Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Europa macht die Grenzen dicht
  2. Flüchtlinge
  3. Kritische Propaganda: Die “Zeit”
  4. US-Vorwahlen
  5. EU-Kommission will Briten das „Out“ leicht machen, mit anti-demokratischen Beharren auf Spezialgerichte für Investoren
  6. Neuer Bericht von ActionAid zu Steuerabkommen zeigt Nachteile für einkommenssschwache Länder
  7. “Politik ist für mich der Versuch, mehr soziale Gerechtigkeit in der Welt durchzusetzen“
  8. Soziale Schieflage? Jetzt muss Deutschland umverteilen
  9. Osteuropäische Arbeitnehmer sollen teurer werden
  10. Glyphosat
  11. AfD
  12. Überreste deutscher Entwicklungshilfe
  13. Proteste nach Ermordung von Aktivistin Berta Cáceres in Honduras
  14. Das Bündnis von Mob und Elite benennen
  15. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist im Revier auf der Suche nach Verbündeten
  16. Wie wir Googles Sklaven wurden
  17. zu guter Letzt: Beckenbauers Bäuerchen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Europa macht die Grenzen dicht
    1. Die europäische Lösung
      Mit aller Macht bemüht sich die Bundesregierung auf dem heutigen EU-Türkei-Gipfel um eine “europäische Lösung” für die Flüchtlingsabwehr. Der Pakt mit Ankara soll die Abschottung der griechisch-türkischen Seegrenze ermöglichen. Darüber hinaus soll sich die Türkei abschließend verpflichten, sämtliche über ihr Territorium eingereisten Flüchtlinge, denen die EU keine Zuflucht gewähren will, zurückzunehmen. Mit solchen Abschiebungen verstieße die EU gegen internationale Normen. Ankara ist zur Rücknahme bereit, will jedoch zunächst Abschiebeabkommen mit den Herkunftsländern schließen, um die zurückgenommenen Flüchtlinge sofort weiterschieben zu können. Für Haftlager zu ihrer Zwischenunterbringung stellt Brüssel Mittel zur Verfügung. Menschenrechtsorganisationen berichten, bereits existierende Lager, in denen Flüchtlinge von jeglichem Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten und zumindest zum Teil geschlagen und gefesselt würden, würden ebenfalls von der EU kofinanziert. Der künftige Flüchtlingsabwehrpartner der EU schiebt auch in Kriegsgebiete ab, unter anderem nach Syrien, und lässt auf Flüchtlinge schießen. Wie am Wochenende bekannt geworden ist, haben türkische Grenzer unlängst neun Syrer beim Versuch, in die Türkei einzureisen, getötet.
      Quelle: German Foreign Policy
    2. Merkel erhöht Druck auf Tsipras
      Kanzlerin Merkel verlangt von Griechenland, die zugesagten Übernachtungsplätze für Flüchtlinge endlich einzurichten. Ein prominenter SPD-Politiker will die Migranten hingegen lieber in Europa verteilen.
      Kurz vor dem EU-Türkei-Gipfel zur Flüchtlingskrise erhöht die Bundesregierung den Druck auf die griechische Regierung, mehr für die Unterbringung von Migranten zu tun.Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der „Bild am Sonntag“, der Rückstand bei den von Griechenland schon bis Ende vergangenen Jahres zugesagten Unterbringungsplätzen müsse jetzt „in Windeseile“ aufgeholt werden, „denn die griechische Regierung muss für menschenwürdige Unterkunft sorgen“. Das Land benötige dafür aber Hilfe. „Deshalb muss und wird die EU Griechenland dabei solidarisch unterstützen“, sagte die CDU-Vorsitzende.
      Wie Merkel machte auch Innenminister Thomas de Maiziere deutlich, dass Deutschland Griechenland keine gestrandeten Flüchtlinge abnehmen werde. Angesichts der Hilfe, die andere Staaten geleistet hätten, erscheine die Aufgabe für Griechenland „nicht unzumutbar“, sagte der CDU-Politiker der „Passauer Neuen Presse“.
      Quelle: Frankfurter Allgemeine

      Anmerkung unseres Lesers U.D.: Griechenland mit seinen 11 Mill. Einwohnern ist durch die Banken-Spekulationskrise stark beeinträchtigt und mit der Wanderungsbewegung einfach überfordert.
      Die Äußerungen von Merkel und de Maiziere sind in Anbetracht der in Aussicht gestellten EU-Mittel (ein EU-Nachtragshaushalt, der von allen 28 Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss), nur so zu verstehen, dass ihnen politisch vor den anstehenden Landtagswahlen, das Wasser bis zum Hals steht. Dieses Verhalten der Regierung Merkel passt nahtlos in das Schuldendiktat der “schwarzen Null”.

      Dazu: EU-Regierungschefs planen Wende: “Balkanroute ist geschlossen”
      Beim EU-Gipfel soll die sofortige Beendigung des illegalen Stroms von Migranten und das Durchwinken bis Deutschland zur obersten Priorität erklärt werden Der EU-Sondergipfel mit der Türkei am Montag in Brüssel und ein anschließendes Treffen der 28 Staats- und Regierungschefs ohne den türkischen Premier Ahmed Davutoglu dürfte eine dramatische Wende in der bisherigen Politik bzw. im Umgang mit den Flüchtlingen und mit Migranten bringen. Das geht zumindest aus einer bisher noch geheimen Erklärung hervor, die Samstagabend zwischen den Regierungszentralen in den Hauptstädten abgestimmt wurde. In dem Papier, das dem STANDARD vorliegt, heißt es wörtlich: “Der irreguläre Strom von Migranten entlang der Westbalkanroute geht zu Ende. Diese Route ist ab nun geschlossen.”
      Quelle: derStandard.at

    3. Kursänderung
      Nicht ihr Auftritt bei Anne Will, sondern Merkels Pressekonferenz mit dem kroatischen Ministerpräsident Orešković war entscheidend in dieser Woche. Sie markiert einen Wendepunkt in ihrer Flüchtlingspolitik. Die SPD fordert weiter, Merkel solle Seehofer endlich auf Regierungslinie bringen. Längst ist klar, Merkel ist auf Linie gebracht und ändert ihren Kurs – natürlich still und leise, eher im europäischen Hintergrund.
      Dabei spielt sie ein doppeltes Spiel für das Wahlvolk: Im Fernsehinterview präsentiert sie sich als Kanzlerin, die überzeugt an ihrer Politik festhält und unbeirrt – gegen alle Widerstände, ob aus Bayern oder Budapest – für eine europäische „Lösung“ der Flüchtlingsfrage kämpft. Einen Tag später greift sie die Rhetorik der rechtspopulistischen österreichischen Innenministerin Mikl-Leitner auf und erklärt die „Politik des Durchwinkens“ für beendet. Wir müssen davon ausgehen, dass sie weiß, was sie sagt. Dann wüsste sie, dass es um Schutz suchende Menschen geht, die vor Krieg und Elend fliehen: um Grundrechte, um das verfassungs- und völkerrechtlich verbriefte Asylrecht. Noch im Herbst sprach sie von Grundrechten, die keine Obergrenzen kennen. Nun sei die Politik des Durchwinkens vorbei. Als hätte Horst Seehofer Merkels Sprechzettel für diese PK geschrieben.
      Quelle: Die Linke.
  2. Flüchtlinge
    1. Die Nacht, in der für Flüchtlinge eine neue Zeit begann
      Eine Reportage und ein kritischer Rückblick auf die Kölner Silvesternacht
      Wenn die Silvesternacht von Köln die Bedeutung einer historischen Schlacht hätte, dann würde Markus Böhm als einer ihrer wichtigsten Kriegsberichterstatter in die Geschichte eingehen. „Ja, ich bin quasi der, der alles ins Rollen gebracht hat“, stellt er sich auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofes kurz vor, bevor er schon wieder in die Kamera seines Handys lächelt: „Nur ein kurzes Update für meine Follower auf Facebook.“
      Genau dort drüben habe er das Video damals aufgenommen, „bevor es um die ganze Welt ging“, sagt er und fasst die Silvesternacht noch einmal in Steno und dramatisch zusammen: „Böller in meine Richtung, Säuglinge im Kinderwagen, mein Vater ist Baujahr 32, ich kam mir vor wie im Krieg.“ Vielleicht ist Böhms Kriegsmetapher gar nicht so abwegig: Blickt man zwei Monate zurück auf die Folgen der Kölner Silvesternacht, hätte wohl auch ein von Flüchtlingen begangener Terroranschlag nicht verheerender sein können.
      Quelle: Hintergrund
    2. Soziale Rechte, unser gemeinsames Interesse!
      Das Fehlen einer europäischen Strategie in der Flüchtlingsfrage führt in Österreich nicht nur zu Grenzen und Zäunen. Nach und nach werden repressive staatliche Maßnahmen ausgebaut, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Die Flüchtlingskrise könnte aber auch dazu genützt werden, soziale Rechte weiterzuentwickeln. Genau dies beabsichtigte die Internationale Arbeitsorganisation vor bereits 65 Jahren.
      Vor 65 Jahren legte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) einen präzisen Entwurf zur Bewältigung der durch den 2. Weltkrieg ausgelösten Flüchtlingskrise vor. Die ILO sollte als zentraler Akteur weltweit die gesamten Migrations- und Fluchtbewegungen planen und ausführen. Konkret sollte sie innerhalb von fünf Jahren die Emigration von 1,7 Millionen europäischen Migrant_innen realisieren. Die jeweiligen Zieldestinationen sollte die ILO bestimmen und sich dabei ausschließlich nach den gegebenen Arbeitsplatzangeboten richten. Die Kosten der Flucht bzw. Migration sollte ein eigens bei der ILO einzurichtender, internationaler Fonds übernehmen.
      Quelle: blog.arbeit-wirtschaft.at
    3. Der Mann, der den Toten vom Lageso erfand
      Dirk V. erfand den toten Syrer vom Lageso. Wer mit ihm spricht, merkt: Seine Lüge ist Symptom eines viel größeren Problems. (…)
      Dirk V. hat an jenem Nachmittag seine Erschöpfung geschildert. Eine Pause nahm er sich nicht. Seine Handynummer war im Umlauf, und nachts standen die Frierenden vor seiner Haustür. Wer sich die Fotos ansieht, die er seitdem postete, weiß: Er ließ sie rein. Und er warb so überzeugend dafür, ihm lange Unterhosen und Thermosocken zuzuschicken, für die Wartenden vor dem Lageso, bis er schließlich die ganze Wohnung voller Pakete hatte und selbst kaum noch durchkam. (…)
      Seit Monaten springen Freiwillige dort ein, wo der Staat versagt. Bei keinem von ihnen äußert sich Erschöpfung so drastisch wie bei Dirk V. Aber sie alle sind am Ende ihrer Kräfte.
      Es sind Menschen, die nicht dazu ausgebildet sind, sich vor dem Schlafengehen Geschichten von abgetrennten Gliedmaßen und lebensgefährlicher Flucht anzuhören. Psychologen kennen das Phänomen, wonach die Erzählungen eines Traumatisierten den Zuhörer traumatisieren können. Deshalb erhalten Angestellte, die in sozialen Berufen arbeiten, normalerweise Supervision, fachliche Unterstützung von Experten. Internationale Hilfsorganisationen holen ihre Mitarbeiter regelmäßig aus den Krisen dieser Welt zurück, damit sie nicht durchdrehen.
      Für die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe ist die Krise immer da. Weil sie nirgends angestellt sind, schickt sie niemand in den Urlaub.
      Quelle: Der Tagesspiegel

      Anmerkung unseres Lesers L.H.: Bedrückende Berichte von mehreren engagierten Helfern, die sich bis zur Selbstaufgabe für die Linderung der schlimmsten Notlagen der Flüchtlinge einsetzen. Wie auch der hier geschilderte Dirk V., dessen “Fall” des erfundenen, toten Syriers vor wenigen Wochen kurz durch die Medien flackerte. Weil der Staat hier, ganz gezielt, versagt. Und so sind die Flüchtlinge immer stärker auf privates Engagement angewiesen. Mit den im Artikel dargestellten, bitteren Folgen. Für beide Seiten, für die Flüchtlinge ebenso wie für deren Helfer.

  3. Kritische Propaganda: Die “Zeit”
    Wir sind im Krieg. Was das für die öffentliche Atmosphäre gilt, kennen wir aus Anschauung in den USA: Die Majestät wird nicht mehr kritisiert, der Präsident ist unantastbar, es wird nicht mehr berichtet, sondern verkündet. Die Regierung Bush Junior hat daraus ungeniert das Prinzip des “Embedded Journalism” gemacht, des “eingebetteten Journalismus”, der ganz offen an der Seite der politischen Herrschaft die Trommel rührt. “Propaganda” war nicht immer ein Schimpfwort, heute braucht es ein wenig Wortdesign, um dasselbe zu sagen.
    In Deutschland ist das alles etwas schwieriger, denn während die Einen “Lügenpresse” spucken, weil ihnen der Inhalt der Propaganda nicht gefällt, müssen die Anderen sich weiterhin “kritisch” nennen, auch wenn sie so kritisch sind wie ein Kaugummi unterm Schuh. Mal schauen, was wir da haben, am Beispiel der “Zeit”, der treuen Atlantikerpostille. Kritik oder Propaganda?
    Den Herrschaften dort fehlt nicht nur die Contenance, sich ihrerseits der Kritik zu stellen, sie sind nicht bloß komplett humorlos, sondern auch noch aggressiv gegen Gegner, die ihnen die Wahrheit nachsagen. Die (abgewiesene) Klage Josef Joffes gegen “Die Anstalt” steht dafür nicht nur symbolisch. Warum leugnen die Atlantiker, welche zu sein, wenn es doch so transparent ist? Nicht bloß, dass sie als eingebettete Hofberichterstatter dastehen, der Herausgeber hat per Klage auch noch nachgewiesen, dass Kabarettisten die besseren Journalisten sind.
    Quelle: Feynsinn
  4. US-Vorwahlen
    1. Donald Trump’s Policies Are Not Anathema to U.S. Mainstream, but an Uncomfortable Reflection of It
      The political and media establishments in the U.S. — which have jointly wrought so much destruction, decay, and decadence — recently decided to unite against Donald Trump. Their central claim is that the real estate mogul and longtime NBC reality TV star advocates morally reprehensible positions that are far outside the bounds of decency; relatedly, they argue, he is so personally repellent that his empowerment would degrade both the country and the presidency.
      In some instances, their claim is plausible: There is at least genuine embarrassment if not revulsion even among America’s political class over Trump’s proposed mass deportation of 11 million human beings, banning of all Muslims from entering the country, and new laws to enable him to more easily sue (and thus destroy) media outlets that “falsely” criticize him. And his signature personality brew of deep-seated insecurities, vindictive narcissism, channeling of the darkest impulses, and gaudy, petty boasting is indeed uniquely grotesque.
      Quelle: Glenn Greenwald in The Intercept_

      Anmerkung Albrecht Müller: Sehr lesenswert.

    2. Clash of Republican Con Artists
      So Republicans are going to nominate a candidate who talks complete nonsense on domestic policy; who believes that foreign policy can be conducted via bullying and belligerence; who cynically exploits racial and ethnic hatred for political gain.
      But that was always going to happen, however the primary season turned out. The only news is that the candidate in question is probably going to be Donald Trump. Establishment Republicans denounce Mr. Trump as a fraud, which he is. But is he more fraudulent than the establishment trying to stop him? Not really.
      Actually, when you look at the people making those denunciations, you have to wonder: Can they really be that lacking in self-awareness?
      Donald Trump is a “con artist,” says Marco Rubio — who has promised to enact giant tax cuts, undertake a huge military buildup and balance the budget without any cuts in benefits to Americans over 55.
      “There can be no evasion and no games,” thunders Paul Ryan, the speaker of the House — whose much-hyped budgets are completely reliant on “mystery meat,” that is, it claims trillions of dollars in revenue can be collected by closing unspecified tax loopholes and trillions more saved through unspecified spending cuts.
      Quelle: Paul Krugman in der New York Times
    3. Neokonservative erklären Donald Trump den Krieg
      US-Neokonservative wollen die Demokratin Hillary Clinton unterstützen, sollte ihr Favorit Marco Rubio das Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur verlieren
      Donald Trumps bisheriger Erfolg bei den Vorwahlen zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten sorgt für Unruhe unter den Neokonservativen, die befürchten, dass Trump nicht die bellizistische Außenpolitik fortsetzen wird, die das Denken der Republikaner seit Jahrzehnten bestimmt.
      Der neokonservative Historiker Robert Kagan – einer der lautesten intellektuellen Unterstützer des Irak-Krieges und Befürworter einer Intervention in Syrien (1) – verkündete vergangene Woche in der Washington Post, bei einer Nominierung Trumps bliebe „keine andere Wahl, als für Hillary Clinton zu stimmen“. (2)
      Max Boot, ebenfalls ein reueloser Unterstützer des Irak-Kriegs (3), schrieb im Weekly Standard, dass „Trumps Präsidentschaft die Totenglocken für die USA als Großmacht einläuten“ würde, und beruft sich dabei unter anderem auf dessen Abneigung gegenüber einer großen US-Truppenpräsens in Südkorea. (4)
      Trump hat viel getan, um sich die Verachtung der Neokonservativen zuzuziehen. Kurz vor seinem beträchtlichen Sieg bei den Vorwahlen in South Carolina hatte er den Irak-Krieg als einen Fehler angeprangert, der auf Lügen der Bush-Administration gefußt habe. (5) In der Debatte der Präsidentschaftskandidaten vergangene Woche verteidigte Trump das Konzept der Neutralität im israelisch-palästinensischen Konflikt, was innerhalb der neokonservativen Rechten ein absolutes Tabu darstellt.
      „Es hat keinen Zweck zu sagen, es gibt einen guten Kerl und einen bösen Kerl“, sagte Trump, der sich zu einer neutralen Haltung bei den Friedensverhandlungen verpflichtete. (6)
      Quelle: Hintergrund

      Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Jens Bergers Text Veit Medick und der verrückte Mr. Trump.

  5. EU-Kommission will Briten das „Out“ leicht machen, mit anti-demokratischen Beharren auf Spezialgerichte für Investoren
    Kurz bevor die Briten entscheiden dürfen, ob sie diese EU verlassen wollen, die im Verruf steht, demokratisch kontrollierte Regierungen zu entmachten, und dafür auf europäischer Ebene nur unkontrollierten Lobbyismus der Konzerne anzubieten zu haben, macht ihnen die EU-Kommission die Entscheidung leicht.. Sie will die Klageprivilegien für internationale Konzerne in den bei der Bevölkerung verhassten Abkommen CETA und TTIP mit kosmetischen Änderungen durchdrücken, möglichst an allen nationalen Parlamenten vorbei. (…)
    Mein Resümee: Ich bin neidisch auf die Briten, die darüber entscheiden dürfen, ob sie einem antidemokratischen Brüsseler Moloch die Tür vor der Nase zuschlagen wollen. Was erlauben sich diese Technokraten, so etwas gegen den offenkundigen Willen einer breiten Mehrheit der Bevölkerung durchdrücken zu wollen.
    Quelle: Norbert Häring
  6. Neuer Bericht von ActionAid zu Steuerabkommen zeigt Nachteile für einkommenssschwache Länder
    Die britische Organisation ActionAid hat einen neuen Bericht veröffentlicht, der zeigt, wie zwischenstaatliche Steuerabkommen die Einnahmen der ärmsten Länder dieser Welt aus der Besteuerung von multinationalen Konzernen reduzieren. Der Bericht basiert auf Recherchen, die erstmals über 500 internationale Steuerabkommen untersucht haben, die einkommensschwache Länder in West- und Südasien sowie Sub-Sahara-Afrika von 1970 bis 2014 unterzeichnet haben (das Datenmaterial findet sich auch komplett im Netz, siehe Link oben).
    ActionAid wollte herausfinden, inwieweit ein Steuerabkommen ein einkommensschwaches Land darin einschränkt, wie es Ertragssteuern, Quellensteuern, und andere Steuern einschließlich auf Kapitalerträge erheben kann. Auch wenn im Prinzip alle Steuerabkommen die Rechte der einkommensschwachen Staaten einschränken, ausländische Konzerne zu besteuern, die auf ihrem Gebiet wirtschaften, legt ActionAid den Fokus besonders auf die untere Hälfte – also auf die Abkommen, die restriktiver sind als die Norm.
    Die Ergebnisse des Berichts zeigen, welche einkommensschwachen Länder besonders viel von der Macht abgegeben haben, multinationale Konzerne zu besteuern – und welche reichen Länder am häufigsten restriktive Steuerabkommen mit ihren einkommensschwachen Partnerländern unterzeichnet haben. Diese Abkommen sollten Regierungen dringend überprüfen.
    Der Bericht zeigt auch, wie Steuerabkommen in der Praxis Industrieländer begünstigen, indem sie ärmeren Ländern ihre Steuerrechte entziehen und indem einige Abkommen dafür sorgen, dass multinationale Konzerne gewisse Steuern in keinem Land zahlen. Die Steuerabkommen bewirken im Extremfall, dass unversteuerte Gelder von armen in reiche Länder fließen und so die globale Ungleichheit gesteigert wird.
    Quelle: blog steuergerechtigkeit
  7. “Politik ist für mich der Versuch, mehr soziale Gerechtigkeit in der Welt durchzusetzen”, das habe ich in der Sendung Alpha-Forum im BR-alpha gesagt – zu sehen und nachzulesen in der Mediathek.
    Zu ‪#‎europa‬ habe ich gesagt: “Man darf Europa nicht nur als Einheit begreifen, um im Interesse der Wirtschaft Regeln abzubauen und der Wirtschaft einen großen Markt zu eröffnen. Stattdessen muss Europa kulturell vermittelt werden…
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

    Anmerkung Christian Reimann: Das Video zur Sendung kann hier gesehen werden.

  8. Soziale Schieflage? Jetzt muss Deutschland umverteilen
    Sigmar Gabriels Forderung nach einem Solidarpaket für arme Deutsche muss man ernst nehmen. Warum das Geld nicht dort holen, wo es reichlich vorhanden ist?
    Man kann Sigmar Gabriels Ausgabenforderungen für sozial Schwächere als frühen Wahlkampf einstufen. Als Selbstbehauptung eines SPD-Chefs, der um die Bedeutung einer schwindenden Volkspartei ringt. Sicher hängt der Vorstoß damit zusammen. Dennoch wäre es verkehrt, ihn abzutun. Gabriel rührt an eine Frage, die über den Zusammenhalt der Gesellschaft entscheidet: die soziale Balance, die nicht mehr stimmt. Diesen Sprengstoff sollte keiner ignorieren – auch nicht mit dem Argument, das Ziel einer schwarzen Null im Etat mache jede Diskussion überflüssig.
    Deutschland hat seit der Jahrtausendwende viel getan, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Innovative, reaktionsschnelle Firmen. Flexible, moderat bezahlte Arbeitnehmer. Ein schlanker Staat mit maßvollen Steuern für die Unternehmen. Dieser Aufholprozess war notwendig. Sein Erfolg drückt sich darin aus, dass in Deutschland mehr Menschen einen Job haben als je zuvor.
    Arbeit zu schaffen, ist sozial. Aber das reicht eben nicht aus. Bei der deutschen Modernisierungskur ist die Balance gekippt. Die Unternehmer- und Vermögenseinkommen stiegen von 2000 bis 2014 vier Mal so stark wie die Löhne. Fast jeder dritte Erwachsene besitzt nichts, oder nur Schulden. Wer arbeitslos wird, muss von sehr wenig leben. Der Aufstieg über Bildung gelingt schwerer als früher. In der unteren Hälfte der Gesellschaft fehlt Geld für vieles.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Das Thema „Umverteilung“ anzusprechen ist gut. Aber warum bleibt der SZ-Kommentator lediglich auf der Ausgabenseite verharren? Wäre es nicht sinnvoll, die Einnahmeseite ins Visier zu nehmen und zu steigern?

  9. Osteuropäische Arbeitnehmer sollen teurer werden
    Die Europäische Kommission geht gegen vermeintliches Sozialdumping auf dem Arbeitsmarkt vor. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ – unter einer Bedingung.
    Die Entsendung von Arbeitnehmern aus osteuropäischen EU-Staaten nach Deutschland, Frankreich oder Österreich sorgt immer wieder für Streit. Sozialdumping werfen auch hierzulande die Gewerkschaften der ausländischen Konkurrenz vor, wenn sie mit ihren Mitarbeitern Arbeiten in Schlachtbetrieben, auf dem Bau, in der Industrieproduktion oder auch Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialwesen übernehmen. Die Europäische Kommission macht sich diesen Vorwurf nun zu eigen. In der kommenden Woche will die zuständige Sozialkommissarin Marianne Thyssen Vorschläge zur Reform der Entsenderichtlinie vorlegen. Ein Entwurf liegt der F.A.Z. Vor.
    Thyssen will damit die Arbeitgeber der entsandten Arbeiter zu einer höheren Entlohnung zwingen. Zudem sollen Arbeitnehmer künftig höchstens zwei Jahre ins europäische Ausland entsandt werden können. Anschließend müssen sie den heimischen Arbeitskräften mindestens gleichgestellt werden.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine
  10. Glyphosat
    1. Verleugnete Tatsachen
      Strafanzeige gegen Monsanto, EU-Behörde und Forschungsinstitut. Umweltaktivisten beklagen Betrügereien bei Bewertung des Unkrautgifts Glyphosat
      Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht sich wegen seiner angeblich fehlerhaften Bewertung des Unkrautgifts Glyphosat mit einer Anzeige der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 konfrontiert. Im Visier der Aktivisten stehen außerdem der europäische Ableger des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto und die Agentur für Lebensmittelsicherheit der Europäischen Union (EFSA). Die Vorwürfe lauten auf einfachen, schweren sowie gewerbemäßigen Betrug nach dem Strafgesetzbuch. Die EFSA und das BfR haben sich beide für eine Neuzulassung des Herbizids in Europa ausgesprochen. Am kommenden Montag wird ein von den EU-Mitgliedsstaaten installiertes Expertenkomitee voraussichtlich grünes Licht für dessen weiteren Einsatz bis 2031 geben.
      Im März 2015 wurde Glyphosat von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als »wahrscheinlich krebserregend« beim Menschen eingestuft (jW berichtete). Das BfR als offizielle EU-Prüfinstanz kam in der Folge zu einem gegenteiligen Ergebnis und sprach der EFSA die Empfehlung aus, dem Antrag der 22 Unternehmen, die Chemikalie für weitere 15 Jahre vertreiben zu dürfen, stattzugeben.
      Quelle: junge Welt

      Anmerkung Christian Reimann: Ist das schon vorauseilender Gehorsam durch deutsche bzw. europäische Einrichtungen gegenüber einem US-Konzern – eventuell wegen befürchteten Schadenersatz insbesondere nach Inkrafttreten des sog. Freihandelsabkommen TTIP?

    2. Studie zu Glyphosat: Mehrheit der Deutschen deutlich belastet
      Glyphosat kann über Lebensmittel, Trinkwasser oder den Kontakt in der Landwirtschaft in den Körper gelangen. Eine Studie zeigt nun: Ein Großteil der Deutschen ist mit dem umstrittenen Unkrautvernichter belastet.
      Dreiviertel der Bundesbevölkerung sind deutlich mit Glyphosat belastet. Das zeigt eine Erhebung der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Die Studie untersuchte Glyphosatrückstände im Urin und zeigt, dass die Belastung bei 75 Prozent der untersuchten Menschen um ein Fünffaches höher liegt, als es der Grenzwert für Trinkwasser zulässt. Ein Drittel der Bevölkerung hat demnach sogar eine zehnfache bis zu 42-fache Menge der für Trinkwasser zulässigen Grenzwerte im Urin.
      Insgesamt ließen sich bei 99,6 Prozent von insgesamt 2009 Probanden eindeutig Glyphosatrückstände nachweisen. Die höchsten Belastungen zeigten sich bei Kindern im Alter von 0 bis neun und Jugendlichen von zehn bis 19 Jahren, nach Berufsgruppen vor allem bei Landwirten. Studienteilnehmer, die Fleisch konsuieren, wiesen höhere Belastungen als Vegetarier und Veganer auf.
      Quelle: EurActiv.de
  11. AfD
    1. Zu Lasten der kleinen Leute
      Die Alternative für Deutschland präsentiert sich gerne als Anwalt der Schwächsten – das Gegenteil ist der Fall.
      In ihrem Kampf gegen die Zuwanderung präsentiert sich die „Alternative für Deutschland“ (AfD) zuweilen als Partei der kleinen Leute. „Die Zuwanderung geht zu Lasten der Schwächsten in Deutschland, vor allem zu Lasten der deutschen Arbeitslosen“, sagte AfD-Politiker Alexander Gauland. Zweifel an der Positionierung als Anwalt der Benachteiligten nährte aber nicht nur der – inzwischen ausgestiegene – AfD-Mitbegründer Konrad Adam. Er spielte im Jahr 2006 mit dem Gedanken, den „Inaktiven und Versorgungsempfängern“ das Wahlrecht abzuerkennen – also unter anderem Rentnern und Arbeitslosen. Auch die wenigen konkreten Äußerungen der AfD zu sozialen und wirtschaftlichen Fragen lassen sie nicht als Partei der kleinen Leute erscheinen. Ein Überblick.
      Quelle: Frankfurter Rundschau

      Anmerkung J.K.: Das ist in der Tat das Elend der aktuellen politischen Situation, die Menschen unterstützen in ihrer Wut über die Zumutungen des Neoliberalismus genau die Falschen. Ähnlich die Situation in den USA mit Trump. Darin manifestiert sich aber auch gerade in Deutschland ein Versagen der politischen Linken, die nicht in der Lage ist den wachsenden Unmut und die Enttäuschung über die soziale Polarisierung und die fortgesetzte Privilegierung der Reichen und Superreichen aufzugreifen und in die richtigen Bahnen zu lenken.

      Dazu: Populismus ist notwendig
      Die belgische Politikwissenschaftlerin und Post-Marxistin Chantal Mouffe forscht seit Jahrzehnten zu Populismus. Im Gespräch mit Julia Korbik fordert sie, Europas Rechtspopulisten mit linkspopulistischen Mitteln zu schlagen.
      Quelle: the europeen

      Und nochmals:

    2. Aufstieg der AfD
      Am 13. März finden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt statt. In allen drei Bundesländern kann die AfD Umfragen zufolge damit rechnen, in den Landtag einzuziehen. Und die »Alternative für Deutschland« wird zu einem starken Faktor der politischen Kräfteverhältnisse, weil sie vermutlich zweistellige Ergebnisse erreicht und in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sogar zur Sozialdemokratie aufschließt.

      • In Baden-Württemberg können die Grünen laut ARD-Vorwahlumfrage mit 32 Prozent stärkste Kraft werden und ihre Position ausbauen (Wahlergebnis 2011: 24,2 Prozent). Die CDU setzt ihren Abstieg fort und kommt auf 28 Prozent (Wahlergebnis 2011: 39,0 Prozent). Auch die SPD verliert weiter und kann nur mehr mit 13 Prozent der Stimmen (Wahlergebnis 2011: 23,1 Prozent) rechnen. Die AfD erreicht ebenfalls 13 Prozent. Die FDP kommt auf 8 Prozent (Wahlergebnis 2011: 5,3 Prozent), die Linke auf 4 Prozent (Wahlergebnis 2011: 2,8 Prozent). Für die sonstigen Parteien votieren 2 Prozent.
      • In Sachsen-Anhalt kommt die CDU den Umfragen zufolge auf 31 Prozent (Wahlergebnis 2011: 32,5 Prozent). Die Linke verliert leicht und fällt auf 21 Prozent zurück (Wahlergebnis 2011: 23,7 Prozent). Die AfD überholt mit 19 Prozent die Sozialdemokratie. Die SPD selbst kommt nur noch auf 15 Prozent (Wahlergebnis 2011: 21,5 Prozent). Die Grünen erreichen 5,5 Prozent (Wahlergebnis 2011: 7,1 Prozent) und die FDP 4,5 Prozent (Wahlergebnis 2011: 3,8 Prozent). Die sonstigen Parteien liegen in der Umfrage bei 4 Prozent.
      • In Rheinland-Pfalz kann die CDU leicht zulegen und kommt auf 36 Prozent (Wahlergebnis 2011: 35,2 Prozent). Die SPD verliert leicht und erreicht 34 Prozent (Wahlergebnis 2011: 35,7 Prozent). Die AfD kommt auf 9 Prozent. Auf die Grünen entfallen 7 Prozent (Wahlergebnis 2011: 15,4 Prozent). Die FDP erreicht 5 Prozent (Wahlergebnis 2011: 4,2 Prozent) und die Linke 4 Prozent (Wahlergebnis 2011: 3,0 Prozent). Die sonstigen Parteien kommen auf 5 Prozent.

      Quelle: Sozialismus aktuell

  12. Überreste deutscher Entwicklungshilfe
    Nachdem die Taliban vergangenes Jahr Kundus überrannten und erst nach tagelangen Kämpfen wieder vertrieben werden konnten, sind 13.000 Familien Flüchtlinge im eigenen Land. Offizielle deutsche Entwicklungshilfe gibt es hier derzeit nicht – immer mehr machen sich deshalb auf den Weg nach Europa. (…)
    Hat die Bundesregierung Kundus wirklich im Stich gelassen? Das Büro der GIZ, der staatlichen deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, liegt in einem ruhigen Villenviertel am Stadtrand von Kundus. Nach langem Klopfen öffnet sich schließlich eine Luke. Der Wächter ist kurz angebunden. Alle Deutschen seien weg, die afghanischen Mitarbeiter nicht zu sprechen.
    Auf Nachfrage bestätigt die GIZ in der Nachbarprovinz Baghlan, dass ihre deutschen Mitarbeiter auf unbestimmte Zeit aus Kundus abgezogen wurden. Was noch ausstehende Projekte angehe, so gelte die Devise: Erst müsse die Regierung Sicherheit garantieren. Sicherheit sei die Voraussetzung für plangemäßen Aufbau. Mohammed Safi sieht das ganz anders.
    “Es gibt seit Langem eine gewaltige Lücke zwischen dem, was Deutschland uns versprochen hatte und was es wirklich eingehalten hat.” (…)
    “Die Deutschen haben mir offen mitgeteilt: Wir setzen die meisten unserer Projekte deshalb aus, weil die Sicherheit so schlecht ist. Mein Gegenargument war: Je weniger Deutschland Hilfe leistet, desto unsicherer wird es, desto mehr Flüchtlinge werden wir im eigenen Land bekommen und desto mehr Afghanen werden sich auf den Weg nach Europa machen.”
    Ein Gegenargument, das sich aus heutiger Sicht schwer widerlegen lässt.
    Quelle: Deutschlandfunk
  13. Proteste nach Ermordung von Aktivistin Berta Cáceres in Honduras
    Reaktionen in Lateinamerika, Europa und den USA. Unabhängige Untersuchung gefordert. Kondolenzen auch von Leonardo DiCaprio und Naomi Klein
    Die Ermordung der international bekannten und mehrfach ausgezeichneten indigenen Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres in Honduras hat Proteste in den USA, Europa und Lateinamerika provoziert. (…)
    Nach dem Mord an Cáceres scheinen auch US-amerikanische Institutionen und Regierungsstellen ihren Druck auf die honduranische Regierung zu verstärken, damit diese gegen die Straflosigkeit vorgeht. Unter den ersten, die auf den Mord an reagierten, war der US-Botschafter in Honduras, James D. Nealon. In seiner Pressemitteilung vom 3. März heißt es: “Wir verurteilen dieses entsetzliche Verbrechen aufs schärfste. Die Vereinigten Staaten von Amerika fordern eine zügige und genaue Untersuchung dieses Verbrechens und die volle Härte des Gesetzes gegenüber denjenigen, die dafür verantwortlich sind.” (…)
    Das Auswärtige Amt in Berlin äußerte sich auf Nachfrage von amerika21 bislang nicht. Amerika21 hatte das deutsche Außenamt gefragt: “Wird die Bundesregierung diese Gewalttat im bilateralen Kontakt mit Honduras über den in der Bundestagsdrucksache 18/2223 benannten “intensiven politischen Dialog” thematisieren und sieht die Bundesregierung angesichts weiterer Fälle von Ermordungen von Gegnern industrieller Großprojekte – vor allem des Staudammprojektes Agua Zarca – die Notwendigkeit weiterer Schritte gegenüber der Regierung und/oder den Justizbehörden des mittelamerikanischen Landes?”
    Das deutsche Maschinenbauunternehmen Voith, das an dem Staudammprojekt Agua Zarca in Honduras beteiligt ist, gegen das Cáceres Proteste organisiert hatte, schrieb auf Amerika21-Anfrage: “Voith verurteilt jede Art von Gewalt und ist betroffen über die Ermordung von Berta Cáceres. Wir setzen darauf, dass die Ermittlungsbehörden in Honduras dieses Verbrechen so schnell wie möglich lückenlos aufklären.”
    Quelle: amerika21

    Anmerkung unseres Lesers G.M.H.: Über die Stellungnahme des US-Botschafters in Honduras mache sich ein jeder seine eigenen Gedanken. Das bisherige (Nicht-) Verhalten unserer Regierung stand zu erwarten. Was die vielfach geforderte Aufklärung des Mordes und insbesondere die Ermittlung der Auftraggeber angeht, so ist wohl davon auszugehen, dass die honduranischen Behörden einen ähnlichen Enthusiasmus an den Tag legen, wie die mexikanischen im Fall der 43 verschwundenen Studenten von Iguala.

  14. Das Bündnis von Mob und Elite benennen
    Die Ereignisse von Clausnitz haben in weiten Teilen der Bevölkerung Empörung ausgelöst; allerdings fallen die Urteile sehr unterschiedlich aus, wenn man zu den Ereignissen auch den staatlichen Umgang hinzurechnet. Wenn man von der gesamtgesellschaftlichen Reaktion auf Clausnitz eines lernen kann, dann dies: Rassismus in Form eines Pulks von Dorfnazis ist gesellschaftlich – noch – geächtet; der, in seiner Wirkung oft sehr viel fatalere, Rassismus aber in den dahinterliegenden gesellschaftlichen, staatlichen wie zivilen Strukturen wird kaum noch als solcher benannt, zumindest ist eine solche Benennung weit weg von einem gesellschaftlichen Konsens.
    Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und reichen von Unkenntnis und fehlender Empathie bis zu einem aggressiven Staatsrassismus, in dessen Vorstellung bitteschön auch das Gewaltmonopol gegenüber Geflüchteten – in welch widerlicher Weise es auch ggf. ausgeübt wird – immer noch beim Staat zu liegen hat. Unter diesen Vorzeichen ist die wahrgenommene Empörung zu relativieren; das, was gesellschaftlich geächtet wird, ist dann nicht mehr viel.
    Etwa 20 Menschen, geflohen und aktuell so etwas wie “heimatlos” (von mittellos mal ganz zu schweigen), und schon damit ohne Frage in einer um Größenordnungen massiveren existentiellen Not als alle “UreinwohnerInnen” des Erzgebirges, werden in ihre neue Unterkunft nach Clausnitz gebracht. Dort wird der Bus von etwa 100 Menschen (im Wesentlichen: Männern) blockiert, umringt, mit Sprechchören belagert. Zwei Stunden lang. Die Situation macht bereits beim Zuschauen Angst, aber 104 Sekunden auf YouTube sind ein Sahneschlecken gegenüber 120 Minuten im Bus.
    Quelle: Telepolis
  15. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist im Revier auf der Suche nach Verbündeten
    Sigmar Gabriel sucht bei der NRW-SPD Verbündete für seinen „Solidarpakt für Deutschland“. SPD-Chef: Union falle Kanzlerin Merkel in den Rücken.
    Im „Maschinenraum der Sozialdemokratie“, mitten im Revier, sucht Sigmar Gabriel Verbündete für seinen „Solidarpakt für Deutschland“. Bei den Gelsenkirchener Gesprächen der NRW-SPD erneuert der SPD-Chef im Angriffsmodus seine Forderung, die Einheimischen bei der Finanzierung der Einwanderer nicht zu vergessen. Die 200 Funktionäre im Pott geben Gabriel dankbar Rückendeckung. Die Genossen sind verunsichert: Nicht nur im armen Gelsenkirchen wächst die Sorge von Bürgern, wegen der hohen Flüchtlingskosten selbst zu kurz zu kommen.
    Eine Woche vor den heiklen Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt betont Gabriel die Rolle der SPD als Partei der kleinen Leute. Seit Wochen stolpern die Genossen von einem Umfragetief ins nächste. Bei dem befürchteten Desaster am 13.März könnte es auch für den SPD-Chef eng werden. NRW-Bauminister Michael Groschek warnt seine Partei ahnungsvoll vor dem üblichen Spiel „wir gegen uns selbst“ und wirbt dafür, dass Gabriel auch am 14.März in Amt und Würden bleibt.
    Quelle: WAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Warum lobt Herr Gabriel zumindest implizit die konservative Bundeskanzlerin? Zu empfehlen ist auch ihm Albrecht Müllers Text Merkels Popularität gründet auf Vergessen, Ausblenden und dem Wunsch, dazu zu gehören.
    Insbesondere Herr Gabriel scheint die Wahlkampfstrategie der Unionsparteien vom Getrennt marschieren, vereint schlagen nicht zu verstehen.

  16. Wie wir Googles Sklaven wurden
    Staatliche Kontrolle ist harmlos im Vergleich zu dem, was Google macht: Der Konzern schafft einen beispiellosen Überwachungskapitalismus. Ist dagegen denn gar kein Kraut gewachsen?
    Unlängst überflügelte Google Apple erstmals seit 2010 als höchstbewertetes Unternehmen der Welt. Damals hatten beide Unternehmen einen Wert von jeweils 200 Milliarden Dollar; heute werden sie mit mehr als 500 Milliarden Dollar bewertet. Zwar behielt Google diese Führungsposition nur ein paar Tage lang, doch der Erfolg des Unternehmens hat Konsequenzen für alle Menschen. Warum? Weil Google der Ground Zero einer gänzlich neuen Unterart des Kapitalismus ist, bei dem die Gewinne aus der einseitigen Überwachung und Veränderung menschlichen Verhaltens stammen. Was sind die Geheimnisse dieses neuen Überwachungskapitalismus, und wie produzieren solche Unternehmen derart atemberaubende Reichtümer?
    „Den meisten Amerikanern ist klar, dass es zwei Gruppen gibt, die bei ihren Bewegungen im Land regelmäßig überwacht werden. Die erste Gruppe wird gegen ihren Willen auf der Grundlage eines Gerichtsbeschlusses überwacht, der sie zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichtet. Die zweite Gruppe umfasst alle anderen.“ Einige werden sagen, diese Aussage sei zweifellos wahr. Andere werden befürchten, dass sie wahr werden könnte. Manche halten sie vielleicht für lächerlich. Sie ist kein Zitat aus einem dystopischen Roman, auch keine Bemerkung eines Managers im Silicon Valley und nicht einmal eines Vertreters der NSA. Es handelt sich um die Aussage eines Beraters der Kfz-Versicherungsbranche über die Vorteile der „Kraftfahrzeugtelematik“ und die erstaunlich weit reichenden Überwachungsmöglichkeiten dieser angeblich vorteilhaften Systeme, die heute schon eingesetzt werden oder sich in Entwicklung befinden.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Der lange, lesenswerte Artikel gehört in den Wirtschaftsteil der FAZ und nicht in Feuilleton. Die US-Firmen Google + Co haben bereits die Welt wirtschaftlich und damit politisch im Griff. Zusammen mit der NSA sichern sie Macht der USA erfolgreich ab, ohne das wir uns dagegen wehren können oder wollen.

  17. Zu guter Letzt: Beckenbauers Bäuerchen
    Wer bringt im Hause Beckenbauer eigentlich den Müll runter? Wer schaut nach, ob noch genug Champagner im Kühlschrank ist? Und wer windelt diese unsere königliche Exzellenz und erlauchte Superstarweltmannmamasöhnchenexistenz? Zumindest seit Robert Schwan Anfang des Jahrtausends im gesegneten Alter das Zeitliche gesegnet hat? […]
    In der heutigen Bild am Sonntag, einem Blatt aus einem Konzern, der ungefähr zweiundneunzig Ghostdenker im Dienste von Franz Beckenbauer beschäftigt, gibt der Unantastbare, gibt diese zerebrale Sanddüne, angesprochen auf die Millionen, die über sein und Robert Schwans Schweizer Konto 2002 nach Katar geflossen waren, zum besten, er habe davon erst am vergangenen Mittwoch erfahren, und es sei ja überhaupt so gewesen: “Robert hat mir alles abgenommen – vom Auswechseln der Glühbirne bis hin zu wichtigen Verträgen.”
    Man wird dieses Interview fürderhin als einen Text würdigen müssen, in dem sich der sogenannte Sportjournalismus zu den Höhen des absurden Theaters aufgeschwungen hat.
    Quelle: Deutschlandfunk

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!