Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) wirbt mit Hilfe Ihrer Beiträge für Privatvorsorge – und auch noch für Rürup, Riester und Steinbrück

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Wir werden auf die aktuelle Ausgabe Nr. 4 der regelmäßigen Publikation „Zukunft jetzt“ der Deutschen Rentenversicherung aufmerksam gemacht. Darin wirbt die DRV mit den Köpfen von Rürup, Riester und Steinbrück für die private Altersvorsorge.
Die DRV zieht die Beiträge für die gesetzliche Rente ein und zahlt die Renten aus. Sie müsste eigentlich die Hüterin der Interessen der Beitragszahler und der Sozialrentner sein. Aber, darauf haben wir gelegentlich schon hingewiesen, sie missbraucht die Rentenversicherungsbeiträge der gesetzlich verpflichteten Beitragszahler zur Werbung für die Konkurrenz. Albrecht Müller

Kurz nachdem bekannt geworden ist, dass Bert Rürup zum Finanzdienstleister AWD wechselt und damit auch offiziell Lobbyist der Privatvorsorger wird, macht die Vertreterin der Gesetzlichen Rentenversicherung auf Kosten der Beitragszahler Reklame für die Privatvorsorge. Sie druckt dazu eigens gezeichnete Porträts von Rürup, Riester und Steinbrück ab.

Im Begleittext rechts im Bild wird Rürup wie auch Riester als „Rentenexperte“ vorgestellt. Und es wird damit geworben, 11 Millionen Riester-Verträge seien bereits abgeschlossen worden. Dass 1 Million ihre Riester-Verträge schon wieder gekündigt haben, wie heute bekannt wurde, berichtet die Deutsche Rentenversicherung nicht. Sie berichtet nunmehr verständlicherweise auch nicht über die schlechten Erfahrungen einzelner Bürger mit der Rürup- und der Riester-Rente. Siehe dazu beispielhaft die Mail eines NachDenkSeiten-Nutzers im Anhang B.

So wird in der Publikation „Zukunft jetzt“ der Deutschen Rentenversicherung für die Riester-Rente geworben.

Dies alles wird finanziert mit dem Geld der Beitragszahler. Das ist ein skandalöser Missbrauch dieser Gelder.

Auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung finden Sie auch noch andere Texte aus der Publikation. Darin werden die Vor- und Nachteile der Riester- und der Rürup-Rente präsentiert.

In diesem Reklametext für Privatvorsorge finden Sie natürlich keine Hinweise darauf,

  • wie niedrig die Rendite dieser Produkte inzwischen in der Regel ist,
  • dass Sie mit Ihren Steuergeldern die Förderung für die Riester- und Rürup-Rente selbst bezahlen,
  • dass die Kosten der Rentenversicherer und Finanzdienstleister häufig schon die Fördergelder auffressen,
  • dass die Riester-Rentner in die Röhre schauen, wenn sie die Zahlungen nicht durchhalten können, etc..

Und natürlich werden Sie auch nicht darüber informiert, dass die beiden „Paten“ – wie Rürup und Riester auf der Abbildung genannt werden – systematisch das Vertrauen in die gesetzliche Rente zerstört haben und daran selbst verdienen.

Ich gehe inzwischen davon aus, dass die Führung der DRV, also jener Einrichtung, die eigentlich für die sorgfältige und sparsame Verwaltung der Beiträge der Gesetzlichen Rente zuständig ist, direkt oder indirekt von den Gegnern dieser solidarischen Rente, also von der Finanzwirtschaft, beeinflusst wird. Anders ist nicht zu erklären, dass die Vertreter der Gesetzlichen Rente so engagiert für ihre Konkurrenz werben und dazu die ihnen anvertrauten Mittel missbrauchen.

Die Betroffenen, die Steuerzahler und die Beitragszahler, sollten an den entsprechenden Stellen ihren Unmut zum Ausdruck bringen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Sie könnten Ihren Protest direkt über die rechts unten auf der zweiten Abbildung wiedergegebenen Servicenummer abliefern, also unter 0800 1000 4800, Montag bis Donnerstag: 7.30 bis 19.30 Uhr, Freitag: 7.30 bis 15.30 Uhr. Sie werden dann mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der DRV sprechen können. Bitte beachten Sie, dass diese Menschen nicht verantwortlich sind für den Missbrauch der Beitragsgelder und Steuergelder für private Interessen.
  • Die richtige Adresse wäre der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Dr. Herbert Rische, am besten erreichbar über den für Publikationen verantwortlichen Mitarbeiter, den Pressesprecher der DRV:

    Dr. Dirk von der Heide,
    Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung
    Telefon: 030/865-89174
    Fax: 030/865-89425
    E-Mail: [email protected]

    Oder über die Redaktion:

    Deutsche Rentenversicherung
    Pressereferat
    Ruhrstraße 2
    10709 Berlin
    Telefon: 030 865-26135
    E-Mail: [email protected]

Es könnte sein, dass es keinen direkten Einfluss der Privatvorsorger auf die Führung der Deutschen Rentenversicherung gibt und stattdessen der Einfluss indirekt über die Politik, also konkret über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, ausgeübt wird. Es könnte so sein.

Dass die Finanzindustrie ihren Einfluss auf die Politik hoch einschätzt und diesen auch pflegt, wurde zuletzt in den NachDenkSeiten vom 5. Dezember dokumentiert. Wir wiesen in diesem Beitrag auf die vielen Spenden der Finanzbranche an politische Parteien hin. Aufgrund dieses Beitrags erreichte uns die Nachricht, dass der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) seine Mitgliedsunternehmen gerade neu aufgefordert hat, an die politischen Parteien zu spenden.
Damit ist der Kreis geschlossen: Sie zahlen Beiträge, von diesen Beiträgen wird etwas abgezweigt zur Reklame für die Konkurrenz; die konkurrierende Privatvorsorge wird außerdem mit Milliarden an Zulagen und Steuervergünstigungen, die Förderbeträge, gefördert, diese erstattet für alles zusammen den Dank zurück an die politischen Parteien, und so weiter. Natürlich stehen die Spendengelder in keiner Relation zu den Milliarden, die aus Steuergeldern in die Förderung fließen. Eines ist aber sicher: Sie, die Bürgerinnen und Bürger, sind in jedem Fall auf der Verliererstraße: als Steuerzahler, Beitragszahler und als Rentner, denen man die Sicherheit der Altersvorsorge genommen hat, damit ein paar wenige daran verdienen.

Anhang A:

Der Erfahrungsbericht eines Nutzers der NDS zur Rüruprente:

Ihr Beitrag vom 04.12.08 zum “Rentenexperten” Prof. Rürup bestätigt meine ganz persönlichen Erfahrungen.
Ich bin 62 Jahre, als Selbstständiger tätig.
Durch meinen Steuerberater darauf aufmerksam gemacht, dass man mit Steuerersparnis auch seine Altersvorsorge aufbessern könnte, habe ich mich im vergangenen Monat intensiv mit der Rürup-Rente beschäftigt.
Dazu habe ich mir von der Sparkassenversicherung, der DEBEKA, der Cosmos und der Aachen-Münchner Angebote eingeholt – und dann zu meinem Glück selbst gerechnet.
Fazit meiner Rechnung: Selbst bei Annahme eines positiven Verlaufs und jährlicher Zuwächse von mindesten 1,5 % ist diese “Altersvorsorge” für den Versicherten ein einziger Flop, für den Versicherer aber ein lukratives Geschäft.
Mit 80 Jahren hätte ich mein eingezahltes Geld – unter Berücksichtigung der Steuerersparnis – wieder zurückerhalten, also ohne einen Cent Zinsen. Auch unter dem Blickwinkel der Hinterbliebenversorgung ein Verlustgeschäft.
Meine eingerechnete Steuerersparnis – 10.000 € – kommt mir also gar nicht zu gute, sondern geht als Abschlussprovision und Verwaltungsgebühr (sprich Gewinn) an die Versicherung, die tatsächliche Rendite liegt unter Sparbuchniveau, und ich trage auch noch das volle Risiko des frühzeitigen Ablebens.
Keiner der Versicherungsvertreter konnte meine Rechnung widerlegen, als einziges Argument kam immer wieder “Aber Sie sparen doch Steuern, die die Rendite Ihrer Altervorsorge erhöht!” Von ehrlicher Beratung keine Spur, offensichtlich gibt es für Rürup- und Riesterverträge gute Provisionen, denn man war von meiner Absage überrascht und tief enttäuscht.
Herr Rürup hat sich seinen Stuhl bei der AWD wirklich verdient – er ist ein wirklicher “Weiser”, weiß er doch, wie man Geld machen kann und wann der Zeitpunkt gekommen ist, sich vom Acker zu machen.
Politiker und die gesetzliche Rentenversicherung als Sponsoren – wahrlich ein tolles Geschäft für die Privaten – und das alles zu Lasten der gesetzlichen Rente und damit von Millionen Rentnern.

Mit freundlichen Grüßen
R.I.

Anhang B:

Altersvorsorge: Eine Million kündigen Riester-Verträge
Seit Einführung der Riester-Rente haben knapp eine Million Menschen ihren Riester-Vertrag offenbar wieder gekündigt. Die Beschwerden über die Verträge nehmen deutlich zu.
Quelle: FOCUS

Anhang C:

Gesamtverband der Versicherungswirtschaft forderte Mitgliedsunternehmen zu Parteispenden auf

Dazu erreichte uns folgende Information:

Ihren Hinweis vom 05.12.2008 zum oben genannten Thema möchte ich um die Information ergänzen, dass der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) im Zusammenhang mit der Finanzkrise unlängst per Rundschreiben sämtliche Mitgliedsunternehmen zu einer Parteienspende aufgefordert hat. Immerhin sind die zu begünstigenden Parteien nicht konkret benannt worden, den Vorgang an sich finde ich allerdings schon bemerkenswert.
Bitte lassen Sie nicht nach in Ihren Bemühungen um Aufklärung – diese ist meines Erachtens dringend notwendig!

Mit freundlichen Grüßen von einem regelmäßigen Leser