Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Mali: Wie bei einem “Routineeinsatz” Soldaten “verunglücken”
  2. US-Sanktionen gegen Russland”Auch die deutsche Wirtschaft muss ihren Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit leisten”
  3. Abgasbetrug
  4. Wie die Vermachtung der Wirtschaft dank Internet die Lohnquote drückt
  5. Der Osten arbeitet länger
  6. Die Vorgänger der Uber-Fahrer und Deliveroo-Boten
  7. Frankreich verstaatlicht Werft in Saint-Nazaire: Macron düpiert Italien
  8. Korruption in Spanien: Señor Rajoy weiß von nichts
  9. Was überhaupt ist „Wettbewerbsfähigkeit“?
  10. LINKE fordert eigenständiges Gesetz für den Beschäftigtendatenschutz
  11. Sahra Wagenknecht über steigende Mietpreise
  12. Kampf um Caracas
  13. Unterstützt die tapferen Leute in Themar!
  14. „Meine journalistische Karriere in Deutschland ist zu Ende“: die bittere Bilanz einer WDR-Journalistin nach ihrem umstrittenen Zitat in der Flüchtlingskrise
  15. Monitor-Recherche: Keine Wahl für acht Millionen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mali: Wie bei einem “Routineeinsatz” Soldaten “verunglücken”
    Wenn statt über einen Krieg über technische Defekte diskutiert wird
    Damit bestand das herrschende Narrativ in den Medien darin, dass deutsche Soldaten bei einem Routineeinsatz durch einen technischen Defekt “verunglückt” seien – so etwa die Frankfurter Rundschau. Entsprechend fokussierte sich die Debatte, sobald der Verlust bestätigt war – neben einer geheuchelten Anteilnahme gegenüber den Toten und ihren Angehörigen -, auf vermeintlichen Ausrüstungs- und Personalmängel, die es zu beheben gelte.
    Erstaunlich wenig wird demgegenüber die Frage gestellt, was ein “Routineeinsatz” eines Kampfhubschraubers eigentlich bedeutet und welchen Sinn und Zweck der Einsatz der Bundeswehr in Mali hat. Im Narrativ des Unfalls schwingt mit, dass es keinerlei Bezug zu Kampfhandlungen gegeben hätte und was die Aufgabe der Soldaten angeht wird meist von einer Friedensmission oder der “Überwachung des Friedensabkommens zwischen der Regierung und den Rebellen” die Rede (so etwa die FR in bereits oben angesprochenen Artikel).
    Auch dass tatsächliches Interesse am Auftrag und die Auseinandersetzung mit der Situation in Mali so gering sind, entlarvt die vermeintliche Anteilnahme am Tod der Soldaten als pure Sprachregelung und Heuchelei. Tatsächlich aber fand der mögliche Zusammenhang des Absturzes mit einer bewaffneten Auseinandersetzung am Boden kaum Beachtung, obwohl es durchaus Anzeichen gab.
    Quelle: Telepolis

    dazu: “Die Bundeswehr muss nicht unbedingt in Mali sein”
    Die Sicherheit Deutschlands würde nicht durch den Bundeswehreinsatz in Mali verteidigt, sagte Linken-Politiker Alexander Neu im Dlf. Das sei “eine Interessenspolitik und Partnerschaftspolitik gegenüber Frankreich”. Der Kampf gegen Islamisten in Mali habe sich als relativ erfolglos erwiesen. Es sei eher mehr Terrorismus produziert worden.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu auch: Keine weiteren Toten! – Den gefährlichen Mali-Einsatz beenden
    Friedensgesellschaft fordert ein Ende der Bundeswehr-Mission in Nordafrika: Der Einsatz sei politisch falsch und gefährlich. Bereits im Mai warben Friedensaktivisten in Fritzlar (Hessen), dem Heimatstützpunkt der nun umgekommenen Soldaten, für einen Truppenabzug. […]
    Seit 2013 sei die Bundeswehr in dem nordafrikanischen Land aktiv um an der Seite der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich den Zugang zu Rohstoffen und deren Transport aus der Region in die EU zu sichern und Flüchtlingsströme zu unterbinden. „Zudem möchte die Bundesregierung mit dem Einsatz militärisch Präsenz und Stärke zeigen und dadurch international Respekt gewinnen“, erläutert Thomas Carl Schwoerer die politischen Absichten hinter dem Einsatz: „All diese zweifelhaften Ziele werden auf Kosten der deutschen Soldaten sowie der Menschen in Nordafrika verfolgt“, erklärt der DFG-VK-Bundessprecher. Erforderlich sei vielmehr eine auch mit Dschihadisten ausgehandelte politische Lösung, die die Anliegen der Bevölkerung im Norden Malis berücksichtigt: föderale Strukturen, die Anerkennung ihrer kulturellen Eigenständigkeit und der Zugang zu grundlegenden sozialen Leistungen. Nur Verhandlungen könnten den gewalttätigen Konflikt beenden.
    Quelle: DFG-VK

  2. US-Sanktionen gegen Russland”: Auch die deutsche Wirtschaft muss ihren Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit leisten”
    Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hat Kritik an den erweiterten US-Sanktionen gegen Russland zurückgewiesen. Ziel der Sanktionen seien nicht vorrangig die Verbesserung von Wirtschaftsbeziehungen, sondern dass sich Russland wieder an Recht und Gesetz halte.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unserer Leserin A.N.: Schlimm finde ich, dass die Redakteurin unwidersprochen hinnimmt, ‘Es ist nachgewiesen, dass Russland – zumindest hat Putin es nicht verhindert – sehr massiv Einfluss auf die US-Wahlen genommen hat”
    Einschub: Ich frage mich, wo ist das nachgewiesen, habe ich etwas verpasst? Und ich frage mich, zu wessen Gunsten hat Russland eigentlich die US-Wahlen manipuliert? Zu Gunsten Trumps? Dann sanktionieren die Republikaner Russland dafür, dass Russland ihrem Kandidaten zum Sieg verholfen hat? Oder zu Gunsten Clintons? Aber sie hat doch nicht gewonnen? Ende Einschub

    dazu: US-Geheimdienstveteranen: Es gab keinen russischen Hackerangriff, um die US-Wahlen zu beeinflussen
    Forensische Studien zu dem „russischen Hackerangriff“ auf Computer des Nationalen Komitees der Demokraten (NC) im vergangenen Jahr zeigen, dass am 5. Juli 2016 Daten von einer Person mit physischem Zugang zu den DNC-Computern geleakt (nicht gehackt) wurden, die anschließend manipuliert wurden, um Russland belasten zu können.
    Nach der Untersuchung von Metadaten des „Guccifer 2.0“ Angriffs vom 5. Juli 2016 auf den DNC-Server haben unabhängige Cyber-Ermittler festgestellt, dass ein Insider Daten auf ein externes Speichergerät kopierte und dass anschließend „verräterische Spuren“ eingefügt wurden, die auf Russland hinweisen. Die unabhängige forensische Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass die DNC-Daten mit einer Geschwindigkeit auf ein Speichergerät kopiert wurden, die die Verbindungskapazitäten des Internets weit übersteigt, die bei einem Hackerangriff von außen erforderlich wären.
    Die Untersuchung zeigt zudem, dass der Kopiervorgang und die Datenmanipulation von der Ostküste der USA aus durchgeführt wurden. Bisher haben die Mainstream-Medien die Ergebnisse dieser unabhängigen Studien ignoriert [Siehe hier und hier].
    Quelle: RT deutsch

  3. Abgasbetrug
    1. Nach den Kartell-Vorwürfen des Spiegel: das irritierende Kommunikationsverhalten der Autokonzerne
      Nach den Spiegel-Enthüllungen zum Kartell-Verdacht gegen die Auto-Hersteller Mercedes, VW, BMW, Audi und Porsche reagieren die Autofirmen mit höchst unterschiedlichen kommunikativen Maßnahmen. Daimler-Chef Dieter Zetsche wählte LinkedIn als Plattform für eine windelweiche Erklärung, BMW verschickt ein Pressemitteilung mit harten Infos, Volkswagen lässt wissen, die Absprachen hätten dem Kundenwohl gedient. Die Kommunikation der Autokonzerne irritiert, wenn auch auf unterschiedliche Weise.
      Quelle: meedia
    2. Autos <---> Politik
      Jahrelang halfen Politiker der Automobilindustrie, möglichst wenig reguliert zu werden. Nun sammeln sich die Gegner dieses Kartells.
      Unter anderen Umständen würde man die Forderung von VW-Chef Matthias Müller für die eines besonders humorbegabten Managers halten. Aber der Mann verlangte am Montag allen Ernstes staatliche Unterstützung bei der Umstellung auf Elektromotoren, ganz so, als sei dies die einzige Möglichkeit, damit die Fahrzeuge seines Unternehmens nicht weiter mit dreckigen Dieselmotoren fahren müssen. Wie selbstverständlich stellte Müller fest: “Wir sind darüber im Gespräch mit der Politik.”
      Der VW-Chef forderte den Kundendienst der Regierung an, nur ein Wochenende nachdem bekannt geworden war, dass sein Konzern womöglich wieder mal Gesetze gebrochen hat. An Berichte über Betrug bei Abgaswerten hatte man sich bei VW ja schon gewöhnt. Nun sollen sich Manager des Konzerns aber auch noch illegal mit denen anderer Autohersteller über Preise und Technik abgesprochen haben, zum Schaden von Kunden und Lieferanten. In so einer Situation neue Staatshilfe zu fordern, darauf muss man erst mal kommen.
      Doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass bei Müllers nächstem Stopp in Berlin von der großen Kanzlerin bis zum kleinen Verkehrsminister das halbe Kabinett bereitsteht, wenn er sein neues Ziel wiederholt: “Jeder weiß, dass die Zukunft elektrisch fährt.”
      Quelle: Zeit Online
    3. Audi fürchtete schon 2013 aufzufliegen
      Beim Ingolstädter Autohersteller Audi haben Fachleute aus der Motorenentwicklung intern frühzeitig auf die Abgasmanipulationen in den USA hingewiesen und eindringlich vor Strafen gewarnt. In einem Dokument vom 11. Oktober 2013 heißt es nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, das “Kernrisiko” bestehe in einer “Aufdeckung” der betreffenden Software bei Dieselfahrzeugen durch die US-Behörden. Das könne zu hohen Geldbußen führen. Die Technikexperten schlugen vor, diese Software so schnell wie möglich umzustellen.
      Das geschah aber nicht. Stattdessen wurde weiter manipuliert, bis die US-Behörden zwei Jahre später die Gesetzesverstöße bei Volkswagen und der VW-Tochter Audi enthüllten. VW musste, auch für die Verstöße bei Audi, in den USA Strafen und Schadenersatz in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar zahlen. Volkswagen und die Ingolstädter Tochter wären wahrscheinlich besser weggekommen, wenn die alarmierenden Hinweise der eigenen Fachleute befolgt worden wären. Nach Erkenntnissen der US-Behörden hatte Audi das elfseitige Papier mit dem Titel “Risikoeinschätzung” an VW weitergereicht. Audi und VW äußerten sich nicht zu dem Papier.
      Quelle: Süddeutsche
  4. Wie die Vermachtung der Wirtschaft dank Internet die Lohnquote drückt
    Die zunehmende Ungleichheit in den Industrieländern lässt sich auch in der Lohnquote wiederfinden. In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen gefallen. Dementsprechend stieg der Anteil der Kapitalerträge. Bekannte US-Ökonomen haben einen bisher vernachlässigten Grund hierfür ausgemacht.
    Auch millionenschwere CEO-Gehälter sind Teil der gesunkenen Lohnquote. Die Kapitaleinkünfte sind aber trotzdem deutlich stärker bei den oberen zehn Prozent und dem oberen Prozent konzentriert als die Lohneinkommen. Das bedeutet: Eine niedrige Lohnquote verschärft die Ungleichheit. Es gibt verschiedene Erklärungsversuche, für die gesunkene Lohnquote. Da sind die Liberalisierung der Arbeitsmarktregeln und die Entmachtung der Gewerkschaften in vielen Ländern. Auch zunehmende Konkurrenz durch Importe aus China und anderen Schwellenländern sowie zunehmendes Outsourcing von Produktion wurden als Gründe ins Feld geführt. Konsens darüber, wie durchschlagend diese Erklärungen im Einzelnen sind, gibt es bisher nicht.
    Quelle: Norbert Häring
  5. Der Osten arbeitet länger
    In Ostdeutschland müssen Tarifbeschäftigte durchschnittlich eine gute Stunde pro Woche länger arbeiten als ihre Kollegen im Westen. Durchschnittlich 38,7 Stunden Wochenarbeitszeit stehen im Osten in den Tarifverträgen, im Westen nur 37,6 Stunden. Im Osten wird im Schnitt über eine Wochenstunde mehr gearbeitet. Zugleich gilt für 40 Prozent der Beschäftigten in den neuen Bundesländern die tariflich vereinbarte 40 Stunden-Woche, in den alten Ländern sind nur noch 8,3 Prozent von einer solch langen Regelarbeitszeit betroffen. Das geht aus dem aktuellen Arbeitszeitkalender der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch:
    „Diese eine Stunde mehr Wochenarbeitszeit symbolisiert die unvollendete Einheit Deutschlands. Auch im dritten Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung sind die Menschen in Ostdeutschland in vielen Bereichen nicht gleichgestellt. Der Osten bleibt die größte Ansammlung von strukturschwachen Regionen bundesweit. Kanzlerin Merkel hat ihr Versprechen gebrochen, gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West zu schaffen. Merkel, Seehofer und Schäuble verordnen den deindustrialisierten Regionen im Osten Niedriglohnpolitik, Lohnverzicht oder machen die Ostdeutschen zu Sündenböcken für Kohls ausbleibende blühende Landschaften.
    DIE LINKE kämpft für die Verwirklichung der im Grundgesetz verankerten Gleichheit der Lebenschancen: Weder die soziale noch die regionale Herkunft von Menschen darf ein Hindernis bei der Wahrnehmung von Lebenschancen und der Gewährleistung von Lebensqualität sein. Deutschland braucht einen Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in Ost und West”.
    Quelle 1: Linksfraktion
    Quelle 2: Hans Böckler Stiftung
  6. Die Vorgänger der Uber-Fahrer und Deliveroo-Boten
    Bereits vor der Industrialisierung hatten die meisten Menschen mehrere Jobs, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Blick ins 18. Jahrhundert vermittelt einen Eindruck von Herausforderungen, Vorteilen und Folgen der Gig Economy.
    Der Taylor Report, das ist der jüngste Bericht der britischen Regierung zur modernen Arbeitswelt, hat einen besonderen Fokus auf die sogenannte „Gig Economy“ gelegt. Dahinter verbirgt sich die Idee, dass traditionelle Arbeitsmodelle – bei denen Menschen eine klare berufliche Laufbahn und einen Job fürs Leben haben – umgestülpt werden. Sie umfasst „selbstständige“ Uber-Fahrer bis zu freiberuflichen Web-Entwicklern und erlaubt den Beschäftigten mehr Freiheiten – aber sie verweigert ihnen auch Sozialleistungen und schützende Regulierungen.
    Es mag zwar so aussehen, als wenn jetzt gerade althergebrachte Arbeitsformen durchbrochen werden. Aber die Geschichte zeigt uns, dass das „eine Person, eine Karriere“-Model eigentlich ein relativ neues Phänomen ist. Vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert übten die meisten Menschen mehrere Jobs aus, um sich ihren Lebensunterhalt zusammenzustückeln. Ein Blick in die Vergangenheit enthüllt einige der Herausforderungen, Vorteile und Folgen der Gig Economy.
    Quelle: Gegenblende
  7. Frankreich verstaatlicht Werft in Saint-Nazaire: Macron düpiert Italien
    Dieser harte Eingriff passt nicht nur wenig zur liberalen Wirtschaftspolitik von Macron. Auch sein Bekenntnis zu einem stärker integrierten Europa erscheint damit in einem anderen Licht. Wenn ein EU- Partner kein zuverlässiger Anteilseigner sein soll, wie soll Europa dann zusammenwachsen?
    Was hinter der Entscheidung der französischen Regierung wirklich steht, ist noch nicht klar. Bekannt ist, dass Macrons wichtigster Mitarbeiter, sein Stabschef im Elysee-Palast, Alexis Kohler, bis unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl Finanzchef von MSC war, einem italienischen Betreiber von Kreuzfahrtschiffen. Manche französische Medien spekulieren deshalb, die Regierung wolle die Werft nur vorübergehend nationalisieren und die Anteile anschließend MSC zuspielen. Andere machen geltend, Frankreich habe etwas gegen Fincantieri, weil die italienische Werft mit China ein Joint Venture zum Bau von Kreuzfahrtschiffen in China gegründet hat.
    Nicht nur mit der Nationalisierung sorgte Macron am Donnerstag für Stirnrunzeln im Rest von Europa. Er verblüffte auch mit der Ankündigung, Frankreich werde Notaufnahmelager für Flüchtlinge in Lybien aufbauen, „entweder mit der EU oder ohne sie“. Ein solches Vorpreschen auf eigene Faust ohne Abstimmung mit den europäischen Partnern kannte man von seinem Vor-Vorgänger, Nicolas Sarkozy. Aber nicht von Macron, dem bekennenden Europäer.
    Quelle: Handelsblatt
  8. Korruption in Spanien: Señor Rajoy weiß von nichts
    Spaniens Ministerpräsident Rajoy stand als Zeuge vor Gericht – in einem der größten Korruptionsverfahren in der Geschichte des Landes. Es wurde ein unangenehmer Termin. […]
    Im Fokus des Bestechungs- und Korruptionsskandals steht seine Partei, die konservative Partido Popular (PP). Aber auch für den Ministerpräsidenten selbst war der Termin unangenehm. Stundenlang musste Rajoy Fragen zu seiner Verbindung zu der Affäre beantworten – und stritt alles ab.
    Die wichtigsten Fragen im Überblick:
    Worum geht es in dem Verfahren genau?
    Um die sogenannte Gürtel-Affäre, das ist die deutsche Übersetzung des spanischen Wortes “Correa”, ein Hinweis auf den Hauptangeklagten Francisco Correa.
    Der 61-Jährige soll zwischen 1999 und 2005 mit dem Geld von Unternehmern ranghohe Politiker der PP bestochen haben. Im Gegenzug haben die Unternehmen mutmaßlich lukrative Aufträge erhalten. Die Staatsanwaltschaft fordert für Correa 125 Jahre Haft. 36 weitere Verdächtige sind angeklagt. Die PP selbst kann strafrechtlich nicht belangt werden, weil illegale Parteienfinanzierung in Spanien erst seit 2015 ein Straftatbestand ist.
    Was hat Premier Rajoy damit zu tun?
    Juristisch droht ihm in dem Verfahren als Zeuge kein Ärger. Der Ministerpräsident stritt in seiner Aussage ab, je etwas von den Bestechungen gewusst zu haben. In der fraglichen Zeit habe er sich um die Politik gekümmert, nicht um die Finanzierung seiner Partei. Schwarzgeld habe er nie erhalten. Die Vorwürfe seien “absolut falsch.”
    Politisch war die Aussage für Rajoy dagegen denkbar ungünstig. Wichtige Fernsehsender übertrugen seine Aussage live. Seit Jahren werfen Opposition und Presse Rajoy vor, selbst in den Skandal um die schwarzen Kassen verwickelt zu sein, die der ehemalige Schatzmeister der Partei, Luis Bárcenas, geführt haben soll. Bárcenas selbst hat inzwischen zugegeben, vielen PP-Politikern regelmäßig Umschläge mit Schwarzgeld überreicht zu haben. Seinen Notizen zufolge war auch Rajoy darunter.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Korruption hat in der spanischen Politik epidemische Ausmaße (auch bei der “sozialdemokratischen” PSOE). Es ist zum Haare raufen, dass der Boss der Konservativen immer und immer wieder mit dieser Praxis durchkommt, weil er trotz alledem von einem großen Teil der Bevölkerung gestützt wird.

  9. Was überhaupt ist „Wettbewerbsfähigkeit“?
    Deutschland lobt sich landauf, landab für seine Wettbewerbsfähigkeit. Ein Mythos. Denn durch Lohnsenkungen und Flexibilisierungen wurden wichtige Funktionen des Wettbewerbs außer Kraft gesetzt.
    Die positiven Auswirkungen von Arbeitsmarktflexibilisierungen wurden schon im ersten Teil dieses Artikels in Frage gestellt. Doch flexible Arbeitsmärkte haben nicht nur negative Auswirkungen auf das langfristige Wachstum, sondern führen in der Eurozone auch zu hochproblematischen Wettbewerbsverzerrungen.
    Wettbewerb um Innovationen
    Häufig wird übersehen, dass ein rigider Arbeitsmarkt auch ein wettbewerbsförderndes Instrument sein kann. Dieser Punkt wurde zum Beispiel im Vorfeld der Mindestlohneinführung diskutiert. Als Beispiel für die Erfolge des Mindestlohnes wurde England angeführt. Einige Arbeitgeber haben sich dort durchaus über die Einführung des Mindestlohnes gefreut, da er die Phase des Dumpingwettbewerbs in einigen Branchen beendete.
    Wenn die Löhne völlig flexibel sind, kann ein Unternehmen, welches den Marktpreis nicht mithalten kann, Wettbewerbsfähigkeit erreichen, indem es einfach niedrigere Löhne als seine Konkurrenten zahlt. Anstatt die Produktionsprozesse zu optimieren oder in Modernisierung zu investieren, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, geht man den einfacheren Weg der Lohnsenkung. Dies hat zur Folge, dass die Konkurrenten das nachahmen und eine Abwärtsspirale aus immer weiter sinkenden Löhnen und Preisen entsteht. Eine wichtige Funktion des Wettbewerbs ist somit außer Kraft gesetzt. Investitionen und Produktivitätsentwicklung verlangsamen sich.
    Quelle: Makroskop
  10. LINKE fordert eigenständiges Gesetz für den Beschäftigtendatenschutz
    „Die Klarstellung der Richter, wonach Unternehmer ihre Mitarbeiter ohne konkret begründeten Anlass weder angekündigt noch heimlich mit Hilfe von Keyloggern überwachen dürfen, ist zu begrüßen. Besser wäre es jedoch gewesen, wenn sich die Bundesregierung in dieser Wahlperiode endlich um den Beschäftigtendatenschutz gekümmert hätte und die jetzige Gerichtsentscheidung gar nicht nötig gewesen wäre. Die nächste Bundesregierung muss sich endlich den Schutz der Daten der abhängig Beschäftigten auf die Fahne schreiben und ein eigenständiges Gesetz für den Beschäftigtendatenschutz vorlegen“, erklärt Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zum aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Verwertungsverbot von rechtswidrig eingesetzter Überwachungssoftware. Korte weiter:
    „Dass Unternehmer ihre Beschäftigten ohne hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat oder Pflichtverletzung überwachen, ist nur eines von vielen Problemen beim Beschäftigtendatenschutz. Seit fast 20 Jahren stellt der Innenausschuss des Bundestages in seinen Beschlussempfehlungen zum Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten regelmäßig fest, dass der Beschäftigtendatenschutz dringend gesetzlich geregelt werden müsse. Trotz zahlloser Datenschutzskandale, wohlklingender Debatten und hehrer Versprechungen hat sich im Kern jedoch nichts getan. Union und SPD schieben diese Aufgabe weiterhin auf die lange Bank. Ganz offensichtlich hat die Koalition der Schutz der Arbeitnehmerdaten nicht die Bohne interessiert. Und es steht zu befürchten, dass es bei einer Neuauflage einer schwarz-gelben Koalition nicht zu einer Regelung des Beschäftigtendatenschutzes, sondern zur Ausweitung der Beschäftigtenüberwachung kommen würde.“
    Quelle: Die Linke. im Bundestag
  11. Sahra Wagenknecht über steigende Mietpreise
    Auch beim Thema Mieten hat die Große Koalition auf ganzer Linie versagt: ihre mit viel TamTam im letzten Wahlkampf versprochene, aber in Wahrheit windelweiche Mietpreisbremse hilft nicht. Denn anstatt endlich für alle gutes Wohnen zu fairen Preisen zu ermöglichen, steigen die Mieten weiter, und zwar sogar noch schneller als zuvor. Wir Linken fordern deshalb eine echte Mietpreisbremse: flächendeckend, bundesweit, unbefristet und ausnahmslos!
    Quelle: Sahra Wagenknecht via Facebook

    Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben mehrfach auf das Problem hingewiesen – u.a. hier: Wohnungsnot und Bericht belegt wohnungspolitisches Versagen der Großen Koalition.

  12. Kampf um Caracas
    Rechte Opposition in Venezuela will verfassunggebende Versammlung verhindern. Doch ihr »Generalstreik« ist gescheitert
    Die Uhr tickt: Am Sonntag sollen die Menschen in Venezuela die Mitglieder einer verfassunggebenden Versammlung wählen. 6.120 Kandidaten bewerben sich um die 537 Sitze der Constituyente. Ziel dieser von Präsident Nicolás Maduro am 1. Mai initiierten Versammlung ist es, die 1999 verabschiedete Verfassung den aktuellen Bedingungen anzupassen und zum Beispiel die in den vergangenen Jahren erreichten sozialen Errungenschaften festzuschreiben. […]
    Das rechte Lager will die Wahl verhindern. Für Mittwoch und den gestrigen Donnerstag hatte das Oppositionsbündnis MUD (Tisch der demokratischen Einheit) zu einem zweitägigen »Generalstreik« aufgerufen, für den heutigen Freitag ist ein Protestmarsch in das Zentrum der Hauptstadt Caracas vorgesehen. Henrique Capriles Radonski, der zweimal erfolglos für die Opposition als Präsidentschaftskandidat angetreten war, kündigte einen Marsch auf den Präsidentenpalast Miraflores an. […]
    Doch das rechte Lager kopiert das Muster, das im April 2002 zum Putsch gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez geführt hatte. Auch damals hatte die Opposition zu einem »Generalstreik« und zu einem Marsch auf Miraflores aufgerufen. Heckenschützen eröffneten aus Hochhäusern das Feuer auf die Demonstration – das Blutbad diente als Vorwand für den Staatsstreich. Doch die Reaktion war ein Volksaufstand, und die Mehrheit des Militärs blieb loyal. Nach nur 48 Stunden kehrte der gewählte Präsident in sein Amt zurück.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Venezuela vor Wahl der verfassunggebenden Versammlung
    Angeheizt wurde die Stimmung in Venezuela in dieser Woche auch von Stellungnahmen des CIA-Chefs Mike Pompeo. Dieser hatte bei einer Konferenz erklärt, dass die US-Regierung in “direkter Kooperation” mit den rechtsgerichteten Regierungen von Mexiko und Kolumbien am Sturz der venezolanischen Regierung arbeite. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro forderte daraufhin während einer Militärzeremonie Stellungnahmen von den USA, Mexiko und Kolumbien ein. Zuvor hatte der Außenminister des südamerikanischen Landes, Samuel Moncada, über den Kurznachrichtendienst Twitter Ausschnitte aus einem Interview mit Pompeo veröffentlicht. Der CIA-Chef hatte das Gespräch am Rande einer sicherheitspolitischen Konferenz am 20. Juli in Aspen im US-Bundesstaat Colorado geführt. Im Interview spricht Pompeo offen darüber, wie er zwei Wochen zuvor in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá und in Mexiko-Stadt Gespräche über die Beseitigung der linksgerichteten Regierung in Venezuela geführt habe. Er habe versucht, seinen Gesprächspartnern zu erklären, was zu unternehmen sei, um in dieser Hinsicht “bessere Ergebnisse zu erzielen”.
    Keine Neuigkeiten gab es bezüglich einer möglichen Verschiebung der Wahl der Mitglieder einer verfassunggebenden Versammlung. Präsident Maduro hatte sich vor wenigen Tagen erneut mit deutlichen Worten zu einem Dialog mit der Opposition bekannt. Erstmals stellte Maduro dabei auch in Aussicht, diese für den 30. Juli angesetzte Wahl zu verschieben. Ziel sei es, zwischen den politischen Lagern ein “Abkommen zur Koexistenz” zu erreichen. Trotz einiger Treffen von Vertretern von Regierung und Opposition wurde dabei jedoch offenbar keine Einigung erzielt. Mehrere hochrangige Vertreter der Wahlbehörde CNE bestätigten gegenüber amerika21, dass die Wahl am Sonntag stattfinden werde.
    Quelle: amerika21

    Anmerkung Christian Reimann: Wie würden wohl die deutschen “Qualitätsmedien” berichten, wenn China und Russland so offen gegen gewählte Regierungen in Staaten aus ihrer Nachbar-Region umgehen würden. “SPON” hatte erst kürzlich ohne jede Kritik US-Präsident Trumps Drohung zitiert:

    “Die Vereinigten Staaten werden nicht tatenlos zusehen, während Venezuela zerfällt (…) Wenn das Maduro-Regime am 30. Juli seine verfassunggebende Versammlung durchsetzt, werden die Vereinigten Staaten rasche und deutliche ökonomische Maßnahmen ergreifen”

    dazu auch: Venezuela: USA verhängen Sanktionen gegen Maduros Verbündete
    Die USA machen mit Strafmaßnahmen Druck auf Venezuelas Regierung. Präsident Maduro zeigt sich empört. Den betroffenen Personen verspricht er eine “spezielle Anerkennung”.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung JK: Da kündigt sich wohl der nächste Regime Change an. Die deutschen “Qualitätsmedien” liefern dazu ja schon länger die entsprechende Begleitmusik.

  13. Unterstützt die tapferen Leute in Themar!
    Ein Aufruf von Konstantin Wecker: Ihr Lieben! Gerne möchte ich Euch ein paar Zeilen nach Südthüringen schreiben – schon, weil ich die Gegend in den letzten Jahren ein bisschen kennengelernt habe und weiß, dass es dort viele gute Leute und einige sehr tolle Projekte gibt. Ich verfolge auch die Situation in Themar. Es ist schrecklich, was dieser kleinen Stadt in den vergangenen Wochen angetan wurde und wird. Über die Rolle unserer Gerichte und Eurer Versammlungsbehörde im Landkreis kann ich nur den Kopf schütteln. Dass in Deutschland Veranstaltungen, die den Faschismus verherrlichen, einfach so erlaubt und offensichtlich geradezu begünstigt werden, hinterlässt mich fassungslos.
    Ja, Meinungsfreiheit! Ja, Versammlungsfreiheit! Aber es gibt Grenzen. Ich halte es da mit dem alten Brecht, der 1951 an seine Schriftstellerkollegen schrieb:
    „Völlige Freiheit des Buches, des Theaters, der bildenden Kunst, der Musik, des Films – mit einer Einschränkung. Die Einschränkung: Keine Freiheit für Schriften und Kunstwerke, welche den Krieg verherrlichen oder als unvermeidbar hinstellen, und für solche, welche den Völkerhaß fördern.“
    Keine Demokratie sollte so dumm sein, den Feinden der Demokratie im Namen der Demokratie alles durchgehen zu lassen.
    Kurzum, ich bin einmal mehr entsetzt darüber, wie wenig man sich im Jahr 2017 auf unseren Rechtsstaat verlassen kann, wenn es gegen Nazis geht.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  14. „Meine journalistische Karriere in Deutschland ist zu Ende“: die bittere Bilanz einer WDR-Journalistin nach ihrem umstrittenen Zitat in der Flüchtlingskrise
    Vor rund eineinhalb Jahren sorgte die WDR-Journalistin Claudia Zimmermann für Schlagzeilen. In einer niederländischen Radiosendung erklärte sie mitten während der Flüchtlingskrise, die öffentlich-rechtlichen Medien seien „angewiesen, pro Regierung zu berichten“. Der WDR reagierte entsetzt und dementierte, Frau Zimmermann ruderte zurück. Heute sagt sie: “Bei Sendern und Verlagen ist meine journalistische Karriere in Deutschland nach dieser Äußerung zu Ende.” Mit dem WDR verhandelt sie um die Modalitäten der Trennung.
    Quelle: meedia
  15. Monitor-Recherche: Keine Wahl für acht Millionen
    Fast zwölf Prozent der Erwachsenen in Deutschland dürfen bei der Bundestagswahl nicht wählen, weil sie keinen deutschen Pass haben. Viele von ihnen sind hier geboren, zahlen Steuern. Was erwarten diese Menschen von der deutschen Politik?
    In gewisser Weise ist Hasibe Acar deutscher als viele Deutsche. Sie ist hier geboren. Aber sie hat Deutschland noch nie verlassen. Nie verlassen dürfen, denn Hasibe ist hier nur geduldet. Nicht reisen zu dürfen, ist da nur eine von vielen Einschränkungen. Alle drei Monate muss sie zum Amt und ihre Duldung verlängern. Ihre Mutter ist vor fast 30 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland gekommen. Aber sie konnte ihre Herkunft nicht nachweisen. Deshalb blieb sie immer nur geduldet. Ihre Kinder in der Folge auch.
    Quelle: Tagesschau

    dazu: Monitor vom 27.07.2017
    Doppelpass: Chance oder Gefahr? | Verkehrte Welt: Deutsche ohne Wahlrecht | Wahlrecht für Ausländer: wirklich verfassungswidrig? | Leben in Angst: Kettenduldungen in Deutschland
    Quelle: Monitor

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!