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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Borixit
  2. Brexit
  3. Europa
  4. Sozialausgaben in Deutschland steigen auf Rekordhoch
  5. Mehr als eine Million Lohnabhängige müssen aufstocken
  6. Der gesetzliche Mindestlohn und seine rechnerische Zähmung
  7. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
  8. Gabriels Bremsmanöver
  9. Freihandel
  10. Privatzensur im Auftrag der EU-Kommission
  11. Versammlungsrecht ungeschützt
  12. Milliardengeschäft der Sicherheitsindustrie
  13. Bildungsarbeit unmöglich
  14. AfD: Zurück ins 19. Jahrhundert – auch in der Bildungspolitik

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Borixit
    1. Boris Johnson schleicht sich von der Bühne
      Nachdem der populäre Ex-Bürgermeister Londons zum Erfolg des Brexit-Referendums wesentlich beigetragen hat, scheint er sich nun vor den Konsequenzen zu scheuen
      Die Schmierenkomödie oder das perfide Spiel von Intrigen nach dem Drehbuch von House of Cards setzt sich fort (Wer wird Premierminister?). Nachdem bereits David Cameron, der das Referendum zum Brexit zu verantworten hat, weil er damit seine politische Karriere sichern wollte, keine Lust verspürt, den Ausstieg einzuleiten und dies lieber dem künftigen Regierungschef überlassen will, schleicht sich nun der Strippenzieher der Brexit-Kampagne von der Bühne. Auch Boris Johnson will nicht als derjenige in die Geschichte eingehen, der ein womöglich auf ein Kleinbritannien schrumpfendes Großbritannien aus der EU geführt hat.
      Quelle: Telepolis
    2. Erledigt vom höflichen Radikalen
      Es galt als ausgemacht, dass Boris Johnson nach dem Brexit als Premierminister kandidieren würde. Doch dann fiel ihm sein engster Mitstreiter Michael Gove in den Rücken.
      Quelle: Zeit Online
    3. Boris Feigling
      Der Rückzug von Boris Johnson zeigt, wie klein nationalistische Großmäuler werden, wenn es gilt, die Folgen ihrer falschen Versprechungen zu verantworten.
      Quelle: Stephan Hebel auf FR Online

      dazu: Fahrerflucht!

      Quelle: Stuttmann Karikaturen

  2. Brexit
    1. Nach dem Brexit: Thank you!
      Die Briten haben recht: Europa ist undemokratisch. Doch die Abschaffung der EU ist nicht die Lösung, sondern ihre Demokratisierung. Das ist jetzt die Aufgabe von Angela Merkel. Ausgerechnet. Tiefer als in Merkels Hand kann Europa nicht mehr fallen. Das ist keine beruhigende Aussicht. Jetzt hängt das Schicksal des Kontinents von der Kanzlerin ab. Ausgerechnet. Denn Angela Merkel ist die Meisterin des Wartens. Sie wartet. Und wartet. Und wartet. Bis es zu spät ist. Schon die Finanzkrise hat Angela Merkel nicht genutzt, um Europa neu zu gründen. Sonst stünde uns der Brexshit nicht bis zum Hals. Wenn Merkel auch jetzt die Hände zur Raute in den Schoss legt, dann ist Europa erledigt. Die Briten haben recht. Das undemokratische Europa stinkt. Aber wenn einem das Essen nicht geschmeckt hat, sollte man nicht das Restaurant anzünden und dann draußen Selbstmord begehen. Ja, das Referendum vom 23. Juni war ein vorbildloser Akt der Selbstvernichtung.
      Quelle: Jakob Augstein auf Spiegel Online

      Anmerkung JK: Wieder einmal echtes Gefasel eines Protagonisten der oberen Mittelschicht. Vor ein paar Wochen noch hat Augstein sich für einen linken Populismus stark gemacht, jetzt preist er die repräsentative Demokratie. Diese war nach den Erfahrungen mit dem Faschismus gerade in Deutschland sicher richtig, ist aber nun ein Problem, da faktisch alle im Bundestag vertretenen Parteien Anhänger der neoliberalen Ideologie sind. Es ist so unerheblich welche Partei die Bürger wählen, die neoliberale Agenda wird weiter durchgesetzt. Anschaulicher Beweis ist die große Koalition. Die politische Hegemonie des Neoliberalismus kann so eigentlich nur noch von außen, durch eine linke Basisbewegung, wie etwa die einer Podemos in Spanien, gebrochen werden.

    2. Jeremy Corbyn speech: Labour leader accused of comparing Israel to ‘Islamic states’ in antisemitism report response
      A Jewish Labour MP also reportedly left the speech in tears after being accused by an audience member of ‘colluding’ with the media (…) “Our Jewish friends are no more responsible for the actions of Israel or the Netanyahu government than our Muslim friends are for those of various self-styled Islamic states or organisations.”
      Quelle: The Independent

      Anmerkung Jens Berger: Das der rechte Labour-Flügel nun die Antisemitismus-Keule auspackt, ist keine große Überraschung. Man versucht den armen Jeremy Corbyn nun mit wirklich allen Mitteln abzuschießen. Stellt sich nur die Frage, was an Corbyns Aussage nun eigentlich antisemitisch sein soll?

    3. Die Greisenfresser kommen
      Als Alter ist man der neue Feind: Selbst in intellektuellen Kreisen verbreitet sich nach dem Brexit ein Diskussionsstil, in dem ein erstaunlich unreflektierter Hass hoffähig zu werden droht. […]
      Die Alten als Feinde hat auch Hélène Benkmezian ausgemacht. Sie berichtet über französische Parlamentsdebatten für „Le Monde“. Schon in der Vorstellung auf ihrem Twitter-Profil nennt sie sich „Gérontophage“ (Greisenfresserin), und am 24. Juni twitterte sie, offenbar gut gelaunt: „Mit dem Wahlrecht ist es wie mit dem Führerschein: Ehrlich gesagt, von einem gewissen Alter an sollte man es ihnen entziehen“ (Le droit de vote, c’est comme le permis: franchement, au bout d’un certain age, on devrait leur retirer). Das sind Gedanken, die in Deutschland ein vielfältiges Echo gefunden haben. Und leider nicht nur in Blogs oder der „Spiegel“-Schülerzeitung „bento“, wo Christina Kufer schrieb: „Liebe Generation Rollator, macht mir mein Europa nicht kaputt.“ Die „Zeit“ wollte mit ihrem Autor Wolfgang Gründinger nicht abseits stehen: „Das Referendum zeigt: Alte-Säcke-Polititk diktiert die Agenda. Wir Jungen müssen uns organisieren.“ Und die „taz“ titelte nach dem Brexit: „Die Alten machen uns fertig“. Die Autorin des Artikels war Jagoda Marinić, die das Interkulturelle Zentrum Heidelberg leitet.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung JK: Die im Artikel genannte Figuren darf man wohl kaum als liberal, links oder gar als intellektuell bezeichnen, bestenfalls als dumm und ignorant, im schlimmsten Fall zeigt sich daran wie weit der Neoliberalismus die Hirne der Jugend bereits verseucht hat. Wer die Generationen in einen künstlichen Konflikt hetzen will, besitzt den politischen Verstand einer Amöbe. Die verschärfte soziale Spaltung und Segregation hat eine neue Klassengesellschaft entstehen lassen. Es scheint aber als spiele die Gerechtigkeitsfrage gerade für den jungen intellektuellen Diskurs keinerlei Rolle mehr. Mit der Folge, dass es den herrschenden Eliten gelingt den grundsätzlichen gesellschaftlichen Antagonismus zwischen Arm und Reich, zwischen Oben und Unten, zwischen dem obersten 1% und den 99 % zu verschleiern.

    4. TAGESSCHAU auf der Barrikade: ARD ruft die Briten zur Neuwahl auf
      Da guckt sie frech aus der Glotze, wie andere aus der Wäsche, die Annette Dittert. Und kommentiert den Brexit in der TAGESSCHAU. Kühn und gnadenlos liest sie den Briten die Leviten, die sich von einem „schrillen Bühnenbild aus unverschämten Lügen und übelster Propaganda“ hätten verführen lassen. Zu etwas was die ARD nicht will: Zum EU-Austritt. Kann sich einer erinnern, dass die TAGESSCHAU jemals eine ähnliche heldische Haltung zur deutschen Innenpolitik eingenommen hätte? Zum Beispiel als sich eine große Koalition zusammenschob deren sozialdemokratischer Partner geschworen hatte, die Mehrwertsteuer nie und nimmer zu erhöhen, die dann doch von 16 auf 19 Prozent kletterte. Da hätte die Dittrich oder irgendjemand vom ARD-Personal doch kommentieren müssen: „Ein dumpfer Wahlkampf aus mieser Feigheit und in betrügerischer Absicht führte zu einer schrillen Wahlfälschung, deren verlogene Propaganda nun zur Bildung einer Regierung der arglistigen Täuschung geführt hat.“ Kann sich keiner daran erinnern? – Merkwürdig.
      Auch keine Erinnerung daran, dass Joachim Gauck, wegen seiner unverhüllten Kriegspropaganda jemals in der TAGESSCHAU als „gewissenloser gefährlicher Clown“ bezeichnet worden ist? Sonderbar. Denn so nennt Frau Dittert den Konservativen Boris Johnson, einen der Brexit-Protagonisten. Nicht, dass man die englische Oberschicht, aus der Johnson ebenso wie Cameron stammt, nicht gut und gern alle Tage gewissenlos nennen dürfte. Aber wer nicht den Mut aufbringt, bei einer der endlosen Queen-Geburtstagsprozessionen, die von der ARD gern statt eines ordentlichen Programms gesendet werden, einen Lach-Sack oder ein Furz-Kissen auf die Tonspur zu bringen, der soll sich aus den Angelegenheiten anderer Völker raushalten, statt diesen Satz abzusondern: „Das britische Volk, das zu dieser Katastrophe von rücksichtslosen Zockern verführt wurde.“ Um dann zu fordern: „Neuwahlen wären vernünftig“.
      Quelle: Rationalgalerie
  3. Europa
    1. Für einen Kurswechsel in Europa
      Sigmar Gabriel reist heute nach Griechenland und will dort u.a. mit Ministerpräsident Tsipras sprechen. Griechenland hat das Gesicht einer undemokratischen und unsozialen EU in seiner hässlichsten Form zu sehen bekommen: Einem überschuldeten Land wurden noch mehr Schulden aufgedrängt, um Banken zu retten, es wurde trotz Rekordarbeitslosigkeit zu brutalen Kürzungen gezwungen, die die Wirtschaft in die Depression trieben, und der per Referendum artikulierte Mehrheitswille wurde ins Gegenteil verkehrt. Griechenland ist deshalb ein guter Ort, um ein Programm für ein anderes Europa vorzulegen.
      Quelle: Sahra Wagenknecht auf linksfraktion.de
    2. Schäuble droht Portugal mit Rettungsschirm
      “Sie werden ein neues Programm beantragen müssen, und sie werden es bekommen”, erklärte der Bundesfinanzminister, der eisern am Austeritätskurs festhalten will
      Dass sich die drei großen US-Ratingagenturen auf die Linksregierung in Portugal eingeschossen haben und das Land wegen seiner Politik in die Pleite stufen wollen, ist bekannt. Die kleine kanadische Agentur Ratingagentur DBRS hat das bisher verhindert. Sie will sich die Entwicklung nach dem Abschied der Linksregierung von der Austeritätspolitik weiter anschauen, stuft Portugal weiter “stabil” ein und prüft, “ob eine Anpassung des Ratings nötig ist oder nicht”.
      Würde auch DRBS den Daumen senken und die Staatsanleihen als “Ramsch” bewerten, hätte das dramatische Auswirkungen für das Land. Dann dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) keine portugiesischen Anleihen mehr kaufen, die Zinsen würden stark steigen und schnell unbezahlbar werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hofft scheinbar darauf. Er will nicht warten, ob die auf Wachstumsförderung ausgerichtete Politik erfolgreich ist, und fordert die Rückkehr zur Austeritätspolitik. Portugal mache “einen schweren Fehler”, sagte er in einer Diskussion mit Jean Asselborn. Die Debatte mit dem Außenminister Luxemburgs wurde gestern im Deutschlandfunk übertragen.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass Herr Schäuble mit seinem Kürzungsprogramm ein “deutsches Europa” anstrebt und wer nicht mitmacht, kann raus aus der EU?

      dazu: Portugals Reformen und die Angst vor Sanktionen
      In Portugal hat die linke Regierung die Wiedereinführung der 35-Stunden-Woche im Öffentlichen Dienst, finanzielle Entlastung von Geringverdienern und weitere Reformen durchgesetzt. Die Umsetzung erfolgt auf Kosten der Haushaltskonsolidierung. Die EU-Kommission blickt deswegen kritisch auf die Reformpolitik aus Lissabon – auch in Portugal selbst ist die Ausgabenpolitik umstritten.
      Quelle: Deutschlandfunk

    3. Europas erfolgreichste Protestpartei
      Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung erobert Italien. Die zweitstärkste Partei etabliert sich definitiv im politischen System und wird zum Groβakteur.
      Die Fünf-Sterne-Bewegung, oder Movimento 5 Stelle, versteht sich nicht als Partei, sondern als politische Bewegung, als freie Bürgerversammlung. Man könnte den Eindruck gewinnen, sie habe weder eine parteienübliche Struktur noch jegliche formale Organisation. Doch dem ist nicht so.
      Die Meetups, also die virtuellen Treffen, sind die Parteikreise oder Sektionen. Diskussionen und Entscheidungsprozesse erfolgen auf einer Online-Plattform, die jetzt Rousseau heiβt. Jedes Mitglied unterliegt auβerdem einem ethischen Kodex und strengen Regeln.
      Die Cinque Stelle haben sich mittlerweile auch ein fünfköpfiges Direktorium, ein Zentralkomitee, gegeben, in dem die wichtigsten Exponenten sitzen – quasi die Garanten dieses Systems. An der Spitze gibt es die Figur eines charismatischen Führers, Beppe Grillo. Er ist Begründer und Sprachrohr dieses sogenannten “cyberutopistischen”, post-ideologischen Organismus, der sich weder als rechts noch als links bezeichnet.
      Ein wenig Occupy, ein wenig Piratenpartei, ein wenig spanische Indignados – es ist nicht immer klar, wofür diese Partei eigentlich konkret steht: Linkstendenzen, wie etwa die Befürwortung der Energiewende oder des bedingungslosen Grundeinkommens vermengen sich mit einer europaskeptischen Haltung und einer harten Hand in der Migrationspolitik.
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung JK: Dass sich auch in Italien massiver Widerstand gegen die neoliberale Politik organisiert, darüber wird in den deutschen “Qualitätsmedien” natürlich wieder geschwiegen. Wie über den Widerstand in Frankreich, in Spanien und den USA.

  4. Sozialausgaben in Deutschland steigen auf Rekordhoch
    Laut einem Medienbericht summierten sich die Ausgaben auf insgesamt 888,2 Milliarden Euro – ein Anstieg um 4,5 Prozent. Erstmals liegen die Kosten für Pflege über denen der Arbeitslosigkeit.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der ungeschriebene Subtext, der doch aus jeder Zeile trieft: “das können wir uns überhaupt nicht leisten”. Natürlich völliger Unsinn, weil auch das BSP und die Steuereinnahmen jedes Jahr steigen; vielleicht sollte sich der Autor mal mit Fragen wie “nominal/real”, volkswirtschaftlichem Wachstum und Produktivitätszuwachs beschäftigen. Und daß “die Kosten für die Pflege über denen der Arbeitslosigkeit” liegen, ist mit den falschen Begriffen beschrieben. Im Text heißt es korrekt, “Erstmals lagen den Angaben zufolge die Ausgaben für die Pflegeversicherung mit 28,9 Milliarden Euro über denen der Arbeitslosenversicherung mit 27,4 Milliarden Euro.” Das hat sicher mit der steigenden Anzahl Pflegebedürftiger zu tun, aber auch damit, daß die Arbeitslosenversicherung gezielt zuschanden gefahren wurde. Eine niedrige Summe für Sozialausgaben kann verschiedene Ursachen haben, aber in diesem Fall ist es ein buchstäbliches Armutszeugnis für einen angeblichen Sozialstaat.

    dazu: Sozialbudget: Jedes Jahr eine falsche Rekordmeldung
    Und wieder sendet die Tagesschau eine falsche Rekordmeldung. Das Sozialbudget 2015 beläuft sich auf über 888 Milliarden Euro. Das sei so hoch wie noch nie. Andere Medien übernehmen die Sprachregelung vom Rekordniveau, die ursprünglich die Bild-Zeitung in die Welt gesetzt hatte. Das macht das Blatt übrigens jedes Jahr. Grundlage ist ein entsprechender Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Wer da aber hinein schaut, wird schnell feststellen, dass es keinen Rekord gibt.
    Quelle: TauBlog

  5. Mehr als eine Million Lohnabhängige müssen aufstocken
    Obwohl die Erwerbslosenzahlen in Deutschland weiter zurückgehen, sind rund 1,1 Millionen abhängig Beschäftigte auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Dies teilte Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag auf Basis von Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BfA) mit. Nach dem aktuellen Arbeitsmarktbericht der Behörde ist die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland im Juni um 50.000 auf 2,614 Millionen gesunken. Das wären 97.000 weniger als vor einem Jahr und der niedrigste Wert seit der Wiedervereinigung.
    Viele Lohnabhängige würden jedoch trotz des vermeintlichen Aufschwungs in prekären Beschäftigungsverhältnissen feststecken, kritisierte die LINKE: »Eine Erhöhung des Mindestlohns um nur 34 Cent ist enttäuschend und hilft den vielen Niedriglohnbeziehern kaum aus der Armut heraus. Die Blockadehaltung der Arbeitgeber ist beschämend.« Mit dem aktuellen Stand des Mindestlohns könne zudem Altersarmut nicht verhindert werden, erklärte Zimmermann. Die Politik müsse handeln: »Dem Niedriglohnsektor muss der Kampf angesagt werden, anstatt halbherzig zu agieren.« Dazu gehöre die systematische Niedriglohnbeschäftigung in Form von Leiharbeit oder über Werkverträge zu unterbinden und Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu überführen.
    Quelle: Neues Deutschland
  6. Der gesetzliche Mindestlohn und seine rechnerische Zähmung
    Nun ist es also vollbracht. Der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 Euro brutto pro Stunde wird zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro angehoben, was einer Steigerungsrate von 4 Prozent entspricht, wenn denn die Bundesregierung dieser Empfehlung der Mindestlohnkommission folgt, was als sicher gilt. Die Laufzeit des neuen Mindestlohns wird ab dem 1.1.2017 zwei Jahre betragen, also bis zum Jahresende 2018 bleibt es dann bei 8,84 Euro pro Arbeitsstunde. Und am 30. Juni 2018 wird die Mindestlohnkommission erneut vor die Öffentlichkeit treten und eine neue Empfehlung die Anpassung der Höhe der gesetzlichen Lohnuntergrenze verkünden.
    Wie aber ist die Kommission zu diesem krummen Betrag von 8,84 Euro gekommen? Denn eigentlich hätten es nur 8,77 Euro sein dürfen, wenn man ohne Abweichung der Verfahrenslogik gefolgt wäre, die sich die Kommission selbst als ziemlich hartes Korsett gegeben hat. Wollten die Kommissionsmitglieder den Mindestlöhnern einen zusätzlichen Schlag aus dem Lohntopf genehmigen? Eine Kommission mit Spendierhosen?
    Natürlich könnte man an dieser Stelle die nicht abwegige Frage aufwerfen, warum denn nicht ein deutlich höherer Betrag herausgekommen ist, also beispielsweise ein Stundenlohn mit einer 9, möglicherweise sogar eine 10 vor dem Komma? Diese Frage ist auch deshalb nicht willkürlich, weil in einigen Ländern um uns herum solche Zahlen vor dem Komma stehen. Und ist Deutschland nicht die größte und derzeit auch erfolgreichste Volkswirtschaft in Europa? Wäre da nicht auch mehr drin gewesen?
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

    dazu: Die mickrige Anhebung des Mindestlohns hat Methode
    Die Mindestlohnkommission hat getagt und einen Beschluss gefasst. Der gesetzliche Mindestlohn wird ab 2017 auf 8,84 Euro angehoben. Das ist viel zu wenig. Grund dafür ist eine vermutlich beabsichtigte Fehlkonstruktion der Kommissionsregularien, die einer sozialpolitisch wie gesamtwirtschaftlich vernünftigen Anhebung im Wege stehen. (Selbst Mindestlohnkritiker aus der Ökonomik räumen ein, dass sie Teil einer Propagandaanstrengung sind. N.H.)
    Quelle: Norbert Häring

    dazu auch: Wozu brauchen wir eigentlich die Mindestlohnkommission?
    Der Mindestlohn in Deutschland wird ab dem kommenden Jahr auf 8,84 Euro angehoben. Allerdings wirft der Kompromiss Fragen nach dem Sinn und Zweck der Mindestlohnkommission auf. […]
    Unter strenger Anwendung des eigenen Regelwerks hätte die Mindestlohnkommission die Lohnuntergrenze also um 3,2% auf 8,77 Euro erhöhen müssen. Unter Berücksichtigung der bereits abgeschlossenen Tarifverträge wäre eine Erhöhung um 4,4% auf 8,87 Euro fällig gewesen – da die Mindestlohn-Anhebung erst zum 1. Januar 2017 erfolgt, wäre das auch sehr gut begründbar. Und was macht in diesem Fall eine Kommission, die paritätisch mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzt ist und die jeder Seite über die erwähnte Zwei-Drittel-Mehrheits-Klausel de facto ein Vetorecht einräumt? Man trifft sich in der Mitte. Eben bei den 8,84 Euro, die einen Anstieg von 4% widerspiegeln – das ist genau der Betrag, der sich bei Berücksichtigung des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes ergibt.
    Man kann dieses Ergebnis sicherlich – je nach Standpunkt – als mehr oder weniger vernünftigen Kompromiss zweier Interessensgruppen bezeichnen. Allerdings stellt in sich in jedem Fall die Frage nach dem Sinn und Zweck der Mindestlohnkommission. Denn wenn man den gesetzlichen Auftrag so kleinteilig auslegt, dann könnte man diese Kommission auch durch eine Excel-Tabelle ersetzen. Die enthält den von den amtlichen Bundesstatistikern gelieferten Tarifindex. Man müsste einfach die Werte eingeben und gut ist. Die Reisekosten und die Geschäftsstelle der Kommission ließen sich einsparen.
    Quelle: Stefan Sell auf Makronom

  7. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
    Je mehr sich die wichtigen nationalen und regionalen Zentralbanken von der überkommenden herrschenden Lehre lösen, umso mehr verwandelt sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, manchmal auch Bank der Zentralbanken genannt) in Basel zu einer Bank für internationale Konfusion, die wie manisch auf die Schulden der Welt schaut und auch ansonsten abstruse wirtschaftspolitische Ratschläge gibt.
    Nun hat sie schon wieder zugeschlagen. In ihrem jüngsten Jahresbericht, präsentiert sie das unten stehende Schaubild (rechts), das zeigen soll, wie die „Schulden“ der Welt zunehmen.
    Schlimm ist an diesem Bild wie an dem dazugehörigen Text, dass nirgendwo steht, was die Bank mit „Schulden“ eigentlich meint. Für die Überschrift „Globale Verschuldung“ ohne Definition dessen, was damit gemeint ist, gehört der Chef-Volkswirt der BIZ schon entlassen. Wenn man dann noch sieht, dass Ende 2015 die Schulden der entwickelten Länder größer sind waren als die Schulden der ganzen Welt, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass hier wiederum irgendwelche Bruttoschulden zusammengezählt werden, die keinerlei sinnvolle Aussage zulassen.
    Quelle: Makroskop
  8. Gabriels Bremsmanöver
    Verschleppen und Verzögern zugunsten der Kohlelobby? SPD-geführtes Wirtschaftsministerium entkernt deutschen Klimaschutzplan
    Viel Kritik hat es Mitte der Woche am Entwurf des Klimaschutzplans 2050 gegeben. Denn der war vom Bundeswirtschaftsministerium zusammengestrichen worden. »Knapp sieben Monate nach dem erfolgreichen Klimagipfel von Paris kapituliert die Bundesregierung bei der Umsetzung der Ergebnisse vor den Interessen der fossilen Industrie und verpasst die Chance, mit klaren Ansagen der Wirtschaft den nötigen Modernisierungsschub zu geben«, kritisierte Christoph Bals von der entwicklungspolitischen Organisation Germanwatch. Eva Bulling-Schröter, Klima- und Energiepolitikerin der Fraktion Die Linke im Bundestag, nannte das einen herben Tiefschlag. Mit dem vorliegenden Entwurf breche Deutschland schon wenige Monate nach der Pariser Konferenz die dort gemachten Versprechen.
    Damit bezog sich die Abgeordnete auf das im Dezember 2015 in der französischen Hauptstadt abgeschlossene neue internationale Klimaschutzabkommen. Darin verpflichten sich die Staaten, die globale Erwärmung auf zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und in einigen Jahren zu prüfen, ob diese Schwelle auf 1,5 Grad Celsius abgesenkt werden muss.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Bei diesem Beispiel – aber auch bei anderen wie dem Umgang mit den “Freihandelsabkommen” CETA und TTIP – kann der Gedanke aufkommen, Herr Gabriel könnte den Sinn seines Ministeriums missverstanden haben. Das Ministerium soll nicht lediglich dem Wohle von Unternehmen und für gute Kontakte des Ministers zu Unternehmern oder deren Lobbyverbänden dienen. Könnte es sein, dass Herr Gabriel bereits an seiner Karriere nach der Politik bastelt – vergleichbar seinem Förderer Gerhard Schröder?

  9. Freihandel
    1. Bündnis ruft zu sieben Großdemonstrationen gegen CETA und TTIP auf
      Protest soll Ratifizierung von EU-Kanada-Abkommen im Herbst verhindern: Bundesweit werden am 17. September weit mehr als 100.000 Teilnehmer_innen erwartet
      Die Auseinandersetzung um die Freihandelsabkommen CETA und TTIP geht nach den Sommerferien in die heiße Phase. Im Oktober soll CETA, das bereits fertig verhandelte Abkommen mit Kanada unterzeichnet werden, bis Ende des Jahres sollen die wesentlichen Eckpunkte für das TTIP-Abkommen mit den USA stehen.
      CETA ist das Abkommen, das zuerst dem Rat der EU vorgelegt wird und in wesentlichen Teilen eine Blaupause für TTIP darstellt. Nach dem Willen der EU-Kommission soll es als reines EU-Abkommen ohne Zustimmung der Parlamente der Mitgliedstaaten beschlossen werden. In die gleiche undemokratische Richtung geht die Absicht, CETA in wesentlichen Teilen bereits vor einer Zustimmung von Bundestag, Bundesrat und den Parlamenten der anderen EU-Mitgliedstaaten vorläufig in Kraft zu setzen.
      Quelle: attac

      Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben sich kritisch mit den sog. Freihandelsabkommen befasst. Dazu einige Beispiele:

      1. Europa tappt in die TTIP-Falle
      2. Die Anstalt zu TTIP – ein ausgezeichneter Anstoß für Ihre Diskussion im privaten Kreis
      3. Anmerkungen zum TTIP-CETA-Antrag des Parteivorstands an den Parteitag der SPD
      4. Auch Gewerkschafter leben offensichtlich in der Glaubensgemeinschaft der TiSA-, CETA- und TTIP-Befürworter
    2. Streit ums CETA-Abkommen: Wer darf abstimmen?
      Wenn’s nach EU-Kommissionspräsident Juncker geht, soll über “die kleine Schwester von TTIP” nur im Europaparlament abgestimmt werden. Doch wie sieht das die Bundesregierung? Wir erinnern uns an den 13. Juni, als unmissverständlich klargestellt wurde: “Ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat wird es kein Ja aus Deutschland zu CETA geben.” CETA sei ein “gemischtes Abkommen” und darüber müsse auch national entschieden werden. Junckers aktueller Vorstoß hätte keine Aussicht auf Erfolg.
      Dann sind wir mal gespannt…
      Ausschnitt aus der BPK vom 13. Juni 2016
      Quelle: Jung und naiv via YouTube
    3. Brüsseler Freihandelspläne sind eine Ohrfeige für die Bürger
      Es ist kaum zu fassen: Erst in der vergangenen Woche hat die Mehrheit der britischen Wählerinnen und Wähler mit dem Brexit-Referendum dokumentiert, dass immer mehr EU-Bürgerinnen und Bürger die EU nicht mehr als Hoffnungsprojekt, sondern als Ansammlung arroganter und abgehobener Brüsseler Bürokraten begreifen, die sie ablehnen. Alle sind nun schockiert, die EU-Regierungschefs kommen zu Beratungen zusammen. Man hört erste einsichtige Töne von Regierungs- und Parteichefs, aber auch von EU-Spitzen, dass die EU vereint agieren und zugleich bürgernäher und demokratischer werden müsse. Beides trifft zu und findet große Unterstützung gerade bei den Europa-Anhängern. Die hoffen auf Änderungen, auf weniger Heimlichkeit und mehr Offenheit – zum Beispiel bei den Plänen Brüssels für die modernen Freihandelsabkommen Ceta und TTIP.
      Und dann, am Dienstag, haut der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit einem Paukenschlag dazwischen. Er verkündet, dass Ceta, also das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, ein “reines” EU-Abkommen sei. Es müsse also nur von den EU-Institutionen, nicht aber von den Mitgliedstaaten und deren Parlamenten akzeptiert werden. Die hätten damit nichts zu tun. Das habe er gerade den Regierungschefs vorgetragen, die ja zum Brexit-Sondergipfel in Brüssel versammelt waren und von denen habe keiner widersprochen. Man reibt sich die Augen!
      Quelle: Herta Däubler-Gmelin (SPD) in der Süddeutschen
    4. “Gründe für einen Rücktritt Junckers gibt es viele”
      Das Vorgehen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im Streit um das CETA-Handelsabkommen stößt auch bei der Partei Die Linke auf scharfe Kritik. Es sei verheerend, so kurz nach dem Votum der Briten für den Brexit die nationalen Parlamente bei der Zustimmung zu CETA auszuschalten, sagte der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko im Deutschlandfunk.
      Quelle: Deutschlandfunk
  10. Privatzensur im Auftrag der EU-Kommission
    Die EU-Kommission hat einen Verhaltenskodex veröffentlicht, der vorsieht, dass “anstößige” oder “widerwärtige” Äußerungen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden sollen. Dass das nicht durch ordentliche Gerichte geschehen soll, weist ebenso wie die sehr unscharfen Formulierungen darauf hin, dass die Kommission dabei nicht nur strafrechtlich relevante Inhalte im Auge hat (auch wenn an anderer Stelle von “illegalem Betragen” die Rede ist).
    Quelle: Telepolis
  11. Versammlungsrecht ungeschützt
    Ein Teilnehmer an den Demonstrationen von Blockupy gegen die Eröffnung der EZB in Frankfurt am 18. März 2015 wurde im Juni 2016 vom Amtsgericht Frankfurt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Dieser Prozess sollte alle noch einmal auf die „zivilen Tatbeobachter“ aufmerksam werden lassen. Ausgesagt haben vor allem mit Perücken verkleidete Polizeibeamte, die als Teil des Protestes an den Eskalationen am frühen Morgen beteiligt waren. Juristisch ist die Rolle dieser Polizeibeamten, die Teil von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten sind, sich aber als Tatbeobachter der Gruppe der Demonstrierenden gemäß kleiden und verhalten, völlig ungeklärt. Statt dass Staatsanwaltschaften und Gerichte dieses polizeiliche Vorgehen unter die Lupe nehmen, verlassen sie sich im Zweifelsfall auf die Aussagen der doppelt vermummten Polizisten. Es ist davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten auch selbst Straftaten begehen, im Zweifelsfall die Beweissicherung unterlassen und andere nicht von Straftaten abhalten. Zu ihren Aufgaben gehört die Missachtung des Legalitätsprinzips, sie schreiten bei Straftaten nicht ein, ermitteln nicht und geben ihre Informationen noch nicht einmal an die Ermittlungsbehörden weiter. Die Rechtsanwältin Britta Eder berichtete schon im April 2014 in der anti atom aktuell (link is external) detailliert über die „Zivilen“ Tatbeobachter und die fehlende öffentliche Diskussion über deren Rolle.
    Quelle: Grundrechtekomitee
  12. Milliardengeschäft der Sicherheitsindustrie
    Mit der Terrorabwehr und dem Sicherheitsbedürfnis verdient die Sicherheitsindustrie Milliarden. Eine Studie hat jetzt eine Übersicht der Kosten und Umsätze zusammengestellt.
    Sicherheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen – und ein Milliardengeschäft für die Anbieter von Waffensystemen, für Objekt- Personen- und Datenschützer. Terroranschläge erschüttern die Welt, in Syrien und der Ukraine herrscht Bürgerkrieg, im südchinesischen Meer braut sich Unheil zusammen, Hacker starten Angriffe auf Unternehmen, die Zahl der Einbrüche und Diebstähle steigt. All das verursacht neben dem menschlichen Leid enorme wirtschaftliche Schäden – und Umsätze für die Sicherheitsindustrie. Die Berenberg Bank und das Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI haben in einer neuen Studie Schäden, Kosten und Umsätze addiert.
    Quelle: FR Online

    Anmerkung Christian Reimann: Aber nicht lediglich dieser Industriekomplex profitiert von erhöhten Sicherheitsbedürfnis. Auf Repression setzende Politiker – z.B. hiesige Bundesinnenminister aller politischen Farben – dürften sich zumindest klammheimlich über dieses “Spiel mit den Ängsten” freuen. Schließlich können Sie in solchen Zeiten u.a. Gesetze verschärfen, die unausgesprochen auch der Kontrolle von Bevölkerungen dienen könnten.

  13. Bildungsarbeit unmöglich
    Der Wohnort eines Kindes entscheidet weiterhin maßgeblich darüber, wie gut oder schlecht es in seiner Kita betreut wird. Nach den Befunden des am Mittwoch durch die Bertelsmann-Stiftung vorgelegten »Ländermonitors Frühkindliche Bildungssysteme« hat sich der Betreuungsschlüssel in Deutschlands Kindergärten im Bundesmittel zwar leicht verbessert. Im Vergleich der Bundesländer zeigen sich allerdings gewaltige Diskrepanzen. Vor allem im Osten der Republik bleibt die quantitative Ausstattung weit hinter den Erfordernissen zurück. Insgesamt bedarf es laut Studie 107.000 zusätzlicher Fachkräfte, um den pädagogischen Ansprüchen gerecht zu werden.
    Die günstigsten personellen Bedingungen bestehen der Untersuchung zufolge in Baden-Württemberg. Dort kamen im Jahr 2015 auf eine Erzieherin statistisch 7,3 drei- bis sechsjährige Kinder, bei den unter Dreijährigen lag der Personalschlüssel bei eins zu drei. Damit genügt das Land als einziges den Empfehlungen der Autoren, wonach eine Beschäftigte höchstens drei Krippen- bzw. durchschnittlich 7,5 Kindergartenkinder betreuen sollte. Knapp über den Vorgaben im Hinblick auf die Kleinsten bewegen sich Bremen mit eins zu 3,3, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit jeweils eins zu 3,6 sowie Schleswig-Holstein mit eins zu 3,7. Durchgängig größer sind die Abweichungen vom »Ideal« bei den über Dreijährigen. In den Westländern beträgt das Mittel eins zu 8,6, in Ostdeutschland eins zu 12,3.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Kann es sein, dass die Bertelsmann Stiftung mal wieder einen Umstand beklagt, zu dem sie zuvor mit ihrer neoliberalen, ökonomischen Politik selbst mit beigetragen hat? Bitte lesen Sie dazu erneut „Herrschaft durch Meinungsmache? – Einfluss und Interesse des Bertelsmann-Konzerns an der Ökonomisierung des Bildungssystems.“. Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Jahr 2011: Erhebliches Ost-West-Gefälle bei Ganztagsangeboten in Kitas für über Dreijährige.

  14. AfD: Zurück ins 19. Jahrhundert – auch in der Bildungspolitik
    In vielen medialen Kontexten wird, wenn es um die AfD geht, allzu häufig und ausschließlich vom Rassismus gesprochen. Allerdings bringt es wenig, die AfD lediglich als rassistische Partei abzustempeln und in Debatten entsprechende Programmpunkte zu diskutieren. Um zu verdeutlichen, dass die Partei keine Alternative für die Mehrheit der Bevölkerung ist, sondern lediglich eine kleine Elite vertritt, muss in der Debatte herausgestellt werden, dass die AfD extrem-kapitalistisch, gewerkschaftsfeindlich, anti-sozialstaatlich, rückschrittlich-familienorientiert, damit einhergehend frauenfeindlich und in Teilen fundamental christlich-religiös ist. Und reaktionär ist auch ihre Bildungspolitik, die einer partizipativen und demokratischen Schule entgegensteht und zu einer defizitären Demokratie beiträgt.
    Quelle: annotazioni.de

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