Hinweise des Tages

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  1. Überwachungsstaat: Kontrolliert der US-Geheimdienst demnächst alle deutschen Bankdaten?
    Jede Überweisung deutscher Bankkunden ins Ausland kann ohne weitere Kontrolle von US-Geheimdiensten ausgewertet werden. Die Überweisungen werden mit dem so genannten SWIFT-System getätigt, dessen Rechner auch in den USA stehen. Bald könnten auch Überweisungen innerhalb Deutschlands überwacht werden.
    Quelle: SWR
  2. Buchtipp: Gerhard Hofmann, Die Verschwörung der Journaille zu Berlin
    Oder: der einsame Kampf gegen Meinungsmacher und Meinungsumfrager. Ein Politisches Tagebuch samt Schlussfolgerungen.
    Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte haben Journalisten eine Regierung weggeschrieben, oder zumindest einen Kanzler. Viele haben jedenfalls im Sommer 2005 die Seiten gewechselt und sich in die Politik eingemischt. Verschwörung? Viele teils angesehene Journalisten sind von der Bank der Beobachter auf die Seite der Handelnden gewechselt und übten so Verrat an dem, was eigentlich ihr Auftrag – und ihr Privileg – ist: der Kontrolle der Macht.
    Bouvier Verlag, Bonn, ca. 472 S., kart. ca. 29,00; ISBN 978-3-416-03178-3
  3. Bundesagentur spart an Arbeitslosen
    Die gegenwärtige Ausgabenentwicklung deutet darauf hin, dass die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) für Arbeitslosengeld in diesem Haushaltsjahr voraussichtlich vier Milliarden Euro oder sogar mehr unter dem veranschlagten Soll von 21,78 Milliarden Euro liegen werden.
    In den letzten 12 Monaten wurden von der BA für Leistungen der sogenannten aktiven Arbeitsförderung insgesamt 10,97 Milliarden Euro ausgegeben, 2,0 Milliarden Euro weniger als im BA-Haushalt 2007 veranschlagt.
    Um die für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung veranschlagten 3,3 Milliarden Euro auszuschöpfen, müsste die BA in den verbleibenden neun Monaten dieses Haushaltsjahres 808,6 Millionen Euro (41,6%) mehr ausgeben als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
    Die Rücklage der BA, etwa 11,2 Milliarden Euro Ende 2006, wird Ende 2007 deutlich höher sein als Ende 2006.
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 180 KB]
  4. Thomas Fricke: Frühjahrsgutachten – „Gegen Steuern, Abgaben, Schulden, Unglück und kaltes Wetter“
    Den exzellenten Konjunkturanalysen folgt am Ende des Gutachtens eine Art wirtschaftspolitische Wundertüte – für die man dann allerdings auch nicht unbedingt Ökonom sein muss. Klar: Wer will schon keine Steuern und Abgaben senken, die Schulden nicht möglichst abbauen und mehr Geld in die Zukunft investieren. Das eigentliche Problem ist ja, dass Politiker – selbst wenn sie gut und willens sind – all das gar nicht gleichzeitig machen können, weil für alle Wünsche zusammen einfach weder die politischen Energien, noch die finanziellen Mittel reichen.
    Quelle: FTD
  5. Oskar Lafontaine: Rekord im Lohndumping
    Das Mitglied des Sachverständigenrats Wiegard hat gerade erst festgestellt, dass sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in den zurückliegenden Jahren dramatisch verbessert habe. Der Grund dafür liegt in der Lohnentwicklung. Die Löhne fallen in Deutschland – anders als in allen anderen Industriestaaten – nun schon seit Jahren hinter den Produktivitätsanstieg zurück. Das Ergebnis sind fallende Lohnstückkosten. Weil diese die Preisentwicklung entscheidend beeinflussen, ist auch die Inflation in Deutschland geringer als in anderen EU-Staaten und anderen wichtigen Industrieländern. Das bedeutet, dass sich die Wettbewerbsposition unserer Volkswirtschaft laufend zulasten der Volkswirtschaften anderer Länder verbessert. Deutschland wertet real sowohl gegenüber den Euro-Staaten als auch gegenüber anderen wichtigen Handelspartnern ab. Deswegen weist die Bundesrepublik Jahr für Jahr neue Ausfuhrrekorde auf und verteidigt erfolgreich ihren Titel als Exportweltmeister. Der Leistungsbilanzüberschuss eines Landes ist das Leistungsbilanzdefizit eines anderen Landes.
    Quelle: ND
  6. Zu wenig Qualitätsbewusstsein in den Nachrichtenredaktionen
    Vergleicht man die Zahlen über das Qualitätsmanagements mit dem Siegeszug des „Total Quality Managements“ (TQM) in andern Branchen, ist es ziemlich erschreckend, dass ausgerechnet Medienunternehmen in einem so lebenswichtigen Bereich wie dem Nachrichtenjournalismus sich nicht um verlässlichere Sicherungen bemühen, um sich vor falschem Alarm, vor Instrumentalisierung und andern Attacken auf ihre Glaubwürdigkeit zu schützen. Fairerweise wird man hinzufügen müssen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen solch ein Engagement erschweren: Wenn das Publikum in zunehmendem Masse erwartet, dass Nachrichten gratis angeliefert, also vollständig über Werbung finanziert werden, rechnen sich teure redaktionelle Qualitätskontrollen nicht.
    Quelle: NZZ
  7. Einführung des Ethikunterrichts in Berlin als Pflichtfach verfassungsgemäß
    „Die Offenheit für eine Vielfalt von Meinungen und Auffassungen ist konstitutive Voraussetzung einer öffentlichen Schule in einemfreiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen. Der Landesgesetzgeber darf der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten „Parallelgesellschaften“ entgegenwirken und sich um die Integration von Minderheiten bemühen. Integration setzt nicht nur voraus, dass die religiös oder weltanschaulich geprägte Mehrheit jeweils anders geprägte Minderheiten nicht ausgrenzt; sie verlangt auch, dass diese sich selbst nicht abgrenzt und sich einem Dialog mit Andersdenkenden und Andersgläubigen nicht verschließt. Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren, kann für den Landesgesetzgeber eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Schule sein.“
    Quelle: Bundesverfassungsgericht

    Anmerkung: Nochmals: „Die Offenheit für eine Vielfalt von Meinungen und Auffassungen ist konstitutive Voraussetzung einer öffentlichen Schule in einem freiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen.“
    Genau das ist auch der Kern unserer Kritik an der Vielzahl der Initiativen der Wirtschaft zur einseitigen Einflussnahme auf die Schulinhalte, da besteht eben keine Offenheit für eine Vielfalt der Meinungen mehr.

  8. Jetzt der nächste Streich: Unfallversicherung: Arm ab, arm dran
    Die Rente mit 67 ist beschlossen, das Gesetz zur Gesundheitsreform unterschrieben, die Pflegeversicherung auf dem Prüfstand, schon droht der nächste Streich: Die gesetzliche Unfallversicherung soll “zukunftsfest” gemacht werden. Von den Plänen ist bislang kaum etwas bekannt. Ein erster Arbeitsentwurf soll in den nächsten Wochen an die Länder übermittelt werden. Die Regierung operiert an der gesetzlichen Unfallversicherung. Befürchtet werden Leistungskürzungen zu Lasten der Betroffenen – Betroffen sind alle: Kinder im Kindergarten, Schüler, Studenten, Arbeitnehmer; beglückt würden die Unternehmen nach dem Motto “Lohnnebenkosten” senken.
    Quelle: ver.di PUBLIK
  9. Aufschwung für wenige
    Die Mehrheit der Deutschen wird vom Aufschwung nur etwas aus der Zeitung erfahren. Denn wie bisher werden die Menschen, die dieses Wachstum erarbeiten, nur mit den Krumen ihres Erfolges abgespeist – und das mit dem Segen der “fünf führenden” Forschungsinstitute. Spürbare Lohnerhöhungen von gerade einmal drei Prozent soll es ab 2008 geben.
    Dabei spreizt sich die Schere zwischen Löhnen und Unternehmensgewinnen schon seit Jahren. Auch die Qualität der neuen Jobs ist ernüchternd: Die Hälfte entsteht bei Zeitarbeitsfirmen, und die sind nicht gerade das, was die Menschen von der wirtschaftlichen Erholung erwarten.
    Der Vergleich mit den europäischen Nachbarn fällt zudem düster aus: Dort belegt Deutschland mit seinem letztjährigen Wachstum von 2,7 Prozent gerade einmal den viertletzten (!) Platz innerhalb der 27 EU-Mitgliedstaaten. Zur Euphorie besteht kein Anlass. Fakt ist, dass in den letzten zehn Jahren in keiner anderen Exportwirtschaft die Löhne so schwach gestiegen sind wie in Deutschland. Mit Hilfe niedriger Löhne haben deutsche Unternehmen ihre ausländischen Konkurrenten verdrängt. Im Inland hat diese Lohnzurückhaltung in der gleichen Zeit 600.000 Arbeitsplätze gekostet.
    Quelle: taz
  10. Friedhelm Hengsbach: Heilmittel PPP?
    Wie kann verhindert werden, dass die Öffentliche Hand über den Tisch gezogen wird? Die Verträge müssen auf gleicher Augenhöhe und öffentlich ausgehandelt werden. Die Kalkulation sollte auch unter dem “langen Schatten der Zukunft” stimmen. Eine Sperrklinke gegen die Vermarktung menschlicher Arbeit ist einzubauen. Gesellschaftliche Risiken sollten weiterhin solidarisch abgesichert sein.
    Dass Profite in die privaten Kassen fließen, während ein Großteil der Folgekosten auf die Allgemeinheit abgewälzt wird, ist nicht vertretbar. Ein gleicher Zugang zu den Grundgütern: Arbeit, Mindesteinkommen, Gesundheit, Bildung, Mobilität und Kommunikation für alle unabhängig von der Kaufkraft gehören zur Lebensqualität demokratischer Gesellschaften.
    Quelle: FR
  11. Oskar Negt: Der Bremer Entwurf für ein neues SPD-Programm missachtet die realen Probleme der Menschen und flüchtet sich in Floskeln. So verliert die Partei jede Glaubwürdigkeit.
    Der durchgängig optimistische Zug des Bremer Entwurfs mag für die politische Handlungsprogrammatik nützlich sein. Wenn aber die Alltagserfahrung der Menschen in eine andere Richtung geht, wenn sie die Zerrissenheit der individuellen und gesellschaftlichen Lebensverhältnisse als bedrückend erfahren, dann geht bereits in den analytischen Teilen ein Stück an Glaubwürdigkeit verloren. Wer sollte da noch Vertrauen in die Kraft und den Mut der Partei haben, die Gesellschaft an Haupt und Gliedern zu reformieren? Ich weiß nicht, warum der Gesellschaftsentwurf eines demokratischen Sozialismus, der der Partei über mehr als hundert Jahre Orientierung und politische Identität verschafft hat, praktisch spurlos getilgt ist, um blassen Ergänzungsbegriffen Platz zu machen: dem “vorsorgenden Sozialstaat” oder der “sozialen Demokratie”.
    Quelle: taz
  12. Hungertod in Speyer – Es gibt eine Abschreibungsmentalität
    Neben Bestürzung macht sich auch immer mehr Empörung darüber breit, dass mitten in Deutschland, unbemerkt von allen, ein Mensch verhungern konnte. Elisabeth K. und ihr verhungerter Sohn waren für Behörden, Nachbarn und wohl auch für ihre in Schifferstadt wohnenden Vermieter (es soll seit einigen Monaten keine Miete mehr bezahlt worden sein) schlichtweg nicht mehr existent.
    Quelle: Speyer aktuell
  13. DIHK fordert „Brutal-Reformen“
    Ludwig Georg Braun: Der Kündigungsschutz soll eingeschränkt werden und nur in Unternehmen gelten, die mehr als 20 Mitarbeiter haben. Generell soll es erst nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit einen Kündigungsschutz geben. Belegschaft und Geschäftsführung sollen in „betrieblichen Bündnissen für Arbeit“ längere Arbeitszeiten oder die Höhe der Löhne vereinbaren können – auch wenn der Tarifvertrag dies nicht über so genannte Öffnungsklauseln gestattet. Auch wer 40 Jahre und länger in die Rentenkasse eingezahlt hat, soll erst mit 67 in den Ruhestand gehen. Wer früher aufhört, soll künftig statt 0,3 Prozent pro Monat einen Abschlag von 0,5 Prozent hinnehmen müssen. Die Unternehmen sollen noch weniger Steuern zahlen.
    Quelle: Bild.de

    Anmerkung: So als ob die bisherigen „Reformen“ nicht brutal genug gewesen wären.

  14. Robert von Heusinger: Steuersenkungen – Es ist nicht zu fassen
    Nicht finanzierbar, der Sozialstaat, nicht finanzierbar, eine Wirtschaftpolitik, die die zunehmenden Ungleichgewichte auszubalancieren versucht, durch bessere Betreuung, durch bessere Bildung. Löcher, Abgründe, der Staatsbankrott ist nahe. Alles erst 18 Monate her, dass viele im Land diese Parolen geglaubt haben. Und jetzt werden Steuersenkungen debattiert. Es ist nicht zu fassen.
    Wenn die Wirtschaft wächst, wenn die Steuereinnahmen sprudeln, gilt es die wirklichen Probleme des Landes anzupacken.
    Quelle: Zeit Herdentrieb

    Steuerquote: Deutschland liegt mit 20,8 % unter den 30 verglichenen Staaten an 24. Stelle. Nur noch Polen, Korea, USA, Slowakei, Japan und Mexiko liegen niedriger.
    Abgabenquote: Deutschland liegt 34,7 % an 18. Stelle.
    Quelle: Bundesfinanzministerium [PDF – 104 KB]

  15. IAQ: Wie schaffen wir die Rente mit 67? Gesund altern im Betrieb
    Alternde Belegschaften werden zum wachsenden Problem für die Personalchefs, weil immer mehr junge Fachkräfte fehlen. Schon heute verursachen die über 45-jährigen mehr als die Hälfte aller Arbeitsunfähigkeitstage, obwohl sie insgesamt nur ein Drittel der Beschäftigten ausmachen. “Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern wird zentraler Erfolgsfaktor für Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.”, stellt die Arbeitsforscherin Dr. Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen fest.
    Quelle: idw
  16. Mindestlöhne: Die SPD-Führung fordert nur, was ohnehin geschieht.
    Hinter allem steht das falsche Konzept, jeder Unternehmerwunsch müsse erfüllt werden, weil “die Globalisierung” es vorschreibe – das Konzept der Union. Denn die Unternehmer sind gegen jeden Mindestlohn. Sie sagen, er würde sie zur Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland zwingen. Früher oder später wird die SPD aufhören müssen, darauf nur mit Anpassung zu reagieren.
    Quelle: Freitag
  17. Elmar Altvater: Habe Arbeit, suche Lohn!
    Wer jedoch daraus die Norm ableitet, durch Lohnzurückhaltung gäbe es mehr Jobs, argumentiert an den Tatsachen vorbei, denn die Umverteilung der letzten Jahre, die der IWF nüchtern konstatiert, hat allein in Deutschland 600.000 Arbeitsplätze gekostet. Lohnverzicht und Nachfrageausfall hatten verheerende Wirkungen – die Konjunkturerholung kam nicht wegen, sondern trotz des Drucks auf die Arbeitseinkommen zustande.
    Quelle: Freitag
  18. Unternehmen Hochschule: Uni Potsdam bald Uni Deutsche Bank
    Zwischen der Universität Potsdam und der Deutschen Bank wurde am 19. April 2007 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, um die Potenziale der Universität und der Bank stärker zu nutzen. So wird die Deutsche Bank ihre Kompetenzen in den Aufbau des Studienangebotes zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen einbringen Außerdem wird es eine enge Zusammenarbeit bei der Begleitung von Existenzgründern geben. Kooperiert wird ebenso bei Forschungsvorhaben auf den Gebieten der Finanzarchitektur und der Finanzwirtschaft. Auch im Bereich der beruflichen Perspektivsicherung, so bei der Vermittlung von Praktika und gemeinsamen Informationsveranstaltungen und Schulungsprogrammen, wirken Universität und Bank zusammen.
    Quelle: Übergebühr
  19. Nochmals: Strommänner in der Politik
    Quelle: LobbyControl

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