Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL)
Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Köhler bezeichnet Finanzmärkte als “Monster”
    “Wir waren nahe dran an einem Zusammenbruch der Weltfinanzmärkte”, sagte der Bundespräsident dem “Stern”. “Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klar geworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss.”

    Ganz offensichtlich hätten die Banker so viele Derivate geschaffen, dass sie am Ende selbst nicht mehr verstanden hätten, wie diese wirkten. “Die Überkomplexität der Finanzprodukte und die Möglichkeit, mit geringstem eigenem Haftungskapital große Hebelgeschäfte in Gang zu setzen, haben das Monster wachsen lassen”, sagte Köhler, der früher Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) war.
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: stern

    Anmerkung WL: Reichlich spät meldet sich unser Bundespräsident. Das liegt wohl daran, dass er üblicherweise den freien Märkten das Wort redet. Vielleicht hofft er mit dieser Äußerung auch nur die Zustimmung der SPD für seine Wiederwahl zu erleichtern. Wir haben ja schon Erfahrung darin, dass man mit solchen allegorischen Vergleichen viel Stimmung machen kann, ohne etwas zu ändern. Siehe Müntefering und die „Heuschrecken“. Viel Lärm um nichts.

    Siehe dazu auch:

    Der mitfühlende Präsident
    Bei seinem Amtsantritt kannte ihn kaum jemand, inzwischen aber mögen ihn viele Bürger – nicht zuletzt, weil er Politikern Kontra gibt und Manager gelegentlich zur Ordnung ruft.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Die Frankfurter Rundschau im Vorwahlkampf für Horst Köhler.
    Anmerkung KR: Gratulation – dieses Stück Hofberichterstattung könnte unverändert auch auf der Homepage von Hugo Müller-Vogg erscheinen!

  2. EU entfacht Debatte über fette Managergehälter
    “Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass bestimmte Unternehmenschefs von übermäßigen Gehältern und vor allem von goldenen Handschlägen profitieren, die nicht im Zusammenhang mit der Leistung stehen”, sagte der Vorsitzende der Euro-Gruppe Jean Claude Juncker nach einer Sitzung mit den Finanzministern der Euro-Zone. In mehreren Mitgliedstaaten seien “skandalöse Tendenzen” zu beobachten, vor allem bei Abfindungen, sagte Juncker. Es gehe um ein “soziales Übel”. Die meisten Finanzminister wollten nicht länger hinnehmen, dass hohe Abfindungszahlungen gefeuerter unternehmenslenker auch noch von den Firmen steuerlich abgesetzt werden könnten, so Juncker weiter. Über Änderungen von Steuergesetzen wollen die Minister auch im EU-Finanzministerrat beraten. Den Bürgern seien Aufrufe zur Lohnmäßigung als Antwort auf die steigende Inflation nicht zu vermitteln, wenn diese Exzesse nicht gleichzeitig angesprochen würden, erklärte Juncker.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkungen WL: Siehe oben: Viel Lärm um nichts. Viel eher dürfte das Rezept der EU gegen den Preisanstieg umgesetzt werden: Zwar ist die Inflation wesentlich durch den Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise induziert und keineswegs durch eine überhitzte Nachfrage, doch für EU-Währungskommissar Joaquín Almunia sind weitere Reformen der Arbeitsmärkte und des Dienstleistungssektors das richtige Mittel gegen den Preisanstieg. Was das mit der Inflation zu tun haben soll, wissen nur er und die neoliberalen Götter.

  3. Aktionäre verdienen mehr denn je
    Die Aktionäre der größten deutschen Konzerne kassieren für das abgelaufene Geschäftsjahr so viel wie noch nie. 27,9 Milliarden Euro schütten die 30 Dax-Unternehmen in diesen Wochen an Dividendenzahlungen aus, hat der Tagesspiegel berechnet. Das ist nahezu ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Spitzenreiter ist mit großem Abstand die Deutsche Telekom, die ihren Aktionären voraussichtlich 3,4 Milliarden Euro überweisen wird und auf eine Dividendenrendite von 6,7 Prozent kommt. Aktionärsschützer gehen davon aus, dass die Ausschüttungen im nächsten Jahr deutlich sinken, da die Gewinne bereits zurückgehen.
    Quelle 1: Tagesspiegel
    Quelle 2: Tagesspiegel
  4. 3 Zürcher haben so viel wie 412.000 andere
    Während der Durchschnittszürcher in 12 Jahren nur wenig Vermögen dazugewonnen hat (von 29.000 auf 35.000 Franken), ist das Vermögen der Reichsten stark gewachsen. Von 1991 bis 2003 machte das reichste Prozent der Zürcher Steuerzahler einen 70-Prozent-Sprung von 4 auf 6,8 Millionen Franken. Noch schneller wuchs das Vermögen der Superreichen. Das oberste Zehntelpromille der Zürcher Steuerzahler verdoppelte sogar sein Durchschnittvermögen: von 80 auf 157 Millionen pro Kopf. Das führte dazu, dass die drei absolut reichsten Zürcher 2003 so viel besassen wie 412.000 andere – das sind 56 Prozent aller Steuerzahler.

    Der Mann, der diese Zahlen zusammengetragen hat, ist Hans Kissling, der langjährige Chef des Statistischen Amts des Kantons Zürich. Er rechnet in einem Buch vor, wie schnell in nur zwölf Jahren die Kluft zwischen normal Verdienenden und Reichen gewachsen ist. Laut Kissling bewegt sich die Schweiz dadurch vermögensmäßig auf einen Feudalstaat zu: Nirgends sonst besitzen so wenige so viel mehr als alle anderen.
    Quelle: Tagesanzeiger

  5. Hartz IV-Empfänger sollen sich bei einer Verbraucherinsolvenz an Kosten beteiligen
    Die von der Bundesregierung geplante Reform der Verbraucherinsolvenz stößt bei der Diakonie in Hessen und Nassau auf Kritik. “Die vorgesehene zwingende Kostenbeteiligung der Schuldner können sich Hartz-IV-Empfänger nicht leisten”, sagte Diakonie-Chef Wolfgang Gern bei der Tagung “Reform der Verbraucherinsolvenz – Planungen des Gesetzgebers” am Mittwoch in Darmstadt. Diese hätten aber mit 40 Prozent einen großen Anteil an den insgesamt 7,8 Millionen überschuldeten Menschen in Deutschland. Danach müssten Schuldner ohne pfändbares Einkommen für die Teilnahme am Insolvenzverfahren sechs Jahre lang 13 Euro pro Monat von ihrem Regelsatz bezahlen. Hinzu komme eine “Eintrittsgebühr” von 25 Euro, die die Schuldner zu Beginn des Verfahrens zahlen müssen. “Dies ist in Zeiten von prekären Beschäftigungsverhältnissen und Kinderarmut nicht verantwortbar und von den Betroffenen nicht leistbar”, sagte Gern.

    Hingegen verteidigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) die geplante Regelung am Mittwoch. Die Eigenbeteiligung habe einen erzieherischen Effekt, sagte sie. Sie solle den Betroffenen bewusst machen, dass sie Eigenverantwortung für ihr Leben tragen: “Der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger liegt über dem Existenzminimum.” Deshalb könnten sich die Betroffenen die Zwangsbeteiligung leisten.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Brigitte Zynisch!
    Der Deutsche Anwaltsverein hält diese Regelung übrigens für “verfassungswidrig und unsozial“.

  6. Erst isolieren, dann lahmlegen!
    Staaten mit niedrigen Steuer- und Finanzmarktregulierungsstandards haben nach wie vor unbeschränkten Zugang zu den internationalen Finanz- und Handelsmärkten. Das muss sich ändern, sonst bleibt das Engagement für stabilere Finanzmärkte ebenso oberflächlich wie der Kampf gegen die Steuerflucht. Schon einzelne wirtschaftsstarke Länder können, wenn sie sich abstimmen, die entscheidenden Schritte unternehmen. Entscheidend ist Transparenz. Beispielsweise, indem Firmen in Zukunft veröffentlichen müssen, in welcher Tochterfirma wie hohe Gewinne ausgewiesen und Steuern gezahlt wurden.
    Quelle: FR
  7. IKEA: Die Kritiker der Elche
    Wo Familien so gern shoppen gehen, haben es die Beschäftigten schwer. Der Betriebsratsvorsitzenden einer Ikea-Filiale droht die Kündigung, weil sie von »Mobbing« sprach. In der ZDF-Sendung »Frontal_21« wurden vorige Woche in einem Beitrag mit dem Titel »Ausbeutung bei Ikea die Wahrheit über ein unmögliches Möbelhaus« viele weitere Missstände aufgelistet: die Überwachung und Überforderung der Mitarbeiter, das Erstellen von Gesundheitsprotokollen, Ausbeutung und Drangsalierung. Auf manche ältere Mitarbeiter und Alleinerziehende soll demnach ein enormer Druck ausgeübt worden sein mit dem Ziel, sie zur Kündigung zu bewegen. Teilzeitkräften seien in einer Niederlassung ihre Sozialversicherungsausweise abgenommen worden, damit sie keinen Zweitjob ausüben konnten und ihrem Arbeitgeber vollständig zur Verfügung standen. Engagierte Betriebsräte seien unter Druck gesetzt worden. Eine Führungskraft ha-be in Stuttgart ein Seminar besucht, in dem es darum ging, wie man unerwünschte Mitarbeiter loswerden kann. Und vieles mehr.
    Quelle: Jungle World
  8. Heute legt Schäuble den Verfassungsschutzbericht vor

    Dunkelrot und doch so preußisch
    In der Partei Die Linke gibt es ganz Linke. Sagt der Verfassungsschutz. Schreit die Bild-Zeitung. Nur: Das ist weder neu noch aufregend.
    Quelle: FR

    Anmerkung eines Lesers zur Berichterstattung über den Verfassungsschutzbericht:
    Der neue Verfassungsschutzbericht ist erwartungsgemäß Anlass für die BILD-Zeitung, gegen die Linkspartei zu agitieren. Den passenden Kommentar gibt’s dazu von der TAZ.
    Doch was macht die Sueddeutsche.de daraus? Eine absurde Story, die sich sogar noch unter dem üblichen BILD-Niveau befindet!
    Man versucht dabei mit einem besonders abstoßenden Foto von Oskar Lafontaine diesen zu denunzieren – eine typische BILD-Masche. Zudem ist die inhaltliche Argumentation geradezu abenteuerlich: „Populisten, die fordern, was sie wollen, egal, was es kosten würde, und auch egal, welcher Art von Plattform sie sich bedienen.“

    Das könnte doch genauso gut auf die CSU passen. 28 Milliarden zu versprechen – ohne den Ansatz einer Gegenfinanzierung – was würden die Medien zu einer solchen Forderung von links sagen? Die FDP will sogar noch mehr verschenken – wiederum ohne Gegenfinanzierung. Wenn die Linke populistisch ist – was sind dann die “bürgerlichen” Parteien? Und wie gehen diese mit ihren Extremisten in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen oder Mügeln um?

    Anmerkung WL: Und was sagt der Verfassungsschutz über diejenigen, die in unserm Land ganz offen einen Systemwechsel und „nichts Geringeres als eine Revolution“ verlangen, wie etwa der RWE-Chef Großmann in dem Buch des BürgerKonvents „Mut zu Handeln“? Diese Herrschaften wollen das Grundgesetz zugunsten einer reaktionären Herrschaftsform abschaffen.
    Deshalb gelten sie für Schäubles Verfassungsschützer auch als ungefährlich.

    Siehe zum BürgerKonvent auch den Nachtrag zu unserem Hinweis auf die Plusminus-Sendung:

    Wer schürt den Streit zwischen alt und jung?
    Gibt es diesen Generationenkonflikt überhaupt? plusminus hakt nach, welche Köpfe hinter der aktuellen Kampagne stecken und welche Ziele sie damit verfolgen.
    Quelle 1: ARD-PlusMinus (Text)
    Quelle 2: ARD-Plusminus (Video)

    Anmerkung WL: Wider einmal ein lesens- und sehenswerter Beitrag in PlusMinus.

  9. Business as usual!
    An einem sehr bekannten Beispiel möchte ich das Phänomen der Privatisierung staatlicher Aufgaben und deren negative Folgen erläutern: unserem Gesundheitssystem. Vor einiger Zeit trafen sich ein Großteil der Hausärzte Bayerns zu einer Protestveranstaltung gegen die derzeitige Gesundheitspolitik in Nürnberg. Diese nicht gerade unbeachtliche Veranstaltung fand in den großen Boulevardzeitschriften, in keinem Fernsehsender tiefere oder überhaupt eine Erwähnung.

    Ein Großteil der Hausärzte Bayerns geht auf die Straße und niemanden scheint es zu interessieren? Nur die Ärzte? Warum hält man eine solche Geschichte der Bevölkerung außen vor? Nun, wenn man zurückblickt, lässt sich feststellen, dass seit der Seehoferreform in den 90ern, als uns eindringlich klar gemacht wurde, dass bei steigender Lebenserwartung die Bezahlung der Kosten immer weniger vom Solidarsystem übernommen werden könne, der Lösungsansatz in Einsparungen und fortschreitender Privatisierung von Teilen unseres Gesundheitssystems lag, unter denen die Krankenhäuser und niedergelassenen Ärzte dann schnell zu leiden hatten. Sehr gern nahmen deshalb die kommunalen Träger die Chance wahr, ihre defizitären Häuser an Klinikkonzerne zu verkaufen. Es entstanden mehrere große Klinikketten, die im Jahre 2007 sieben Milliarden Euro Gewinn erzielten. Wohl bemerkt: viele Kliniken befinden sich trotz allem noch in kommunalen Händen. Es scheint jedoch nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich dieser Sachverhalt gänzlich geändert hat.
    Quelle: Readers Edition

    Anmerkung KR: Zu einem Punkt hätte es ruhig etwas mehr Aufklärung sein dürfen: „… als uns eindringlich klar gemacht wurde, dass bei steigender Lebenserwartung die Bezahlung der Kosten immer weniger vom Solidarsystem übernommen werden könne, …“ Zufällige Leser der NachDenkSeiten könnten glauben, dass an der Explosion der Gesundheitskosten etwas dran sei. Dem ist keineswegs so, siehe z.B. hier: „Der Vergleich der Steigerung der Gesundheitskosten im Vergleich zum BIP zeigt, dass es keine „Explosion“ der Kosten im Gesundheitswesen gegeben hat. 1996 betrugen den Gesundheitsausgaben 10,1% des BIP, 2004 lag der Anteil bei 10,6%.“

    Das Problem liegt nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmenseite der Gesetzlichen Krankenversicherungen und kann nur gelöst werden, indem möglichst alle Einkommen zur Finanzierung herangezogen werden. Zurzeit werden ausgerechnet die hohen Einkommen ganz aus der Solidarversicherung entlassen. Es ist nicht zu erwarten, dass die heute verantwortlichen Politiker daran etwas ändern werden.

    Siehe dazu auch:

    Reform im Wartestand
    Einen Gesundheitsfonds, in den die Beiträge aus Bürgerversicherung oder Gesundheitsprämie geflossen wären, hätte es so oder so gegeben. Dass er jetzt von allen bemäkelt wird, liegt daran, dass seine Grundidee fallen gelassen wurde: Alle Versicherten sollten sich an ihm beteiligen, egal ob gesetzlich oder privat versichert. Aus der großen Reform der Krankenversicherungen wurde eine kleine, die der gesetzlichen Krankenversicherung. Die privaten Krankenkassen sind am Fonds nicht beteiligt.
    Quelle: Berliner Zeitung

  10. Rudolf Hickel: Zum Streit über den CSU-Vorschlag zur Entlastung der unteren Lohnsteuerzahler durch den Abbau der „heimlichen Progression“: Unbestreitbarer Handlungsbedarf
    Eine Lohnerhöhung im Umfang der Inflationsrate, die den Reallohn sichert, führt wegen der Ausrichtung am Nominalleinkommen zu einer steigenden Steuerlast. Die steuerliche Mehrbelastung eines um 1% erhöhten Lohns wächst um 2,5%. Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers ist einer Studie des „Instituts für Angewandet Wirtschaftsforschung“ in Tübingen geschätzt worden: Bei gegebenem Tarifverlauf spült diese „heimliche Progression“ zwischen 2006 und 2012 insgesamt 63 Mrd. € in die öffentlichen Kassen.
    Quelle:[PDF – 28 KB]
  11. DGB fordert radikale Rentenreform
    Gewerkschaftsbund warnt vor der “tickender Zeitbombe” Altersarmut. Der DGB schlägt eine Erwerbstätigenversicherung und eine Aufstockung für Niedrigverdiener vor. Das würde Steuermilliarden kosten. Lob von Linke und Sozialverband.
    Quelle: taz

    Dazu prompt:

    SPD weist DGB-Rentenforderungen zurück
    Die Vorschläge des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für Korrekturen an den Rentenreformen stoßen bei der SPD auf erhebliche Vorbehalte. Vor allem die vorgesehene Finanzierung mit Steuergeldern und über Beitragssteigerungen sorgt für Protest. „Es kann nicht im Sinne von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sein, wenn die Sozialbeiträge deutlich steigen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Elke Ferner (SPD) dem Handelsblatt.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung: Aber ist es im Sinne der Arbeitnehmer, dass die Arbeitgeber von der paritätischen Finanzierung bei der Altersvorsorge belastet und die Arbeitnehmer (und die Steuerzahler) durch die private Vorsorge etwa mit der Riester-Rente einseitig belastet werden? Und zwar mehr als durch jede Beitragssteigerung für die gesetzliche Rente. Was ist der Unterschied zwischen Steuersubventionen für die Riesterrente und die Erhöhung des Steueranteils für die Finanzierung von langjährigen Renteneinzahlern über dem Grundsicherungsniveau? Bei der Riesterrente nehmen die Besserverdienden die Subventionen mit. Elke Ferner glaubt wohl immer noch, dass die Menschen nicht 1 + 1 zusammenzählen können.

  12. Der blinde Fleck der Hunger-Debatte
    Die Empörung über die nur noch marginalen EU-Subventionen verstellt daher den Blick auf das eigentliche Problem: Die Überwindung des dramatischen Produktivitätsrückstands in den Entwicklungsländern. Hier müsste Entwicklungspolitik ansetzen. Studien belegen, dass gerade in den ärmsten Regionen eine verbesserte technische Ausstattung der Landwirtschaft am meisten zur Überwindung der Produktionsschwäche im Agrarsektor beiträgt.

    Nicht “die industrielle Landwirtschaft ist an ihre Grenzen gestoßen”, wie bei der Vorstellung des Weltagrarberichts gerade erst wieder öffentlichkeitswirksam verkündet wurde, sondern die traditionelle Landwirtschaft in den ärmsten Ländern der Welt, der ein Zugang zu neuen Technologien verwehrt ist.
    Quelle: Freitag

  13. Deutsche Bank freut sich über Lebensmittelknappheit
    Profiteure einer besorgniserregenden Entwicklung: Die weltweite Verknappung der Agrarrohstoffe hat das größte deutsche Bankhaus zu einer zynischen Werbekampagne veranlasst.
    Quelle: Der Westen (WAZ)

    Anmerkung WL: Einer Schlussfolgerung von Thorsten Hild kann ich nicht folgen: „Was hätte eine Streichung der Subventionen in den Ländern des Nordens zur Folge? Der Wettbewerb würde sich weiter intensivieren, die Konzentration zunehmen und die Produktivität etwa in der EU schneller wachsen.“ Meines Wissens bringen die Subventionen der EU eher eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Agrarindustrie, denn sie kassiert den Löwenanteil.

  14. Grüne Gentechnik: Erhebliche Verflechtung von Industrie und staatlichen Stellen
    Die Verbindungen zwischen den staatlichen Stellen, die gentechnisch veränderte Pflanzen zulassen, und der Industrie sind enger als bisher bekannt.
    Quelle: Tagesspiegel
  15. »Die Bundesregierung sollte die Lobbyisten rauswerfen«
    Korruption in deutschen Ministerien: Zahlreiche Fachleute stehen im Dienst von Großkonzernen. Ein Gespräch mit Kim Otto, Professor für Journalistik an der Macromedia Fachhochschule der Medien und Mitautor des Buches »Der gekaufte Staat«: „Allein zwischen 2004 und 2006 waren pro Jahr im Schnitt 100 »Leihbeamte« in den Ministerien – insgesamt rund 300. Das sind dreimal soviel, wie die Regierung bislang zugegeben hat. Ihre Arbeitgeber sind die Crème de la Crème der deutschen Großkonzerne: etwa DaimlerChrysler, Deutsche Bank, Lufthansa oder Siemens. Und der Einfluss dieser Lobbyisten ist groß: Über 60 Prozent der »Leihbeamten« vertraten die Bundesregierung sogar bei Veranstaltungen und Verhandlungen. Ebenso viele erstellten Leitungsvorlagen für Topbeamte. Jeder vierte war an Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge beteiligt. Und über 20 Prozent der Lobbyisten haben an Gesetzen und Verordnungen mitgeschrieben.“
    Quelle: Junge Welt
  16. Daimler: Neuer Chef-Lobbyist ab Herbst
    Martin Jäger wird neuer Chef-Lobbyist bei Daimler. Der derzeitige Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin wird Nachfolger von Robert G. Liberatore, der Ende März aus dem Konzern ausgeschieden ist.
    Quelle: Autokiste

    Anmerkung WL: Martin Jäger ist sein finanzieller Aufstieg zu gönnen. Und wer weiß wie lange Steinmeier noch Außenminister ist. Womöglich stünde er, wenn die SPD aus der Regierung kippt, ohne Job da. Der Wechsel ist nur typisch dafür, wie sich die Konzerne Leute aus der Regierung herauskaufen, die wissen, wie man in Berlin Fäden knüpft. Es ist ein Fall unter hunderten oder gar tausenden und eben typisch für die immer deutllicher erkennbar werdenden Feudalstrukturen.

  17. Schlupfloch im EU-Lobbyregister
    Der geschäftsführende Vorstand des gemeinnützigen Vereins Lobbycontrol, Ulrich Müller, hat das vom EU-Parlament beschlossene Lobbyregister kritisiert. In dem Entschluss gebe es ein Schlupfloch, das Rechtsanwälten Ausnahmeregelungen biete, sagte Müller.
    Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio Kultur (Podcast)
  18. Transnet will Privatisierung blockieren
    Die Bahn hat sich den bisherigen Chef der Gewerkschaft Transnet, Norbert Hansen, als Personalvorstand gesichert. Sein Nachfolger macht offenbar Schluss mit dem Kuschelkurs. Er kündigte an, die Privatisierung zu blockieren, falls die Bahn keine Beschäftigungsgarantie gebe. Die Gewerkschaften Transnet und GDBA haben überraschend mit Widerstand gegen die geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn gedroht. In einer Sondersitzung des Aufsichtsrats an diesem Donnerstag wollen ihre Vertreter dem Börsengang nur dann zustimmen, wenn das Unternehmen zuvor einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und zum dauerhaften Verzicht auf eine Privatisierung des Schienennetzes unterzeichnet.
    Quelle: Manager-magazin

    Anmerkung WL: Und bis dahin haben die übrigen Vorstandsmitglieder von Transnet nicht gemerkt, dass sie von Hansen verschaukelt wurden? Wenn das stimmte, so wäre das noch schlimmer für diese Gewerkschaft.

    Siehe dazu:

    Bahn frei für einen Neuanfang von unten
    Gewerkschafter fordern Rücktritt des gesamten geschäftsführenden Transnet-Vorstands.
    Quelle: Neues Deutschland

  19. Einfach nicht heizen
    Enquetekommission: Steigende Energiepreise belasten Privathaushalte. NRW-Regierung empfiehlt Sparen.
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Statt eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die den Namen verdient, fallen den Regierenden nur wohlfeile Empfehlungen für die niederen Stände ein.

  20. Gerold Schwarz: An den Grenzen des Widerstandes
    Seit den beiden Wahlergebnissen in Frankreich, und verstärkt noch durch die staatliche Reaktion auf die G8-Proteste, ziehen nunmehr am Horizont immer deutlicher die Umrisse massiv zunehmender gesellschaftlicher Konflikte herauf. Ich möchte im Folgenden einige der Konfliktlinien aufzeigen, die in der Vergangenheit in ihrer Kombination regelmäßig hinreichende Bedingungen gewaltförmiger Auseinandersetzungen waren. Alle gesellschaftlichen Parameter deuten daher auf weitere Desintegration hin: allerorts regionales, soziales, mediales, ethnisches und politisches Auseinanderdriften, und nirgends gesellschaftliche Kohäsion in Sicht.
    Quelle: Europa im Blick
  21. Azubis in der Statistik-Falle
    Sind die Aussichten für Jugendliche tatsächlich glänzend, eine Lehrstelle zu finden, wie Industrievertreter sagen? Keineswegs, meint der DGB. Vielmehr werde mit Hilfe von offiziellen Statistiken versucht, die Probleme der jungen Menschen kleinzureden. Denn viele junge Menschen würden aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit verschwinden, obwohl sie gar keine Lehrstelle haben. Dazu gehören etwa diejenigen 24 000 Leute, die im vorigen Jahr eine sogenannte Einstiegsqualifizierung begonnen haben, das ist eine Art Praktikum und dauert in der Regel sechs Monate. Andere absolvieren berufsvorbereitende Kurse. Viele dieser Menschen brauchten die Weiterbildung eigentlich gar nicht, meint Gewerkschafter Rudolf. Sie könnten sofort eine Ausbildung beginnen – wenn es denn genügend Lehrstellen gäbe. Wieder andere würden die Suche irgendwann aufgeben und gar nichts machen oder einen ungelernten Job annehmen. Auch sie gelten nicht mehr als “unversorgte Bewerber”.
    Quelle: FR
  22. Die Uni ist die reinste Baustelle
    Der Investitionsbedarf wird von Immobilienexperten der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) auf bis zu 20 Mrd. Euro geschätzt, allein in Nordrhein-Westfalen rechnet das Wissenschaftsministerium in den nächsten Jahren mit 5 Mrd. Euro. 2007 investierte das Land 512 Mio. Euro in Baumaßnahmen, der Bund gab noch mal 107 Mio. Euro dazu.

    Die Firma Hochtief PPP Solutions, die sich an der HIS-Studie beteiligte, zeigt sich jedenfalls interessiert, insbesondere an “einer Kombination unterschiedlicher Immobilien in einem Paket, etwa wenn ein ganzer Campus ausgeschrieben würde”, erklärt Bernward Kulle, Sprecher der Geschäftsführung. Voraussetzung sei, so Kulle, “dass Hochschulen über die angestrebten Laufzeiten abgesichert sind”.
    Quelle: FTD

    Anmerkung J.A. : Die “Autonomie” der kaputtgesparten Unis als Einfallstor für PPP – sehr schön.

  23. Internationalisierung des Studiums: Nur rund 40 Prozent der erbrachten Leistungen werden voll anerkannt
    Wenn eine hohe internationale Mobilität erreicht werden soll, müssen sich die Studierenden auf die Anerkennung ihrer im Ausland erbrachten Leistungen verlassen können. Viele Studierende schrecken derzeit vor dem Hintergrund des enormen Zeit- und Leistungsdruckes vor einer Studienzeitverlängerung zurück. 56 % der Befragten geben jedoch an, ein Auslandsaufenthalt würde zu einer Studienzeitverlängerung führen – nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Anerkennung.
    Quelle: fzs
  24. Das Wunder von Asunción
    Am 20. April gewann der Theologe Fernando Lugo die Präsidentschaftswahl in Paraguay. Das Bruttosozialprodukt der heute sechs Millionen Paraguayer rangiert mit rund zehn Milliarden Dollar nur knapp über dem der 520.000 Bewohner Äquatorialguineas. Rund 40 Prozent der Bevölkerung leben in absoluter Armut, zwei Prozent bestimmen über 80 Prozent der Agrarfläche. Paraguay steht heute in Südamerika für Armut, Schmuggel, Drogen und Korruption, für 61 Jahre Herrschaft und Wahlbetrug der Colorado-Partei, für unentwirrbar verfilzte Oligarchien, für die Anwesenheit US-amerikanischer Truppen und fast aller in Brasilien gestohlenen Autos, für Mafia, Mengele und Altnazi-Nester, für alle Auswüchse einer schnurrbärtigen Bananenrepublik. Bezeichnend: Genauere statistische Daten erstellt nur die CIA.
    Quelle: Linksnet

    Das Letzte:
    Wir haben mehrfach darüber berichtet, dass der EU-Reformvertrag die nationalen Rechte bis hin zum Grundgesetz als höherranginges Recht außer Kraft setzt. (Siehe z. B. die Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Tariftreuegesetzen).
    Dennoch ist der EU-Reformvertrag mit großer Mehrheit ohne intensivere Debatte vom Bundestag durchgewunken worden. Jetzt erfahren wir von Hermann Scheer in einem Brief aus seinem Wahlkreisbüro, dass bei der Abstimmung noch nicht einmal ein vollständiger Vertrag vorlag. Wörtlich:

    Ich habe mich an der Abstimmung über den EU-Reformvertrag nicht beteiligt, weil ich mich grundsätzlich einer Teilnahme verweigert habe aus einem übergreifenden und zentralen Grund: Ein vollständiger Vertragstext lag nicht vor. Insofern fehlte aus meiner Sicht die Voraussetzung für eine entsprechende Abstimmung.

    Quelle: Infokrieg.TV

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