmal mehr bestätigt.
    Am 9. Februar 2012 hat der zuständige Ausschuss mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD die Immunität der beiden Abgeordneten der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Caren Lay und Michael Leutert, aufgehoben und damit den Weg für ein Ermittlungsverfahren wegen „Sprengung einer Versammlung“ frei gemacht. …
    Es wäre eindeutig die Aufgabe des Immunitätsausschusses gewesen, der Dresdner Staatsanwaltschaft entschieden entgegenzutreten und der Behörde deutlich zu zeigen, dass es nicht hinnehmbar ist, den Widerstand gegen Rechtsextremismus und Faschismus zum Ziel strafrechtlicher Verfolgung zu machen. Dass die Immunität von Caren Lay und Michael Leutert im breiten Konsens der Stimmen von CDU, FDP und SPD aufgehoben wurde, muss auch vor dem Hintergrund der Frage nach der Ernsthaftigkeit, mit der diese Fraktionen gegen Rechtsextremismus vorgehen wollen, betrachtet werden.
    Quelle: Jacob-Jung-Blog
  16. Saarland: SPD-Chef Maas rechnet mit großer Koalition
    Der Spitzenkandidat der SPD im Saarland, Maas, rechnet nach den Landtagswahlen am 25. März mit einer großen Koalition unter seiner Führung. Die Sozialdemokraten hätten beste Chancen, stärkste Kraft zu werden, sagte er im Interview der Woche des Deutschlandfunks. Mit der CDU gebe es durchaus Übereinstimmungen. Die Linkspartei sei nicht regierungsfähig, und für Rot-Grün werde es nicht reichen. – Für den Fall eines Wahlsiegs kündigte Maas Einschnitte an. Das Land müsse in den kommenden vier Jahren rund 65 Millionen Euro jährlich sparen, sagte er. Dafür sei ein Personalabbau in den Behörden und der Landesverwaltung unumgänglich. Die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen war Anfang Januar zerbrochen. Danach einigten sich Maas und die amtierende Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer von der CDU nach Sondierungen auf Neuwahlen.
    Quelle: DLF

    Anmerkung WL: Eigentlich ist es völlig egal, ob die SPD oder die CDU im Saarland regiert oder ob Maas oder Kramp-Karrenbauer Ministerpräsident/in wird, es herrscht die Diktatur der „Schuldenbremse“ , die wie ein alles politische Handeln diktierendes Ermächtigungsgesetz über das Grundgesetz an die Macht gebracht wurde. Wie beim „Fiskalpakt“ für ganz Europa reichte es künftig aus eine Regierung aus technokratischen Sparkommissaren zu installieren. Wahlen verleihen dieser Diktatur der Finanztechnokraten nur noch ein demokratisches Deckmäntelchen. Die Politik hat sich abgeschafft, auch weil sich die Demokratie hinter der Verfassung und internationalen Verträgen verbarrikadiert hat. Was im Saarland passiert, werden auf unabsehbare Zeit alle Bundesländer zu spüren bekommen. Die „Schwäbische Hausfrau“ (siehe oben Jens Berger) hat das Zepter übernommen, gelenkt z.B. von PricewaterhouseCoopers International Limited. (Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft übrigens, die sich bei den Schulden der HRE unlängst um gerade mal 55 Milliarden verrechnete.)

  17. Freihandel macht hungrig
    Die Dumping- und Freihandelspolitik der EU ist nicht nur moralisch, sondern auch völkerrechtlich problematisch: So brachte der UN-Ausschuss für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte im Mai 2011 gegenüber der Bundesrepublik Deutschland seine “tiefe Besorgnis” über die Auswirkungen der Landwirtschafts- und Handelspolitik der EU zum Ausdruck. Diese fördere den Export subventionierter Landwirtschaftsprodukte in Entwicklungsländer und gefährde dort das Menschenrecht auf Nahrung.
    Dass diese Politik mittelfristig ganze Volkswirtschaften schädigt, zeigte sich erneut Mitte letzten Jahres, als die Weltmarktpreise für einige Agrarrohstoffe neue Rekordwerte erreichten. Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO zufolge mussten Entwicklungsländer für Nahrungsmittelimporte 2011 insgesamt 486 Milliarden US-Dollar ausgeben: ein Viertel mehr als im Vorjahr.
    Quelle: Le monde diplomatique
  18. Kafka im Westjordanland
    Das von Israel in den besetzten Gebieten eingerichtete Verwaltungssystem macht das Leben der palästinensischen Bevölkerung zur Qual. In den letzten Jahren wächst der Widerstand palästinensischer und israelischer Menschenrechtsgruppen. Ein Bericht von den Hügeln südlich von Hebron.
    Hohe Beamte der Europäischen Union verabschiedeten im Januar 2012 in Brüssel einen internen Bericht, in dem festgestellt wird, dass die Palästinensergebiete der sogenannten C-Zone, die vollständig von Israel kontrolliert werden, aufgrund ihrer wachsenden Isolation einer stärkeren Unterstützung durch die EU bedürfen. Diese Gebiete entsprechen rund zwei Dritteln des von Israel besetzten Westjordanlands.
    Quelle: Le Monde diplomatique

    Hinweis: Weitere Beiträge in der neuen Ausgabe der Le Monde diplomatique z.B. „Genug ist genug“ Plädoyer für ein Höchsteinkommen.

  19. Die Arbeitsverhältnisse im chinesischen Wachstumsmodell
    Nach Daten des nationalen Statistikbüros stagniert der Anteil der Lohneinkommen am GDP seit Jahren bei ca. 35%, obwohl die Löhne in den letzten drei Jahren zum Teil kräftig erhöht wurden. Der Anteil der Investitionen ist gegenüber dem Vorkrisenjahr 2007 sogar noch einmal deutlich gestiegen, von gut 40 auf fast 55%. Der Anteil der Nettoexporte am Volkseinkommen beträgt unverändert ca. 10%.
    Fortgesetzt wird damit eine Wachstumsstrategie, die sich in extremer Weise auf Überschüsse in einigen exportstarken Schlüsselsektoren verlässt..
    Mit flexiblen Löhnen und Beschäftigungsbedingungen sind aber die meisten Lohnabhängigen in China konfrontiert. Das Grundproblem dabei sind die Lohnsysteme. Fast überall liegen die Basislöhne nicht höher als 50 oder 60% des regelmäßigen monatlichen Verdienstes. Der Rest wird durch Zulagen, Leistungsprämien oder Überstunden verdient. Der Zwang zu überlangen Arbeitszeiten ist so in die Lohnsysteme eingebaut. Solche Lohnstrukturen finden sich fast unter allen Produktionsregimes, namentlich auch staatseigener Betriebe…Eine tarifvertragliche Regulierung der Löhne fehlt fast völlig…
    Die mangelnde institutionelle Absicherung der Löhne bildet damit ein Kernproblem der Umstrukturierung von Chinas Wirtschaftsmodell. Ein durchgreifender Kurswechsel erscheint kaum möglich ohne grundlegende arbeitspolitische Strukturreformen und (vom Kapital) unabhängige Gewerkschaften mit demokratischen Strukturen.
    Quelle: DGB Gegenblende
  20. BBC to issue global apology for documentaries that broke rules
    The BBC will today apologise to an estimated 74 million people around the world for a news fixing scandal, exposed by The Independent, in which it broadcast documentaries made by a London TV company that was earning millions of pounds from PR clients which it featured in its programming.
    BBC World News viewers from Kuala Lumpur to Khartoum and Bangkok to Buenos Aires will watch the remarkable broadcast, available in 295 million homes, 1.7 million hotel rooms, 81 cruise ships, 46 airlines and on 35 mobile phone platforms, at four different times, staged in order to reach audiences in different time zones. The BBC will apologise for breaking “rules aimed at protecting our editorial integrity”.
    The Independent exposed last year in an investigation into the global television news industry how the BBC paid nominal fees of as little as £1 for programmes made by FBC Media (UK), whose PR client list included foreign governments and multinational companies. The company made eight pieces for the BBC about Malaysia while failing to declare it was paid £17m by the Malaysian government for “global strategic communications”. The programmes included positive coverage of Malaysia’s controversial palm oil industry.
    Quelle: The Independent

    Anmerkung KR: Inhaltsangabe auf deutsch: Die BBC entschuldigt sich dafür, in fünfzehn Fällen redaktionelle Standards verletzt zu haben. Für den Betrag von einem Pfund hatte die BBC redaktionelle Beiträge von der PR-Agentur FBC eingekauft, die in den Diensten ausländischer Regierungen stand.

  21. HRK-Präsidentin zur Studienanfänger-Prognose: Über sieben Milliarden Euro fehlen beim Hochschulpakt
    „Die neueste KMK-Prognose der Studienanfängerzahlen bestätigt unsere Einschätzung: Immer mehr junge Menschen erwerben die Hochschulzugangsberechtigung und immer mehr wollen dann auch studieren. Das ist eine überaus gute Nachricht. Das Bildungsbestreben der jungen Menschen ist unsere Zukunftschance. Aus dem KMK-Befund müssen jetzt aber sehr schnell Konsequenzen gezogen werden.
    Er ergibt nach unseren Berechnungen einen Mehrbedarf von über sieben Milliarden Euro allein für den Hochschulpakt II, der bis 2015 helfen soll, der großen Zahl von Studierwilligen ein Studium zu ermöglichen.
    Die KMK-Prognose macht klar: Der starke Zustrom an die Hochschulen ist ein langfristiger Trend.Entsprechend muss das Hochschulsystem dauerhaft gestärkt werden. Das heißt, Personal, Räume, Lehrmittel, die komplette Infrastruktur müssen verlässlich entsprechend dem Mehrbedarf zur Verfügung stehen.
    Quelle: idw
  22. Polizei in US-Schulen
    Früher rügte der Lehrer, heute übernimmt das in den USA die Polizei.
    Hunderte Schulen haben ihre eigene Streife, die schon Sechsjährige belangt, wenn sie fluchen, raufen oder rauchen. Einige Schüler zahlen eine Strafe, andere landen im Gefängnis – und kommen so schnell nicht wieder raus.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung U. Sch.: Scheint fast so, als sollte der Sinn für Widerstand jeglicher Art schon im Kindesalter gebrochen werden. Ein logischer Schritt wenn man auf ein System aus ist, in dem nicht kritisch gedacht oder gesprochen werden soll. Darüber hinaus sind diese Methoden überaus hilfreich bei dem Versuch bestimmte Bevölkerungsgruppen von höherer Bildung fernzuhalten indem man sie bereits im Kindesalter kriminalisiert. Eine Gesetzesdurchsetzung ohne jegliche Empathie oder pädagogischen Sinn, nur darauf aus den Keil zwischen Arm und Reich tiefer zu treiben und die Kontrolle zu sichern. Alternativen werden ignoriert. Siehe dazu auch einen älteren Hinweis des Tages.

  23. DGB und BDA: Gemeinsamer Aufruf zu einer bundesweiten Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt
    am Donnerstag, 23. Februar 2012, 12:00 Uhr
    „Die von rechtsextremistischen Gewalttätern verübten Morde, Raubüberfälle und Anschläge erfüllen die Menschen in Deutschland mit Abscheu und Entsetzen. Wir trauern um die Opfer. Unser Mitgefühl gilt den Familien und Freunden, die geliebte Menschen verloren haben“, erklärten Dr. Dieter Hundt, Präsident der BDA, und Michael Sommer, DGB-Vorsitzender, am Mittwoch in Berlin. „Wir sind tief betroffen, dass nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland diese entsetzlichen Verbrechen geschehen konnten.“
    Quelle: DGB
  24. Zu guter Letzt: Was läuft eigentlich beim Verfassungsschutz
    Quelle: FAZ

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