SPIEGEL Online entlarvt Fake News … und macht sich dabei lächerlich

Jens Berger
Ein Artikel von:

Was würden wir nur ohne die tapferen „Faktenchecker“ von SPIEGEL Online machen? Heute präsentiert uns die Onlinesparte des SPIEGEL einen gnadenlosen Faktencheck über die angeblich in den sozialen Netzwerken kursierende Geschichte, Angela Merkel wolle bis 2060 zwölf Millionen Migranten ins Land holen. Das ist sicher löblich, doch SPIEGEL Online wäre nicht SPIEGEL Online, wenn man die Gelegenheit nicht nutzen würde, dabei gegen „das Netz“ zu sticheln und so – gewollt oder ungewollt – die klassischen Medien aufzuwerten. Doch genau dazu eignet sich dieser Faktencheck ganz und gar nicht, zeigt er doch, dass die meisten Fake News von klassischen Medien stammen. Ein „Faktencheck“ zum „Faktencheck“ von Jens Berger.

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Der Artikel, der laut SPIEGEL Online auf Facebook von „vielen Menschen geteilt wird“, stammt – so der Faktencheck – von der „österreichischen Website Wochenblick“, die sich „auf einen vier Wochen alten Text des britischen Portals Daily Express” beziehen soll. Das ist sicher korrekt recherchiert und soll so klingen, dass die „dummen Leser“ wieder einmal auf irgendwelche Internetseiten hereinfallen. Der Unsinn ist dabei jedoch eine lupenreine Erfindung der klassischen Medien. Der „Daily Express“ ist nämlich kein „Portal“, sondern eine im Jahre 1900 gegründete rechte Boulevardzeitung mit einer verkauften Auflage von mehr als 400.000 Exemplaren; also ein „Big Player“ in der Branche, der natürlich seine Inhalte auch über das Netz zweitverwertet, wie es ja alle Zeitungen tun. Dass der Express übrigens bei den Themen „Deutschland“ und „Migration“ in einer seltsamen Parallelwelt lebt, ist bekannt.

Und auch der Wochenblick ist primär keine „Website“, wie SPIEGEL Online, sondern eine oberösterreichische Wochenzeitung, die der FPÖ nahesteht und schon öfters durch schlecht recherchierte Artikel mit rechter Ausrichtung aufgefallen ist. Wir haben es hier also mit zweifelsohne unappetitlichen Falschmeldungen, aka Fake News, zu tun, die jedoch eindeutig klassische Medien, eine britische Boulevardzeitung und eine österreichische Wochenzeitung, zu verantworten haben. Warum schreibt SPIEGEL Online dies nicht eindeutig, sondern verschleiert die Herkunft, indem es die beiden Ursprungsmedien als vermeintliche Onlinemedien darstellt?

Dass SPIEGEL Online direkt unter dem Artikel seine „Tipps für den Online-Alltag“ anbietet, ist in diesem Zusammenhang auch nicht eben hilfreich und verstärkt den Eindruck, man nutze die Gelegenheit, um Eigen-PR zu betreiben. Dabei wäre es im konkreten Fall angebrachter, den Lesern „Tipps für den Zeitungs-Alltag“ mit auf den Weg zu geben.

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