Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Es ist Zeit!
  2. Warum schont ihr Merkel?
  3. Wir brauchen eine echte Wende
  4. SPD-Bezirksvorsitzender Franz Schindler fordert eine parteiinterne Aufarbeitung – Fusion mit Linken im Visier
  5. Fünfmal so viele Leiharbeiter wie vor 20 Jahren
  6. Staatsverschuldung als Herrschaftsstrategie
  7. Die größte Klima-Vandalin des Planeten
  8. Öffentlich-Private-Partnerschaften auf ganzer Linie gescheitert
  9. Nützlicher Idiot
  10. Wie der Rechtsruck herbeigetalkt wurde

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Es ist Zeit!
    So schlecht war dieser Wahlslogan gar nicht.
    Mit einer anderen Strategie, klareren Inhalten und einer anderen Kultur hätte die SPD vielleicht sogar gewinnen können.
    Umso wichtiger ist es jetzt, klar zu sagen wofür keine Zeit ist. Wofür sich auf der anderen Seite mehr Zeit genommen werden muss. Sonst bleibt alles so, wie es nicht ist. Es ist keine Zeit, um Personalentscheidungen an der Fraktionsspitze jetzt zu treffen. Auch wenn da sofort „abgesichern“ werden soll. Bundesvorstand wie Fraktionsvorstand können mindestens bis zum ordentlichen Bundesparteitag geschäftsführend im Amt bleiben.
    Es ist Zeit, endlich wieder Parteitage zu veranstalten und sie nicht zu Krönungsmessen, Inszenierungen und Events zu degradieren. Parteitage, auf denen kontrovers, sachlich, leidenschaftlich, kultiviert und emotional debattiert wird. Entscheidungen in freier Abstimmung sachlich wie personell getroffen werden, ohne Drohung, “das könnte jemanden beschädigen“.
    Es ist Zeit, endlich die Fakten zu erkennen. Nicht sie weg zu fabulieren. Die SPD hat seit 1998 die Hälfte ihrer Wähler*innen und Mitglieder verloren. Das gehört zusammen gedacht. Es hat etwas miteinander zu tun. Das sind nicht Menschen die die grandiose Strategie nicht verstanden haben. Im Gegenteil; sie haben verstanden. Deshalb sind gegangen und wählen uns nicht mehr.
    Es ist deshalb höchste Zeit für eine kritische, offene klare Aufarbeitung. Das gilt für die Agenda 2010, vor allem für die fortwährenden Sanktionen bei Hartz IV, und die Rentenfrage. Das gilt für die Austeritätspolitik der Troika, die Südeuropa an den Abgrund gebracht hat und Millionen Menschen in Armut stürzte.
    Quelle: Andrea Ypsilanti via Facebook
  2. Warum schont ihr Merkel?
    Am Tag zwei nach der Bundestagswahl schießen sich die Medien ein – auf Seehofer und Schulz. Doch die Frau, die die größte Klatsche von den Wählern bekommen hat, wird geschont: Kanzlerin Merkel. Warum? Wieso finden SPON, ZEIT & Co. kein Wort der Kritik an einer Politikerin, die am Tag nach ihrer größten Wahlniederlage sagt, sie habe alles richtig gemacht und würde auch niemals nichts ändern? (…) Hinter dieser Berichterstattung steckt System. Denn Merkel & ihre Medien versuchen genau diesen Eindruck zu erwecken: Sollen die anderen zappeln, sie ist und bleibt der ruhende Pol. Sollen die anderen Vorschläge machen, sie sucht sich die besten aus. Für unsere Hauptstadt-Presse scheint dies das Normalste der Welt, sie hält Merkels Politik-Verweigerung für die höchste Form der Politik.
    Quelle: Eric Bonse
  3. Wir brauchen eine echte Wende
    Zwölfkommasechs Prozent. Das vorerst amtliche Endergebnis der AfD. Wer jetzt noch behauptet, dieses Land sei nicht gespalten, scheint die Augen fest verschlossen zu haben. Die Aufarbeitung der Wiedervereinigung indes wäre ein Augenöffner. Gegenwärtig scheint bei vielen eine Art Wagenburgmentalität vorzuherrschen, folgt man den Reaktionen in den sozialen Medien. Apps mit denen man AfD-Anhänger ausfindig machen kann, um sie dann aus der Facebook-Freundesliste zu werfen, sind dabei ähnlich hilfreich, wie sich die Augen in der Hoffnung auszustechen, man könne Armut durch Blindheit bekämpfen.
    Auch ich bin zutiefst erschüttert (wenn auch so gar nicht überrascht). Trotzdem ziehe ich es erstens vor, zu wissen, wie die Anhänger der Neuen Rechten denken und zweitens zu verstehen, warum Sie so denken. Es sind ja auch nicht alles überzeugte Nazis. Auch wenn diese Erkenntnis alleine nicht hilft, den Wahlerfolg einer rechtspopulistischen Partei zu verhindern, sollte man sich dennoch mit ihnen auseinandersetzen. Sich dieser Auseinandersetzung zu widersetzen, indem man die AfD-Wähler ausgrenzt, ist eine Bekämpfung der Symptome und nicht der Ursachen.
    Freilich soll das in keiner Weise bedeuten, dass man bei faschistischen Äußerungen ein Auge zudrücken darf. Da es nach der Wahl aber offensichtlich eine kollektive Weigerung gibt, sich der zweiten Frage von oben zu stellen, möchte ich im Folgenden den Faden von Patrick Kaczmarczyk und Heiner Flassbeck aufgreifen und meine Sicht der Dinge darlegen.
    Quelle: Makroskop
  4. SPD-Bezirksvorsitzender Franz Schindler fordert eine parteiinterne Aufarbeitung – Fusion mit Linken im Visier
    Wer das Bundestagswahlergebnis der SPD verstehen will, muss rund 15 Jahre zurückblicken. Davon ist der Oberpfälzer Bezirksvorsitzende Franz Schindler aus Schwandorf überzeugt. […]
    Die Sozialdemokraten müssen nach Schindlers Auffassung nun vor allem an sich selbst arbeiten. Was aber sollten sie tun, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen? „Die SPD muss sich eingestehen, dass die Agenda-Politik von Schröder falsch war. Wer behauptet, das war wichtig, um das Land nach vorne zu bringen, lügt die Menschen an“, erklärt Schindler. Der Aufschwung nach 2005 sei ein Zyklus der Weltwirtschaft gewesen, mit der Agenda 2010 habe das nichts zu tun gehabt. „Diesen Fehler müssen wir einräumen, bekennen.“
    Schindler fordert von seiner Partei wieder „eine Politik, die von Menschen auch verstanden wird“. Dazu müssen die Hartz-IV-Gesetzgebung abgeschafft und Fehler in der Rentenpolitik, wie die Anhebung des Renten-Alters, rückgängig gemacht werden. Diese Entscheidungen aus der rot-grünen Schröder-Regierung verfolgten die SPD bis heute. Die Wahlentscheidung vieler Menschen sei von Unsicherheit getrieben gewesen, zum Beispiel durch befristete Arbeitsverträge oder Hartz IV. „Auch wenn viele Menschen in Wohlstand leben, haben sie Angst.“ Die SPD müsse „nachhaltig eine andere Politik formulieren“. Und das „auch in einer Weise, dass es die Menschen glauben.“ Dazu dürften sich die Sozialdemokraten auch „nicht zu fein sein, auf den Dörfern wieder mit den Leuten zu reden und in der analogen Welt präsent zu sein.“ Eine Annäherung an die Linke ist für Schindler mittelfristig unumgänglich. „Wir müssen uns nicht nur für eine Zusammenarbeit mit den Linken öffnen, ich bin auch für eine Fusion. Nicht morgen, aber bald.“
    Quelle: Onetz

    Anmerkung Albrecht Müller: Die Bezirke und damit die Bezirksvorsitzenden waren in der SPD früher die entscheidenden Machtfaktoren. Das ist durch die Gründung von Landesverbänden und ihre Bedeutungserhöhung etwas reduziert, aber immer noch sind die Bezirke und die Bezirksvorsitzenden wichtig. Die Äußerungen des Bezirksvorsitzenden Franz Schindler könnten in mehrfacher Hinsicht ein Signal sein: unter anderem für den Abschied von der Agenda 2010 und für die Zusammenarbeit mit der Linkspartei bis hin zur Fusion. Seine Äußerung ist jedenfalls ein Anfang für einen Weg in die richtige Richtung.

  5. Fünfmal so viele Leiharbeiter wie vor 20 Jahren

    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die starke Zunahme auf fast 1 Million ist ein Grund zur Trauer, denn die Zeitarbeiter leiden. Aber die Arbeitgeberzeitung jubelt.

  6. Staatsverschuldung als Herrschaftsstrategie
    Die neoliberale Schule kritisierte heftig die keynesianische Wirtschaftspolitik, weil sie mit ihren kreditfinanzierten Staatsausgaben die steigende Staatsverschuldung verursacht und die Wirtschaft belastet habe. So wurde der Schuldenabbau, neben den zwei Säulen Wachstum und Beschäftigung, die dritte Säule der neoliberalen Strategie und zu einem wichtigen Postulat der neoliberalen Regierungen. Demgegenüber zeigt aber die Realität ein völlig anderes Bild. Die Schuldenquote der großen Industriestaaten ist seit 1975 bis 2013 teilweise sogar drastisch gestiegen. Das hat System.
    In den USA stieg die Schuldenquote von 38 auf über 100%, in Deutschland von 20 auf 75%, in Großbritannien von 20 auf 85%, in Frankreich von 18 auf beinahe 100% und in Japan sogar von 30 sogar auf 240%. Nach vier Dekaden neoliberaler Wirtschaftspolitik muss gefragt werden, warum der keynesianische Staat mit seinen enormen Ausgaben für den Aufbau des Wohlfahrtstaates und den Wiederaufbau der Infrastruktur nach der flächendeckenden Zerstörung durch den zweiten Weltkrieg mit einer signifikant niedrigeren Schuldenquote auskam als der neoliberale Staat, der den Schuldenabbau auf seine Fahne schrieb und einen drastischen Sozialabbau betrieben hat?
    Quelle: Norbert Häring
  7. Die größte Klima-Vandalin des Planeten
    Angela Merkel genießt noch immer den Ruf, den Umweltschutz zu fördern. Dabei ist die Bilanz ihrer Umweltpolitik eine Katastrophe
    Welche lebende Person hat am meisten zur Zerstörung der Natur und des Wohlergehens der Menschheit beigetragen? Donald Trump wird schon bald die richtige Antwort sein, wenn die volle Wucht seiner zerstörerischen Politik zu spüren sein wird. Doch für den Augenblick würde ich auf diese Frage noch einen anderen Namen nennen: Angela Merkel.
    Was? Habe ich den Verstand verloren? Angela Merkel, die „Klimakanzlerin“? Die Person, die als deutsche Umweltministerin durch bloße Willenskraft das erste UN-Klimaabkommen ausgehandelt hat? Die Kanzlerin, die die Regierungschefs der G7 dazu überredet hat, bis zum Ende dieses Jahrhunderts schrittweise aus der Nutzung fossiler Brennstoffe auszusteigen? Die Architektin der deutschen Energiewende? Ja, genau die.
    Anders als Trump hegt sie keine böswilligen Absichten. Sie hat nicht wirklich geplant, die Vereinbarungen zunichte zu machen, die mit ihrer Hilfe zustande gekommen sind. Doch der Planet Erde reagiert nicht auf Leitlinien, Absichtserklärungen, Reden oder Ziele. Er reagiert auf harte Fakten. Was zählt, ist, was Merkel tut und nicht das, was sie sagt. Und wenn man sie danach beurteilt, hat sie eine Katastrophe von planetarischen Ausmaßen zu verantworten. (…)
    All dies sind reale Auswirkungen, während Merkel mithilfe von Gefälligkeiten und schmutzigen Deals, wie ich sie oben aufgeführt habe, verhindert hat, dass die Vereinbarungen, die sie auf dem Papier mit aushandelte, nie in die Tat umgesetzt wurden. Dass sie dennoch eine Aura der Unantastbarkeit umgibt, ist schon eine gewisse Leistung – für die größte Umweltvandalin des Planeten.
    Quelle: Der Freitag

    Anmerkung Christian Reimann: Den Originaltext im britischen „The Guardian“ können Sie hier nachlesen.

  8. Öffentlich-Private-Partnerschaften auf ganzer Linie gescheitert
    Die Merkel-Regierung und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben die „Schwarze Null“ durchgepeitscht. Dafür haben sie 2009 die „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz geschrieben: Bund, Bundesländer und Kommunen sollen keine neuen Schulden machen. Dafür muss überall „gespart“, also gekürzt werden. Und vorgeblich um die öffentlichen Kassen zu schonen und Schulden zu vermeiden, sollen private Investoren sich nach dem Modell Öffentlich-Private-Partnerschaften, ÖPP, um Autobahnen, Straßen, Schulen, Gefängnisse, Rathäuser und vieles mehr kümmern. Aber was kommt dabei heraus? Hinterrücks noch mehr Schulden!
    Der Steuerzahler kommt für alles auf
    Worum geht es aktuell bei dem Wirbel um das gescheiterte ÖPP-Projekt bei Ausbau und Betrieb der Autobahn A1 Bremen-Hamburg? Die Banken Unicredit, Commerzbank, Caja Madrid und Deka- und DZ-Bank verklagen die Bundesrepublik Deutschland auf Zahlung von 787 Millionen Euro. Diese Banken haben der Betreibergesellschaft der Autobahn Bremen – Hamburg, der A 1 mobil GmbH, 600 Millionen Euro an Krediten gegeben. Damit sollte die A 1 mobil GmbH von 2008 an die Autobahn in beiden Richtungen um eine Spur erweitern, sie reparieren und 30 Jahre lang bis 2038 betreiben. Dafür sollen die Investoren 30 Jahre einen Anteil aus der LKW-Maut bekommen. So steht es im Vertrag vom Juli 2008 mit der Bundesrepublik.
    Jetzt erklären die Banken den Vertrag für ungültig. Sie jammern: Wegen der Finanzkrise seien ab 2008 doch weniger LKW als erwartet durchgefahren. Der Vertrag soll geändert werden: Der Staat soll die Verluste ausgleichen. Toll! Die Banken sind 2008 schon einmal mit mehreren hundert Milliarden vom Staat vor der selbstverursachten Pleite gerettet worden. Jetzt haben sie sich wieder verzockt, und jetzt wollen sie durch die Hintertür die Steuerzahler ein zweites Mal abzocken.
    Quelle: Werner Rügemer in verdi Publik

    Anmerkung Albrecht Müller: Über das Thema haben die NDS häufig berichtet. Das hier ist eine gute Zusammenfassung von Werner Rügemer. Die Große Koalition hat das Thema A1 jahrelang lange unter der Decke gehalten. Diese massiven Fehler sind auch nicht Gegenstand der Wahlanalyse der SPD Führung. Das ist bequem, aber das führt zu falschen Wahlanalysen und falschen Schlüssen für die Zukunft.

  9. Nützlicher Idiot
    Oskar Lafontaine greift die Flüchtlingspolitik seiner Parteispitze an. Damit stellt er das Existenzprinzip einer linken Partei in Frage.
    Zunächst einmal argumentiert Lafontaine inhuman, wenn er Menschen nicht dort helfen mag, wo sie akut in Not sind, sondern auf die abstrakte Möglichkeit der Hilfe in den Herkunftsländern verweist. Niemand wird die Notwendigkeit bestreiten wollen, „Hunger und Krankheit in den Armutsgebieten zu bekämpfen“. Aber was genau hätte ein Minister oder Kanzler Lafontaine denn 2015 den in Ungarn und Serbien Gestrandeten sagen wollen? Dass sie leider am falschen Ort Hunger und Krankheit litten und deshalb auf Unterstützung aus Deutschland verzichten müssten?
    Des weiteren spricht Lafontaine voll taktischem Kalkül mit vollster Absicht Ressentiments an, die letztlich rein populistische Stimmungsmache sind und im Kern Rassismus und Xenophobie bedienen. Die Mieten steigen, die Schulen werden schlechter, es sind gar nicht die Bedürftigsten, die da kommen, schließlich könnten die sich gar keine Schlepper leisten. Der Verweis auf Kriminalität und Terrorismus fehlt, ist aber, soviel darf wohl unterstellt werden, als mögliche Assoziation beim Publikum billigend in Kauf genommen. Glaubt Lafontaine tatsächlich, dass die Schulen besser würden und die Mieten sänken, wenn nur die Flüchtlinge nicht ins Land kämen?
    Natürlich glaubt er das nicht. Er glaubt, dass mit dieser Rhetorik Wählerschichten für die Linke (zurück)erobert werden könnten, die sonst unwiederbringlich an rechte Parteien verloren gehen würden. WählerInnen sollen gewonnen werden, indem man ihre niedrigsten Instinkte anspricht, erklärtermaßen den nationalen Ausschluss anstrebt und Solidarität als rein nationales Projekt anonnciert.
    Wenn Lafontaines Analyse nun aber richtig ist, dass eine großer Teil der potentiellen WählerInnen der Linkspartei derzeit nur über nationalistische und (proto)rassistische Ansprache erreichbar sein kann, dann ist sein Anbiedern an diese Verhältnisse im besten Falle Faulheit, im schlechtesten eine politische Bankrotterklärung.
    Quelle: taz

    Anmerkung JK: Man müsste eine neue Kategorie eröffnen: Die Idiotie der Woche. Das linksliberale Juste Milieu ist noch blöder (und arroganter) als gedacht. Mit der Desavouierung der Linken erledigt sie letztendlich das Geschäft der herrschenden Eliten. Der Titel „Nützlicher Idiot“ ist an Infamie nicht zu überbieten und das Niveau der taz inzwischen nicht mehr zu unterbieten. Aber Hauptsache man kann sich in seiner eigenen, vermeintlich moralischen Überlegenheit suhlen. Einen Lösungsvorschlag sucht man in diesem diffamierenden, vor Unterstellungen und Denunziationen strotzenden Erguss vergebens. Noch Fragen weshalb die AfD nun im Bundestag sitzt?
    Man sollte sich an dieser Stelle vergegenwärtigen, was Oskar Lafontaine wirklich gesagt hat:

    „Man darf die Lasten der Zuwanderung über verschärfte Konkurrenz im Niedriglohnsektor, steigende Mieten in Stadtteilen mit preiswertem Wohnraum und zunehmende Schwierigkeiten in Schulen mit wachsendem Anteil von Schülern mit mangelnden Sprachkenntnissen nicht vor allem denen aufbürden, die ohnehin bereits die Verlierer der steigenden Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen sind.“

    Was ist daran nationalistisch, was ist daran rassistisch? Es ist genauso, die Lasten der Integration dürfen vornehmlich diejenigen schultern, die selbst in schwierigen sozialen und ökonomischen Verhältnissen leben. Dass diese dann, Flüchtlinge als Konkurrenz um die entsprechenden Ressourcen betrachten ist einfach gesellschaftliche Realität und wo möglich so gewollt, denn sonst würde sich die Wut der Menschen gar noch gegen das oberste 1 Prozent richten. Das kann niemand wollen, die taz schon gar nicht. Aber allein mit Denk- und Sprechverboten wird man dem Problem der AfD nie Herr werden.

  10. Wie der Rechtsruck herbeigetalkt wurde
    Die Erfolge der AfD haben auch die Plasbergs dieser Welt mitzuverantworten. Denn die öffentlich-rechtlichen Talker haben den reaktionären Kräften schon früh und dann immer wieder eine Bühne geboten.
    An diesem Sonntag wird eine rechtspopulistische Partei mit in Teilen rechtsradikalen Mitgliedern in den Bundestag gewählt werden. Es ist ein Bruch im Selbstverständnis dieses Landes. Und die seltsame Stille, ja Apathie vor diesem Geschichtsbeben ist bedrückend.
    Es geht der AfD ja um nicht weniger als ein anderes Land, eine andere Sicht auf die Geschichte, die Verbrechen, die Schuld der Deutschen, es geht darum, die „Leistungen“ deutscher Soldaten zu würdigen und damit ein künstliches Selbstbewusstsein zu konstruieren, das an einen kranken Nationalismus appelliert, der millionenfachen Tod und den Mord an den Juden Europas verursacht hat.
    Es geht darum, die Wut, die in der Gesellschaft ist, gegen die zu richten, die die Schwächsten sind, die Geflüchteten, die zu uns kommen, weil sie Hilfe suchen. Es geht, wie immer in der Geschichte, darum, einen Hass zu erzeugen, der einen Zusammenhalt schafft, der sonst nicht existent ist. Es geht darum, die freie und tolerante Gesellschaft zu bekämpfen.
    In vielem ähnelt dieser traurige Triumph damit den politischen Verschiebungen, wie sie fast überall in Europa und in weiten Teilen der Welt zu beobachten sind – die liberale Demokratie und die liberalen Kräfte und Ideen sind unter Druck, sind bedroht, die autoritären und freiheitsfeindlichen Kräfte gewinnen.
    Quelle: Georg Diez auf SPIEGEL Online

    dazu auch: „Hart aber fair“ zum Wahlergebnis – Schlimmer Kater auf Jamaika
    „Wie regieren nach dem Debakel der Volksparteien?“ Auf seine Frage bekam Frank Plasberg zwar keine Antwort. Aber immerhin lieferten seine Gäste zwei Analysen, über die sich das Nachdenken lohnt. […]
    Weil man an der Front nicht weiter kam, und der Erfolg der AfD allen sichtlich in den Knochen steckte, flüchtete sich der Talk irgendwann in Medienkritik. Vor allem Familienministerin Katarina Barley (SPD) beklagte die Schlagseite bei den Aufregerthemen, die bloß der AfD genutzt hätten. 54 Prozent der Talkshows im Jahre 2016 hätten von Flüchtlingen, Terror und Islam gehandelt, rechnete Barley vor. „Da können die Leute ja gar nicht anders, als das Gefühl zu haben, dass die Themen, die sie wirklich betreffen, nicht behandelt werden.“
    Interessante Dialektik! Hätten Deutschlands Medien anders ausgewählt, wären die Menschen in Dresden womöglich für höhere Renten, bessere Pflege im Alter und für eine Verantwortungsübernahme der Autoindustrie beim Diesel-Skandal auf die Straße gegangen anstatt von „Umvolkung“ zur raunen? Gastgeber Frank Plasberg und Ex-ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender widersprachen vehement: Die Themen rund um die Flüchtlingskrise seien nun mal die gewesen, die das Publikum am meisten interessiert hätten.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Zum Ende der Sendung hat sich eine sehr interessante Konstellation ergeben. Barley (SPD), Bär (CSU), Lambsdorff (FDP) und auch Habeck (Grüne) kritisierten die Medien und zum Teil sogar Plasbeck selbst hart, die AfD durch eine zu häufige und journalistisch fragwürdige Thematisierung der AfD-Themen unterstützt zu haben. Diese Kritik war zu Beginn des Jahres noch ein einsamer Schrei in der Wüste, der von den NachDenkSeiten ausgesandt wurde. Schön, dass nun eine übergroße Koalition wenigstens eine medienkritische Aussage der NachDenkSeiten teilt. Absurd wurde es dann, als Plasberg und Nikolaus Brender sich mit dem Verweis auf die guten Quoten bei AfD-Themen herausredeten. Und offenbar gehört auch SPIEGEL Online zu den Krähen, die anderen Krähen lieber kein Auge heraus hacken.

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