„Konjunktur macht wenige reich und viele wütend“

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Das war kürzlich ein Thema des ARD-Presseclubs.
A. Buntenbach vom DGB-Bundesvorstand sieht eine tiefe Spaltung der Gesellschaft. Ein spezielles Übel ist, so sagt sie, „dass mit dem derzeitigen Aufschwung vor allem die prekäre Beschäftigung boomt“. Ein Beitrag von Kurt Pittelkau vom Arbeitskreis Alterssicherung ver.di-Berlin.

Einige Kenndaten dafür:

  • Rund 2,5 Mio Menschen in unserem Land arbeiten in Befristungen.
  • Beinahe 7 Mio sind geringfügig beschäftigt.
  • Fast 5 Mio davon verdienen ihr weniges Geld mit Minijobs.
  • 2 Mio müssen sich so ein Zubrot verdienen.
  • 300.000 arbeiten als Ein-Euro-Jobber.
  • 650.000 sind Zeitarbeiter.

Der Bereich Wirtschaftspolitik im ver.di-Bundesvorstand teilte mit:

Die Bruttoeinkommen sind preisbereinigt auch 2007 gesunken. Und das im Aufschwung! Das gab es noch nie in der Nachkriegsgeschichte.“
Zwei Drittel der Menschen sagen, dass sie heute bei Lebensmitteln sparen.
Die Hälfte hat an Weihnachtsgeschenken geknappst.
Dementsprechend ist die Weihnachtsbilanz des Einzelhandels höchstens auf Vorjahresniveau.

Die Wütenden unter den davon Betroffenen kann nun wirklich kein Mensch mit Durchblick und ohne Bindung an die Regierungsparteien länger einfach als Miesmacher und Neidhammel abtun.

Wut brach sich freilich schon zu Zeiten von Rot/Grün Bahn – im Gefolge eifernden Sozialstaatsabbaus der Schröderianer. Sie ebbte dann ab, verlor sich weithin in Resignation. Immerhin bewirkte die kritische Stimmung, dass sich der Basta-Kanzler nicht mehr legitimiert sah, und die Neuwahl bestätigte das.
Unter Schwarz/Rot gelang es Müntefering mit seinem halsstarrig-husarenhaften Akt zur Einführung der Rente mit 67 die Empörung neu zu beleben. Doch das Zusammenspiel der Koalitionspartner neutralisierte oder kanalisierte Unmut. Die Union gab sich ein Stück weit sozialdemokratisch; die SPD bekam Denkzettel in Massen – Parteiaustritte und endlos sinkende Umfragewerte. Daran hat die (vorsichtige) Kurskorrektur durch die neue Parteispitze noch nicht viel geändert.
Es hat eindrucksvolle Demonstrationen gegeben, motiviert durch Unmut und Hoffnungen. Am Ende standen immer wieder die ernüchternden Realitäten selbstgefälliger Politik.

Bei ver.di gaben wir die Empfehlung weiter, „die direkte Auseinandersetzung mit Politikern zu suchen, in Streitgesprächen, durch Besuche bei Abgeordneten und was das Leben sonst an Möglichkeiten bietet. „Nicht mit der Illusion, … überzeugen zu können, sondern mit dem Ziel, die Politiker den Zorn über ihre Politik spüren zu lassen. Der Aufenthalt im Wahlkreis muss für Abgeordnete ein … eindrückliches Erlebnis sein …“.