Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(WL)

Heute unter anderem zu folgenden Themen:

  • Beschränkte Erlaubnis für Konjunkturpakete
  • Warten – bis Merkel umfällt
  • Haushaltsdebatte
  • Steinbrück redet Rezession klein
  • Die Abzocker machen weiter
  • Deutsche Bank und Landesbanken haben uns in die Krise getrieben
  • Sparkassen weisen den Weg
  • EU-Verträge verhindern Bankenregulierung
  • Übersicht über die Steuerrechtsänderungen seit 1964
  • Bremsklotz Deutschland
  • Nur jeder Dritte unter 30 schafft den Ausstieg aus Hartz IV
  • Das Comeback des Peter Hartz
  • Strompreise: Das Oligopol schlägt zu
  • Mehdorns durchsichtiges Manöver
  • Millionenverluste durch Cross-Border-Leasing der Wasserversorgung
  • Arzneimittel: Patent auf Gewinn
  • DGB lehnt vorzeitigen Senkung der Rentenversicherungsbeiträge auf 19,6 Prozent ab
  • Heimlich will die US-Regierung das Finanzsystem mit fast 8 Billionen Dollar stützen
  • Obamas Team
  • Rezension des Buches „Der Klassenkampf“ von Francois Ruffin
  • Eine DVD zum Hartz-IV-Tribunal der Gewerkschaften
  • ORF-Sendung zum Thema „Von der Finanzkrise zur Weltkrise“

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind.

Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Thomas Fricke: Beschränkte Erlaubnis für Konjunkturpakete
    Jetzt braucht sich eigentlich nur noch der Papst für gleichgeschlechtliche Ehen auszusprechen. Nach den deutschen Forschungsinstituten, dem Sachverständigenrat, arbeitgebernahen Think Tanks, dem IWF und der Süddeutschen Zeitung hat jetzt auch einer der Urväter europäischer Haushaltsorthodoxie eingeräumt, dass es derzeit besser ist, die Konjunktur zu stützen – Klaus Regling von der EU-Kommission. Dreimal Hurra. Bemerkenswert ist allerdings schon, wie die Experten ihren plötzlichen konjunkturpolitischen Eifer begründen.
    Quelle: FTD

    Dazu nochmals Fricke:

    EU-Kommission gegen EZB?
    Ein Glück. Es gibt doch noch Leute, die gegen Konjunkturprogramme sind. Es ist nämlich nach aller Erfahrung nicht gut, wenn alle das gleich denken. Das Problem ist nur, dass der vermeintlich letzte Nicht-Keynesianer erstens furchtbar schlechte Argumente hat. Und – noch schlimmer – zweitens nicht irgendein, sagen wir, Kolumnist, sondern Chefökonom der Europäischen Zentralbank.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Mit einer schönen Polemik gegen die Argumente der Gegner von Konjunkturprogrammen

  2. Markus Sievers: Warten – bis Merkel umfällt
    Diese Wette gilt: Kanzlerin und Finanzminister müssen 2009 ein Konjunkturpaket vorlegen. Dass sie sich noch gegen den geballten Sachverstand stemmen, ist eine Katastrophe.

    Was Merkel und Steinbrück abliefern, hat mit Krisenmanagement nichts zu tun. Erst legen sie ein Konjunkturpäckchen auf, das nichts bringt. Dann verweigern sie gegen den geballten Sachverstand und zum Entsetzen der internationalen Politik die Kurskorrektur. Schließlich deuten sie an, möglicherweise könnten sie im Januar einknicken und dann mehr tun. Warum halten Merkel und Steinbrück die Menschen im Ungewissen? Was soll das Verwirrspiel? Hier kommt zur ökonomischen die politische Katastrophe hinzu.
    Quelle: FR

  3. Haushaltsdebatte: Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin
    Plenarprotokoll Vorab-Veröffentlichung
    Quelle: Deutscher Bundestag

    Anmerkung WL: Sie können hier die Generalaussprache nachlesen. Wir wollen ihre Urteilsbildung nicht vorwegnehmen, aber prüfen Sie einmal selbst, was an der Rede Lafontaines so falsch sein könnte.

  4. Steinbrück redet Rezession klein
    Deutschland steckt in einer Rezession, das mag Peer Steinbrück nicht leugnen. Doch der Finanzminister warnte im Bundestag vor der Lust an schlechten Nachrichten und will deshalb auch an der Wachstumsprognose festhalten. Kanzlerin Merkel musste sich unterdessen von der CSU herbe Kritik für ihre unverantwortliche Schwarzmalerei anhören.

    Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat eingeräumt, dass sich Deutschland im Zuge der Weltwirtschaftskrise in einer Rezession befindet. “Ja, die Bundesrepublik Deutschland ist in einer Rezession.” Es wäre unzutreffend, nur noch von einer Stagnation zu sprechen, sagte Steinbrück am Dienstag im Bundestag zum Auftakt der viertägigen Schlussdebatte über den Haushalt 2009. Niemand wisse, wie scharf die Rezession sein werde und wie lange sie dauern werde, sagte Steinbrück. Er warnte jedoch vor dem “Vergnügen des Erschauerns” und der Lust an schlechten Nachrichten sowie vor einem “Überbietungswettbewerb” für immer neue Konjunkturprogramme.
    Quelle: Stern-online

    Anmerkung AM: Der Mann beweist immer wieder neu, dass er wenig Ahnung von Wirtschaftspolitik hat. Im Auge einer Rezession kann man doch nicht warten, bis sie da ist.

  5. Die Abzocker machen weiter
    Was haben sie uns nicht alles erzählt über den Markt, der praktisch alles besser könne als der Staat. Die Marktideologen waren ständig um das Wohl unseres Landes besorgt – unter ihnen Friedrich Merz, Arnulf Baring, Werner Sinn, Horst Köhler, die Rogowskis, die Hundts und Henkels, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die Bertelsmannstiftung. Immer lauter wurden ihre Forderungen nach Wettbewerb, Deregulierung, Privatisierung und Beschneidung von Arbeitnehmerechten.

    Effizienz, Rendite, Ökonomisierung aller Lebensbereiche standen im Mittelpunkt der Debatten und der zahlreichen Fernseh-Talkshows. Jetzt aber will es keiner gewesen sein.
    Quelle: Neue Rheinische Zeitung

    Anmerkung WL: Der Beitrag von Franz Kersjes enthält noch einmal eine gut brauchbare Liste der Förderung der Finanzbranche durch die Bundesregierung.

  6. Deutsche Bank und Landesbanken haben uns in die Krise getrieben
    Josef Ackermann war es, der den Umbau der Deutschen Bank vom seriösen Finanzierer der Deutschland AG zum T-Rex unter den Banken-Dinosauriern forcierte. Die Deutsche spielte dann eine zentrale Rolle bei der Konstruktion der milliardenschweren Schattenbanken, die schließlich implodierten, wie etwa bei der in Staatshand befindlichen IKB. Zugleich trieb die Deutsche hunderte deutscher Mittelständler und Kommunen in hoch riskante Zinsswapgeschäfte. Den Deutschbankern war es dabei einerlei, wenn der Staat, der auch die Frankfurter U-Bahn finanzierte, mit der sie morgens zur Arbeit fahren, hohe Verluste machte.

    Parallel dazu kaufte Ackermann politisches Wohlwollen ein, indem er ,verdienten’ Finanzpolitikern und Regulierern einen goldenen Karriereabschluss bot: da wechselte Finanzstaatssekretär Kajo Koch-Weser ebenso zur Deutschen wie der oberste deutsche Bankenaufseher Helmut Bauer oder der Chef der mit der weltweiten Koordination der Bankenaufsicht befassten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Malcolm Knight. Ähnlich wie die Kollegen von Goldman Sachs, die Ottmar Issing auf ihrer Gehaltsliste führen, ließ sich die Deutsche Bank diese Art von Landschaftspflege Millionen kosten. So kontrollierte die Bank faktisch die Behörden, anstatt, dass sie kontrolliert wurde.

    Die von der Politik protegierten Landesbanken wiederum sind seit Jahrzehnten eine Lachnummer für die Wall Street. Ihre Spekulationen mit vom Staat garantierten Geldern haben ganze Generationen von Investmentbankern ernährt. So stiegen die Landesbanken erst dann groß in den USA ein, als sich die dortigen Investoren aufgrund der abnorm steigenden Hauspreise bereits zurückzogen. Durch die Vereinbarung mit der EU- Kommission von 2001 hatte es der Großlobbyist der Landesbanken, Peer Steinbrück (damals NRW-Finanzminister), zusammen mit seinen Kollegen Faltlhauser (Bayern) und Stratt haus (Baden-Württemberg), erreicht, dass bis 2005 rund 100 Milliarden Euro mit Staatsgarantien von den Banken emittiert werden konnten, die großteils direkt und zum Zeitpunkt des höchsten Risikoniveaus in die USA flossen.
    Quelle: tagesspiegel.de

    Anmerkung KF: Ein starker Artikel des Tagesspiegels, auch wenn er viel sagt, was NDS Leser schon wissen.

    Ergänzung AM: Aber der Artikel ist, weil er im eher konservativen Tagesspiegel steht, direkt nutzbar, um Menschen aus diesen Schichten die Augen zu öffnen. – Steinbrücks direktes Involviertsein erklärt auch sein Auftreten: immer härter, mit immer affirmativer Stimme, immer aggressiver und rechthaberischer. So gebärden sich Leute, die „die Hosen gestrichen voll haben“.

  7. Sparkassen weisen den Weg
    Nicht die internationalen Privatbanken, sondern die lokal agierenden Banken stützen die Wirtschaft. Daher sollte jetzt das Bankwesen weitgehend regionalisiert werden
    Quelle: taz
  8. Gefangener der eigenen Verträge
    Das jetzt häufig reklamierte Primat der Politik zur Eindämmung der Finanzkrise wird am geltenden EU-Recht scheitern. In Artikel 56 I EGV (Nizza-Vertrag/ s. Glossar) wird die Kapitalverkehrsfreiheit gleichlautend mit Artikel 63 I des AEUV als Teil des Lissabonner Vertrages folgendermaßen formuliert: “Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.” Diese Vorschrift wird logischerweise als Pflicht zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs verstanden, das heißt, zur Deregulierung der Finanzmärkte. Eine Pflicht, die nicht nur innerhalb der EU, sondern auch gegenüber Drittstaaten gilt.

    Eine nachhaltige Re-Regulierung der Finanzmärkte ist demnach weder mit dem Geist noch den Buchstaben der EU-Verträge vereinbar. Die Bundesregierung scheint das nach dem ersten Schock zu registrieren und steuert um auf marktkonforme Mechanismen, indem sie nun viel von mehr Transparenz auf den Finanzmärkten redet. Doch können die das Kasino nicht stilllegen, weil die Shareholder hohe Rendite erwarten – und gezockt wird in Kenntnis des Risikos. So wird die Finanzmarktkrise möglicherweise zu einer Krise der EU, weil die sich mit ihren Verträgen auf den Finanzmarkt getriebenen Kapitalismus festgelegt hat.
    Quelle: Freitag

    Anmerkung Orlando Pascheit: Und Leute wie Vaclav Klaus warten nur darauf, um eventuelle Verstöße vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen und Recht zu bekommen, siehe die Urteile gegen Gewerkschaften im Namen der Dienstleistungsfreiheit.

  9. Bundesfinanzministerium: Übersicht über die Steuerrechtsänderungen seit 1964
    Eine hochinteressante Übersicht über die Steuermehr- und Steuermindereinnahmen durch die zahllosen Steuerrechtsänderungen.
    Quelle: Bundesministerium der Finanzen [PDF – 328 KB]

    Anmerkung WL: Es wäre höchst interessant, welche Entlastungen bzw. Belastungen für Lohnempfänger und für Kapital- und Vermögenseinkünfte es in dieser Zeit gegeben hat. Vor allem wäre es auch spannend welche Entlastungen die Unternehmensteuerreformen von Rot-Grün und der Großen Koalition seit 1998 mit sich gebracht haben.

  10. Werner Vontobel: Bremsklotz
    Im Sachverständigenrat der Regierung entscheidet die Mehrheit, nicht das bessere Argument. Der Würzburger Volkswirt Peter Bofinger ist nicht mehr der einzige, der mit einer Minderheitenmeinung an alten Dogmen rüttelt. Auch der Vorsitzende der Runde, der Darmstädter Ökonom Bert Rürup gehört mit seinem Votum für einen Mindestlohn jetzt zu den Dissidenten. Rürup zeigt, dass die angeführten Expertisen das Ergebnis schon in ihren Annahmen einprogrammiert haben.

    Bofinger wiederum schaut nach, wie sich Deutschland als Land ohne Gehaltsuntergrenze in punkto Beschäftigung, Lohn und Nachfrage von anderen Ländern unterscheidet. Die wichtigsten Ergebnisse: Zwischen 2000 und 2007 sind die Löhne in der Bundesrepublik im Jahresmittel um 0,8 Prozent gestiegen. Im übrigen Euro-Raum, in Großbritannien und in den USA lagen die Zuwachsraten zwischen 3,2 und 4,0 Prozent. In Deutschland wuchs die Beschäftigung im selben Zeitraum lediglich um 0,2 Prozent pro Jahr, in Großbritannien und den USA waren es dagegen 0,9 Prozent, im Euro-Raum ohne die Bundesrepublik sogar 1,5 Prozent. Diese Fakten zeigen, dass niedrige Löhne das Wachstum der Binnennachfrage in einem Ausmaß beinflussen, das von den Exportüberschüssen bei weitem nicht kompensiert wird. Bofingers Zahlen zeigen, dass die Bundesrepublik – mit dem Segen des Sachverständigenrates – jährlich rund 400 Milliarden Euro Binnennachfrage gegen 170 Milliarden Exportüberschuss getauscht hat. Damit macht Deutschland nicht nur im eigenen Land, sondern auch weltweit Millionen von Jobs kaputt.

    Nun würde man erwarten, dass ein Expertengremium diese Einwände würdigt – und gegebenenfalls mit Gegenargumenten entkräftet. Doch nichts davon. Die Mehrheit entscheidet, nicht die Argumente. Bofinger und Rürup werden mit Platituden niedergewalzt: “Mit den Arbeitsmarktreformen hat der Gesetzgeber einen insgesamt betrachtet zielführenderen Weg eingeschlagen, anstatt das Rad wieder zurückzudrehen, muss der Kurs beherzt fortgesetzt werden.” Herz kommt offenbar vor Verstand.
    Quelle: Freitag

  11. Nur jeder Dritte unter 30 schafft den Ausstieg aus Hartz IV
    Rund 40 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren, die im Januar 2005 Arbeitslosengeld II bezogen, waren bis Ende 2006 durchgehend auf diese Leistung angewiesen. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Rund 60 Prozent der jungen Arbeitslosengeld-II-Bezieher konnten innerhalb des Beobachtungszeitraums von zwei Jahren ihre Hilfebedürftigkeit überwinden. Doch fast die Hälfte dieser Gruppe hat im selben Zeitraum zumindest vorübergehend erneut Arbeitslosengeld II in Anspruch nehmen müssen. Nur rund ein Drittel der jungen Erwachsenen hat in den zwei Jahren den Ausstieg aus der Hilfebedürftigkeit dauerhaft geschafft.
    Quelle: IAB Kurzbericht 22/08 [PDF – 1 MB]
  12. Das Comeback des Peter Hartz
    Die Reform des Arbeitsmarkts basiert auf seinen Ideen, jetzt mischt sich Peter Hartz wieder in die Politik ein – und entwirft ein Konzept für den Arbeitsmarkt im Saarland. Der frühere VW-Manager Peter Hartz entwirft dem Bericht zufolge ein neues Konzept für den Arbeitsmarkt im Saarland. Hartz arbeite seit Monaten mit Wissenschaftlern an dem Programm, der Langzeitarbeitslosen zu einem neuen Job verhelfen und im Saarland getestet werden soll. Dabei soll es auch um Coach-Programme für Langzeitarbeitslose gehen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Manche werden eben aus Fehlern nie klug.

  13. Das Oligopol schlägt zu
    Auf die Verbraucher kommen kräftige Strompreiserhöhungen zu. Nach einer Marktübersicht des Internetportals Verivox wollen zum 1. Januar 354 Anbieter die Tarife für mehr als 14 Millionen Haushalte heraufsetzen. Im Schnitt liege die Erhöhung bei 8,5 Prozent oder 74 Euro mehr pro Jahr für einen Vier-Personen-Standardhaushalt. Die Branchenriesen Eon und RWE haben zudem weitere Aufschläge angekündigt.
    Quelle: FR

    Anmerkung: Wann werden endlich solche Renditejäger vom Netz genommen. – Allerdings wäre auch etwas mehr Recherche seitens der Presse wünschenswert. Wie werden die Erhöhungen begründet? Eine Zeitung berichtete von einer Anpassung an gestiegene Beschaffungskosten. Worin bestehen diese Beschaffungskosten? usw.

    Dazu:

    Derzeit bekannte Änderungen von Strompreisen bei Grundversorgungstarifen zum 01.01.2009
    Quelle: ZDF [PDF – 52 KB]

    Anmerkung WL: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begründete die Tariferhöhungen mit gestiegenen Beschaffungskosten. Die Großhandelspreise an der Leipziger Strombörse seien zwischenzeitlich deutlich in die Höhe geschossen. Die Stromversorger deckten sich dort in der Regel ein bis zwei Jahre vor dem Liefertermin mit den von ihnen benötigten Strommengen ein – zu den zu diesem Zeitpunkt gültigen Konditionen. Dass Kohle und Gas aktuell deutlich billiger zu haben seien, könne sich daher erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Strompreisen widerspiegeln, sagte eine BDEW-Sprecherin.

    Strompreiserhöhungen also eine Folge von Börsenspekulationen in Form einer Art „Leerverkauf“, d.h. man spekuliert auf in der Zukunft höhere oder niedrigere Beschaffungskosten. Wenn das der Fall wäre, dann belegt das wieder einmal, wie unsinnig die Privatisierung und die Umwandlung in private Energie-Oligopole ist für die dann künstlich eine Art Wettbewerb auf einer Börse geschaffen wurde.

  14. Mehdorns durchsichtiges Manöver
    Der Bahn-Chef will vor Tarifgesprächen bei den Mitarbeitern Angst verbreiten – und warnt vor Einbrüchen im Güterverkehr. Was aber nach wie vor fehlt, ist ein halbwegs realistischer Plan für 2009.
    Quelle: FTD

    Anmerkung Orlando Pascheit: Mehdorn in der Klemme. Einerseits muss er zukünftigen “Investoren” klar machen, dass er mit den Gewerkschaften zurecht kommt, andererseits versucht er mit einer verhagelten Bilanz im Güterverkehrs – wie wohl im gesamten Logistikbereich die Gewerkschaften zu beeindrucken, was wiederum “Investoren” abschreckt. Es rächt sich, dass Mehdorns Bahnpolitik immer irgendwelchen taktischen Spielchen um den Börsengang unterworfen wurde. Jetzt glaubt ihm keiner mehr, auch kein Wirtschaftsblatt wie die FTD.

  15. Millionenverluste durch Cross-Border-Leasing der Wasserversorgung in Baden-Württemberg
    Ein Filmbeitrag im ZDF
    Quelle: ZDF

    Siehe dazu auch:

    Ein Desaster
    Die Verluste der beiden Wasserversorger sind noch viel größer, als von außen zu erkennen war. Etliche Millionen Euro wird das grenzenlose Vermieten die beiden Verbände kosten.Cross-Border-Leasing stellt sich als das heraus, was seine Kritiker immer darin sahen: als einziges Desaster.
    Quelle: Stuttgarter Zeitung

  16. Patent auf Gewinn
    Arzneimittel sind ein lukrativer Markt. Mittlerweile entscheiden immer weniger Ärzte, sondern Kassen und Pharmafirmen über ihren Einsatz
    Quelle: Freitag
  17. Der DGB lehnt die Arbeitgeberforderung nach einer vorzeitigen Senkung der Rentenversicherungsbeiträge auf 19,6 Prozent als gefährlichen Populismus ab

    DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warf den Arbeitgebern im Tagesspiegel vor, die Öffentlichkeit zu blenden. “Die Arbeitgeberverbände gaukeln den Beschäftigten milliardenschwere Entlastungen vor, leider mit ungedeckten Schecks, die letztlich zu höheren Belastungen führen. Einem Durchschnittsverdiener mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.500 Euro würden zwar 3,75 Euro mehr bleiben, doch er müsste das Doppelt- und Dreifache privat zurücklegen, weil durch Beitragsenkungen letztlich weitere Rentenkürzungen drohen”, so Buntenbach.
    Quelle: DGB

  18. Heimlich will die US-Regierung das Finanzsystem mit fast 8 Billionen Dollar stützen
    Hinter dem vom Kongress bewilligten Peanuts-Rettungsprogramm von 700 Milliarden setzt vor allem die Fed Billionen aufs Spiel – Obamas nominierter Finanzminister steckt mittendrin.

    Wir haben uns allmählich seit Beginn der Finanzkrise daran gewöhnt, dass mit Milliarden im zwei- und dreistelligen Bereich jongliert wird. Insgesamt soll die Finanzkrise weltweit den Unternehmen 23 Billionen Dollar Verluste beschert haben, 38 Prozent ihres Werts. Gerade hat die US-Regierung wieder einmal über 300 Milliarden US-Dollar Garantien für die angeschlagene Citigroup, die einst weltweit größte Bank, gegeben. Und nun berichtet der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg, dass die US-Regierung möglicherweise mehr als 7,76 Billionen Dollar Steuergelder zur Rettung des Finanzsystems aufs Spiel setzen könnte. Das ist die Hälfte dessen, was letztes Jahr in den USA hergestellt worden ist.
    Quelle: Telepolis

  19. Harald Schumann: Diener vieler Herren
    Obamas künftiger Wirtschaftschef und der designierte Finanzminister waren selbst Architekten der Krise. Vor ihrer Amtseinsetzung werden sich Summers und Geithner gewiss noch einer Menge kritischer Fragen bei der vorgeschriebenen Anhörung im US-Kongress stellen müssen. Denn sie waren an höchster Stelle an vielen Entscheidungen beteiligt, die überhaupt erst zum Beinahekollaps des Finanzsystems geführt haben.
    Quelle: Tagesspiegel
  20. Rezension des Buches „Der Klassenkampf“ von Francois Ruffin in Le Monde
    Übertragen von Gerhard Kilper:

    Hervé Kempf: Schluss mit dem konturenlosen linken Diskurs
    Wesentliche Inhalte von Kempfs Besprechung des Buches von François Ruffin, „Der Klassenkampf“ (Fayard 2008) in der Pariser Tageszeitung Le Monde vom 20.11.2008; Originaltitel der Besprechung: „Pour en finir avec la gauche molle“.

    Nach Kempf braucht man Unabhängigkeit und Frechheit eines Milliardärs, um gesellschaftlich geächtete Worte öffentlich in den Mund nehmen zu können. Der reichste amerikanische Milliardär, Warren Buffet, sprach im November 2006 eine ungehörige Wahrheit aus: „Der Klassenkampf ist ein historischer Fakt, er wird von meiner Klasse, der Klasse der Reichen geführt und wir sind dabei ihn zu gewinnen“ (New York Times vom 26.11.2006).

    Die Erkenntnis Buffets ist Dreh- und Angelpunkt von Ruffins Buch. Aber warum ist das Wort „Klassenkampf“ aus dem politischen Diskurs verschwunden, wo er doch offensichtlich heute aktueller denn je ist?

    Buffets Aussage wird durch Studien der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), des Weltwährungsfonds IWF und der EU-Kommission gestützt, auf die sich Ruffin in seinem Buch bezieht. Die Studien zeigen, dass sich seit den 1980-er Jahren der Anteil der Gewinne bzw. der Besitzeinkommen am Brutto-Inlandssozialprodukt in allen westlichen Gesellschaften ganz erheblich zu Lasten der Arbeitseinkommen erhöht hat. Der Anteil letzterer sank in den G7-Ländern zwischen 1983 und 2006 um 5,8%, ein gesellschaftlicher Tatbestand, der nicht ins öffentliche Bewusstsein vorgedrungen ist, weil er von Medien verschwiegen und von Politikern kaum erwähnt wird. Durch sein Zahlenmaterial zeigt Ruffin, dass unter der Redistribution zugunsten der reichen Oligarchien in den westlichen Industrieländern heute besonders die Generation 30-Jährigen leidet, der das Prekariat droht.

    Ruffin ist erstaunt, dass die Linke als Interessenvertreter der Arbeitnehmer diesen Sachverhalt in der politischen Diskussion nicht anspricht, in Frankreich weder die Sozialistin Ségolène Royal noch die Kommunistin Marie-George Buffet. Zur Erklärung verweist Ruffin auf Emmanuel Todd: „Den Mitglieds-Kern linker Parteien bilden Lehrer, die von den ökonomischen Arbeitnehmer-Schocks durch die Umstrukturierungen der letzten 20 Jahre verschont geblieben sind bzw. keine Verbindung mehr zu diesem ursprünglichen soziologischen Kern der Linken haben“.

    Weiter zitiert Ruffin Ergebnisse der CNRS-Forscherin Josette Lefèvre, die das von den Gewerkschaften seit mehreren Jahrzehnten verwendete Vokabular untersuchte und zum Schluss kommt, dass seit den 1980-er Jahren der Begriff „Klasse“ nicht nur aus dem Diskurs der französischen sozialistischen Partei PS, sondern auch aus dem Diskurs der Arbeiter-Gewerkschaften verschwunden ist.

    Ruffin stellt in seinem Buch die gesellschaftliche Bedeutung des Makro-Einkommensumverteilungs-Sachverhalts heraus. Zum besseren Verständnis der aktuellen Generaloffensive des Geldes gegen die arbeitenden Menschen schlägt er der Linken für ihren politischen Diskurs die Rückbesinnung auf das grobe gesellschaftliche Beziehungsschema Arbeit/Kapital vor.

    Für einen politischen Neuanfang der Linken empfiehlt Ruffin eine von einem gemeinsamen Interessen-Sockel ausgehende und auf breites Faktenmaterial gestützte Reflexion darüber, durch welche neuen Regeln das sozio-ökonomische Verteilungsspiel verändert werden kann. Ruffin verweist auf die Aktualität der Schriften und Reden des alten Urgesteins der französischen Sozialisten, Jean Jaurès, der, ohne in marxistischen Dogmatismus zu verfallen, die soziale Kälte des Klassenkampfes anprangerte.

  21. Tipp: Eine DVD zum Hartz-IV-Tribunal der Gewerkschaften
    Als das Hartz-IV-Tribunal im Januar 2008 stattfand, tobte in Hessen der Landtagswahlkampf. Die Losung war damals »Koch muß weg«. Sieht man jetzt, zehn Monate später, die Dokumentation, ist der Eindruck, die Zeit sei seitdem stehengeblieben. Die Mehrheit von SPD, Grünen und Linken in Hessen brachte keine Regierung unter einer sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti zustande, der Landtag ist aufgelöst, es ist wieder Wahlkampf. Das auf dem Tribunal Erörterte ist so aktuell wie seinerzeit: Insbesondere hob die Jury die Mittäterschaft des hessischen Ministerpräsidenten hervor: Roland Koch sei Geburtshelfer von Hartz IV und wolle mit seinem Hessen-Modell beweisen, daß »die Gesellschaft auch ohne das Soziale machbar« sei.
    In Hessen geht es wieder um Koch oder nicht Koch, also ums Ganze.
    Quelle: junge Welt

    Die DVD ist beim 4. Hessischen Sozialforum käuflich zu erwerben oder unter www.arstuff.net. Für Privatpersonen und Initiativen kostet sie 10 Euro, für Organisationen 15 Euro

  22. Tipp: ORF-Sendung vom 19.11.08 zum Thema „Von der Finanzkrise zur Weltkrise“ auf youtube
    Hier können Sie die ORF-Sendung Club2 vom 19.11.2008 zum Thema „Von der Finanzkrise zur Weltkrise“ online abrufen. Moderation Renata Schmidtkunz, Diskussionsteilnehmer Jean Ziegler, Margit Appel, Dr. Fürst, Klaus Werner-Lobo, Peter Altmiks und Albrecht Müller. Dank an Roger Strassburg:

    Torturing Democracy
    Torturing Democracy is 2008 documentary film produced by PBS. The film details the use of “enhanced interrogation techniques“ “, including waterboarding, by the Bush administration in the War on Terror. The documentary includes interview from U.S. State Department and military personnel, including former Deputy Secretary of State Richard Armitage.
    Quelle: Torturing Democracy

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