Telekom: Der Kampf der Kulturen (nur dass es hier keiner sein “darf”)

Ein Artikel von Volker Bahl

Shareholder gegen Stakeholder – zunächst ohne Gewerkschaften und das deutsche Defizit für die Beschäftigten
Ach, heute gibt es doch wieder eine schöne Geschichte zu erzählen, für die die Süddeutsche im Wirtschaftsteil wenigstens noch einen etwas ausführlicheren Kasten widmet. Da wird also bei der Telekom, um die Lohnkosten zu senken, ein Konzernteil ausgegliedert. (zur Funktionsweise des Finanzmarktkapitalismus für derartige Transaktionen siehe vor allem einführend Paul Windolf in: “Finanzmarktkapitalismus” in dem Kapitel “Was ist Finanzmarktkapitalismus?”.) 50000 Beschäftigte sollen es sein, die so als Verschubmasse zur allgemeinen Lohnsenkung erst einmal eingesetzt und ausgegliedert werden sollen – immer zur Sicherung einer möglichst hohen Profitrate – wir kennen das Spiel schon anderweitig… Ein Kommentar von Volker Bahl.

Nun kein Aufstand von Gewerkschaftsseite – nein, was passiert?
Ein Beschäftigter setzt sich hin und schreibt einen dreiseitigen Brief – auf dem aktuellen Stand der Technik natürlich: per E-Mail – an das Management. Er selber wählt dabei nur einen ziemlich kleinen Verteiler. Aber siehe da sein Brief “verteilt sich” wie der Wind über den ganzen Konzern – und tausend E-Mails kommen bei ihm an, die ihm Recht geben – bezüglich dieses arroganten Managements, das keinerlei Verhältnis zu dem Konzern und der dort geleisteten Arbeit hat (Richard Sennet hat in seinem Bändchen die “Kultur des neuen Kapitalismus” diese neue Art des Managements “Drehtürenmanagement” genannt, bei dem eben Führung und Verantwortung getrennt sind – vgl. dazu insbesondere auch die Darstellung zur Funktion der Aktienoptionen bei Windolf).

Irgendwie erwartet man, dass es jetzt zum “Aufstand der Beschäftigten (Stakeholder) kommt, kommen könnte – aber dazu gibt das deutsche (Arbeits-)Recht keine Möglichkeit – ohne gleich enorme Schäden für die Stakeholder gegen diesen Wahnsinn gegen sie von Seiten des Finanzmarktes etwas unternehmen zu können.

Ach, wer einmal die Gelegenheit hatte, die Versammlung von der früheren Postgewerkschaft zu besuchen, kennt das Ehr- und Gerechtigkeitsgefühl dieser Menschen (dass “Anerkennung” neben dem “Interesse” immer wichtiger wird hat jüngst Andreas Boes vom ISF in einem schönen Habilitationsvortrag an der Darmstädter Universität dargelegt – siehe auch Axel Honneth ).
Aber was bleibt ihnen außer weitere Mails zu verschicken an Gegenwehr???

Ja, in Frankreich, da hätten sie ein Mittel – das jedem persönlich zustehende – individuelle – Streikrecht… hier in Deutschland haben sie den “dereinst” vom Bundesarbeitsgericht gebastelten “Nipperdeyschen Käfig” des Streikrechts, wo der einzelne Beschäftigte “schön” außen vor bleibt.
Dabei wäre es gerade im Zeitalter des Internets und Fernsehens (vgl. die enorme Bedeutung des Fernsehens bei den verschiedenen Streikwellen gegen das “Ersteinstellungsgesetzes” in Frankreich) und der allseits so hoch gepriesenen “Flexibilität an der Zeit den Beschäftiget auch diese “Eigenverantwortung zuzuerkennen – oder?

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!