Hinweise des Tages

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Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.
Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Steuerprüfung in NRW vor dem Kollaps
    Der Sparkurs von NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) beim Personal der Finanzämter kommt das Land teuer zu stehen: Übereinstimmend werfen Finanzbeamte, die Opposition im Landtag und Deutschlands oberste Rechnungsprüfer Linssen vor, seine Politik fortgesetzter Stellenstreichungen koste hunderte Millionen Euro im Jahr und lasse die Finanzämter längst am Rande der Legalität operieren. Das Finanzministerium weist die Kritik zurück. „Die Verwaltung wird das hinkriegen“, so Linssens Sprecherin Steffi Hagelüken.
    Quelle: Ruhrnachrichten

    Kommentar: In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass es Länder gibt, die auf schlechte Kontrolle als positiven Standortfaktor setzen.

  2. Bundesrechnungshof rügt Mängel bei Bahn-Investitionen
    Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee gerät durch massive Vorwürfe des Bundesrechnungshofs zusätzlich unter Druck. Die Rechnungsprüfer werfen dem Ministerium und der Bahn erhebliche Schlamperei bei den Investitionen ins Schienennetz vor. Für Projekte im Wert von rund 210 Millionen Euro fehle jegliche Kostenkontrolle, berichtet die “Rheinische Post” unter Berufung auf einen Prüfbericht des Rechnungshofs.
    Quelle: SPIEGEL online
  3. Am 22.11. war SPON wieder einmal eine ergiebige Fundgrube für die Propagierung des neoliberalen Mainstreams, schreibt einer unserer Leser aus Nürnberg. – In der Tat. Es war fast nicht zum Aushalten:
    >>STEUERVERSCHWENDUNGS- BILANZ – So schlecht wirtschaftet der Staat<<
    So die Schlagzeile einer Meldung zum jährlichen Bericht des Bundesrechnungshofes. Wenn Banken mit abenteuerlichen Spekulationen auf faule Immobilienkredite Milliarden vergeigen, hat das natürlich nichts mit schlechtem Wirtschaften oder gar schlechtem Management zu tun? Ausbaden müssen dies die Verantwortlichen sowieso nie. Wenn die Bilanz verhagelt wird, werden einfach ein paar tausend Arbeitsplätze eliminiert oder man fordert Steuererleichterungen für Unternehmen.
    Eine weitere Meldung beschäftigt sich mit dem Dauerbrenner Rentenversicherung. Inzwischen ist offenbar keine Parole zu schrill, um die staatliche Rentenversicherung endgültig zu diskreditieren. Mit vorne dabei natürlich unsere Top-Ökonomen wie Hans-Werner Sinn oder Klaus Zimmermann (DIW).

    >>RENTENALTER-DEBATTE – “Die Deutschen müssten bis 77 arbeiten”<<
    Passend dazu legt das ZDF mit Maybritt Illner nach. Thema: Arbeiten bis zum Umfallen? – Wenn die Rente nicht reicht. Nur wenige Minuten reichen aus, um die Sendung als schamlose Propagandaveranstaltung für die private Versicherungswirtschaft zu entlarven. Die Wirkung lässt sich auch gleich auf der ZDF-Website beobachten. In einer zugehörigen Online-Unfrage bekunden gerade 8% ihr Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung.

  4. Auch das stand in SpiegelOnline und zwingt zu der Annahme, dass in der dortigen Redaktion Hopfen und Malz verloren ist: „WACHSTUMSWENDE: Robuster Konsum treibt deutsche Konjunktur“
    Deutschlands Verbraucher sind aufgewacht. Die heimische Wirtschaft ist im dritten Quartal aus eigener Kraft gewachsen, die lange zurückhaltenden Konsumenten sorgten für einen kräftigen Schub. Die bisher starken Exporteure hingegen schwächeln.
    Quelle: SPIEGEL online

    Kommentar AM: Ich habe diese Meldung gelesen, weil ich mich mal wieder freuen wollte. Dann entdeckte ich folgenden Satz: „Der private Konsum legte um 0,5% im Vergleich zum Vorjahresquartal zu.“ + 0,5%! In einem Jahr! Und das nennt Spiegel Online einen „robusten Konsum“, der die „deutsche Konjunktur treibt“. Mit 0,5% plus wollen die treiben! Und wenn für dieses Jahr die Wachstumsprognose zurückgenommen wird auf 2,5% und für das nächste nur 2% angekündigt werden, dann ist das immer noch kein Warnsignal für diese Art von Journalisten.
    Im übrigen stimmt die von SpiegelOnline angeführte Zahl zum privaten Konsum im Vorjahresvergleich nicht einmal. Geht man nämlich zur Quelle, dann entdeckt man, dass der private Konsum im Vergleich zum Vorjahresquartal nicht um 0,5% zugenommen, sondern um 0,1% abgenommen hat. Siehe Kommentar O.P..
    Wie man hört, ist der Chef von Spiegel Online auch im Gespräch als Nachfolger von Stefan Aust. Dann kommen wir, so sieht es aus, von unter der Traufe unter den Platzregen.

    Kommentar Orlando Pascheit: Ist es Trägheit oder Absicht oder einfach Ausdruck extrem kurzfristigen Denkens, welches von den Börsen auf die ganze Volkswirtschaft bis in die Politik herüberschwappt, dass fast alle Medien den vom Konsum getragenen Wachstum preisen. Dabei genügt es eigentlich die Mitteilungen des Statistischen Bundesamtes zu Ende zu lesen.
    Die privaten Konsumausgaben verzeichneten gegenüber dem Vorquartal ein Plus von 0,5%. Richtig, aber im Vorjahresvergleich, soweit sollten Journalisten schon lesen, waren die privaten Konsumausgaben – im Unterschied zum Vorquartalsvergleich – leicht rückläufig (− 0,1%). Kein Wunder, dass der Einzelhandel skeptisch bleibt.

  5. Zahlen wie die Schwaben
    Die Arbeitsbedingungen bei den bereits existierenden neuen Briefdienstleistern lassen erahnen, wohin sich der liberalisierte Briefmarkt entwickelt. Mit der weit verbreiteten Neigung, aus einem öden Job zwei elende zu machen, wird der »Aufschwung« befördert. Es zeichnet sich ein reiner Verdrängungswettbewerb um ein stagnierendes Marktsegment ab, in dem sich die neuen Wettbewerber lediglich dadurch behaupten können, dass sie niedrige Löhne auszahlen.
    Quelle: Jungle World
  6. Robert von Heusinger: Hier spricht der Bär
    Was treibt die tonangebenden Ökonomen um? Weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sowie Schuldengrenzen für öffentliche Haushalte. Das sind wahrlich Probleme, die jetzt angepackt werden müssen. Die Kreditkrise wird als für die Realwirtschaft ungefährlich abgetan. Einmal lachen.
    Finanzminister Peer Steinbrück redet mindestens einmal die Woche den Euro hoch. Er liebe einen festen Euro, er sehe keine Probleme damit. Was treibt den wichtigsten Minister um? Hat er keine Berater, keine Volkswirte um sich herum? Oder ist es die Fehde um die Unabhängigkeit der EZB? Sarko hat doch schon längst die Segel gestrichen. Hat das Steinbrück niemand verraten?
    Und Axel Weber, Oberfalke im EZB-Rat, hat auch so seine Fehde. Er will höhere Notenbankzinsen, weil die Konjunktur gut laufe und eher Inflationsgefahren bestünden. Er schlägt Alarm und die BILD steigt ein. EZB-Präsident Trichet und Bini-Smaghi versuchen das Thema Inflation wieder abzumoderieren. Ob’s gelingt?
    Wer solche Ökonomen an der Spitze des Staates hat, der braucht sich ums Wachstum nun wirklich keine Sorgen machen.
    Topp, die Wette gilt: 1,5 Prozent und weniger für 2008.
    Quelle: ZEIT-Blog Herdentrieb
  7. Thomas Fricke: Helft dem armen Dollar
    Laut OECD blieben die US-Verkäufe seit 2002 fast kontinuierlich hinter der Einfuhrdynamik im Rest der Welt zurück, verloren die US-Firmen also Marktanteile – statt zu gewinnen. Dass selbst ein Dollar-Sturz um ein Drittel seit 2002 so wenig bewirkt hat, liegt auch daran, dass etwa die Deutschen ab 2002 eifrig daran gearbeitet haben, Wettbewerbsnachteile durch Radikalkürzen aufzufangen: mit Binnendiscount gegen Dollar-Discount. Besser wäre es, den effizienteren Weg zu wählen und die USA eine Weile schwächer wachsen zu lassen als andere, um so die US-Außenbilanz zu verbessern. Entweder indem die USA in die Rezession schlittern. Oder indem andere kräftiger wachsen. Was eindeutig harmonischer wäre.
    Quelle: FTD
  8. GDL scheucht ver.di
    Kampf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) um deutliche Lohnerhöhungen für das Fahrpersonal bei der Bahn setzt nicht nur die Gewerkschaft Transnet, sondern auch ver.di unter Zugzwang. In den Nahverkehrsbetrieben Münchens, Berlins und anderer Städte wechselten teilweise ganze Gruppen von ver.di zur GDL. Wohl auch als Reaktion darauf tritt die Dienstleistungsgewerkschaft in aktuellen Tarifkonflikten radikaler auf.
    Quelle: Junge Welt
  9. Atommüllendlager Asse: Einsturzgefahr droht ab 2014
    Der Betreiber des Versuchsendlagers Asse legt alarmierendes Gutachten vor: Bereits im Jahr 2014 droht nach der Expertise des Instituts für Gebirgsmechanik der Universität Leipzig ein “zunehmender Tragfähigkeitsverlust” des Bergwerks. In das Lager wurden bis 1978 “versuchsweise” rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelaktivem Atommüll eingelagert. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte am Donnerstag vor der Gefahr, dass sich Zuflüsse von Salzlauge in das Bergwerk verstärken und nicht mehr kontrolliert werden können. Es soll u.a. geklärt werden, ob der Atommüll aus dem Endlager wieder herausgeholt werden kann.
    Quelle: TAZ

    Anmerkung: Das wird die einschlägig bekannten „Experten“ nicht daran hindern, den Salzstock Gorleben weiterhin als geeignetes Endlager zu bezeichnen und mit politischen Mitteln durchsetzen zu wollen. Zum Hintergrund siehe Wikipedia (Stand 22.11.2007):
    „Die Erkundungsergebnisse und ihre Bewertung wurden in zwei Berichten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (1983) und des Bundesamtes für Strahlenschutz (1990) zusammenfassend dargestellt. Darin heißt es (PTB 1983): „Eine erste Bewertung des Deckgebirges hinsichtlich seiner Barrierenfunktion für potentielle kontaminierte Grundwässer zeigt, dass die über den zentralen Bereichen des Salzstocks Gorleben vorkommenden tonigen Sedimenten keine solche Mächtigkeit und durchgehende Verbreitung haben, dass sie in der Lage wären, Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre zurückzuhalten.“

  10. Angeblich gesunde Lebensmittel: Milliardengeschäft mit Functional Food
    Die Industrie preist Produkte zunehmend mit gesundheitsfördernden Eigenschaften an. Die meisten würden einer wissenschaftlichen Bewertung nicht standhalten.
    Quelle: TAZ
  11. Greenpeace geht ein Licht aus
    Greenpeace veranstaltet gemeinsam mit „Bild”, BUND, WWF, Google und ProSieben eine Aktion „Licht aus! Für unser Klima” und ruft uns alle dazu auf, am 8. Dezember um 20 Uhr für fünf Minuten das Licht auszuschalten. Dadurch werde „ein Zeichen an den zeitgleich stattfindenden Weltklimagipfel auf Bali” gesendet, „sich konsequent für bessere Klimaschutzmaßnahmen einzusetzen”. Oder, wie es „Bild” formuliert: „Licht aus, damit allen ein Licht aufgeht!” Hey, das wird eine Aktion, die die Menschheit aufrüttelt!
    Quelle: Stefan Niggemeier

    Kommentar: Ein „Weg weisendes“ Bündnis. Ob sie gar keine Sorgen um ihre Glaubwürdigkeit haben?

  12. Phelps in Deutschland – Nachtrag
    Auch der Spiegel war auf den Zug aufgesprungen und berichtete in schon fast hysterisch-euphorischem Ton von Phelps INSM-Propagandatour, Überschrift: “Mehr Kreativität, weg mit der Arbeitslosenversicherung!”. Teilweise klingt es, als würde Jesus auf Erden wandeln, die Frage nach dem Sinn des Lebens beantworten und Wein in Wasser verwandeln. In begeistertem Tonfall und typischer Spiegel-Manier lässt sich der Autor, Jochen Schönmann, über Phelps’ Auslassungen aus.
    Quelle: Oeffinger Freidenker
  13. Weg in die Unmenschlichkeit
    Mit Hilfe aus Europa hat Libyen ein grausames System von Lagern für illegale afrikanische Einwanderer aufgebaut. Libyen lässt sich laut “Fortress Europe” eigene Abschiebeflüge von Europa bezahlen und soll 2008 das erste afrikanische Land werden, das an den Frontex-Meerespatrouillen gegen Flüchtlinge teilnimmt. Italien lieferte Libyens Sicherheitskräften schon vor vier Jahren 1.000 Leichensäcke für tote Flüchtlinge.
    Quelle: TAZ
  14. Streik in Ungarn: Protest gegen Reformen
    Aus Protest gegen die Sparmaßnahmen der Regierung legten Eisenbahner in Ungarn den Zugverkehr lahm. Vertreter anderer Berufsgruppen schlossen sich dem Streik an.
    Quelle: TAZ
  15. Niederlage am Hindukusch?
    Die Taliban kontrollieren bereits 54 Prozent Afghanistans.
    Quelle: Junge Welt

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