Nachtrag zu „Eine Zumutung folgt der anderen …“ Hier die Übersetzung der Analyse der zweifelhaften Rolle von Merkels Sicherheitsberater und des deutschen Außenministers

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

In dem Artikel von gestern Eine Zumutung folgt der anderen. Die SPD testet die Leidensfähigkeit ihrer (Noch-)Mitglieder und (Noch-)Sympathisanten täglich aufs Neue. hatten wir auf ein Dokument in englischer Sprache hingewiesen, das belegt, dass sowohl der Sicherheitsberater der Bundeskanzlerin Christoph Heusgen als auch der deutsche Außenminister Steinmeier mehr als öffentlich kundgetan die Interessen von NATO und USA verfolgten als die Interessen des Landes, für das sie offiziell arbeiten. Ein NachDenkSeiten-Leser hat dieses Dokument übersetzt. Sehr lesenswert. Albrecht Müller.

Im Teil I wird über den Riss in der NATO in Sachen NATO-Beitritt Montenegros berichtet.

Im Teil II geht es gezielt um die Rolle Deutschlands, genauer gesagt um die Rolle der „US-Einflussagenten innerhalb der deutschen Regierung“.

Sie müssen das alles nicht glauben, was der in den USA lebende montenegrinische Wissenschaftler Filip Kovacevic analysiert und geschrieben hat. Aber vielleicht sollten Sie sich damit beschäftigen, bevor sie dieses Dokument in die Kategorie „Verschwörungstheorie“ einordnen lassen.

Danke für die Übersetzung.

Es folgt die Übersetzung des auf Englisch abgefassten Artikels Analyse von Dokumenten der Regierung von Montenegro:

Die geleakten montenegrinischen Regierungsakten:

Teil I – Ein Riss innerhalb der NATO bestätigt

Professor Filip Kovacevic | 14. September 2016

Im April 2015 erhielt Marko Milačić, ein bekannter Journalist Montenegros und Leiter der „Bewegung für die Neutralität von Montenegro“ eine Reihe von vertraulichen Regierungsakten Montenegros, die Themen rund um Montenegros Mitgliedschaft in der NATO beinhalteten. [1] Während das Bekanntwerden dieser Akten ziemliche Aufregung innerhalb der korrupten montenegrinischen herrschenden Kreise verursachte und in den montenegrinischen Medien breit darüber berichtet wurde, gelangte nicht viel über diesen Skandal in die internationale Arena. Der tatsächliche Inhalt der Akten ist dem englischsprachigen Publikum nahezu unbekannt geblieben, obwohl sie einen sehr wichtigen Insider-Blick auf das Funktionieren der US-, europäischen und NATO-Institutionen sowie über das private Denken mehrerer politischer Persönlichkeiten in führenden Schlüssel-positionen enthalten.

Ich habe mir vorgenommen, diese Situation zu beheben, da ich vor kurzem die Akten von Milačić erhalten habe. Ich plane, ihre Inhalte in einer Reihe von Artikeln zu präsentieren und zu diskutieren, von denen dies der erste ist. Dies ist das erste Mal, dass die Akten detailliert in Englisch analysiert werden.

Es gibt keinen Grund, die Authentizität der Akten zu bezweifeln, da sie die regierungsamtliche Registrier-nummern, den offiziellen Regierungsstempel und die Unterschriften der zuständigen Beamten enthalten. Darüber hinaus begann, sowie die Montenegriner Tageszeitung „Dan“ die Veröffentlichung von Berichten über diese Akten startete, die Regierung eine eingehende Untersuchung und drohte mit schweren Sanktionen gegen diejenigen, die die Akten weitergegeben hätten. [2] Jedoch führte die Untersuchung zu keinem Ergebnis, und getreu der journalistischen Ethik und Professionalität auch unter intensivem Druck, gab Milačić niemals Namen seiner Quelle(n) preis.

Der US-Besuch des montenegrinischen Top-Offiziellen

In diesem Artikel werde ich mich auf den Bericht über den US-Besuch von Igor Lukšić konzentrieren, der damals stellvertretender Ministerpräsident und Außenminister war. Lukšić ist seit mehr als einem Jahrzehnt einer der höchsten Beamten der Regierung von Montenegro. Er war Premierminister von Dezember 2010 bis Dezember 2012, und viele hielten ihn für den politischen und ideologischen Erben des langjährigen autoritären Führers Milo Djukanović. Jedoch hat sich gezeigt, dass Djukanović vor kurzem seine Meinung geändert hat, und Lukšić ist von allen seinen Regierungsposten im April 2016 zurückgetreten.

Als Trostpreis wählte Djukanović Lukšić als den montenegrinischen Kandidaten für den Posten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen aus, der nach den informellen UN-Regeln dieses Mal an einen Kandidaten aus Ostmitteleuropa gehen soll. Aber wie ich bereits in einem Artikel im Januar 2016 voraus-gesagt habe, [3] hatte Lukšić keine Chance, gewählt zu werden . Im August 2016 verließ er ohne Aufsehen das Rennen, weil er sich nach der jüngsten Probeabstimmung im UN-Sicherheitsrat am Ende der Liste wiederfand. [4] Mit anderen Worten, Lukšić hat einfach das hart erarbeitete Geld der Steuerzahler Montenegros verschwendet, um sein aufgeblähtes Selbstwertgefühl und seinen rücksichtslosen Narzismus zu füttern. Alle Menschen guten Willens sollten hoffen, dass er für seine Verschwendung verantwortlich gemacht werden wird, sobald das korrupte Djukanović-Regime in die Mülltonne der Geschichte geworfen wurde.

Doch im März 2015, als er die USA besuchte, wurde Lukšić noch von den US-Politikern als einer der wichtigsten politischen Entscheidungsträger in Montenegro wahrgenommen und begrüsst. Nach dem geleakten Bericht traf er mit Victoria Nuland, der stellvertretenden Staatssekretärin für europäische und eurasische Angelegenheiten, und Charles (Charlie) Kupchan, Präsidentenberater und Direktor für Europa im Nationalen Sicherheitsrat zusammen. Lukšić traf auch die Senatoren John McCain, Vorsitzender des Armed Services Committees, Ron Johnson, Vorsitzender des Unterausschusses für Europa und Zusammenarbeit im Bereich der regionalen Sicherheit, und Christopher Murphy, stellvertretender Vorsitzender des gleichen Unterausschusses.

Lukšićs erste Begegnung war die mit Victoria Nuland im Außenministerium. Er übergab Nuland ein „Non-Paper” (ein nicht offizielles Dokument, das dennoch eine genaue Beschreibung der gegebenen Frage liefert und als Diskussionsgrundlage dient) über die von der montenegrinischen Regierung unternommenen Maßnahmen, um das Land stärker mit den NATO “Standards” in Einklang zu bringen. Lukšić betonte, dass Montenegro große Fortschritte mache, um eine vollwertige Demokratie zu werden, und zeichnete ein rosiges Bild der Aktivitäten der Regierung. Er erklärte, dass der Prozentsatz derjenigen, die die NATO-Mitgliedschaft unterstützten, 38 Prozent betrage, während gleichzeitig die Regierungsbeamten in Montenegro in den lokalen Medien behaupteten, dass die Unterstützung über 50 Prozent sei. Dies zeigt, inwieweit die montenegrinischen Beamten bereit waren, ihre eigenen Bürger zu täuschen und zu manipulieren, um die NATO-Agenda voranzubringen. Selbst die Zahl von 38 Prozent zur Unterstützung der NATO-Mitgliedschaft kann angezweifelt werden, wenn die Befragungsmethoden der von der montenegrinischen Regierung beauftragten Meinungsforschungsunternehmen genauer untersucht werden.

Lukšić äußerte die Sorge der Regierung von Montenegro in Bezug auf die Erklärung des französischen Präsidenten François Hollande vom März 2015, dass die NATO keine neuen Mitgliedstaaten aufnehmen werde, [5] behauptete aber, dass die französische Botschaft in Podgorica und andere NATO-Verbündete der Regierung versichert hätten, dass Hollande nicht an Montenegro, sondern an andere mögliche Kandidaten gedacht hätte. In Wahrheit ist es jedoch nicht klar, ob sich Hollande auf Montenegro bezog oder nicht, was, wenn dies zuträfe, die Existenz einer Differenz unter den NATO-Verbündeten zur Frage der weiteren Expansion offenbaren würde. Wie ich in Kürze zeigen werde, besteht diese Differenz wirklich, wie Lukšićs späteres Treffen mit Obamas Berater Charlie Kupchan über jeden vernünftigen Zweifel hinaus beweist.

Lukšić “informierte” Nuland, dass er bald mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier zusammentreffen werde, und dass er hoffe, seine volle Unterstützung für die montenegrinische NATO-Mitgliedschaft zu erhalten. Er lobte die Aktivitäten der deutschen Botschafterin in Podgorica, die öffentlich erklärte, die niederländische (französische? A.d.Ü.) Erklärung sei nicht auf Montenegro bezogen. Wie damals von einigen montenegrinischen Analytikern hervorgehoben wurde, verletzte die deutsche Botschafterin Gudrun Steinacker die Grundregeln der Diplomatie dadurch, dass sie die Rede des Präsidenten eines anderen Landes öffentlich interpretierte, während der Botschafter des betreffenden Landes keinerlei Kommentar gab. [6] Ihre Handlung zeigte das Ausmaß, in dem NATO-Agitatoren bereit sind, alle formellen und informellen internationalen Normen herabsetzen und zerstören, um ihre ideologischen Narrative in den Augen der Öffentlichkeit unbesiegbar scheinen zu lassen. Sie haben sich das Ziel gesetzt, den Anschein zu wahren, dass die NATO eine harmonisch funktionierende Organisation ohne interne Probleme ist, um jeden Preis, egal wie heuchlerisch und betrügerisch ihre Aussagen wirklich sind.

Nuland war offensichtlich glücklich, von Lukšić über die positiven Entwicklungen auf der NATO-Montenegro-Front zu hören. Sie lobte die Aktivitäten der montenegrinischen Regierung, obwohl diese nach objektiven Maßstäben eine der korruptesten Regierungen in Ostmitteleuropa ist. Sie versprach die Hilfe des US-Außenministeriums, Montenegro in die NATO zu bekommen, obwohl sie wusste, dass die Mehrheit der montenegrinischen Bevölkerung dagegen ist (auch aus Lukšićs manipulierendem Non-Paper). Merkwürdigerweise äußerte sie jedoch, dass das Ministerium in dieser Frage vor dem Ende des Jahres [2015] „Obama nicht zu stark drängen“ werde. Dies bedeutet, dass sogar innerhalb der Obama-Regierung einige Beamte, einschließlich vielleicht des Präsidenten selbst, Bedenken über den Sinn einer weiteren NATO-Expansion gehabt haben könten.

Das zweite Treffen Lukšićs in Washington DC, das Treffen mit Charlie Kupchan vom Nationalen Sicherheitsrat, war viel aufschlussreicher als das Treffen mit Nuland. Kupchan erhielt das gleiche Non-Paper von Lukšić, jedoch ausführlicher bezüglich der Frage der Montenegro-NATO-Mitgliedschaft. Er erklärte unverblümt, dass die Krise in der Ukraine “die NATO in zwei Lager gespalten“ hätte, was er als eine sehr negative Entwicklung interpretierte. Nach den Informationen aus erster Hand, die er hatte, wollte das eine Lager die NATO-Erweiterung fortführen, ungeachtet der Folgen, während das andere Lager mehr Verständnis für die russischen Bedenken hatte. Dieses Lager, und man kann sicher Frankreich und Italien (und vielleicht auch Slowakei und Tschechien) darin einschließen, behauptete, dass die Erweiterung der NATO unnötigerweise Russland provozieren würde und daher sowohl die kurz- als auch die langfristigen Expansionskosten die Vorteile überwiegen würden. Ihre Gegner, und man kann hier Polen, Rumänien und die baltischen Staaten einschließen, argumentierten, dass diese Denkweise Russland zu viel Macht gäbe und daher als zu apologetisch und feige abgelehnt werden sollte. Kupchan behauptete, dass die USA mit dieser Sichtweise übereinstimmen würde und erwartete, dass sie sich am Ende durchsetzen würde. Sei es wie es sei, seine Aussage ist nicht weniger als eine vollständige Bestätigung durch einen hochrangigen US-Beamten, dass die NATO langsam aber unwiderruflich von der aggressiven antirussischen Orientierung einiger ihrer Mitglieder gespalten wird, und dass daher ihre innere Zersetzung bereits begonnen hat.

Wenn wir jetzt berücksichtigen, dass die Krise in der Ukraine keine Anzeichen eines Absterbens aufweist, ist zu erwarten, dass diese Reibungen und Antagonismen wachsen und schließlich nach außen gelangen werden. Gleichzeitig ist es auch klar, dass die kriegsverdächtige Partei innerhalb der NATO alles tun wird, um mit Hilfe der Geheimdienste und anderer Netzwerke die ungehorsamen Regierungen, wie die Franzosen, auf Linie zu bringen und sie zur Zustimmung zu zwingen. Wir können daher erwarten, dass in Frankreich und anderen NATO-Dissidenten in naher Zukunft gewalttätigere Vorfälle auftreten werden.

Während der weiteren Reise traf sich Lukšić mit drei US-Senatoren. Senator John McCain war einer der lautesten Befürworter der montenegrinischen NATO-Mitgliedschaft im US-Kongress. Er besuchte Montenegro zweimal und feierte dort seinen 70. Geburtstag, an Bord einer Multi-Millionen-Dollar-Yacht im Besitz des russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der die Enkeltochter von Jelzin heiratete und ein guter Freund des jüngsten Rotschilds, Nathaniel ist. Ich habe bereits ausführlich über ihre Beziehungen geschrieben. [7] Jeder hochrangige Beamte Montenegros, der die USA bereiste, traf sich mit McCain und erhielt hohes Lob von ihm, trotz der traurigen Bilanz der Regierung in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Dies zeigt, inwieweit McCain sich wirklich für den Fortschritt der Demokratie in der Welt interessiert, im Gegensatz zur Umsetzung einer US-Hegemonialagenda und der Gewinne des militärisch-industriellen Geheimdienstkomplexes. McCain erklärte Lukšić, dass Montenegro “leider auf einen weiteren US-Präsidenten warten müsse, um in die NATO einzutreten”, was wiederum zeigt, dass es einige Unstimmigkeiten an der Spitze der Obama-Regierung über die NATO-Expansion gegeben haben könnte.

Die beiden anderen Senatoren, Ron Johnson und Christopher Murphy, wiederholten dieselben Phrasen über die montenegrinische Demokratie wie McCain und betonten gleichzeitig die Bedeutung der monolithischen NATO-Mitgliedschaft nicht nur für die geopolitische Agenda der USA auf dem Balkan, sondern auch im ganzen Mittelmeerraum. Schließlich ist die Küste von Montenegro die einzige Nicht-NATO-Küste in ihrem gesamten nördlichen Teil.

Am letzten Tag seines zweitägigen Besuchs wurde Lukšić von dem Exekutivvizepräsidenten des Atlantischen Rates, Damon Wilson, eingeladen, eine Rede über die “Zukunft der NATO-Politik der offenen Tür” vor einem Publikum von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Diplomaten und Lobbyisten zu halten. Der Atlantische Rat ist ein einflussreicher Washington DC-Think-Tank mit Büros auf der ganzen Welt, dessen Hauptziel darin besteht, einen globalen Rahmen zu schaffen, in dem die USA als Weltpolizist handelt und alle anderen Großmächte unter ihrer Kontrolle stehen. Da Lukšić ihre Überzeugungen predigte, wurde seine Rede gut aufgenommen. Allerdings haben sich die politischen Realitäten in Montenegro seitdem als unlösbarer erwiesen, als er und sein langjähriger politischer Mentor Djukanović und ihre NATO-Sponsoren sich das vorgestellt haben.

Filip Kovacevic, Newsbud-BFP Analyst, ist ein geopolitischer Autor, Universitätsprofessor und der Vorsitzende der Bewegung für Neutralitäts von Montenegro . Er erhielt seinen BA und PhD in Politikwissenschaft in den USA und war für zwei Jahre Gastprofessor an der St. Petersburg State University in Russland. Er ist Autor von sieben Büchern, Dutzenden von akademischen Artikeln & Konferenz-Präsentationen und schrieb Hunderte von Zeitungsspalten und Medienkommentaren. Er wurde in die EU, den Balkan, die ehemalige UdSSR und die USA eingeladen. Derzeit wohnt er in San Francisco. Er kann kontaktiert werden.

ANMERKUNGEN:

QUELLE: boilingfrogpost – The Leaked Montenegrin Government Files: Part I- A Rift Within NATO Confirmed

Die geleakten montenegrinischen Regierungsakten:

Teil II – die US-Einflussagenten innerhalb der deutschen Regierung

Professor Filip Kovacevic | 29. September 2016

Die Agenten der Anti-Russischen USA-Kriegspartei in Europa

Im vorigen Teil meiner Analyse der geleakten montenegrinischen Regierungsakten erörterte ich den US-Besuch von Igor Lukšić, damals Minister für auswärtige Angelegenheiten von Montenegro, und seine Treffen mit Victoria Nuland, der stellvertretenden Staatssekretärin für europäische und eurasische Angelegenheiten , Charles (Charlie) Kupchan, Präsidentschaftsberater und Direktor für Europa im Nationalen Sicherheitsrat und drei US – Senatoren: John McCain, Vorsitzender des Ausschusses für bewaffnete Dienste, Ron Johnson, Vorsitzender des Unterausschusses für Europa und Zusammenarbeit im Bereich der regionalen Sicherheit, und Christopher Murphy, stellvertretender Vorsitzender des gleichen Unterausschusses. [1] Auf der Grundlage des vertraulichen Berichtes über ihre Gespräche mit Lukšić, zusammengestellt von der Botschaft von Montenegro in Washington, DC, war ich in der Lage zu zeigen , dass erhebliche Differenzen innerhalb der NATO darüber existieren, ob der weitere Ausbau der Allianz eine gute Idee ist.

Es ist auch interessant zu beachten, dass die aufschlussreichsten Aussagen zu diesem Thema durch den Berater von Präsident Obama, Charles Kupchan gemacht wurden. Tatsächlich war er es, der Lukšić empfohlen hatte, sich bei seinem bevorstehenden Berlin-Besuch mit Christoph Heusgen, Berater der Bundeskanzlerin Angela Merkel für Außen- und Sicherheitspolitik, zu treffen. Meiner Meinung nach signalisierte Kupchan damit, dass Heusgen einer der wichtigsten US-Vertrauenspersonen sei, der in der Spitze der deutschen Regierung platziert worden sei, und der daher ein vertrauenswürdiger Helfer für die Erhaltung und Förderung der geopolitischen Agenda der USA in Europa sei, insbesondere für seine aggressive, militaristische Haltung gegenüber Russland. Und tatsächlich, wie ich zeigen werde, bestätigt der vertrauliche Bericht von Lukšićs Besuch in Berlin, der von den Beamten der Botschaft von Montenegro in Berlin geschrieben wurde, dies.

Lukšić besuchte Berlin am 24. März 2015, etwa zehn Tage nach seinem Besuch in den USA. Zuerst traf er mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier zusammen. Steinmeier wurde im Dezember 2013 Deutschlands Außenminister, als Ergebnis der großen Koalition zwischen den beiden größten deutschen Parteien, der Christlich Demokratischen Union (CDU) und der Sozialdemokratischen Partei (SPD). Während Angela Merkel (CDU) ihren Job als Kanzler hielt, wurde Steinmeier als SPD-Chef zum Außenminister. Er war bereits in der früheren Großen Koalition von 2005 bis 2009 Außenminister und von 2007 bis 2009 Vizekanzler.

Sehr merkwürdig ist, dass sich Steinmeier in den letzten Jahren seit dem Ausbruch der ukrainischen Krise in der Öffentlichkeit als Anhänger eines weniger harten Ansatzes gegenüber Russland positioniert hat. Er war zum Beispiel einer der wichtigsten Vertreter der Minsker Protokolle I und II, die er zusammen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow verhandelt hatte, und die wahrscheinlich die einzige realistische Chance auf ein Ende des Konflikts in der Ukraine bieten. [2] Darüber hinaus reiste er häufig nach Russland und traf sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. [3] Trotzdem gab es, nach dem geleakten Bericht, während der Sitzung mit Lukšić mehrere Themen, in denen Steinmeier eine klare Feindseligkeit gegenüber Russland und den russischen Einfluss auf dem Balkan zum Ausdruck gebracht hat.

Zunächst stellte Steinmeier fest, dass er zufrieden sei, dass Montenegro in der Lage wäre, in seiner Außenpolitik gegenüber Russland konsequent zu bleiben (d.h. die antirussische Politik wie auch die Wirtschaftssanktionen und die kritische politische Rhetorik zu unterstützen), obwohl es sich unter intensivem russischen Druck befunden hätte. Er behauptete, Russland sei sehr engagiert, seinen großen Einfluss auf dem Balkan auszubauen und erkundigte sich, ob Lukšić konkrete Fälle der russischen Aktivitäten in Montenegro beschreiben könne.

Lukšić schien ihm eifrig zuzustimmen und wies auf das Vorhandensein dessen hin, was er als “die russische Propaganda” bezeichnet hatte und für die er bestimmte Oppositionsparteien, Nichtregierungsorganisationen und die serbisch-orthodoxe Kirche beschuldigte. Er erklärte, dass es diese von Russland finanzierte “Propaganda” sei, die für die geringe öffentliche Unterstützung der NATO-Mitgliedschaft von Montenegro verantwortlich sei, als ob die Bürger von Montenegro der NATO noch nicht kritisch gegenübergestanden hätten, auch vor der Neugestaltung der russischen Außen- und Sicherheitspolitik unter Putin. Dieser Versuch von Lukšić, die legitime Besorgnis der Bevölkerung auf fremde Manipulationen zurückzuführen, wurde von vielen montenegrinischen Persönlichkeiten verurteilt, nachdem der Bericht der Presse zugespielt worden war, und führte zu einer Klage gegen ihn seitens der Bewegung für die Neutralität Montenegros (MNMNE), die noch andauert . [4]

Lukšić versuchte auch, Steinmeiers Ängste über den russischen Wirtschaftseinfluss in Montenegro zu besänftigen, indem er erklärte, dass nach der Einführung der Sanktionen das Wirtschaftsvolumen drastisch gesunken sei und die Russen inzwischen allgemein nur als Touristen anwesend seien. Sogar die Zahl der russischen Touristen sank, fügte Lukšić (höchstwahrscheinlich mit Begeisterung in seiner Stimme) hinzu, als sei dies eine gute Sache und kein ernstes Problem für das montenegrinische Budget. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie das ideologische Engagement für die “euro-atlantische” NATO-Agenda der korrupten montenegrinischen herrschenden Klasse, zu der Lukšić gehört, direkt gegen die lebenswichtigen wirtschaftlichen Interessen der montenegrinischen Bürger geht.

Lukšićs nächstes Treffen in Berlin war mit Christoph Heusgen, Berater von Angela Merkel, für den, wie ich bereits früher ausgeführt habe, ein starker Grund zu der Annahme besteht, dass er eher bereit ist, den außenpolitischen Zielen der USA in Europa zu dienen, als dem nationalen Interesse der Regierung, die er beraten soll. Das nationale Interesse Deutschlands ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit und politische Entspannung mit Russland und nicht feindliche Beziehungen, auf die von den politischen und militärischen NATO-Führern und der “Kriegspartei” in Washington, DC, die die Mitglieder der republikanischen und demokratischen politischen Institutionen einschließt, gedrängt wird und die durch die Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik (DGAP) und den Atlantikrat ideologisch legitimiert werden. Deutsch-russische Feindseligkeiten haben sich für Deutschland nicht nur ein-, sondern zweimal im letzten Jahrhundert als katastrophal herausgestellt, und jede Wiederholung der Feindseligkeit würde zu demselben tragischen Ergebnis führen.

Heusgen schien indessen gleichgültig gegenüber dem Abgrund zu sein, in den die weitere Konfrontation mit Russland Deutschland drängen könnte, und in seinem Gespräch mit Lukšić schlug er einen scharfen antirussischen Ton an. Er forderte zu wissen, ob irgendwelche montenegrinischen Spitzenbeamten an der Parade zum Tag des Sieges in Moskau teilnehmen würden, um den 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa zu feiern. Wie ich damals geschrieben habe, gab es ein abgestimmtes Bestreben seitens der US- und NATO-Kreise, um sicherzustellen, dass kein europäisches Staats- oder Regierungsoberhaupt Putins Einladung akzeptiert, um die Isolierung Russlands von der internationalen Gemeinschaft zu vertiefen. [ 5] Diese Anstrengung war weitgehend erfolgreich, und die einzigen europäischen Staaten, die ihre Spitzenbeamten gesandt haben, um die Parade zu besuchen, waren Serbien und Mazedonien.

Lukšić antwortete Heusgen, dass die endgültige Entscheidung über die Parade noch nicht erfolgt sei, nahm aber Heusgens Hinweis so ernst, dass Präsident Filip Vujanović nicht lange nach seiner Rückkehr nach Montenegro bekanntgab, dass er tatsächlich nicht an der Parade teilnehmen würde, obwohl er die Einladung bereits angenommen hatte. Diese plötzliche Kehrtwende schuf einen diplomatischen Skandal, als der russische Botschafter in Montenegro Andrei Nesterenko öffentlich seine Überraschung ausdrückte und dabei den bedauerlichen Mangel an Unabhängigkeit in der Entscheidungsfindung der montenegrinischen Führung unterstrich. [6]

Heusgen teilte Lukšić außerdem mit, dass Deutschland eine positive Entscheidung über eine Einladung an Montenegro in die NATO auf der Tagung der NATO-Außenminister im Dezember 2015 stark unterstützen würde. Tatsächlich versprach er, dass Deutschland für die montenegrinische Sache unter den NATO-Mitgliedsstaaten werben würde, die öffentlich ihre Abneigung erklärt hatten, für eine weitere Expansion der NATO zu stimmen, wie Frankreich. Darüber hinaus zeigte Heusgen sehr detaillierte Kenntnisse des innenpolitischen Prozesses der Vereinigten Staaten (zweifellos aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit Obamas Berater Kupchan), als er erklärte, es sei für die USA leichter, wenn die Einladung in dieser Sitzung erfolgen würde als auf dem NATO-Gipfel 2016 in Warschau, denn die NATO-Erweiterung um nur ein Land (und noch dazu so ein kleines wie Montenegro) wäre im US-Kongress “schwierig zu verkaufen”. Unnötig zu sagen, dass dies ein hohes Maß an verschwörerischer Intransparenz zeigt mit der Absicht, die legitimen Vertreter des amerikanischen Volkes durch jene politischen Kräfte, deren großes geopolitisches Design die militärische Einkreisung Russlands ist, irrezuführen.

Darüber hinaus versprach Heusgen Lukšić deutsche logistische und finanzielle Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit dem, was er auf der Grundlage von Lukšićs Beschwerden als den russischen Einfluss im montenegrinischen politischen Leben wahrnahm. Im Mittelpunkt dieser Aktivitäten stand die Förderung der öffentlichen Unterstützung für die NATO-Mitgliedschaft (rund 30 Prozent) sowie die Unterstützung der verschiedenen Pro-NATO-Medien und -Organisationen. In der Tat war es genau diese Art von Fremdgeldzufuhr, die es dem NATO-Lager ermöglicht hat, in Montenegro in all diesen Jahren aktiv zu bleiben, wenn man bedenkt, dass die NATO-Mitgliedschaft in weiten Teilen der montenegrinischen Bevölkerung keine nationale Begründung oder innere Legitimität hat.

Abschließend kann man sagen, dass dieser geleakte Regierungsbericht der Republik Montenegro das Ausmaß offenbart hat, in dem sowohl der deutsche Außenminister Steinmeier als auch Merkels Spitzenberater Heusgen, entgegen ihrem öffentlichen Auftreten und ihrer Rhetorik bereit waren, als Agenten der anti-russischen US-“Kriegspartei” in Europa zu handeln. Dies ist eine ernste Angelegenheit, die nicht nur vom deutschen Volk, dessen Vertreter sie behaupten zu sein, sondern auch von den Bürgern anderer EU-Staaten berücksichtigt werden muss, wenn man bedenkt, dass ähnliche Akteure auch in ihren politischen Eliten tätig sind. Ohne die rechtzeitige Entdeckung und politischen Austausch dieser Individuen kann ein weiterer groß angelegter Krieg in Europa sich hinter der nächsten Ecke verbergen.

ANMERKUNGEN:

QUELLE: boilingfrogpost – The Leaked Montenegrin Government Files: Part II – the U.S. Agents of Influence within the German Government