Hinweise des Tages

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  1. Jahrelang wurde »der Staat« verachtet, doch die Bürger sehnen sich wieder nach staatlicher Verlässlichkeit
    Die Haltung der Deutschenzu ihrem Staat hat sich gründlich geändert, und die Politik reagiert darauf. Mehr als 70 Prozent der Wähler von Union und SPD, das ermittelten die Meinungsforscher von Emnid im Auftrag der ZEIT, wünschen sich Bahn, Telekom oder Energieversorgung in öffentlicher Hand. 68 Prozent aller Befragten halten für richtig, dass der Staat Mindestlöhne festlegt – darunter sogar viele FDP-Anhänger.
    Ein Grund für die veränderte Stimmung ist das angekratzte Ansehen der Wirtschaft und ihrer Bosse; die Skandale bei VW, Siemens und anderen tragen dazu bei, dass Wirtschaftsführer mittlerweile noch geringer geschätzt werden als Politiker. Hinzu kommt die Erfahrung, dass eine Politik, die Konzernen hohe Gewinne sichert, nicht automatisch mit Arbeitsplätzen belohnt wird.
    Quelle: Die Zeit
  2. Klassenziel Hartz-IV: Sind die Lehrer Realisten oder haben sie aufgegeben?
    An der Fröbelschule in Bochum-Wattenscheid kennen sich die Kinder besser aus mit Hartz IV als mit Geometrie. Zwei Drittel der Eltern leben von Arbeitslosengeld, im letzten Jahr hat kein einziger Schüler aus dem Abschlussjahrgang der Förderschule eine Lehrstelle bekommen. Daraus hat der Direktor jetzt eine Konsequenz gezogen: „Ich bereite meine Schüler im Unterricht auf das vor, was sie nach der Schule erwartet – die Arbeitslosigkeit“.
    Quelle: wdr Monitor
  3. Wie Hartz IV-Empfänger zu kostenloser Arbeit gezwungen werden
    Hartz-IV-Empfänger werden von den zuständigen Behörden gezwungen umsonst zu arbeiten. Und das nicht in gemeinnützigen Einrichtungen, wie zum Beispiel die Ein-Euro-Jobber, sondern in ganz normalen Unternehmen, auf ganz normalen Arbeitsplätzen, oft monatelang. In dieser Zeit kommt der Steuerzahler für den Lebensunterhalt auf. Eine der Folgen, reguläre Arbeitsplätze verschwinden. Und REPORT MAINZ hat Arbeitgeber gefunden, die von dieser Maßnahme nur zu gerne Gebrauch machen.
    Quelle 1: Report Mainz (Text)
    Quelle 2: Report Mainz (Video)
  4. Erziehungs-Camp für arbeitslose Jugendliche
    Das Jobcenter Neukölln schickt junge Arbeitslose zum Training nach Brandenburg. Dort sollen sich Hartz-IV-Empfänger an ein geregeltes Berufsleben gewöhnen. Ein “Drill-Camp” nach amerikanischen Vorbildern soll das Lager aber nicht sein.
    Quelle: Tagesspiegel
  5. Kinderarmut hat sich seit 2004 verdoppelt in Deutschland
    Bislang musste der Kinderschutzbund die Zahl der armen Kinder in der BRD immer schätzen und “wurde dafür beschimpft, Horrorzahlen zu verbreiten”. Eine erste Überprüfung zeigt: Die Zahl ist noch höher als befürchtet. Mehr als 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland leben nach Angaben des Kinderschutzbundes auf Sozialhilfeniveau.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Dazu:

    Die steigende Kinderarmut ist der Kanzlerin und den Politikern einige matte Sätze wert
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Dazu:

    Bildungsforscher Christian Palentien: “Wir wissen seit 30 Jahren, was zu tun ist”
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  6. Bei der Erbschaftsteuer-Reform fühlt sich die Politik von den Wirtschaftsverbänden im Stich gelassen
    Schon im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, dass die Erbschaftsteuer für jene Betriebe ganz entfallen soll, die von den Erben mindestens zehn Jahre lang fortgeführt wurden. Dieses “Abschmelzmodell” war eine Idee der Wirtschaftsverbände. Doch inzwischen ist die Wirtschaft von diesem Modell wieder abgerückt. Kaum verbrämt unterstellten Koch und Steinbrück den Unternehmern, dass ihnen nun verspätet aufgefallen ist, dass das neue Erbschaftsrecht nicht als gigantisches Steuerschlupfloch taugt.
    Quelle: taz

    Anmerkung: Gibt man den Wirtschaftsverbänden den kleinen Finger, so wollen sie gleich den ganzen Arm.

  7. Steuergeschenk für Heuschrecken
    Bundesfinanzminister Peer Steinbrück: Auf internationaler Bühne fordert er Regeln für mehr Transparenz von Beteiligungsgesellschaften. Gleichzeitig brachte er letzte Woche einen Gesetzentwurf ins Kabinett ein, der ausgerechnet diese Beteiligungsgesellschaften finanziell besser stellt. Danach müssten ausländische Fonds, die deutsche Firmen kaufen, rechtsverbindlich keine Steuern mehr zahlen. Offiziell will die Bundesregierung damit nur kleinen und jungen Unternehmen helfen, ausländisches Kapital zu beschaffen. Laut Gesetzentwurf Firmen, deren Eigenkapital kleiner als 20 Millionen Euro ist und die nicht älter als 10 Jahre sind.
    Das hält der Steuerrechtsexperte Professor Lorenz Jarass aber für ein milliardenschweres Steuergeschenk und eine Mogelpackung.
    Quelle: wdr Monitor
  8. Berlin will Steuerflucht nach Österreich verhindern
    Berlin will ein seit 1954 bestehendes Abkommen, demzufolge Deutsche ihr Erbe auch im Nachbarland versteuern können, zum Jahresende aufkündigen. Hintergrund des jüngsten Zwists ist den Angaben zufolge die Entscheidung der in Wien regierenden Koalition aus ÖVP und SPÖ, die Erbschaftsteuer Ende Juli 2008 komplett abzuschaffen. Ein Doppelbesteuerungsabkommen sah bisher vor, dass in Österreich lebende Deutsche von der günstigen Erbschaftsbesteuerung des Nachbarlands profitieren konnten. In Zukunft soll dem deutschen Fiskus demnach nur noch derjenige entgehen können, wer schon mehr als fünf Jahre im Ausland lebt sowie kein Grund- und Betriebsvermögen in Deutschland mehr hat.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung: Mal sehen, was aus diesen Ankündigungen wird.

  9. Flexicurity – Ein Konzept für das Arbeitsrecht der Zukunft?
    Mit dem Grünbuch der Europäischen Union zum Arbeitsrecht soll unter dem Begriff Flexicurity eine Diskussion zur Reform des Arbeitsrechts angestoßen werden. Angesichts der Debattenkultur und der politischen Mehrheitsverhältnisse in Deutschland sind die gegenwärtigen Vorraussetzungen für die Umsetzung von Flexicurity eher schlecht. Der Verdacht liegt nahe, die Diskussion um Flexicurity könnte zur Verschleierung und Rechtfertigung weiterer Deregulierungsvorhaben dienen.
    Quelle: WSI Mitteilungen [PDF – 148 KB]
  10. Detlev Hensche: Die Zugkraft der Lokführer
    Worauf immer eine Tarifeinigung mit der Bahn hinauslaufen mag: Der Kampf der Lokführer ist legitim. Das gilt sowohl aus gesellschaftlicher als auch aus gewerkschaftlicher Sicht.
    Quelle: FR
  11. SPD-Linke unterstützen nationale Wirtschaftspolitik Sarkozys
    Mit seinem Vorstoß, nationale Wirtschaftspolitik nicht auf europäischer Ebene zu blockieren und die Europäische Zentralbank (EZB) politischen Vorgaben zu unterwerfen, bezieht sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nicht auf den europapolitischen Mainstream. Eine politische Globalsteuerung wird zwar in einigen Nicht-Euro-Staaten wie Schweden und Großbritannien erfolgreich angewandt, der zusätzliche Gebrauchswert einer einheitlichen Währungs- und Zinspolitik liegt aber brach. Verantwortlich hierfür sind wirtschaftsliberale Gralshüter in Kommission und Zentralbank sowie scheinbar unüberbrückbare Interessenskonflikte der Mitgliedsstaaten. Dieser Mix aus politischer Handlungsunfähigkeit und einem institutionell garantierten Durchsetzungsmonopol der EZB ist die eigentliche Wachstums- und Beschäftigungsbremse des Währungsraums. Bizarr mutet es an, wenn die Interventionen Sarkozys als ein Konflikt zwischen ökonomischem Sachverstand und unbotmäßigem “politischen” Einfluss interpretiert werden.
    Quelle: FR
  12. Engelen-Kefer: Die Bodenhaftung ist bei denjenigen, die die ganzen Reformen gemacht haben, verloren gegangen
    Quelle: Thüringer Allgemeine
  13. Neun Fallen für Roland Koch
    Politischer Ziehsohn Helmut Kohls, größtes Talent der CDU, letzter Konservativer, ärgster Gegenspieler von Angela Merkel – Roland Koch habe „auf Kanzler studiert“, sagen Feinde wie Bewunderer. Doch derzeit sieht es nicht gut aus für Roland Koch. In Hessen, Deutschlands Labor für politische Umschwünge, braut sich Ungemach für den Ministerpräsidenten zusammen. Kochs Wiederwahl ist längst nicht sicher, der Nimbus des Unbesiegbaren in Gefahr. Der Super-Hesse steckt in der heikelsten Phase seiner politischen Laufbahn.
    Quelle: Cicero
  14. Wie groß ist der Einfluss der Wirtschaft auf die Hochschulräte?
    Unter den Hochschulratsvorsitzenden liegt der Anteil der Wirtschaftsvertreter bei 47 Prozent, von diesen sind 80 Prozent Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder.
    In Universitäten mit einem höheren Drittmittelanteil aus der Wirtschaft ist die Zahl der Wirtschaftsvertreter an allen externen Mitgliedern überdurchschnittlich hoch.
    Quelle: Informationsdienst Ruhr

    Anmerkung: Unternehmer und Manager als Aufsichtsratsvorsitzende passen ja auch zur „unternehmerischen“ Hochschule.

  15. Die Universität, das bin ich!
    Immer mehr Wissenschaftler klagen über „Präsidialdiktaturen“. Viele Wissenschaftler und Studierendenvertreter beobachten die zunehmende Konzentration von Befugnissen bei den Hochschulleitungen mit Skepsis. Gerade erklärte der Fachbereich Rechtswissenschaft der Uni Frankfurt, der Wissenschaftsbetrieb sei „kein Befehlsprodukt entscheidungsfroher Präsidien und Dekane“. Wissenschaftliche Leistung lasse sich nicht obrigkeitlich anordnen.
    Quelle: Tagesspiegel
  16. Jura und Wirtschaft sind finanziell am attraktivsten
    Das gelte sowohl für Universitäten als auch für Fachhochschulen. Fast gleichauf mit den beiden Fächern liege Medizin. Mit deutlichem Abstand folgten Natur- und Ingenieurwissenschaften. Für Wirtschaft und Jura errechneten die Wissenschaftler unter Leitung von Bankprofessor Mark Wahrenburg der Zeitung zufolge Studienrenditen von rund 13 Prozent im Jahr. Sie ergeben sich aus dem Vergleich von Einkommensdaten aus dem Mikrozensus von 2004 von 17.000 vollzeitbeschäftigten Akademikern und Nicht-Akademikern und mit Berücksichtigung des entgangenen Gehalts während des Studiums.
    Quelle: web.de

    Anmerkung: Also nichts wie rein in die relativ billigen Studiengängen. Auch für die Hochschulen wird daraus ein Geschäft, wenn sie mehr Buchwissenschaften als teure Naturwissenschaften anbieten.

  17. Drei Studierenden der Universität Marburg sind zu Bewährungsstrafen verurteilt worden – GEW protestiert
    Richter Taszis präsentierte sich in seinen Urteilen als Hardliner, der Exempel statuieren will. Gegen den Richter wurde gestern vor Ort von über 20 Personen eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Präsidenten des Landgerichts Marburg gestellt.
    Quelle: GEW
  18. CHE-Uni-Ranking, oder wie groß muss eine Stichprobe eigentlich sein
    Bei der CHE-Untersuchung wurden zwar meist mehrere hundert Studierende gebeten, den Fragebogen auszufüllen, allerdings lag die Rücklaufquote oft nur im Bereich von 10 Prozent. Bei solchen Daten darf man nicht mehr erwarten, dass die ermittelten Schwankungsbreiten tatsächlich den Anforderungen “normaler” Stichprobenuntersuchungen genügen.
    Wenn man es mit wissenschaftlichen Prinzipien ernst nimmt, dann muss man sagen, dass das Hochschulranking eine Untersuchung ist, die von der Wissenschaft entwickelte Methoden verwendet, sich selbst aber nicht vollständig den in der Wissenschaft üblichen Qualitätskontrollmechanismen unterwirft.
    Quelle: der Standard
  19. Die fragwürdigen PR-Kampagnen der Bundesregierung
    Gar nicht weggeduckt hat sich, wenn es darum ging die eigenen Erfolge unters Volk zu bringen, das Ministerium dieser Dame. Teure Werbekampagnen von Ministerien kennen wir ja. Doch der Familienministerin hat das nicht gereicht. Nein, Zeitungsartikel und Hörfunkbeiträge wurden produziert und gesendet, beziehungsweise abgedruckt. Wir hören Radio oder lesen Zeitung, denken, hier waren unabhängige Journalisten am Werk. In Wirklichkeit aber reinste Eigenwerbung, direkt aus dem Ministerium der Frau von der Leyen.
    Quelle 1: Report Mainz (Text)
    Quelle 2: Report Mainz (Video)

    Anmerkungen: Die Vorwürfe sind berechtigt und es ist richtig darüber zu berichten. Aber niemand sollte denken, dass es in dieser Hinsicht beim Öffentlich-rechtlichen Fernsehen korrekt abginge. Wer erinnert sich nicht an die demographischen Wochen beim ZDF im Januar dieses Jahres: „2030 – Aufstand der Alten“, die Dauerwerbesendung für kommerzielle Altersvorsorge mit umfangreichem Rahmenprogramm. Und auch die „Dokumentationen“ von Märchenonkel Günter Ederer im ARD-Fernsehen dürften mittlerweile bekannt sein. Ederer dreht seine berüchtigten Reportagen in Zusammenarbeit mit bzw. im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
    Quelle 3: LobbyControl
    Quelle 4: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

  20. SPD mischte sich in Inhalte der Frankfurter Rundschau ein
    Wie der Spiegel am 20.08.07 berichtete hat die SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier offenbar versucht Einfluss auf die Berichterstattung der FR über die Linkspartei zu nehmen. In einem Brief vom 31.08.05 (also kurz vor der Bundestagswahl) empfiehlt sie dem damaligen Chefredakteur Wolfgang Storz den Abdruck eines Textes, der „einen interessanten Aspekt des Verhältnisses von Linkspartei und SPD“ beschreibe und regte an diesen Beitrag über die FR bald einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Storz lehnte ab.
    Er ist inzwischen entlassen.

    Anmerkung: Auch wenn die SPD-eigene DDVG nur noch eine Minderheitenbeteiligung an der FR hat und der Kölner DuMont-Verlag Mehrheitseigner ist, dürfte die Einflussnahme der Verleger nicht geringer geworden sein. Neven DuMont ist ja bekannt, dass er in seinen Blättern mitmischt.
    Jedenfalls ist von dem einstmals links-liberalen Kurs der FR nur noch wenig zu erkennen.

    Quelle: Spiegel vom 20.08.07 (Abruf nur gegen Gebühr)

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