Christian Wulff der wichtigste Politiker – eine dümmliche Irreführung

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Gestern das ZDF und heute die Zeitungen kommen an prominenten Plätzen mit Meldungen wie „Wulff ist der beliebteste Politiker – Niedersächsischer Regierungschef verdrängt Außenminister Fischer von Platz eins.“ (Die Welt) oder „Joschka Fischer enttrohnt“ (FR). Die Quelle dieser Meldungen selbst, die Forschungsgruppe Wahlen e.V., notiert in einer Tabelle die „zehn wichtigsten Politiker.“ Christian Wulff steht danach erstmals auf Platz 1. Wir sind beeindruckt. Wenn man dann das „Kleingedruckte“ weiter liest, dann …

… dann findet man den Hinweis, dass 44% Christian Wulff gar nicht kennen und ihn deshalb auch nicht einordnen können. Unter diesen Umständen ist es grob irreführend, ihn zum „wichtigsten“ oder – wahlweise – zum „beliebtesten“ Politiker zu erklären. Das ist ein Fall für unsere Rubrik „Manipulation des Monats“, auch wenn es verglichen mit anderen Vorgängen eine kleinere Manipulation zu sein scheint. So klein aber vielleicht doch nicht, denn die Platzierung auf Platz 1, vorgetragen im Heute Journal und vielen anderen Medien, macht Wulff bekannt und erhöht seine Chancen als Konkurrent von Frau Merkel um die Kanzlerkandidatur. Nicht auszuschließen, dass dies dahinter steckt.

Anzumerken bleibt, noch dass die Erhebung der Wichtigkeit oder Beliebtheit von Politikern , unabhängig vom zuvor geschilderten Vorgang, wenig Erkenntniswert hat. Die so oder ähnlich gemessene Beliebtheit/Wichtigkeit hat offensichtlich eine geringe Bedeutung: Fischer war immer Spitzenpopulär, aber das zahlte sich offensichtlich weder in Schleswig-Holstein für seine Partei merkbar aus noch in früheren Wahlen; Heide Simonis ist populär und dennoch hat die SPD verloren; Helmut Schmidt war immer sehr populär und dennoch hat die SPD schon die erste Wahl mit ihm im Jahre 1976 gegen den Newcomer Kohl fast verloren. Willy Brandt war nicht so populär und hat Wahlen sowohl 1969 als auch 1972 – dann bravourös – gewonnen.

Die Erklärung:
Erstens gehen in hohe Popularitätsziffern meist auch die Sympathieerklärungen von politisch anders Wählenden ein. Fischer war populär, weil er auch Unions-Wählern nicht wehtat; von Helmut Schmidt haben die CDU/CSU-Wähler gesagt: der ist gut, aber in der falschen Partei. Zweitens wählen die Menschen in unserem Land neben Personen auch immer noch Parteien. Sie können Fischer gut finden und doch schwarz wählen.

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