Nachlese: Ein Besuch im 9/11-Memorial in New York von Peter Becker

Peter Becker
Ein Artikel von Peter Becker

Zur Erinnerung an den 11.9.2001 ist viel geschrieben worden. Zusätzlich zu dem Artikel 15 Jahre 9/11: Die „vergessenen“ Fakten bringen die NachDenkSeiten heute noch einen Bericht des Co-Präsidenten der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) von einem Besuch im 9/11-Memorial. Das Geschehen aus einer anderen Perspektive. Albrecht Müller.

Der Besuch im 9/11-Memorial gehört zu den „musts“ in New York, beworben in allen Visitor Guides. „Admission free“ gilt freilich nur für die beiden Wasserinstallationen im Boden, rechteckige Wände, über die Wasser hereinstürzt und in ein weiteres quadratisches Loch in der Mitte fließt. Diese Wasserinstallationen stehen an den Plätzen der früheren Twin Towers. Der Besuch im 9/11-Museum ist kostenpflichtig, 18 Dollar für mich als Senior. Lange Schlangen, das Museum bewacht von einem beleibten Officer des NYPD, des New York Police Department. Er wünscht keine Fotos. Innen drin findet eine Sicherheitskontrolle statt, wie am Airport; „terrorist attacks are aware“.

Die Hauptausstellung ist im Keller. An mehreren Stellen findet man aufragende Stahlpfeiler, Reste von den Stahlskeletten der beiden Towers. Das zweite Flugzeug, das sich kurz nach neun Uhr in den WTC 1-Turm bohrte, den South Tower, brachte den Turm zunächst eine knappe Stunde zum Brennen. Dann stürzte der Turm innerhalb von zehn Sekunden zusammen. Das wird alles berichtet.

Auch Flight 77, der um 9.37 Uhr in das Pentagon stürzte, ist nicht ausgespart. Er traf den äußersten Ring, E, in den ersten beiden Stockwerken des Pentagon. Reste der Außenhülle des Flugzeugs liegen auf dem Rasen. Und man steht vor einem Foto: „Secretary of Defense Donald Rumsfeld aids rescue“.

Mein Interesse konzentriert sich auf WTC 7, den dritten Turm, der einstürzte. Warum? WTC 7 wurde gar nicht von einem Flugzeug getroffen. Möglicherweise sollte der Turm das Opfer von Flug 93 werden, der bei Shanksville/Pennsylvania abstürzte. Die Passagiere hatten die Hijacker in einen Kampf verwickelt, der möglicherweise zu dem Absturz führte.

Auch WTC 7 stürzte nach mehreren Bränden, die über sieben Stunden dauerten, innerhalb von 9,2 Sekunden zusammen. Es gibt zwei Auffälligkeiten:

Im Museum findet sich für 9.30 Uhr folgender Eintrag: „Mayor’s office of emergency management evacuated. Report by R. S. Secret Service agent of a possibility of additional hijacked planes trumps to evacuate its headquarters at 7 World Trade Center.

Und noch auffälliger: Der Zusammensturz von WTC 7 soll die Folge überspringender Feuer von WTC 1 oder 2 sein. Nur: WTC 7 wird von WTC 1 durch WTC 6 abgeschirmt, einem länglichen Bau, zumindest 100 Meter von WTC 1 entfernt. WTC 2, der Südturm, ist doppelt so weit entfernt von WTC 7 wie WTC 1.

Offizielle Erklärung für den Einsturz von WTC 7: Ursache für den Einsturz seien die Feuer gewesen. Nur ist weltweit noch niemals ein Hochhaus aufgrund von Feuer in sich zusammengestürzt. Am 9. Februar 2009 war der fast fertiggestellte Neubau des Hotels Mandarin Oriental in Peking in Brand geraten. Zur Feier wurden besonders starke Böller und Raketen gezündet. Dadurch brach ein Feuer aus. Der gesamte 160 Meter hohe Bau brannte vom Erdgeschoss bis zum Dach lichterloh. Erst am nächsten Morgen konnte das Feuer gelöscht werden. Gleichwohl stürzte das Gebäude nicht zusammen.

Überliefert ist aber, dass der Eigner von WTC 7, Larry Silverstein, gefragt worden sei, wie man mit dem Gebäude umgehen sollte. Er habe geantwortet: „Maybe the smartest thing to do is pull it,” reißt es ab. Allerdings: Die ‘architects and engineers for 9/11 truth’ bezweifeln das. WTC 7 sei mit seiner Höhe von 170 Metern in wenigen Sekunden mit nahezu der Geschwindigkeit des freien Falls zusammengestürzt. Das sei mit den Gesetzen der Bauphysik und der Statik völlig unvereinbar. Das National Institute of Standards and Technology (NIST) kam allerdings in seinem Untersuchungsbericht von 2008, sieben Jahre später, zu dem Ergebnis, Hauptursache für den Zusammensturz sei das Feuer, das einen „progressive collapse“ ausgelöst habe. Bürger, die auf der Basis des Freedom of Information Act (FoIA) die Ergebnisse der behördlichen Untersuchung herausgeklagt hatten, richteten daraufhin zahlreiche Anfragen an das NIST. Doch mit Beschluss vom 9. Juli 2009 verweigerte dessen neuer Direktor die Herausgabe aller Daten, die Herausgabe könne die öffentliche Sicherheit gefährden („might jeopardize public safety“).

Im Museum wird nicht mitgeteilt, dass auch WTC 7 zusammenstürzte. Auch fehlt ein Raum, in dem man sich mit der Kritik an der offiziellen Version des Ablaufs der Attentate auseinandersetzen kann, vorgetragen etwa von Matthias Bröckers/Christian C. Walther (in ihrem Buch 11.9. Zehn Jahre danach. Der Einsturz eines Lügengebäudes, 2011).

Ein Raum ist dem Aufstieg von Bin Laden und Al Kaida gewidmet: In fünf Kapiteln wird unter kurzen Überschriften der Aufstieg von Al Kaida erklärt: „Militant islamists, 1970-1980s, Al Qaeda’s strategy was 1990s war against the United States 1998-2000 [mit den Angriffen auf US-Botschaften in Kenia etc.], the 9/11-plot 2000-2001.“ Motiv des 9/11-Angriffs sollte sein, dass es eines Angriffs auf ökonomische und politische Zentren der amerikanischen Macht bedürfe, um sie zum Rückzug aus den arabischen Staaten zu bewegen. Es wird gezeigt, wie sich von April bis August 2001 Hijacker in den USA einfinden, wo sie Flugausbildungen erhalten. M. Atta verschickt am 22. März 2000 eine E-Mail, in der es heißt, dass er zu einer kleinen Gruppe von zwei bis drei jungen Männern aus verschiedenen arabischen Staaten gehöre, die sich zurzeit in Deutschland für Studienzwecke aufhielten. Sie planten, Flugunterricht in den USA zu nehmen. Sie wünschten Unterstützung vom Empfänger. Es wird beschrieben, wie Atta und andere ihre Pläne umsetzten.

Auf einer weiteren Tafel „First half of 2001“ heißt es, dass das Weiße Haus Al Kaida beobachte. Es ginge um die Vernichtung von Al Kaida. Im Juni hätten sich die Berichte über terroristische Bedrohungen „dramatisch verschärft“, und amerikanische Geheimdienste hätten Informationen über mögliche Al Kaida-Attacken erhalten. In einem vorherigen Raum war beispielsweise das erste Attentat auf das World Trade Center 1993 beschrieben worden. Als Ergebnis hätten CIA und FBI ihre Ausspähbemühungen verstärkt. Das US Central Command habe auch auswärtig stationiertes Militär auf höchste Alarmstufe versetzt. Man findet ein Schreiben des FBI „routine“ vom 10.09.2001, wo es heißt, dass vor einem „coordinated effort by Osama bin Laden [ObL] to send students to the United States to attend civil aviation universities and colleges. Phoenix has observed an inordinant number of individuals of investigative interest who are attending or who have attended civil aviation universities and colleges in the State of Arizona. Inordinant number of these individuals attending these type of schools and … was issued by Al Qaida.” In einer weiteren Nachricht der CIA vom 6. August 2001 heißt es, dass der Präsident von bin Ladens Absichten informiert werde, „to strike … the United States“. Angeblich hätten aber CIA und FBI wegen restriktiven Bundesrechts keine Möglichkeit zum Austausch ihrer Informationen gehabt. Nur zwei der 19 Hijacker, Chaled al-Mihdhar und Nawaf al-Hamzi seien der CIA als Al Kaida-Angehörige bekannt gewesen. Daher wurden sie im August 2001 auf eine Überwachungsliste als „suspected terrorists“ gesetzt. Am 9. September hätten Al Kaidas Selbstmord-Terroristen den Nordallianz-Führer Ahmed Shaa Massoud ermordet. Das Ziel dieses Attentats sei gewesen, die Nordallianz unfähig zu machen, eine amerikanische militärische Antwort in Afghanistan zu geben.

Auffällig: Es fehlt völlig eine Auseinandersetzung mit den „Verschwörungstheorien“. Die Ausstellung konzentriert sich auf die Abläufe, auf das Erstarken von Al Kaida (ohne Bezug auf die amerikanischen Kriegsführungen), dann auf den Ablauf von 9/11 und vor allem den heroischen Kampf der Feuerwehrleute.

Eine Tafel befasst sich mit den Aufräumarbeiten, die sich über neun Monate hinzogen, bei zwölfstündiger täglicher Arbeit. Insgesamt hätten vier Firmen 1,8 Mio. Tonnen Bauschutt beseitigt. Man sei Monate früher fertig gewesen als vorhergesagt.

Das Memorial Center ist am 11. September 2011, zehn Jahre nach dem Attentat, eröffnet worden; das Museum drei Jahre später. Ich spreche mit einem Mitarbeiter des Museums und konfrontiere ihn mit meinen Zweifeln am Zusammensturz von WTC 7. Er stimmt mir zu. Es stellt sich heraus, dass er sich zum Zeitpunkt des Attentats im 48. Stockwerk von WTC 1 befand. Er kennt sich also genau aus. Er rettete sich über die Treppen. Er empfiehlt mir, meine Überlegungen den Media-Verantwortlichen vorzutragen. Sein Name ist Michael Frazier. Der Name meines Gesprächspartners ist George Mironis. Auf seiner Karte steht „Survivor“.

Es gibt einen Raum „Reflecting 9/11“. Dort sprechen verschiedene Persönlichkeiten, darunter der ehemalige Gouverneur der Region New York, Pataki, oder Colin Powell, über die Veränderungen seit 9/11. Colin Powell bedauert die Atmosphäre der Ängstlichkeit, die zu den übersteigerten Sicherheitskontrollen geführt habe. Er wünsche sich, dass die USA weiter ein offenes Land seien.

Es gibt noch zahlreiche andere Zweifel an der offiziellen Darstellung des 9/11-Commission-Berichts, die Bröckers/Walther zusammentragen und die von Franziska Augstein in ihrer Besprechung des Buchs (SZ v. 25.07.2011) wie folgt überschrieben werden: „Turmhohe Zweifel an der offiziellen Version“. Aber: Man will das Ergebnis einfach nicht an sich herankommen lassen. Ein prominenter Rechtsphilosoph sagte mir: „Wenn das stimmt, bricht bei mir alles zusammen.“ Wenn man sich allerdings mit den Einstellungen und der Regierungstätigkeit des Vizepräsidenten Dick Cheney (von 2001 bis 2009 unter Präsident George W. Bush und von 1989 bis 1993 Verteidigungsminister unter dessen Vater George Bush) und Donald Rumsfeld (1975 bis 1977 unter Gerald Ford und von 2001 bis 2006 unter George W. Bush) näher auseinandersetzt, etwa auf Basis des Buchs von Jeremy Scahill, Schmutzige Kriege (2013), dann wundert einen nichts mehr. Aber wen interessiert das noch?

Peter Becker, Co-Präsident der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms