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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Täuschende Wirtschaftsweise 2016 (1): Mindestlohn – Mehr auf Arbeitgeberlinie als die Arbeitgeber selbst
  2. Privatisierung von Autobahnen: Gabriels Wahrheit
  3. Die Linke und der Euro – oder wie man dem Nationalismus in die Hände spielt
  4. Bilanz der Regierung: 14,5 Millionen Menschen lebten schon mal von Hartz IV
  5. Tarifbindung stärken – ein Gebot der Gerechtigkeit!
  6. Ex-EU-Kommissare verdienen doppelt
  7. Kurswechsel bei den Grünen: Kuschelparty für die Mitte
  8. Danke Merkel!
  9. Abschiebungen nach Afghanistan? Die EU machts möglich
  10. Schwarzbuch räumt mit Mythen auf
  11. Die USA bestätigen, dass sie abgereichertes Uran in Syrien verschossen haben
  12. Bill Clinton und der begnadigte Großspender
  13. Weltpolizistin Hillary

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Täuschende Wirtschaftsweise 2016 (1): Mindestlohn – Mehr auf Arbeitgeberlinie als die Arbeitgeber selbst
    Mit der Prognose massiver Beschäftigungsverluste bei Einführung des Mindestlohns lag der Wirtschaftssachverständigenrat 2014 krass daneben. Das hält ihn nicht davon ab, im aktuellen Jahresgutachten vielfach zu wiederholen, der Mindestlohn sei schädlich. Belege bleibt er schuldig. Belege für die Unschädlichkeit des Mindestlohns werden verschwiegen. Manche Aussagen basieren auf unseriösen Quellen und widersprechen seriösen Quellen. Andere werden frei erfunden. Selbst das arbeitgeberfinanzierte Institut der deutschen Wirtschaft ist da ausgewogener.
    Das Jahresgutachten 2014 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, oft die Fünf Weisen genannt, manchmal als Die Weisen aus dem Morgenland verspottet, hatte ich intensiv gelesen. Mir waren massenhaft Falschbehauptungen, unseriöse Auslassungen und täuschende Literaturhinweise aufgefallen. Diese für ein Wissenschaftlergremium erstaunlichen Befunde habe ich in der Artikelreihe „Wie die Wirtschaftsweisen tricksen und täuschen“ umgesetzt. Sie fanden auch Eingang in die Fachzeitschrift „Wirtschaftsdienst“, wo der Ethikbeauftragte des Ökonomenverbands „Verein für Socialpolitik“ meinen Vorwurf der Täuschung stützt. Das hinderte den „Verein für Socialpolitik“ allerdings nicht daran, dem Ratsvorsitzenden Christoph Schmidt 2016 einen Preis unter anderem dafür zu verleihen, dass er seine täuschenden Thesen zum Mindestlohn und zur Ungleichheit so engagiert und verständlich unters Volk gebracht hat.
    Quelle: Norbert Häring

    dazu: Mindestlohn: Zweifel an der Qualität der Prognosen seiner Kritiker waren wohl berechtigt
    Dass die Prognosen der Mindestlohnkritikerinnen und –kritiker („Arbeitslosigkeit! Konjunkturabschwung!“) keineswegs zutrafen, ist mittlerweile ein alter Hut. Aktuelle Zahlen der OECD werfen einmal mehr die Frage nach der Qualität damaliger Berechnungen auf. Um die Höhe eines Mindestlohns im internationalen Vergleich beurteilen zu können, ist es üblich, den so genannten „Kaitz-Index“ zu ermitteln: Er gibt die Höhe des Mindestlohns in Prozent des Durchschnittseinkommens bzw. des mittleren Einkommens in einem Land wieder. Die OECD legt regelmäßig entsprechende Zahlen vor.
    Wer an die arbeitsmarktpolitische Schädlichkeit des Mindestlohns glaubte, versuchte vor dessen Einführung in Deutschland nachzuweisen, dass ein Stundenlohn von 8,50 Euro im internationalen Vergleich hoch wäre. Im Jahr 2013 kam es daher zu einigen Auseinandersetzungen um die Frage, wie der diesbezügliche Kaitz-Index zu berechnen sei und welche Höhe dieser habe. Selbst im Wirtschafts-Sachverständigenrat der Bundesregierung bzw. in dessen Jahresgutachten 2013/2014 hatte sich dieser Streit niedergeschlagen. Ich selbst veröffentlichte am 14. November 2013 einen Artikel auf den Nachdenkseiten, in dem ich starke Zweifel an einer Ausarbeitung dreier Mindestlohn-Kritiker äußerte.
    Quelle: annotazioni.de

  2. Privatisierung von Autobahnen: Gabriels Wahrheit
    Am Donnerstag treffen sich nach Informationen der taz Vertreter der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) zu einem brisanten Thema. Es geht um die Finanzbeziehungen und um die Übertragung der Zuständigkeit für die Autobahnen auf den Bund. Doch daran regt sich erneut harsche Kritik: In einem Gutachten im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei, das der taz vorliegt, heißt es, dass eine Privatisierung der Autobahnen wegen uneindeutiger Formulierungen im Beschluss nicht ausgeschlossen sei.
    Die Länder hatten schon zuvor Bedenken vorgetragen, dass es zu Autobahn-Privatisierungen kommen könne. Doch SPD-Chef Sigmar Gabriel besänftigte damals seine Genossen per Post: „Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Autobahnen und Bundesstraßen ausgeschlossen wird.“ Dabei hatte er eine Kommission eingesetzt, die für eine Privatisierung die Vorarbeiten leistete.
    In der Bund-Länder-Einigung hieß es zur „Übernahme in die Bundesverwaltung“: Es werde eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ gegründet. In dieser werde das „unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben“.
    Also alles gut? Thüringen dürfte daran mittlerweile Zweifel hegen. Das ergibt sich aus dem Gutachten. Erstellt hat es im Auftrag der Staatskanzlei der Frankfurter Rechtsprofessor Georg Hermes. Er hatte Sigmar Gabriel angesichts der drohenden Privatisierung öffentlich Wählerbetrug vorgeworfen.
    In seinem Gutachten analysiert er nun den Bund-Länder-Beschluss und kritisiert die Schwammigkeit, die eine Privatisierung keineswegs ausschließe. „So macht etwa ‚bundeseigene Verwaltung‘ eine Verwaltung durch Behörden erforderlich, während ‚Bundesverwaltung‘ auch in privatrechtlichen Organisationsformen realisiert werden darf“. Weiter: „Die Formulierung, dass die Infrastrukturgesellschaft ‚unter staatlicher Regelung‘ stehen soll, hat wenig Gehalt. Im Rechtsstaat unterliegen alle natürlichen und juristischen Personen der staatlichen Regelung.“
    Quelle: taz

    dazu: Einschätzung zum Stand der Autobahnprivatisierung
    Am 14. Oktober haben sich die Regierungschefs von Bund und Ländern auf einen Kompromiss zum Bund-Länder-Finanzausgleich geeinigt. Bestandteil der Vereinbarung ist, dass die Länder dem Bund gestatten, für die künftige Verwaltung der Autobahnen eine privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft Verkehr einzusetzen und dafür das Grundgesetz zu ändern. Details wurden nicht festgelegt. Der Privatisierungscharakter wird heruntergespielt. Vorausgegangen war die Zurückhaltung von nahezu allen wesentlichen Informationen zum Vorhaben. Nachfolgend die Aufforderung zu einer breiten öffentlichen Diskussion über das Vorhaben und seine Folgen. […]
    Der Beschluss vom 14. Oktober hat gerade einmal 86 Wörter, auf jedem Joghurtbecher steht mehr. Nichtsdestotrotz geht es um ein gewaltiges Vorhaben: Der Anlagenwert der Autobahnen beträgt allein ca. 180 Mrd. Euro. Dazu kommen die Bundesstraßen mit geschätzten weiteren 250 Mrd. Euro. Die Ausgaben des Bundes für die Bundesfernstraßen lagen 2013 bei 7,6 Mrd. Euro jährlich. Notwendig für die Substanzerhaltung und den Abbau des aufgelaufenen Investitionsstaus wären wenigstens fünfzehn Jahre lang 14 Mrd. Euro, in diesem Zeitraum also über 200 Mrd. Euro. Diese gewaltigen Summen, die zugehörigen Arbeitsplätze, Pensionsverpflichtungen, Anlagen und Vermögenswerte sollen nun in eine privatrechtliche Gesellschaft verschoben werden. Es wäre eine gewaltige Privatisierung. Dabei wird teilweise noch immer geleugnet, dass es sich um eine Form von Privatisierung handeln würde. So schrieb Sigmar Gabriel am Abend der Einigung an die SPD-Mitglieder: „Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Autobahnen und Bundesstraßen ausgeschlossen wird.“ Die Aussage legt nahe, dass damit jegliche Privatisierung verhindert wird. Tatsächlich ermöglicht das Projekt auf vier Stufen unterschiedliche Privatisierungsformen:
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand

    dazu auch: Offener Brief zur Autobahnprivatisierung: Keine Vorentscheidungen außerhalb der Parlamente
    Quelle: Gemeingut in BürgerInnenhand

  3. Die Linke und der Euro – oder wie man dem Nationalismus in die Hände spielt
    Die Linke zerfleischt sich über die Lösung der Eurokrise und vergisst, wen es zu bekämpfen gilt. Wer sich, wie Bernd Riexinger, selbst Denkverbote auferlegt, kann aber keine Lösungen finden. Nur wer Ross und Reiter klar benennt, ist solidarisch. Wenn Bernd Riexinger, der Ko-Vorsitzende der Partei „Die Linke“, sich die linken Eurokritiker zur Brust nimmt, bleibt kein Auge trocken. Im Neuen Deutschland hat er sich viel Platz reservieren lassen, um denen, die ernsthaft überlegen, ob der Euro zu halten ist, die Leviten zu lesen (hier). […]
    Fast gleichzeitig erscheint ein Buch mit verschiedenen Aufsätzen zur gleichen Thematik, in dem eine rot-rote Koalition von Schriftstellern (u. a. Klaus Busch, Gesine Schwan, Axel Troost, Mechthild Schrooten, Harald Wolf) unter dem Titel „Europa geht auch solidarisch“, ein anderes Europa anmahnt – auch hier allerdings nicht, ohne den vermeintlichen Gegnern des Euro auf der Linken eine Lektion zu erteilen (hier der Hinweis des Verlages). […]
    Riexinger erwähnt stattdessen mit einem Verweis auf Sablowski und Heine (vgl. eine Besprechung von mir dazu hier), dass es unterschiedliche „Produktivitätsstandards“ seien, an denen die Eurozone leidet, und dass es der „Euro“ sei, der die Kosten senke, wovon die deutsche Exportindustrie profitiere. Das ist sachlich falsch und politisch entsetzlich dumm zugleich.
    Zum ersten Punkt, der Frage, ob es Produktivitätsdifferenzen innerhalb der Währungsunion sind, die für die Eurokrise verantwortlich gemacht werden müssen. Das wird immer wieder behauptet, aber es ist fundamental falsch. Die Frage haben wir aber schon so oft behandelt (hier und hier z. B.), dass ich nicht alle Argumente wiederholen will. Es sind die Lohnstückkostendifferenzen, nicht die Produktivitätsdifferenzen, die für die Eurokrise verantwortlich sind.
    Doch es ist erstaunlicherweise so, dass dieses unsinnige Argument in Deutschland immer wieder auch von der Linken vorgebracht wird, anscheinend, weil es das Scheitern des Euro so objektiv aussehen lässt. Nach dem Motto: Ach, es waren die Produktivitätsunterschiede, na, die waren ja schon immer da, da können wir ja nichts für.
    Wenn Hans-Jürgen Urban, ein Mitglied im Vorstand der IG-Metall, diesen Punkt macht (hier zu finden), kann man es noch verstehen, weil er offenbar das Versagen seiner Organisation und der Gewerkschaften generell verdecken will. Warum aber verteidigt Riexinger, der doch eine ganz neue Politik in Europa will, die unsolidarische deutsche Politik mit diesem unhaltbaren Argument? Will er nicht sagen, dass es eine Rot-Grün-Regierung war, die für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist, um zukünftige Rot-Rot-Grün-Bündnisse nicht zu gefährden? Dann jedoch sollte er uns nicht weißmachen wollen, es gebe progressive Kräfte, die aus Deutschland heraus ganz Europa in wenigen Jahren umkrempeln können. Selbst ein weiteres Rot in einer solchen Koalition würde aus denen, die immer noch die Agenda-Politik mit Zähnen und Klauen verteidigen (wie Steinmeier, Gabriel und viele Grüne), sicher keine neuen Menschen machen, die plötzlich bereit sind, die gemachten Fehler einzugestehen und eine vollständige Umkehr in Gang zu setzen.
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop
  4. Bilanz der Regierung: 14,5 Millionen Menschen lebten schon mal von Hartz IV
    Es entspricht der Einwohnerzahl von Bayern und Hamburg zusammen: Mindestens 14,5 Millionen Menschen in Deutschland haben seit der Einführung im Jahr 2005 zumindest einmal Hartz-IV-Leistungen bezogen. Das geht aus einer Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor. Rund zehn Millionen der Betroffenen zählten als erwerbsfähig. 4,4 Millionen waren Kinder unter 15 Jahren. Aktuell beziehen 5,9 Millionen Menschen Hartz IV. 4,3 Millionen von ihnen sind erwerbsfähig, 1,6 Millionen nicht – dabei handelt es sich zumeist um Minderjährige.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Bilanz der Regierung: 14,5 Millionen Menschen lebten schon mal von Hartz IV. Und dann wundern sich die links-liberalen Apologeten der oberen Mittelschicht “woher der Hass kommt“. […] Die Meldung zeigt zudem, dass Hartz-IV ein Massenphänomen ist und nicht nur eine in prekären Verhältnissen lebende Minderheit betrifft. Es dürfte wohl einmalig in den “westlichen” Industrieländern sein, dass der Staat bisher ein Fünftel seiner Bürger einem brutalen Repressionssystem aussetzt. Eine zentrales Moment des Hartz-IV Gesetzes ist die Verbreitung der Angst sich diesem System unterwerfen zu müssen, zugleich ein wesentliches Element der Durchsetzung der neoliberalen Agenda, um den Widerstand dagegen zu unterdrücken. Dass dies auf Dauer nicht ohne gesellschaftliche Folgen bleibt, wie naiv musste man sein, um dies zu glauben.

  5. Tarifbindung stärken – ein Gebot der Gerechtigkeit!
    Die Tariflandschaft in Deutschland steht vor Problemen. Seit Mitte der 1990er Jahre gilt für immer weniger Beschäftigte und Betriebe ein Tarifvertrag. Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen jetzt, dass die Situation alarmierender ist, als viele dachten: Im Jahr 2014 arbeiteten demnach nur noch 45 Prozent der Beschäftigten in Deutschland in einem tarifgebundenen Betrieb. Der Anteil der tarifgebundenen Betriebe lag 2014 bei nur 15 Prozent (siehe Grafik).
    Dabei sind Tarifverträge so wichtig: Ob beim Gehalt, bei den Urlaubstagen, beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, bei den Arbeitszeiten, den Kündigungsfristen oder den Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung – Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis durch Tarifvertrag geregelt ist, stehen in der Regel besser da als Beschäftigte in Betrieben ohne Tarifbindung. Aber auch aus Sicht der Arbeitgeber sind Tarifverträge sinnvoll: Vor allem Flächentarifverträge, die für eine ganze Branche gelten, wirken konfliktreduzierend, weil den Unternehmen damit gleiche Voraussetzungen bei Planungssicherheit und Kalkulation garantiert und Schmutzkonkurrenz verhindert wird.
    Quelle: DGB
  6. Ex-EU-Kommissare verdienen doppelt
    Die Sache ist der EU-Kommission offenbar unangenehm. Wochenlang habe die Behörde die Herausgabe der Dokumente verweigert, berichtet die “Zeit”. Kein Wunder angesichts der Liste, die jetzt herausgekommen ist. 16 frühere Kommissare beziehen demnach seit Jahren üppige Übergangsgelder, obwohl sie längst wieder gut verdienen – mitunter sogar sehr gut.
    Die Spitzenbeamten gehören zur 2014 abgetretenen Kommission von Präsident José Manuel Barroso, der erst kürzlich wegen seines Wechsels zu Goldman Sachs in die Schlagzeilen geraten war. Alle erhalten laut “Zeit” bis heute ein Übergangsgeld von mindestens 99.996 Euro im Jahr – selbst der Italiener Ferdinando Nelli Feroci und der Pole Jacek Dominik, obwohl beide nur etwas mehr als drei Monate im Amt waren.
    Dabei verdienen viele der Kommissare längst wieder gutes Geld in neuen Jobs. Ex-Agrarkommissar Dacian Ciolo etwa ist inzwischen Rumäniens Premierminister. Auch dem früheren belgischen Handelskommissar Karel De Gucht geht es anscheinend nicht schlecht: Nach Angaben der “Zeit” hält er mindestens zwei hochdotierte Posten in Aufsichtsräten und hat zugleich Anspruch auf fast 125.000 Euro Übergangsgeld pro Jahr. Die dänische Ex-Klimakommissarin Connie Hedegaard ist ebenfalls in die Wirtschaft gewechselt, der Pole Janusz Lewandowski tauschte seinen Posten als Haushaltskommissar im Sommer 2014 nahtlos gegen einen Sitz im Europaparlament.
    Quelle: Spiegel Online
  7. Kurswechsel bei den Grünen: Kuschelparty für die Mitte
    Um den Flirt der Grünen mit dem gut verdienenden Bürgertum zu verstehen, hilft es, mit Anton Hofreiter zu sprechen. Hofreiter, Chef der Bundestagsfraktion, bei den Grünen nur „der Toni“, ist ein stämmiger Typ mit Bauchansatz und schulterlangem Haar. Wenn er im Parlament auf die Kanzlerin antwortet, drischt er so energisch auf das Rednerpult, dass die schmalen Mikrofone zittern.
    Hofreiter will im Wahlkampf 2017 Spitzenkandidat werden – und Bundesminister in einer Koalition. Er ist außerdem – das ist für diese Geschichte wichtig – der wichtigste Vertreter der Linksgrünen. Das ist traditionell der Parteiflügel, der sich für Weltverbesserung, Gerechtigkeit und Revoluzzertum zuständig fühlt – und den Reichtum in Deutschland von oben nach unten umverteilen will.
    Dieser Hofreiter also lehnt sich an einem heißen Tag im Juli in seinem Büro im Jakob-Kaiser-Haus im Berliner Parlamentsviertel etwas vor. „Ich will keinen Steuerwahlkampf“, sagt er. „Den will bei uns keiner.“ Ein Schluck Apfelschorle. „Es war ein Fehler, dass mit dem Steuerkonzept 2013 auch Teile der Mittelschicht belastet worden wären.“ Hofreiter lehnt sich zurück.
    Wer 80.000 oder 100.000 Euro im Jahr verdiene, sei wohlhabend, aber bestimmt nicht superreich. „Wer die Mieten in meiner Heimatstadt München kennt, weiß, dass da am Ende des Jahres für eine Normalverdienerfamilie nicht viel übrig bleibt.“ Diese Menschen zahlten Steuern, hätten Kinder, engagierten sich oft ehrenamtlich. „Wir belasten die Mitte nicht, sondern entlasten sie.“ Mehr Geld für Kinderbetreuung, für sichere Renten oder bezahlbaren Wohnraum, zählt Hofreiter auf.
    Moment mal. Die Grünen, das waren doch die mit den Steuererhöhungen. Und jetzt sollen Leute, die 100.000 Euro im Jahr bekommen, plötzlich Normalverdiener sein? Zum Vergleich: Ein Haushalt hat in Deutschland im Schnitt 50.000 Euro zur Verfügung. Bei den Grünen scheint sich eine Weltsicht verschoben zu haben.
    Quelle: taz

    dazu: Realo? Rechts!
    Deutschland rätselt: Wer und was sind eigentlich die Grünen? Eine linke Partei des Fortschritts? Oder eine CDU-light mit Insektenschutzprogramm? Als Partei für reiche Leute mit gutem Gewissen werden sie jedenfalls nicht gebraucht. […]
    Heute haben die Grünen ihre Lektion gelernt. Selbst ein Grüner wie Anton Hofreiter, der als Linker gilt, redet von der “Mitte” der Gesellschaft, die man nicht belasten dürfe. Es ist interessant, was die Grünen inzwischen unter Mitte verstehen. Ein durchschnittlicher deutscher Haushalt verdient im Jahr um die 40.000 Euro. Dort liegt also die Mitte. Das Steuerkonzept von 2013 sah folgerichtig höhere Belastungen für Besserverdienende ab 60.000 Euro vor, also deutlich jenseits der Mitte. Heute wollen die Grünen nur noch Singlehaushalte höher besteuern, die mehr als 100.000 Euro haben. Wo man die Mitte ansetzt, ist eben immer eine Frage der eigenen Maßstäbe. “‘Mittelschicht’ sollten wir nicht am Rechenschieber definieren, es gibt auch eine soziokulturelle Mitte”, hat Cem Özdemir gesagt.
    Özdemir steht für die rechten Grünen – früher nannte man sie “Realos”, aber den Begriff sollte man nicht mehr gebrauchen. Es geht nicht mehr um Realpolitik versus Utopie. Sondern schlicht um rechts gegen links. Die rechten Grünen wollen niedrige Steuern, sie freuen sich – wie Winfried Kretschmann – über die “klassische Ehe” und seit Joschka Fischer die Nato-Bombardierung Belgrads mit Auschwitz gerechtfertigt hat, glauben sie, dass man Konflikte in der Welt mit militärischen Mitteln lösen kann. Özdemir zum Beispiel will heute eine Flugverbotszone in Syrien – obwohl amerikanische Militärs davor warnen, dass es durch eine Überwachung des gesamten Luftraums zum Krieg mit Russland kommen könnte. All das ist sehr weit weg von den Anfängen einer Partei, die einmal für den gesellschaftlichen Aufbruch stand.
    Quelle: Jakob Augstein auf Spiegel Online

  8. Danke Merkel!
    Die Außenpolitik war lange Zeit die eigentliche Innenpolitik dieser Kanzlerin. Harte Sanktionsbereitschaft nach außen richtete die soziale Schieflage im Inneren etwas aus. Bis das Äußere nach Innen kam, bis man Flüchtlinge ins Land ließ. Seither ist die Frau auch bei denen diskreditiert, die sie vorher noch schätzten. Da schien es so, als ob die starke Frau in Europa doch eingeknickt war und sich Flüchtlinge hatte aufschwatzen lassen. Bis heute denken sie das, obgleich die Bundeskanzlerin schon lange wieder einen gegenteiligen Kurs fährt, das Asylgesetz verschärft, einen schmutzigen Deal mit einem brutalen Staatsoberhaupt an der Grenze Europas ausgehandelt hat. Es nutzt nichts. Was aber auch immer falsch läuft in der Republik, man ruft zynisch: Danke Merkel! Ob nun ein Ausländer, der seit dreißig Jahren hier lebt, beim Schwarzfahren erwischt wird oder bei Lidl die Brötchenautomaten wechseln: Danke Merkel!
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  9. Abschiebungen nach Afghanistan? Die EU machts möglich
    Afghanistan ist eines der gefährlichsten Länder der Welt, ein Land, indem noch immer der Krieg tobt und jeden Tag Menschen umgebracht werden. Für die EU ist das allerdings kein Grund Menschen, die vor eben diesem Krieg geflohen sind, nicht wieder zurück abzuschieben. Nach einem neuen Abkommen zwischen der EU und Afghanistan wird Abschiebung ins Kriegsgebiet nun möglich.
    1.600 Zivilisten starben in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 bei Anschlägen oder Polizei Razzien, mehr als 4000 wurden verletzt, es ist das blutigste Jahr seit 2009. Mehr als die Hälfte des Landes sind nicht unter wirklicher Kontrolle der Regierung, mehr als 20 Prozent werden direkt von den Taliban kontrolliert oder sie genießen dort großen Einfluss. Rund 12.000 Soldaten ausländische Soldaten sind im Land und beteiligen sich am Kampf gegen die Taliban, darunter fast 1000 deutsche Soldaten. Zu der Bundestagsdebatte über den Afghanistaneinsatz heißt es auf der Seite des Bundestags: „Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) nannte 2015 eine „hartes Jahr für Afghanistan“. Die ursprüngliche Ankündigung der ausländischen Truppen, sich aus der Fläche zurückzuziehen, sei nicht ohne Wirkung geblieben und habe die Taliban „teilweise ermutigt“, die afghanische Armee „teilweise entmutigt“.“ Ein Vordringen der Taliban wird somit auch von der Verteidigungsministerin anerkannt, für Abschiebung soll das aber kein Hindernis sein.
    Quelle: Die Freiheitsliebe
  10. Schwarzbuch räumt mit Mythen auf
    Die Bundeswehr stehe »einer nie dagewesenen Parallelität und Größenordnung von Krisen und Konflikten gegenüber«, heißt es im »Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr«. Ein alternativloser Befund? Keineswegs, denn es handelt sich nicht um einen der Bundeswehr von außen aufgezwungenen Sachverhalt.
    Die seit Jahren systematische Entsendung deutscher Soldaten in kriegerische Auseinandersetzungen außerhalb der Bundesrepublik ist Ergebnis politischer Entscheidungen: Aufgabe militärischer Zurückhaltung im Zuge der aktiven Mitgestaltung der globalen Ordnung.
    Mit dem Mythos der oktroyierten »sicherheitspolitischen Verantwortung« räumt das »Schwarzbuch: Kritisches Handbuch zu Aufrüstung und Einsatzorientierung der Bundeswehr« auf. Die AutorInnen untersuchen die Interessen und Motive hinter der bundesdeutschen Militärpolitik, dokumentieren die Fakten und Hintergründe von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und stellen die damit verbundenen Strategien und Rüstungsvorhaben der Großen Koalition in Berlin dar.
    Die Publikation zeigt, dass die Bundesregierungen seit der Wiedervereinigung daran gearbeitet haben, die deutsche Armee aus geostrategischen und darin eingeschlossenen ökonomischen Interessen in Krisenregionen einzusetzen. »Die Bundeswehr muss in der Lage sein, ihren Beitrag zur Umsetzung der strategischen Prioritäten der deutschen Sicherheitspolitik zu leisten«, heißt es im Weißbuch.
    Quelle: Sozialismus aktuell

    Anmerkung Christian Reimann: Als pdf-Datei kann das Buch hier gelesen werden.

  11. Die USA bestätigen, dass sie abgereichertes Uran in Syrien verschossen haben
    Nachdem die USA behauptet haben, sie würden keine DU- Waffen gegen den IS einsetzen, haben sie nun endlich zugegeben, dass sie DU (Depleted Uranium= Abgereichertes Uran) in Syrien verschossen haben. Das US-Zentral-Kommando (CENTCOM) hat eingestanden, dass DU am 18.und am 23. November 2015 abgefeuert wurde. Während der Luftschläge dieser beiden Tage wurden 5100 Ladungen 30 mm DU von A-10 Thunderbolt II Kampffliegern verwendet. Das ergibt 1524 kg abgereichertes Uran.
    CENTCOM erklärt, dass die Munition aufgrund der Beschaffenheit der Ziele ausgewählt wurde.
    Die Neuigkeit des DU-Einsatzes durch die USA fällt mit der Debatte der Regierungen über die UN-Resolution zu den DU-Waffen der UN-Generalversammlung in New York zusammen.
    Obwohl die Verwendung von DU nur für zwei Zeitpunkte zugegeben wurde, sind die ICBUW und PAX in Sorge, dass diese Offenlegung ein Hinweis für den Einsatz von DU im größeren Umfang sein könnte.
    Im Verlauf des Einsatzes der A-10 Kampfflieger bestätigten die USA im März 2015 verschiedenen Journalisten, dass die Luftstreitkräfte nicht mit DU ausgerüstet seien. Zitat: „US und Luftstreitkräfte der Koalition haben kein DU -und werden kein DU während der Operation „Inherent Resolve“ verwenden.“ Zur Rechtfertigung der Entscheidung erklärte die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit von CENTCOM: „Die Munition wurde zur Zerstörung von Panzern in konventionellen Konflikten entwickelt. Daesch (IS) besitzt nur eine geringe Anzahl Panzer.“
    Quelle: uranmunition.org
  12. Bill Clinton und der begnadigte Großspender
    Zum Ende ihrer zweiten Amtszeit begnadigen US-Präsidenten traditionell Straftäter. Manchmal werfen solche Begnadigungen Fragen auf, die auch die Politik betreffen – zum Beispiel beim mutmaßlichen Steuerhinterzieher Marc Rich, der vom FBI gesucht wurde, sich in die Schweiz absetzte und am 20. Januar 2001 durch Hillary Clintons Ehemann Bill amnestiert wurde, nachdem seine Ex-Frau Denise vorher größere Summen an die Demokraten und die Clintons spendete.
    Den 129-seitigen Abschlussbericht zu einer Untersuchung, die das FBI dazu bis 2005 durchführte, hat die US-Bundespolizei jetzt öffentlich (aber teilweise geschwärzt) zugänglich gemacht. Obwohl die Untersuchung ergebnislos verlief, konnte sie nicht alle Merkwürdigkeiten wirklich überzeugend erklären – offen bleibt beispielsweise, warum Clinton sich im Fall Rich nicht an den vorgeschriebenen Begnadigungsweg hielt und beim dafür zuständigen Staatsanwalts Roger Adams anfragte. Das dürfte der Grund dafür sein, warum sich Hillary Clintons Sprecher Brian Fallon und mehrere andere demokratische Politiker öffentlich darüber ärgern und dem FBI einen Eingriff in den Wahlkampf unterstellen.
    Quelle: Telepolis
  13. Weltpolizistin Hillary
    Trotz E-Mail-Affäre hat die Demokratin Hillary Clinton gute Chancen, US-Präsidentin zu werden. Doch die erste Frau im Weissen Haus bedeutet nicht mehr Frieden auf der Welt: Seit Monaten fordert sie eine härtere Gangart der USA, plädiert für Aufrüstung, militärische Interventionen und Abschreckung.
    Quelle: SRF

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