Die Privatisierung der Post führt zu schleichender Entpersonalisierung und zwingt den Kunden an Automaten

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Die Grundversorgung wurde in der Vergangenheit von der öffentlichen Hand erbracht und war mit dem daseinsvorsorgerischen Grundgedanken verknüpft, Bürgern flächendeckend eine solidarische Versorgung zu fairen Preisen zur Verfügung zu stellen. Infolge der Privatisierungsbestrebungen und den dahinterstehenden Interessen privater Anbieter, Unternehmensberater, Wirtschaftsberater, Banken und Investoren, die vom Börsengang ehemals staatlicher Betriebe in erheblichem Umfang profitieren, werden die Leistungen nun nach gewinnorientierten Maßstäben erbracht. Der Staat hat mit der Entscheidung zur Privatisierung der Post auf seine Gestaltungsfähigkeit verzichtet und damit zugleich eine demokratische Mitsprache oder wenigstens Kontrolle aufgegeben. Ein Nutzen, der hinter dieser Privatisierungspolitik stehen soll, ist für den Kunden, der „Briefkastenoptimierung“ und erhöhte Gebühren bei weniger Leistung hinnehmen muss, nicht erkennbar. Die Postmitarbeiter können schon gar keinen Vorteil in der Privatisierung erkennen. Für sie seht sie in erster Linie für verschlechterte Arbeitsbedingungen und permanente Umstrukturierungen nach den Ratschlägen der Unternehmensberatung McKinsey. Von Christine Wicht

Die Deutsche Post AG hat nun bekannt gegeben, dass sie sich bis zum Jahr 2011 von ihrem bisher noch verbliebenen eigenen Filialnetz vollends trennen wird. Damit gehen auch noch die restlichen 750 Postfilialen in die Hände so genannter Partnerfilialen über. Die Postdienste sollen künftig beispielsweise von Einzelhandelsgeschäften zusätzlich nebenbei erbracht werden.

Nun melden sich Politiker empört zu Wort, wollen plötzlich die Verbraucherinteressen schützen, fordern die Einbindung der Bürger in den Entscheidungsprozess der Filialenschließung und vergessen dabei anscheinend, dass ihre Parteien die Privatisierung mit großen Versprechungen vorangetrieben und mit der Prophezeiung beschlossen haben, dass nun alles effizienter und besser liefe.

Bereits im Juni 1989 wurden noch von der Kohl-Regierung die Weichen für die Postprivatisierung gestellt. 1995 wurde der Bereich Postdienst in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Bis zum Börsengang im Jahr 2000 hielt der Staat alle Anteile (vergleichbar mit der Bahnprivatisierung). Am 17.11.2003 veräußerte der Bund 29,9% an die KfW Bankengruppe. Bis zum Jahr 2005 wurden dann Zug um Zug alle restlichen Anteile privatisiert, heute liegt der Staatsanteil bei 0%.

Mit dem Poststrukturgesetz fand eine Aufteilung der Deutsche Bundespost in die drei Ressorts Postdienst, Telekom und Postbank statt. Der Briefdienstleister Deutsche Post ist nun Teil des globalen Logistikkonzerns “Deutsche Post World Net“ und ist eigenen Angaben zufolge mit den Marken Post, DHL und Postbank zum Weltmarktführer im Logistikbereich aufgestiegen. Der Deutsche Post World Net-Konzern beschäftigt rund 500.000 Mitarbeiter in über 220 Ländern und Territorien und ist damit einer der größten Arbeitgeber weltweit. Das Unternehmen besteht aus 834 Tochtergesellschaften und Beteiligungen, davon sind 169 in Deutschland ansässig (Quelle: Werner Rügemer, Privatisierung Deutschland).

Umstrukturierungen für die Kunden?
In einer Presseerklärung vom 13. Juni 2008 erklärt Vorstandsmitglied Jürgen Gerdes, dass das flächendeckende Netz der Geschäftspost-Annahmestellen für gewerbliche Kunden von derzeit 200 auf 1000 bis Ende des Jahres 2008 ausgeweitet werden soll. Für die privatenKunden zeichnet sich ein Trend zum Do-it-yourself ab, denn bis zum Sommer 2008 beabsichtigt die Post die derzeit 550 Paketboxen auf 1000 und die derzeit 900 Packstationen auf 2500 zu erhöhen. In den Städten Bonn und Berlin plant die Post im Rahmen eines Pilotversuches 50 so genannte automatische 7/24 Postinseln aufzustellen. In denen der Kunde an 7 Tagen die Woche rund um die Uhr die Möglichkeit haben soll, nahezu alle Postdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Postinseln werden nicht von Personen bedient, sondern sind mit Briefmarkenautomaten, Packstationen, Briefkästen, Geldautomaten und Kontoauszugdruckern ausgestattet. Das flächendeckende Netz von über 100.000 Briefkästen soll laut Gerdes nicht reduziert werden; der Trend gehe eher in Richtung Ausbau. (Quelle: Deutsche Post Worldnet)

Ob mit der letzten Ankündigung die Ausdünnung der Briefkästen an weniger frequentierten Orten wieder aufgestockt wird, ist aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit höchst fraglich. Vermutlich wird die heute schon nicht mehr vorhandene flächendeckende Dichte der Postämter wohl künftig durch die 7/24 Postinseln ersetzt werden. Anscheinend geht die Post davon aus, dass ihre gesamte Klientel jung, flexibel, in guter körperlicher Verfassung ist und problemlos moderne Automaten bedienen kann. Stellt sich die Frage, wie das mit dem ursprünglichen Auftrag des Unternehmens vereinbar ist.

Eigenen Angaben zufolge verpflichtet sich zwar das Unternehmen zu den Corporate-Governance-Standards der Konzernwerte von Deutsche Post World Net. (Quelle: Deutsche Post Worldnet)

Im Code of Conduct des Konzerns sind Regeln über Chancengleichheit, Menschenrechte, Diskriminierung, Transparenz, Bestechung und Korruption festgelegt. Die Deutsche Post World Net ist zudem Unterzeichner des Global Compact, einem Vertrag zwischen den Vereinten Nationen und global agierender Konzerne mit freiwilligen Selbstverpflichtungen, jedoch ohne Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen

siehe: Der Global Compact, gedacht als Instrument zur weltweiten Bändigung des Kapitalismus, wird zum Einfallstor der transnationalen Konzerne für die Aushöhlung der Charta der Vereinten Nationen und für eine Privatisierung der Weltpolitik.

Doch was helfen alle diese schönen Verpflichtungen, wenn es um die konkreten Dienstleistungen vor Ort geht. Es wäre z.B. interessant, wie damit umgegangen werden soll, wenn beauftragte kleine Einzelhandelsbetriebe aufgrund schlechter Umsätze oder wegen Personalmangels ihre Postdienstleistungen einstellen. Der Staat besitzt keine Handhabe mehr, einen privaten Betreiber zu dieser Dienstleistung zu verpflichten. Die Bundesregierung hat zwar gemäß der ihr in Art. 87 f des Grundgesetzes zugewiesenen Verantwortung für eine flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung mit Postdienstleistungen Sorge zu tragen. Das dürfte jedoch von der Post AG dahingehend ausgelegt werden, dass dies auch mit den automatisierten Servicestationen erreicht werde. Schließlich sind damit die Basisleistungen abgedeckt.

In der Post Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) ist nicht explizit vermerkt, dass die Leistungen ausschließlich von Fachpersonal in Postämtern erbracht werden müssen. Somit können die Leistungen auch vom Personal in Tankstellen, Schreibwarenläden, Kiosken, Heimwerkermärkten oder eben vollständig automatisiert von elektronischen Postinseln erbracht werden.

Die Regelung der Versorgungsdichte – Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV)
Die Versorgungsdichte ist in der PUDLV, die durch die Freiwillige Selbstverpflichtung der Deutschen Post AG vom 2. April 2004 ergänzt wurde, geregelt. (Quelle: Landtag BW [PDF – 516 KB])

In § 2 PUDLV sind die Qualitätsmerkmale für den Universaldienst im Bereich der Briefdienstleistungen festgehalten:

  • Bundesweit müssen mindestens 12.000 stationäre Einrichtungen vorhanden sein, in denen Verträge über Briefbeförderungsleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abgeschlossen und abgewickelt werden können. Die Anforderung nach Satz 1 wird bis zum 31. Dezember 2007 unter Berücksichtigung der Nachfrage überprüft. Bis zum 31. Dezember 2007 müssen mindestens 5.000 stationäre Einrichtungen mit unternehmenseigenem Personal betrieben werden. In allen Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern muss mindestens eine stationäre Einrichtung vorhanden sein; dies gilt in der Regel auch für Gemeinden, die gemäß landesplanerischen Vorgaben zentralörtliche Funktionen haben. In Gemeinden mit mehr als 4.000 Einwohnern und Gemeinden, die gemäß landesplanerischen Vorgaben zentralörtliche Funktionen haben, ist grundsätzlich zu gewährleisten, dass in zusammenhängend bebauten Gebieten eine stationäre Einrichtung in maximal 2.000 Metern für die Kunden erreichbar ist. Bei Veränderungen der stationären Einrichtungen ist frühzeitig, mindestens zehn Wochen vor der Maßnahme, das Benehmen mit der zuständigen kommunalen Gebietskörperschaft herzustellen. Daneben muss in allen Landkreisen mindestens je Fläche von 80 Quadratkilometern eine stationäre Einrichtung vorhanden sein. Alle übrigen Orte müssen durch einen mobilen Postservice versorgt werden. Die Einrichtungen müssen werktäglich nachfragegerecht betriebsbereit sein.
  • Briefkästen müssen so ausreichend vorhanden sein, dass die Kunden in zusammenhängend bebauten Wohngebieten in der Regel nicht mehr als 1.000 Meter zurückzulegen haben, um zu einem Briefkasten zu gelangen. Briefkästen sind jeden Werktag sowie bedarfsgerecht jeden Sonn- und Feiertag so zu leeren, dass die in Nummer 3 bestimmten Qualitätsmerkmale eingehalten werden können. Dabei sind die Leerungszeiten der Briefkästen an den Bedürfnissen des Wirtschaftslebens zu orientieren; die Leerungszeiten und die nächste Leerung sind auf den Briefkästen anzugeben. Briefkästen im Sinne der Sätze 1 und 2 sind auch andere zur Einlieferung von Briefsendungen geeignete Vorrichtungen. (Quelle: bundesrecht.juris.de [PDF – 16 KB])

Die Praxis der Postuniversaldienstleistungsverordnung (PUDLV)
Nach Ansicht der Bundestagsabgeordneten Anita Schäfer (CDU) wurde die PUDLV von der Post AG dahingehend ausgelegt, dass Ortsteile aus Ortschaften herausgerechnet werden konnten und auf diesem Wege der Grenzwert von 2000 Einwohnern häufig unterschritten werden konnte. Eine fehlende juristische Definition von „zusammenhängend bebauten Wohngebieten“ habe sich als unpraktisch erwiesen und bedarf ihrer Meinung nach einer Anpassung. Anita Schäfer führt das Beispiel an, dass in Übereinstimmung mit der PUDLV die Post Einrichtungen schließen konnte, obwohl in machen Gebieten mehr als 6.000 Einwohner leben, die nun über keine stationäre Einrichtung mehr verfügen, die sie ohne unangemessenen Aufwand erreichen können. An diesen Mängeln werde deutlich, dass weder die Postuniversaldienstleistungsverordnung mit ihren Vorgaben noch die Selbstverpflichtung der Deutschen Post AG ausreichend seien, so Anita Schäfer, um die in Art. 87 f des Grundgesetzes vorgeschriebene Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. (Quelle: Antrag des Deutschen Bundestags an die Bundesregierung von Anita Schäfer MdB, [PDF – 16 KB])

Die Post – ein Global Player
Mit der Privatisierung der ehemaligen Deutschen Bundespost ist das Unternehmen peu à peu zu einem Global Player ausgebaut worden. Dazu beigetragen haben diverse Firmenzukäufe, die natürlich mit dem Geld der Postkunden getätigt wurden: Im Jahr 1999 erwarb die Deutsche Post die Aktienmehrheit des Unternehmens Danzas, einem ursprünglich französischem Speditionsunternehmen, das später von der Schweiz aus weltweit tätig war. Zum Zeitpunkt des Kaufs erarbeiteten 16.000 Mitarbeiter einen Umsatz von sieben Milliarden Franken. Ziel des Kaufs war es, das Logistik-Segment der See- und Luftfracht abzudecken. Im Jahr 2002 kam der Kauf des US-amerikanischen Speditionsunternehmens DHL dazu, damit konnte die Post ihre Aktivitäten in den Vereinigten Staaten ausweiten. Die Unternehmen DHL, Deutsche Post EuroExpress und Danzas wurden unter der Marke DHL zusammengefasst. Ebenfalls im Jahr 2002 kaufte die Posttochter DHL die US-Firma Airborne-Express dazu, einen in den Vereinigten Staaten ansässigen Paketzusteller, und konnte somit eine Wettbewerbsposition auf dem US-amerikanischen Markt einnehmen. Mit dem Kauf des Unternehmens bedient die gemeinsame Gesellschaft unter dem Namen DHL Kunden in den USA sowie (von den USA aus) in mehr als 220 Ländern auf der ganzen Welt. Am 13.12.2005 übernahm die Post das britische Logistikunternehmen Exel. Nach Angaben des Unternehmens war der Kauf ein wichtiger Meilenstein in der Umsetzung der Konzernstrategie mit dem Ziel, weltweit führender Logistikanbieter in den Bereichen Luft- und Seefracht sowie Kontraktlogistik zu werden. Weiter wurden Anteile diverser Unternehmen in den Bereichen Brief, Express und Logistik aus Frankreich (Koba und Ducros Services Rapides), Großbritannien (Übernahme der Mehrheit von Williams Lea 67%), Spanien (Unipost 38%), Kanada (DHL Express Canada Ltd. 100%), Indien (Blue Dart Express plc. 81,3%), Tschechien (PPL 100%), Israel, (Flying Cargo International Transportation Ltd. 100%), Schweden (ASG AB 100%), USA (Global Mail Ltd. 100%, Smart Mail 100%, Airbone Inc. 100%, ASTAR Air Cargo Holdings 49%), Polar Air Cargo Worldwide Inc. 49%, Air Express International AEI 100%) erworben. (Quelle: Deutsche Post Worldnet)

Bei genauerer Betrachtung der Firmenkäufe stellte sich heraus, dass nicht alles Gold war, was glänzte. Das USA-Geschäft hat dem ehemaligen Vorstandchef, Klaus Zumwinkel, herbe Verluste eingebracht. Hinter den Konkurrenten Fed Ex mit 43% Marktanteil und UPS mit 31% Marktanteil liegt DHL mit einer erwarteten Steigerung von 10 auf 12% weit zurück. Der Break Even Point sollte nach Aussage des Vizeaufsichtsratschefs im Jahr 2008 erreicht werden. Zumwinkel bezifferte die aufgelaufenen Kosten für das Engagement auf dem US-Markt mit rund 1 Mrd. Euro. (Quelle: handelsblatt.com)

Die Firmenzukäufe zeigen deutlich, dass nicht das Briefkastennetz in Deutschland, verbesserter Kundenservice, Erhalt und Ausbau der Postämter oder sichere Arbeitsplätze im Vordergrund der Firmenpolitik stehen, sondern dass der Schwerpunkt des Unternehmens auf der Ausweitung der internationalen Logistikbranche liegt. Damit folgt das Management der Post der Philosophie der Unternehmens- und Strategieberatung McKinseys. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn ein Großteil des Managements war früher für McKinsey tätig, wie die ehemaligen Vorstandsmitglieder Wulf von Schimmelbusch, Edgar Ernst und Klaus Zumwinkel und die jetzigen Manager Wolfgang Klein (Finanzdienstleistungen), Frank Appel (Vorstandsvorsitz) und Hermann Ude (Logistik). Die Unternehmensziele: Wettbewerbsfähigkeit durch Umstrukturierungen, Wachstum und Ausbau neuer Geschäftsfelder auf globaler Ebene lassen sich unschwer aus den Empfehlungen der Beraterfirma herleiten.

„Wo ein starker Wirtschaftsmarkt ist, ist meist auch McKinsey“
Mit diesem Slogan wirbt dieses Beratungsunternehmen und damit, dass die Initiativen des Beraters Raum für Veränderung schafften. Das muss zweifelsohne bestätigt werden. Die Veränderungen wirken sich jedoch alles andere als positiv auf die Serviceleistungen für die Kunden und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter aus. Die Einsparungs- und Personalpolitik folgt voll und ganz den Prinzipien des Shareholder-Value. Die Ausschüttung hoher Dividenden gehen auf Kosten von Einsparungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Der Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel und der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Weber schlugen beispielsweise auf der Hauptversammlung 2006 vor, die Dividende für das Jahr 2006 auf 75 Cent zu erhöhen, das waren immerhin 7,1 Prozent mehr als im Vorjahr und entsprach einer Ausschüttungsquote von 47,1 Prozent des auf die Aktionäre der Deutschen Post AG entfallenden Konzernergebnisses. Seit dem Börsengang ist die Dividende somit im Durchschnitt um 19 Prozent pro Jahr gestiegen. Das Unternehmen hat angekündigt, seine Dividendenpolitik fortzusetzen, um die Aktionäre, wie das Management es ausdrückt, an der positiven Geschäftsentwicklung teilhaben zu lassen.

Die Personalpolitik des global agierenden Unternehmens
Vollzeitverträge im Bereich Trennung, Vorbereitung, Zustellung (TVZ) werden durch Teilzeitverträge ersetzt. An die Stelle sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverträge treten zunehmend 400-Euro-Jobs. Neu eingestellte Beschäftigte erhalten weniger Gehalt als schon länger beschäftigte Mitarbeiter. Es wird immer mehr auf Leiharbeiter und Saisonkräfte aus dem Billiglohnsektor zurückgegriffen, Teilbereiche werden ausgelagert. Laut ver.di werden freie Arbeitsplätze nicht mehr besetzt. Auszubildende erhalten nur einen Vertrag über 31-Wochenstunden. Mitarbeiter, die von Rationalisierungen betroffen sind, werden nicht dauerhaft weiter beschäftigt, dauerhaft sichere Arbeitsplätze werden ohne sachlichen Grund in Arbeitsplätze mit unsicheren Konditionen umgewandelt.
Beim Filialbetrieb AG 200 werden geringfügig Beschäftigte als unterstützende Mitarbeiter am Schalter eingestellt. Beim BHW (Beamtenheimstättenwerk) werden vollbeschäftigte Angestellte durch selbständige Handelsvertreter ersetzt. Des Weiteren kritisiert die Gewerkschaft, dass Sonderschichten und Überstunden in allen Bereichen gefahren werden und dass der Vorstand des Unternehmens für die nächsten Jahre weiteren Personalabbau angekündigt hat. Hinzu käme, dass regionaler Personalbedarf unberücksichtigt bliebe, was lange Wartezeiten und zu sehr zögerlicher Abwicklung der Kundenaufträge führe. (Quelle: verdi.de)

Im Gegenzug sind seit der Privatisierung im Jahr 2000 die Vorstandsgehälter fast um das Doppelte angehoben worden
Quelle: Werner Rügemer, Privatisierung Deutschland.

Den Mitarbeitern der Post wurden in den letzten Jahren immer neue Aufgaben oktroyiert. Die Postkunden werden in den Filialen ständig konfrontiert mit Angeboten des Gemischtwarenladens der Post, unter anderem zur Postbankaltersvorsorge, zu Immobilien- und Projektentwicklungsfonds oder zur Berufsunfähigkeitsrente. Die Bewerbung von Bausparverträgen gehört seit dem Zusammenschluss mit dem BHW ebenfalls zur Angebotspalette. Die Post kooperiert des Weiteren mit der Faber Lotto-Service KG. Seit Mai 2005 werden den Postkunden Faber-Lotto-Lose in den Filialen angeboten. Ob diese Produkte auch wirklich den Kunden offeriert werden, wird wiederum von Testkäufern geprüft. Als Kunden getarnte Testkäufer führen Qualitätstests in Postfilialen durch. Das Unternehmen TNS /Infratest begutachtet beispielsweise im Durchschnitt 20 Postfilialen im Monat in Berlin. 100 Details stehen auf der Prüfungsliste. Alle getätigten und nicht getätigten Aufgaben, Äußerungen und die Freundlichkeit des Mitarbeiters, das äußere Erscheinungsbild des Getesteten, die Platzierung der Produkte in den Regalen spielen bei der Bewertung eine Rolle. Ebenso sind die Wartezeiten ein Beurteilungskriterium. (Quelle: Deutsche Post Worldnet)

Kundenservice, sinkende Versorgungsdichte und neue Geschäftsfelder
Den Befürwortern der damaligen Privatisierung hätte bewusst sein müssen, was eine betriebswirtschaftliche Ausrichtung für die öffentliche Daseinsvorsorge bedeutet. An dieser Stelle sei der Richter des Verfassungsgerichts Siegfried Broß zitiert, der die gegenwärtige Entwicklung der Privatisierung staatlicher Aufgaben wie folgt auf den Punkt gebracht hat:

Wenn sich der Staat fortwährend der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dadurch entzieht, dass er substanzielle Teile von sich privatisiert und letztlich ungebunden durch private Dritte erfüllen lässt, dann sehe ich das Problem, dass sich der Staat letztlich selbst und – unabhängig von der Souveränität – seine Macht zur Selbstdefinition in Frage stellen könnte. Wofür steht er noch, wenn er sich selbst eines großen Teils seiner Substanz begibt?

Die voranschreitende Automatisierung der Dienstleistungen führt zu einer kontinuierlichen Entpersonalisierung der Angebote. Der Privatkunde steht heute jedenfalls schlechter da als vor der Privatisierung. Er zahlt mehr und muss obendrein immer mehr Leistungen selbst erbringen. Die viel gepriesenen Qualitätssteigerungen zu sinkenden Preisen sind nicht eingetreten.

Wenn politische Entscheidungsträger heute erkennen, dass der rechtliche Rahmen unzureichend ist, dann kommt diese Erkenntnis reichlich spät. Der Staat kann die Versorgung der Bürger in den Bereichen der klassischen Daseinsvorsorge nach einer Privatisierung nicht mehr steuern, er hat keine Mittel mehr, die Qualität der Daseinsvorsorge zu sichern. Der Widerstand, den Union und SPD gegen die Pläne der Post zur Schließung des Postfilialnetzes angekündigt haben, wird letztlich endlich ausgehen wie das Hornberger Schießen. Die Aussagen der Politiker sind nichts weiter als Getöse und Krokodilstränen. Wie sagte doch der böse Spiegelberg zum Räuber Moos in Friedrich Schillers Räuber: „Da ging’s aus wie’s Schießen zu Hornberg und mussten abziehen mit langer Nase.

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