Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Angriff auf Sicherheitsnetz der Bundesregierung
  2. „Essener Tafel“
  3. Syrien-Konflikt: „Assad wird an der Macht bleiben“
  4. Aufrüstung
  5. Deutsche Umwelthilfe zum Diesel-Urteil: Politik muss sich aus „Würgegriff der Autoindustrie befreien“
  6. Von den Folgen einer Gesetzeslücke – Landgrabbing in Deutschland?
  7. Verkauf der HSH Nordbank
  8. Faire Steuern – 3sat Sendung im Wirtschaftsmagazin makro
  9. Europas Mindestlöhne steigen – der deutsche nicht
  10. Der Arbeitskräftemissbrauch durch Leiharbeit hat System
  11. SPD
  12. Ich setze auf Millionen Menschen, die früher SPD gewählt haben

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Angriff auf Sicherheitsnetz der Bundesregierung
    1. IT-Experte: Im Potenzial aequivalent zu Atomkrieg
      Angriffe auf das Sicherheitsnetz der Bundesregierung, Hacker-Angriffe mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Außenministerium, vielleicht auch auf das Verteidigungsministerium. Vielleicht sind auch andere Stellen betroffen. Das ist noch nicht ganz klar, oder wir wissen es bislang jedenfalls noch nicht. – Unser Thema mit dem IT-Sicherheitsexperten und NATO-Berater Sandro Gaycken von der European School of Management und Technology in Berlin.
      Müller: Reden wir über den aktuellen Fall, Angriffe auf das Außenministerium, vielleicht auch das Verteidigungsministerium etc. Waren das die Russen?
      Gaycken: Keine Ahnung. Das weiß keiner. Ich wäre auch sehr vorsichtig mit diesen vorschnellen Zuschreibungen. Die Nachrichtendienste sind sehr gut darin, die Stile gegenseitig zu imitieren, komplett bis in die kleinsten technischen Details, und diese Analysen kommen meist von irgendwelchen IT-Sicherheitsfirmen, die natürlich dann sofort bei CNN erscheinen, wenn sie als erster „die Russen!“ schreien. Von daher ist das immer so: Das sind eher Komplizen von solchen Verschleierungstaktiken, und da muss man immer sehr vorsichtig sein. Feststellen kann man es eigentlich nur, wenn man eine menschliche Quelle im gegnerischen Hacker-Team hat. Die sind aber sehr selten und die würde man im Zweifelsfall auch nicht ausspielen.
      Müller: Das heißt, es gibt keine eindeutigen digitalen Spuren?
      Gaycken: Nein, gibt es nie. Eindeutige Digitalspuren ist ein Widerspruch, denn man kann das immer fälschen. Man muss nur als Angreifer genug davon wissen und sich auskennen und dann kann man jede Spur fälschen.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung unseres Lesers L.K.: Lesenswertes Interview in dem Gaycken mehrmals auf die Unsicherheit der digitalen Verfolgbarkeit verweist. Wieder einmal zeigt sich, dass sich hinter den von den Medien proklamierte Geschichte des „Bösen Russland“ keinerlei handfeste Beweise verbergen und eine Spur im Prinzip manipulativ gelegt werden kann.

    2. Das angeblich so sichere Datennetz des Bundes ist leider nicht wirklich sicher
      Nach der heutigen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums erklärt André Hahn, stellv. Fraktionsvorsitzender und Mitglied im Kontrollgremium für die Geheimdienste:
      „Da über den Inhalt und Details aus der Sitzung des Gremiums nicht öffentlich berichtet werden darf, will ich in drei Punkten für mich ein allgemeines vorläufiges Fazit ziehen:

      1. Das angeblich so sichere Datennetz des Bundes ist leider nicht wirklich sicher. Ansonsten wäre das Eindringen über einen Hackerangriff auf hochsensible Bundesbehörden nicht möglich gewesen. Hier haben relevante Schutzmechanismen versagt.
      2. Der von Staatssekretär Ole Schröder heute medial verbreitete Eindruck, deutsche Sicherheitsbehörden hätten den Angriff von Anfang an begleitet und unter Kontrolle gehabt, ist schlicht die Unwahrheit. Man kann einen Hackerangriff nur dann kontrollieren, wenn man überhaupt Kenntnis davon hat. Insofern sollte Herr Schröder doch mal die Mediengruppe, der er sein Interview gegeben hat, informieren, wann der Angriff nach heutigem Kenntnisstand tatsächlich begonnen hat und wann denn die Bundesregierung davon erfahren hat. Erst ab diesem Zeitpunkt könnten ja Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
      3. Die Bundesregierung, die zum wiederholten Mal das zuständige Kontrollgremium nicht über einen gravierenden Vorgang von besonderer Bedeutung unterrichtet hatte, versucht ganz offenbar den Vorfall herunterzuspielen und zu suggerieren, es sei kein allzu großer Schaden entstanden. Um das wirklich beurteilen zu können, fehlen noch exakte Fakten über womöglich abgeflossene Daten und deren Qualität.

      Mich erinnert das Ganze in fataler Weise an den Fall Markus R., den CIA-Spion im BND. Auch da war zunächst von eher geringem Schaden die Rede, bis sich herausstellte, dass der Agent neben zahlreichen anderen Dokumenten auch das supergeheime Auftragsprofil der Bundesregierung für den BND geklaut und an die Amerikaner weitergegeben hatte, das selbst die Geheimdienstkontrolleure zuvor niemals einsehen durften. Von daher bleibt abzuwarten, was die weiteren Ermittlungen zu Art und Umfang des Schadens noch ergeben werden.“
      Quelle: Linksfraktion

    3. „Russische Hackerangriffe“ fördern die Finanzausstattung der Sicherheitsbehörden
      Zwar fehlt es den Medienbeiträgen um den „Hackerangriff auf die deutsche Regierung“ weitgehend an belastbaren Informationen. Doch erfüllen sie einen taktischen Zweck durchaus: Für die in Kürze anstehenden Beratungen zum neuen Bundeshaushalt, der wieder erhebliche Ausgabensteigerungen für die Sicherheitsbehörden des Bundes vorsieht, schaffen solche Artikel das geeignete Klima der Bedrohung: Bei Politikern und in der Öffentlichkeit. Und wer könnte dann schon Nein sagen dazu, dass „unsere Sicherheit“ wieder ein paar Millionen mehr kostet?!
      Quelle: Cives
  2. „Essener Tafel“
    1. „Für Bedürftigkeit ist nicht Staatsangehörigkeit die Richtschnur“
      Angela Merkel befürwortet den Runden Tisch für die Tafel in Essen und lobt „eine bürgerschaftliche Bewegung par excellence“. Die Stadt solle sich gleichzeitig an anderen Kommunen ein Beispiel nehmen.
      Nach ihrer Kritik an der Essener Tafel bemüht sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Ausgleich. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch in Berlin, Merkel habe sich mit dem Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) in Verbindung gesetzt. Sie begrüße den Beschluss, dass an einem Runden Tisch über das weitere Vorgehen beraten werden soll.
      Die Kanzlerin hoffe, dass gute Lösungen gefunden würden, die nicht bestimmte Gruppen ausschlössen, sagte Seibert: „Bedürftigkeit ist Bedürftigkeit. Dafür ist nicht die Staatsangehörigkeit die Richtschnur.“ Alles andere seien Fragen der Organisation, sagte Seibert und erinnerte daran, dass Merkel auch von dem Druck gesprochen habe, mit dem die Tafeln umgehen müssten.
      Quelle: Welt Online

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Einfach nur dreist. Hier äußert sich diejenige, die diese Situation erst maßgeblich mitgeschaffen hat und in der Tat arme Ausländer und Deutsche gleichermaßen, im wahrsten Sinne des Wortes, verhungern lässt, herablassend über die Arbeit von Ehrenamtlichen. Tafeln sind eine „Ergänzung des Sozialstaats“? Wohl kaum; sie ersetzen nur einen Teil von dem, was beim Fürsorge- und Suppenküchenstaat fehlt. Warum greift der Staat hier nicht ein – weil „kein Geld da“ ist? Haben wir im Gegenteil schon mal von Merkel gehört, für unglaubliche Steuergeschenke an Reiche (Erbschaftsteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer) sei kein Geld da? Wieso kann sich Merkel mit ihren Unverschämtheiten fast ungehindert durchmogeln, warum gibt es keinen Sturm der Entrüstung in den Zeitungen?

    2. Arme und Ausländer
      Die Flüchtlingspolitik der Großen Koalition versagt. Wer die Menschen ins Land holt, muss sich auch um sie kümmern. Stattdessen streiten sich in Essen die Ärmsten der Armen um ein Stück Brot. Da freut sich die AfD.
      Am 23. Februar befasste sich die „Tagesschau“ unter anderem mit dem Staatshaushalt des vergangenen Jahres. Unter der Überschrift „Deutschland erzielt Milliarden-Überschuss“, hieß es, dass Deutschland einen Rekordüberschuss in Höhe von 36,6 Milliarden Euro erzielt habe. Wegen der guten Konjunktur, der hohen Beschäftigung und der daraus resultierenden hohen Steuereinnahmen. Es sei der vierte Überschuss in Folge. Direkt danach meldete die „Tagesschau“, dass die Entscheidung der Essener Tafel, vorerst keine Migranten als Bedürftige mehr aufzunehmen, auf Kritik gestoßen sei.
      Diese Kritik ist reine Heuchelei. Der Verantwortliche der Essener Tafel hat eine falsche Entscheidung getroffen. Doch eine Schande ist der Vorgang vor allem für Angela Merkel und die SPD. Merkel ist mit ihrer Flüchtlingspolitik gescheitert und die SPD mit ihrer Sozialpolitik.
      Da steht also in Essen dieser Tafel-Chef und versucht, die Folgen dieser verfehlten Politik aufzufangen. Das hinterlässt Spuren in seiner Sprache. Syrer und Russlanddeutsche hätten ein „Nehmer-Gen“, hat er dem SPIEGEL gesagt, es fehle an einer „Anstellkultur“. Solche Worte sorgen für Empörung in den vornehmen Büros. Katarina Barley, geschäftsführende Sozialministerin der SPD, hat gleich geschimpft, die Entscheidung des Tafelbetreibers fördere Vorurteile und Ausgrenzung.
      SPD-Politiker sollten bei diesem Thema besser schweigen
      Nun trägt die SPD – mit einer Unterbrechung von vier Jahren – seit bald 20 Jahren Regierungsverantwortung in Deutschland. In dieser Zeit ist die Zahl der Tafeln von 220 auf 934 gestiegen. Sie unterstützen regelmäßig etwa 1,5 Millionen Menschen. Warum? Weil die staatlichen Leistungen für viele Arbeitslose, Rentner und Flüchtlinge nicht ausreichen. Die SPD ist schuldig. Sie erfand erst die Agenda-Politik und besetzte dann jahrelang das Sozial- und Arbeitsministerium. SPD-Politiker sollten bei diesem Thema besser schweigen.
      Schweigen sollte auch Angela Merkel – aber die redet ja ohnehin wenig.
      Ihre Flüchtlingspolitik war eine Katastrophe. Wer zulässt, dass die Menschen ins Land kommen, der muss sich dann auch ausreichend um sie kümmern, sie kleiden, sie ernähren, ihnen eine Zukunft eröffnen, entweder durch Integration in Deutschland oder durch möglichst schnelle Rückführung in ihre Herkunftsländer. Merkels Regierung versagt sowohl bei der Versorgung als auch bei der Integration als auch bei der Rückführung. Und wenn in Berlin die Politik versagt, rangeln an der Tafel in Essen die Ärmsten der Armen um einen Teller Suppe.
      Quelle: Jakob Augstein auf SPON
    3. Rund 10% der Bevölkerung sind auf Grundsicherung angewiesen

      In der Diskussion um die Situation der Essener Tafel (Aufnahmestopp für Nicht-Deutsche Hilfebedürftige) dürfen die Rahmenbedingungen des Konflikts nicht außer Acht gelassen werden: Die Gesellschaft ist durch eine anhaltende soziale Spaltung charakterisiert. Trotz guter Konjunktur, steigender Beschäftigungs- und rückläufiger Arbeitslosenzahlen sowie Überschüsse in den öffentlichen Haushalten verfügen nahezu 10 % der Bevölkerung über ein nur so niedriges Einkommen, dass sie Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen.
      Die staatlichen Leistungen der Grundsicherung (Regelbedarfe) sind dabei so niedrig angesetzt, dass immer mehr Menschen auf die zivilge- sellschaftlichen Hilfen der Tafeln zurückgreifen müssen, deren Volumina aber begrenzt sind. Damit sind Verteilungskonflikte innerhalb der Gruppe der Hilfebedürftigen strukturell vorgezeichnet: Wer hat – so stellt sich inmitten einer Wohlstandsgesellschaft mittlerweile die Frage – Anspruch auf abgelaufene Lebensmittel?
      Quelle: Sozialpolitik aktuell [PDF]

      Lesen Sie zu dem Thema bitte auch Jens Bergers Artikel Die Debatte um die Essener Tafeln ist ein weiterer Aspekt der allgegenwärtigen Elitenverwahrlosung.

  3. Syrien-Konflikt: „Assad wird an der Macht bleiben“
    Der Nahost-Experte Michael Lüders glaubt, dass der Syrienkrieg zugunsten des Machthabers Baschar al-Assad entschieden ist. Die verbliebenen Dschihadisten in Ost-Ghuta wüssten, dass sie den Krieg nicht gewinnen könnten und aus der Region vertrieben würden, sagte er im Dlf. […]
    Lüders: Die meisten Syrer versuchen, angesichts der Tragödie, die sich in ihrem Land in den letzten Jahren ereignet hat, vor allem zu überleben. 23 Millionen Einwohner hat das Land. Davon sind die Hälfte geflüchtet. Rund fünf Millionen sind syrische Binnenflüchtlinge. Sie haben sich in die Gebiete geflüchtet, die unter Assads Kontrolle stehen.
    Es gibt natürlich nach wie vor große Unzufriedenheit über das Assad-Regime, aber vielen Syrern erscheint die Pest dessen, was sie seit Jahren und seit Jahrzehnten kennen, doch erträglicher als die Cholera dessen, was möglicherweise folgen könnte. Es würde ja in Syrien nach einem Sturz des Assad-Regimes nicht Freiheit und Demokratie obsiegen, sondern andere Gruppierungen an die Macht bringen, vor allem radikale Islamisten, die ihrerseits kurzen Prozess machen würden mit den Widersachern, allen voran den religiösen Minderheiten.
    Das ist auch der entscheidende Grund dafür, warum diese religiösen Minderheiten, darunter auch die Christen, nach wie vor Assad unterstützen. Es ist sachlich nicht richtig zu behaupten, dass die gesamte syrische Bevölkerung einen verzweifelten Freiheitskampf gegen das syrische Regime führen würde. Das tut vielleicht die Hälfte der Bevölkerung. Sie lehnt dieses Regime ab. Aber der Rest steht dahinter, nach wie vor, aus Mangel an Alternativen, und eine zivile Alternative ist im Augenblick nicht in Sicht. […]
    Die Schmutzigkeit der Deals kann man daran ermessen, dass diese Dschihadisten in Idlib, aber auch in Ost-Ghuta maßgeblich von Saudi-Arabien und der Türkei unterstützt werden. Aber um diese Aufständischen bekämpfen zu können, braucht man natürlich das Okay der Türkei. Vor allem die Russen brauchen das, weil sie ja mit der Türkei zusammenarbeiten. Der Deal läuft darauf hinaus zu sagen, okay, ihr, liebe Türken, könnt in Nord-Syrien, in den Kurden-Gebieten machen, was ihr wollt, aber gebt uns freie Hand, gegen die Terroristen in Idlib oder in Ost-Ghuta vorzugehen, und die USA haben das ohnehin schon abgesegnet, dieses Vorgehen der Türkei gegenüber den Kurden.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Lesen Sie zur Einordnung auch noch einmal Lüders‘ Artikel Der Krieg in Syrien und die blinden Flecken des Westens von März 2017.

  4. Aufrüstung
    1. „Verrückte führen Blinde“: Krieg gegen Russland?
      Auf der Münchner Sicherheitskonferenz warnten namhafte Politiker vor einem Krieg mit Russland. Wir stünden am Abgrund, hieß es. Schon vor Beginn erklärte der Vorsitzende, Wolfgang Ischinger: „Wir haben noch nie seit dem Ende der Sowjetunion eine so hohe Gefahr auch einer militärischen Konfrontation von Großmächten gehabt.“ Verteidigungsministerin von der Leyen war sich mit US-Verteidigungsminister James Mattis im Zelebrieren der „Abwehrbereitschaft“ gegen Russland einig. Während Mattis die deutsche Führungsrolle in Europa hervorhob, betonte von der Leyen die Bedeutung der NATO als „Wertegemeinschaft“ und den Willen der deutschen Regierung, weiter aufzurüsten. Im Deutschlandfunk hieß es am 18. Februar 2018: „Gibt es also noch ein Zurück vom Abgrund? Am Ende musste Wolfgang Ischinger einräumen, dass das Fragezeichen dort wohl zurecht steht.“ Dementsprechend hat Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Regierungserklärung am 22. Februar die deutsche Bevölkerung zu einem Teilbereich der kriegerischen Ereignisse auf der Welt wissen lassen: „Das, was wir im Augenblick sehen, die schrecklichen Ereignisse in Syrien, den Kampf eines Regimes nicht gegen Terroristen, sondern gegen seine eigene Bevölkerung, die Tötung von Kindern, das Zerstören von Krankenhäusern, das ist ein Massaker, das es zu verurteilen gilt und dem wir ein klares Nein entgegensetzen. Wir sind aber auch aufgefordert, zu versuchen, eine größere Rolle dabei zu spielen, um ein solches Massaker beenden zu können. Darum müssen wir uns als Europäer bemühen …“ Wir trauen unseren Ohren nicht: Will diese Frau Krieg?
      Quelle: KenFM
    2. GroKo spricht sich für Atomwaffen in Deutschland aus – Russland als Vorwand
      „Dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten – Atomwaffen abziehen“ hat die Linksfraktion im Bundestag gefordert. Russland wurde dabei u.a. sowohl von Seiten der Union sowie der FDP mehrmals als Aggressor dargestellt. Das wiederum wurde als Vorwand genutzt, um dem Verbotsvertrag nicht zuzustimmen.
      In ihrem Antrag wirft die Linksfraktion der Bundesregierung vor, sich zwar außenpolitisch zu einer Welt ohne Atomwaffen zu bekennen, „jedoch während des gesamten Prozesses der Ausarbeitung des Vertrags keinerlei Anstrengungen“ unternommen zu haben, diesen zu unterstützen. „Sie hat die Vertragsverhandlungen boykottiert und in der entscheidenden Abstimmung in der UN-Vollversammlung dem Vertrag ihre Zustimmung verweigert“, bemängelt die Linksfraktion.
      Mit ihrer ablehnenden Haltung zum neuen Atomwaffenverbotsvertrag sende die Bundesrepublik Deutschland ein „falsches Signal, schadet ihrer abrüstungspolitischen Glaubwürdigkeit und schwächt die Institution der Vereinten Nationen“, heißt es dort weiter. Die Bundesregierung werde deshalb aufgefordert, den Atomwaffenverbotsvertrag umgehend zu unterzeichnen. Außerdem solle sie „unverzüglich die Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland an der nuklearen Teilhabe der Nato aufkündigen“ und Schritte zum Abzug der US-Atomwaffen vom Territorium der Bundesrepublik Deutschland einleiten. (…)
      Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stehe in einem Koalitionsvertrag „explizit“ ein Bekenntnis zur atomaren Komponente der Nato, beklagte bei der Bundestagsdebatte über den UN-Atomwaffenverbot und den Abzug atomarer Waffen aus Deutschland der stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Linke, Tobias Pflüger. Ein Atomwaffenvertrag der Vereinten Nationen, der von der Friedensnobelpreisträgerin ICAN initiierte wurde, hat an der Position der sogenannten Volksparteien offenbar nichts ändern können.
      Im Gegenteil: 2010 habe sich der Bundestag noch für den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland stark gemacht, bemerkte im Sputnik-Interview das ICAN-Vorstandsmitglied Martin Hinrichs und zeigte sich gleichzeitig enttäuscht über die Haltung der SPD im Koalitionsvertrag zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag: „Im Moment habe ich den Eindruck, dass sich leider die CDU mit ihrer Betonung, dass wir an der Aufrüstung teilhaben müssen, durchsetzt.
      Es wird zum einen von der Vision einer atomfreien Welt geredet. Zum anderen scheint es nicht so wichtig zu sein, um sich tatsächlich zu trauen, die Atommächte unter Druck zu setzen. Wenn Außenminister Gabriel so handeln würde wie er redet, würde Deutschland für die Abrüstung eine aktive Rolle spielen. Wenn wir immer nur darauf warten, bis die Atommächte ihre Atomwaffen freiwillig abgeben, kommen wir nie weiter. Wir müssen Druck ausüben und müssen mit einem guten Beispiel vorangehen.“
      Quelle: Sputnik
    3. Die Schaltzentrale für Ostseekriege
      Die Deutsche Marine baut in Rostock ein NATO-Hauptquartier auf und sichert sich damit die taktische Führung in einem etwaigen Seekrieg gegen Russland. Wie Marineexperten bestätigen, wird das neue Hauptquartier auf Waffengänge in Randmeeren wie etwa der Ostsee spezialisiert sein. Dabei kann es auch außerhalb des NATO-Rahmens genutzt werden. Parallel verlegt die Deutsche Marine ein zweites Führungszentrum, ihr Maritime Operations Centre (MOC), ebenfalls nach Rostock; die Einrichtung führt Flotte und Seeluftstreitkrafte weltweit auch in Übungen sowie im Ausbildungseinsatz. Das MOC umfasst unter anderem eine deutsch-polnische Führungszelle für U-Boot-Operationen, das laut Angaben der Marine „die binationale operative Kontrolle sowohl über deutsche als auch polnische U-Boote“ ausübt; dabei könnten, so heißt es, die polnischen Seestreitkräfte ihre U-Boote „an deutsche Führungssysteme ankoppeln“. Berlin macht sich die enge Marinekooperation zunutze, um Warschau zum Kauf deutscher anstelle französischer U-Boote zu drängen.
      Quelle: German Foreign Policy
    4. Zahlreiche Rüstungsgenehmigungen vor Yücel-Freilassung
      Der Bund hat in den vergangenen Wochen mehrere Rüstungsexporte an die Türkei genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Rüstungsexpertin Sevim Dagdelen hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
      Die 31 Genehmigungen stammen laut Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) aus einem Zeitraum von gut fünf Wochen zwischen dem 18. Dezember und 24. Januar. Genaue Angaben über Art und Umfang der Rüstungsgüter macht die Bundesregierung nicht. Die einzelnen Positionen sind chiffriert.
      2017 erteilte die Bundesregierung insgesamt 115 Genehmigungen für Rüstungsexporte und sogenannte „Dual-Use-Exporte“ in die Türkei. Diese Güter können sowohl militärisch als auch zivil eingesetzt werden. Bei den 31 jüngsten Genehmigungen handelt es sich ausschließlich um Rüstungsexporte.
      Eine der Genehmigungen trägt den Code „A0013“. Das Kürzel steht für „Spezialpanzer- oder Schutzausrüstung“. Ob es sich dabei um die Genehmigung für die umstrittene Aufrüstung von 120 türkischen Panzern vom Typ M60 oder die Nachrüstung von Leopard-2-Kampfpanzern durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall handelt, lässt das Ministerium offen. (…)
      Linken-Expertin Dagdelen übte an den Waffenlieferungen scharfe Kritik. „Praktisch täglich genehmigt die Bundesregierung einen Rüstungsexportantrag für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Während die Türkei unmittelbar den völkerrechtswidrigen Einmarsch der türkischen Armee ins syrische Afrin vorbereitet hat, wurden innerhalb nur eines Monats 31 Rüstungsexporte genehmigt. Das ist skandalös“, sagte die Vizefraktionschefin der Linken dem RND. Dagdelen hob den zeitlichen Zusammenhang mit der Freilassung der deutschen Journalistin Mesale Tolu am 18. Dezember hervor.
      Quelle: Hannoversche Allgemeine

      Anmerkung Christian Reimann: Die Linken-Politikerin Dagdelen äußerte sehr früh nach der Freilassung von Herrn Yücel die Vermutung, dass es einen „Deal“ gegeben haben könnte.

    5. Bundesregierung verdoppelt Rüstungsexporte an Entwicklungsländer
      Deutsche Rüstungsgeschäfte mit Entwicklungsländern haben im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht. Bei den Einzelausfuhrgenehmigungen hat die schwarz-rote Bundesregierung erstmals seit 2008 die Milliardengrenze überschritten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (PDF) auf eine Kleine Anfrage der Linke-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen hervor (Bundestagsdrucksache 19/516).
      „Die Verdoppelung von Rüstungsexporten in Entwicklungsländer sind ein politischer Offenbarungseid. Es ist zudem eine moralische Bankrotterklärung, in Entwicklungsländer, die von Armut, Unterernährung, Hunger, mangelhafter Gesundheitsversorgung, einer hohen Kindersterblichkeitsrate, hoher Arbeitslosigkeit und mangelhaften Bildungsmöglichkeiten geprägt sind, Waffen zu liefern“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. „Das letzte, was Entwicklungsländer brauchen, sind noch mehr Waffen.“
      Quelle: Linksfraktion
  5. Deutsche Umwelthilfe zum Diesel-Urteil: Politik muss sich aus „Würgegriff der Autoindustrie befreien“
    Der Chef der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sieht derzeit keinen politischen Willen in Deutschland, die Autoindustrie beim Thema Feinstaubbelastung in die Pflicht zu nehmen. Es sei „eine irre Situation“, dass ein Umweltverband den Staat vor Gericht zwingen müsse, damit der die eigenen Gesetze einhalte, sagte Resch im Dlf. […]
    Sie sehen ja, wie mächtig die Autoindustrie in Deutschland ist. Die Franzosen haben gegenüber Peugeot, Renault und FCA, Fiat Chrysler, 18,3 Milliarden Euro Strafe verfügt über die Anti-Betrugs-Behörde. In Deutschland null Euro Strafe. – Wir haben ein Vertragsverletzungsverfahren am Hals seit 14 Monaten, weil Deutschland von der Autoindustrie keine Strafe fordert. Würden wir die von der EU vorgeschriebenen Strafzahlungen einfordern, kämen ungefähr 20 bis 25 Milliarden Euro zusammen, die man einsetzen könnte, um die Verkehrsinfrastruktur-Maßnahmen für die Verkehrswende auch zu finanzieren.
    Und das andere: Natürlich muss die Automobilindustrie die Kosten übernehmen. Aber hier bedarf es einer Politik, die sich aus dem Würgegriff der Autoindustrie befreit und einfach mal selbstständig handelt. Das sehe ich nicht. Und in der Tat: Ich befürchte, dass wir an vielen Stellen weiterhin mit Klagen Bundesländer oder auch Unternehmen zwingen müssen, Recht und Gesetz zu beachten. Darum haben wir den Erfolg gehabt.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Urteil Bundesverwaltungsgericht: Bundesregierung muss jetzt handeln
    Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist jetzt der Scherbenhaufen der konzept- und verantwortungslosen Politik der Bundesregierung zu besichtigen. Wenn die Bundesregierung nun nicht endlich handelt, werden Millionen von Autofahrern die Zeche für den Betrug der Spitzen der Autokonzerne bezahlen“, erklärt Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und die drohenden Fahrverbote. Wagenknecht weiter:
    „Zwei Dinge sind jetzt aus unserer Sicht unerlässlich. Erstens: Unternehmen, die ihre Kunden betrügen, müssen zumindest für den Schaden haften. Für die Kosten einer nötigen Hardware-Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen müssen die Verursacher des Dieselskandals zur Kasse gebeten werden. Wir erwarten, dass die Bundesregierung die Konzerne dazu rechtsverbindlich verpflichtet.
    Zweitens: Wir brauchen einen flächendeckenden kostenfreien Nahverkehr aus sozialen Gründen, um Mobilität auch für diejenigen zu gewährleisten, die sich kaum Fahrscheine leisten können, aber auch aus ökologischen und gesundheitlichen Gründen. So ließen sich die drohenden Fahrverbote abwenden. Die Kosten von jährlich rund 18 Milliarden Euro könnten über Steuern für Superreiche finanziert werden. Die Bundesregierung muss endlich in Sozialstaat und Umwelt investieren, statt die Gewinne von Konzernen und Superreichen weiter zu maximieren.“
    Quelle: Linksfraktion

  6. Von den Folgen einer Gesetzeslücke – Landgrabbing in Deutschland?
    Der globale Trend, Ackerland als Spekulationsobjekt zu erwerben, hat Deutschland längst erreicht. Internationale Konzerne und Kapitalfonds dürfen – als Nicht-Landwirte – zwar kein Ackerland erwerben. Aber sie kaufen Bauern in Ostdeutschland deren Anteile an landwirtschaftlichen Genossenschaften ab und setzen sie als Geschäftsführer ein.
    Das ist für die Bauern lukrativ – zumal die Flächenpreise steigen, wenn das Land knapper wird.
    Damit steigen aber auch die Pachtpreise, die unabhängige kleine Landwirte zahlen müssen. Die Folge sind Betriebspleiten – was weitere Investoren anlockt. Sie besitzen vor allem in den neuen Bundesländern je nach Region heute schon zwischen 20 und 50 Prozent der Äcker und Wiesen.
    Die Investoren entscheiden, was angebaut wird. Energiepflanzen – Mais, Raps, Zuckerrüben – bringen die höchsten Renditen. Sie wachsen in Monokulturen von durchschnittlich 30.000 Hektar Fläche und werden mit riesigen Maschinen bearbeitet. Weitere Arbeitsplätze gehen verloren. EU-Subventionen werden pro Hektar, nicht pro Arbeitsplatz bezahlt. Bei den aktuellen Besitzverhältnissen ist eine von der Bundesregierung eigentlich angestrebte Bio-Agrarwende kaum noch durchführbar.
    Und das Gesetz? Landesrecht und Bundesrecht blockieren sich gegenseitig.
    Quelle: Deutschlandfunk
  7. Verkauf der HSH Nordbank
    1. So teuer wie 14 Elbphilharmonien – mindestens
      Die HSH Nordbank wird an US-Finanzinvestoren verkauft – die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein beenden damit ein Milliardendebakel. Wie konnte es dazu kommen? Und wie teurer wird es wirklich?
      Ist das nun ein Tag zum Strahlen oder einer zum Klagen? Da scheinen sich auch Olaf Scholz und Daniel Günther nicht so ganz einig zu sein. Während Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther (CDU) von einem „schweren Tag für unsere beiden Länder“ spricht, kann Hamburgs Erster Bürgermeister Scholz (SPD) gar nicht oft genug das „gute Verhandlungsergebnis“ betonen, mit dem man es geschafft habe, eine „existenzielle Krise“ der Nordländer abzuwenden. Ja, was denn nun?
      Fest steht: Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben die HSH Nordbank verkauft – und damit ein düsteres Kapitel beendet. Wirksam wird der Vertrag zwar erst zum sogenannten Closing des Geschäfts in einigen Wochen oder Monaten. Und auch die beiden Landesparlamente und die EU-Kommission müssen noch zustimmen. Doch „ein bisschen Erleichterung ist schon da“, wie Ministerpräsident Günther am Ende der Pressekonferenz in Kiel zugibt. […]
      Noch ist die Schlussrechnung nicht bis ins Detail möglich, aber wie es aussieht, wird das Debakel der HSH Nordbank die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein am Ende zwischen 10 und 15 Milliarden Euro kosten. […]
      Ob eher 10 oder eher 15 Milliarden Euro – wie hoch die Verluste für die Länder am Ende genau sein werden, wird sich erst später zeigen. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Günther geht derzeit von 5,4 Milliarden Euro für sein Land aus, im schlimmsten Fall würden es nach seinen Worten 7 Milliarden Euro. Für Hamburg sieht es nach Angaben von Bürgermeister Scholz ähnlich aus.
      Rechnet man nur mit dem offiziell veranschlagten Verlust, kommt man also auf knapp 11 Milliarden Euro für beide Länder zusammen.
      Das ist fünf Mal so viel wie das Bundesland Hamburg im vergangenen Jahr für Schulen ausgegeben hat. Oder gut 15 Mal so viel wie für Kitas oder Polizei. Auch die Kosten für die Elbphilharmonie betrugen mit knapp 800 Millionen Euro nur einen Bruchteil dessen, was Hamburg wegen der HSH Nordbank schultern muss. […]
      Die neuen Eigentümer finden eine gut aufgeräumte Bank vor, die mit ordentlich Eigenkapital ausgestattet ist und sich fast aller Risiken entledigt hat. Für die müssen nun nur noch die Steuerzahler geradestehen.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung JK: Der entscheidende Absatz steht am Schluss: „Die neuen Eigentümer finden eine gut aufgeräumte Bank vor, die mit ordentlich Eigenkapital ausgestattet ist und sich fast aller Risiken entledigt hat. Für die müssen nun nur noch die Steuerzahler geradestehen.“ Genauso funktioniert der moderne Finanzkapitalismus. Es geht um die Ausplünderung der Mehrheit der Bürger zu Gunsten der Reichen und Superreichen. Der Neoliberalismus ist die dazu konstruierte Ideologie, die dieses Treiben legitimieren soll und der kommissarische Parteivorsitzende der SPD und designierte Finanzminister einer neuen Großen Koalition, Scholz, findet das alles großartig.

      Hinweis: Die NachDenkSeiten sind bereits vor einem Jahr am 4. Januar 2017 auf die Vorgänge rund um die HSH Nordbank eingegangen.

    2. Faule Kredite: „Riesiger Belastungsklotz für die Bürger“
      Der ehemalige Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Werner Marnette (CDU), hat frühzeitig auf die Risiken der HSH Nordbank für die Steuerzahler aufmerksam gemacht. Er trat von seinem Amt zurück, weil er mit seinen Warnungen in der Kieler Landesregierung auf taube Ohren stieß. „Der Scheinverkauf der Bank ist Betrug am Bürger“, sagt Marnette im Gespräch mit test.de – und erläutert, warum die Probleme auch nach dem Verkauf der Bank nicht aus der Welt sind.
      Die HSH Nord­bank ist verkauft. Ende gut, alles gut?
      Nein. Das ist kein Verkauf, sondern ein Scheinverkauf. Die HSH Nord­bank ist, betriebswirtschaftlich betrachtet, unverkäuflich. Denn die Bank hat Milliarden Euro an Risiken in ihren Geschäftsbüchern. Deshalb will auch keine andere Bank die HSH Nordbank übernehmen. Die faulen Kredite und anderen Risiken werden sicherlich nicht von den neuen Eigentümern übernommen, sondern bleiben als riesiger Belastungsklotz für die Bürger Hamburgs und Schleswig-Holsteins bestehen. Denn die beiden Bundesländer haften dafür auch nach dem Verkauf.
      Wie hoch sind die Belastungen für die Steuerzahler jetzt noch?
      Genau kennen wir die Risiken und die damit verbundenen Belastungen für die Steuerzahler immer noch nicht. Sie betragen wahrscheinlich mehr als 20 Milliarden Euro. Mit Sicherheit sind mehr als 13 Milliarden Euro weg. Denn die HSH Nordbank hat sowohl die zehn Milliarden Euro aufgebraucht, die Hamburg und Schleswig-Holstein als Garantie gewährt haben, als auch die drei Milliarden Euro, die beide Länder 2009 als Kapitalspritze zu Verfügung stellten. Hinzu kommen noch Wertberichtigungen und Pensionsverpflichtungen der HSH Nordbank, für die auch die Steuerzahler gerade stehen. Das sind mit Sicherheit 1,5 Milliarden Euro. Und es gibt weitere Risiken. Die HSH Nordbank ist eine Black Box, denn was sich aus der Schiffsfinanzierung der Bank noch ergeben wird, ist völlig offen. Über das, was noch auf die Steuerzahler zukommt, werden sie weiterhin im Unklaren gelassen. Nicht einmal die Abgeordneten der beiden Landesparlamente kennen die Zahlen. Sie sollen aber im April 2018 dem heute beschlossenen Verkauf zustimmen. […]
      Die Bank hätte schon vor Jahren abgewickelt werden müssen. Was bringt es, eine Milliarde Euro durch den Verkauf der Bank einzunehmen, wenn bei den Steuerzahlern im schlimmsten Fall mehr als 20 Milliarden Euro hängen bleiben? Dieses Geld fehlt für Kindergärten, Schulen, Universitäten und andere wichtige Aufgaben der Länder. Der Scheinverkauf der Bank ist Betrug am Bürger, weil immer noch nicht offengelegt wird, was die Bank ihn letztlich kostet. Die neuen Eigentümer werden die Karten nicht auf den Tisch legen. Ungeheuerlich ist auch, dass allein die für den Verkaufsprozess angeheuerten Berater fast 200 Millionen Euro bekommen.
      Quelle: Test.de
    3. Die HSH und der Hedgefonds Cerberus
      Beim Hamburger Senat handelt es sich seit 2015 um eine Koalition aus SPD und Grünen, die schleswig-holsteinische Landesregierung wird seit 2017 von der CDU, den Grünen und der FDP gestellt. Alle vier Parteien waren sich in dieser Woche darin einig, die HSH Nordbank an ein Konsortium angelsächsischer Investoren zu verkaufen.
      Schwergewicht unter den Geschäftspartnern ist mit einem Anteil von knapp über 40 Prozent der US-Hedgefonds Cerberus, der sich nach langjährigen Aktivitäten im Automobil, Waffen-, Pharma- und Immobilienbereich seit einiger Zeit auf den Bankensektor konzentriert.
      Cerberus wurde 1992 in New York vom Princeton-Absolventen Stephen Feinberg gegründet und hat sich den Ruf erworben, sein Geschäft mit besonders harten Methoden zu betreiben. In den USA gilt Cerberus als „Geier-Hedgefonds“, dessen öffentlichkeitsscheue Führung vor allem dort ihr Geld macht, wo andere in Schwierigkeiten stecken.
      Quelle: Telepolis
    4. Wie die Bankenaufseher die drohende Finanzkrise ignorierten
      Regierungsunterlagen legen nahe, dass die Bankenaufsicht schon vor der Finanzkrise um die Probleme einiger Banken wusste – aber nichts tat. Für die Rettung notleidender Banken hat Deutschland nach der Finanzkrise viele Milliarden Euro an Steuergeldern ausgegeben. Alleine die HSH Nordbank, die am Mittwoch an Finanzinvestoren verkauft wurde, kostete die beteiligten Bundesländer elf Milliarden Euro. Auch die staatlichen Bankenaufseher haben die teils sehr riskanten Geschäfte der Geldhäuser nicht ausgebremst – dabei erahnten sie zum Teil schon früh, wo bei späteren Kriseninstituten etwas im Argen lag. […]
      Bereits im November 2004 sprachen die Finanzaufsicht Bafin und die für Bankenaufsicht ebenfalls zuständige Bundesbank mit der IKB. „In dem Gespräch erfolgte eine eingehende Erörterung des Conduits „Rhineland Funding“ unter Risikogesichtspunkten“, schreibt die Bundesregierung. Weitere Gespräche folgten im Februar und November 2005. Auch die verhängnisvolle Liquiditätslinie, mit der sich die IKB verpflichtet hatte, das Conduit bei Problemen zu stützen, war schon ein Thema.
      Das Fatale: Getan hatte sich danach nichts. Die IKB verwies auf die guten Ratings der US-Schrottpapiere und stufte die Wahrscheinlichkeit, dass die Liquiditätslinie zum Einsatz kommen müsste, als gering ein. Damit gaben sich die Aufseher zufrieden: In Aufsichtsratssitzungen tauchten sie erst nach der Rettungsaktion auf. Auch eine Sonderprüfung gab es nur im Jahr 2005.
      Bei der Überwachung der HSH Nordbank kamen die Bankenwächter ebenso wenig ihren Aufgaben nach – obwohl sie regelmäßig im Aufsichtsrat und dessen Unterausschüssen zu Gast waren. Dass die HSH Nordbank das Kreditinvestmentgeschäft „intensiv“ betrieb, also fleißig Wertpapiere kaufte, die mit Kreditbündeln unterlegt waren, wussten die Aufseher. Doch dass die Bank mit der Zeit immer riskantere Investitionen tätigte, „war der Aufsicht nicht bekannt“, so die Bundesregierung.
      Quelle: Handelsblatt
  8. Faire Steuern – 3sat Sendung im Wirtschaftsmagazin makro
    Das Wirtschaftsmagazin makro des TV-Senders 3sat hat gestern abend eine halbstündige Sendung dem Thema Faire Steuern gewidmet. Ich hatte die Ehre – und Freude! – als Studiogast dabei zu sein. Der Aufmacher der Sendung geht so:

    „Mit seiner großen Steuerreform hat US-Präsident Donald Trump den globalen Wettbewerb um die niedrigsten Steuersätze angefacht. Die USA werden damit zu einem der größten Steuerparadiese der Welt.“ (…)

    Wer lieber liest – der Chat-Austausch mit ZuschauerInnen und mir ist hier abrufbar, das Vorabinterview ging so:

    „Die fühlen sich hierzulande sicher“

    Mühsamer Kampf gegen Steuerparadiese
    Die EU-Finanzminister haben sich auf ihrem Treffen diese Woche gegen unfairen Steuerwettbewerb ausgesprochen. Aber auch Deutschland müsse sich bewegen, sagt Steuerexperte Markus Meinzer im Vorabinterview mit makro-Moderatorin Eva Schmidt.
    Es ist nicht so, dass nichts passiert sei beim Stopfen von Steuerschlupflöchern. Es ist vielmehr so, dass weniger passiert ist als versprochen. Gerade die Deutschen träten im Hinblick auf die Transparenz von Konzernsteuern als Bremser auf, sagt Steuerexperte Markus Meinzer vom Tax Justice Network. Sein Vorschlag: Unternehmen sollten mit einer Gesamtkonzernsteuer generell dort Steuern zahlen, wo sie Gewinne machen. Das könnte beliebten Steuersparmodellen von Konzernen einen Riegel vorschieben. „Die niedrig besteuerten bzw. nirgends besteuerten sogenannten ‚weißen Einkünfte‘ würden verschwinden“, sagt Meinzer.
    makro: Zunächst weltweite Empörung nach der Veröffentlichung der Panama-Papers, aber gut anderthalb Jahre später ging es mit den Paradise Papers munter weiter. Ist die Welt im Kampf gegen Steuerhinterziehung überhaupt einen Schritt weitergekommen?
    Markus Meinzer: Ja, aber es wurde viel mehr vesprochen als bislang eingelöst und politisch umgesetzt wurde. Die Einsicht reift weiter, dass nur das Licht öffentlicher Transparenz die Schattenwelt des Offshore-Finanzsystems ausleuchten kann. Behörden allein sind überfordert und nicht selten politisch instrumentalisiert. Einige wichtige Reformen wurden schon angestoßen. Nachholbedarf besteht vor allem noch bei der Konzernbesteuerung.
    Quelle: blog steuergerechtigkeit

  9. Europas Mindestlöhne steigen – der deutsche nicht
    Wer in Deutschland zum Mindestlohn arbeitet, kann sich davon weniger leisten als vor einem Jahr – anders als in den meisten anderen EU-Staaten. Am stärksten stieg die Lohnuntergrenze in einem osteuropäischen Land.
    In 22 Staaten der EU gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn – doch nur in drei von ihnen ist er im vergangenen Jahr nicht erhöht worden: Deutschland, Luxemburg und Griechenland. Weil die Verbraucherpreise aber durchaus gestiegen sind, können sich Mindestlohn-Bezieher in diesen Ländern weniger leisten als noch vor einem Jahr, das geht aus dem Mindestlohnbericht der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor.
    Im Mittel legten die Mindestlöhne in der EU dennoch um 4,4 Prozent zu. Ein ähnlicher Wert wie ein Jahr zuvor, damals lag der mittlere Anstieg der EU-Mindestlöhne bei fünf Prozent.
    Für die Betroffenen ist allerdings weniger wichtig, wie hoch der Mindestlohn in absoluten Beträgen ist, sondern, was sie sich davon leisten können. Das wird in einer eigenen Einheit, dem Kaufkraftstandard, deutlich. In der untenstehenden Grafik sehen Sie die Kaufkraftstandards der Mindestlöhne in den jeweiligen Ländern. Die nominalen Mindestlöhne können Sie sich zum Vergleich ebenfalls anzeigen lassen.
    Quelle: SPIEGEL Online

    dazu: Deutschland ganz unten
    Zahlreiche Unternehmen umgehen Arbeitszeit und Mindestlohn. Gehaltsuntergrenze im europäischen Vergleich auf niedrigem Niveau
    Mehr arbeiten, weniger Lohn: Mit dem Ausbau der Digitalisierung sollte die Entwicklung eigentlich andersherum verlaufen. Nicht so in der Bundesrepublik. Im Land der Rekordüberschüsse für Reiche und Tafeln für Arme liefern sich Lohndrücker einen Wettbewerb. Unbezahlte Mehrarbeit ist an der Tagesordnung, während der Mindestlohn nicht nur häufig umgangen wird, sondern trotz starker Wirtschaft und Anstieg der Preise stagniert.
    So stellten deutsche Arbeitsschutzbehörden 2016 bei mehr als jeder zweiten Kontrolle Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz fest. Das besagt eine aktuelle Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann (Die Linke). Demnach deckten die Beamten bei 19.208 Inspektionen 10.110 solcher Fälle auf. Das waren zwar rund 1.700 weniger als 2010. Allerdings sank die Zahl der Prüfungen von knapp 26.000 um mehr als ein Viertel. Besonders drastisch übte sich etwa Rheinland-Pfalz im Wegschauen. 2016 kontrollierte es nur gut 600mal seine Unternehmen, halb so oft wie sechs Jahre zuvor. Dabei stellte es mit gut 2.100 fast dreimal so viele Verstöße fest. Konsequenzen hatte das kaum.
    Quelle: junge Welt

    und auch: Arbeitslose in Deutschland am ehesten arm
    Nirgendwo in der EU ist das Risiko so hoch wie in Deutschland, als Arbeitsloser in die Armut abzurutschen. In Frankreich und Dänemark ist die Quote nur halb so hoch. Politiker fordern eine Veränderung im Sozialsystem.
    Arbeitslose in Deutschland sind im EU-weiten Vergleich am stärksten von Armut bedroht. Nach Angaben des europäischen Statistikamts Eurostat lag das Armutsrisiko hierzulande im Jahr 2016 bei 70,8 Prozent und damit so hoch wie in keinem anderen Land der Europäischen Union. In der gesamten EU betrug das Armutsrisiko für Arbeitslose zwischen 16 und 64 Jahren im Schnitt 48,7 Prozent – im Jahr 2006 waren es noch 41,5 Prozent.
    Das Land mit dem zweithöchsten Armutsrisiko war 2016 Litauen, allerdings mit deutlichem Abstand zu Deutschland und einem Anteil von 60,5 Prozent. Es folgten Lettland mit 55,8 Prozent, Bulgarien mit 54,9 Prozent, Estland mit 54,8 Prozent, Tschechien mit 52,3 Prozent, Rumänien mit 51,4 Prozent und Schweden mit 50,3 Prozent. Am geringsten war das Armutsrisiko in Finnland und Zypern mit jeweils 37,3 Prozent, Frankreichmit 38,4 und Dänemark mit 38,6 Prozent.
    Linken-Chefin Katja Kipping nannte die Zahlen eine „schallende Ohrfeige für CDU, CSU und SPD“. Die Große Koalition habe „die katastrophale Situation zu verantworten“ und „offenbar kein Interesse, daran etwas zu ändern“.
    Kipping bekräftigte die Forderungen der Linken nach einem Mindestarbeitslosengeld sowie einer sanktionsfreien Mindestsicherung in Höhe von derzeit 1050 Euro netto, um Einkommensarmut bei Erwerbslosen abzuschaffen.
    Die Grünen werteten die deutsche Spitzenposition bei der Armutsrisikoquote als „traurigen Beleg für die Unzulänglichkeiten unseres Sozialleistungssystems“. „Wir müssen den Zugang zur Arbeitslosenversicherung für alle Menschen verbessern, auch für Kurzzeitbeschäftigte, Selbstständige und anderweitig nicht Abgesicherte“, forderten die Arbeitsmarkt- und Sozialexperten Wolfgang Strengmann-Kuhn und Sven Lehmann. Zudem müssten der Regelsatz der Grundsicherung erhöht und die Sanktionen abgeschafft werden, forderten die Grünen-Bundestagsabgeordneten.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Daß sich die Grünen, die mit Hartz IV, Niedriglohnpolitik und Leiharbeit diese Situation vorangetrieben haben und ihre eigene „Reform“politik bis heute für richtig halten, überhaupt einen kritischen Kommentar zutrauen („haltet den Dieb“), ist unglaublich.

  10. Der Arbeitskräftemissbrauch durch Leiharbeit hat System
    Das Beschäftigungswachstum in der Leiharbeit hält unvermindert an und erreicht Rekordhöhen. Das ist weder Zufall, noch Zeichen für eine bloß stellenweise missbräuchliche Nutzung der Arbeitnehmerüberlassung. Mindestens drei Anhaltspunkte sprechen für den systematischen Missbrauch von Beschäftigten durch Leiharbeit. (…)
    Die präsentierten Zusammenhänge sollten reichen, um Interpretationen, die vom bloßen Missbrauch einer an sich akzeptablen Beschäftigungsform sprechen, den Boden zu entziehen. Die Rede vom Missbrauch der Leiharbeit ist irreführend, denn sie impliziert unausgesprochen, es gebe einen großen gesunden Kern mit ein paar faulen Stellen im Randbereich. Und da, wo solche Reden das Problem der Ausbeutung auf ganz wenige Einzelfälle missbräuchlichen Verhaltens reduzieren wollen, gegen die man natürlich vorgehen müsse, weil sie dem Ansehen der Branche schadeten, da wollen sie ganz gezielt Sand in die Augen streuen.
    Nein, das Problem ist nicht eines von bedauerlichen oder kritikwürdigen Fehlanwendungen. Es ist ein systemisches, denn der Missbrauch von Arbeitskräften selbst ist das System, ohne das die Verleiherei gar nicht derart raumgreifend funktionieren könnte. Es gibt keinen Missbrauch der Leiharbeit, es gibt einen Missbrauch durch Leiharbeit. Und daran wird sich in den kommenden Jahren nur dann etwas ändern, wenn sich auf Seiten der Beschäftigten (ob mit oder ohne die etablierten Gewerkschaften) mehr Widerstand regt und organisiert.
    Denn wie sollte es im aller Wahrscheinlichkeit nach auch in den kommenden Jahren bestehenden System Merkel auch anders sein: Von Seiten der Politik ist nichts zu erwarten. Die vermutlich nächste amtierende Regierung hat laut Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erst 2020 „evaluiert“ werden soll. Damit haben die GroKo-Verhandler nur das aufgeschrieben, was in § 20 AÜG sowieso schon fixiert ist. So geht eine Politik des „weiter so“, die Reformhandeln nur simuliert. Weiter so?
    Quelle: miese Jobs
  11. SPD
    1. Nahles macht es spannend
      Parteichefin Nahles will die SPD-Minister einer schwarz-roten Regierung offenbar erst am 12. März bekanntgeben – zwei Tage vor der Kanzlerwahl im Bundestag. Das soll die Personaldebatte abkürzen […] Der späte Zeitpunkt solle verhindern, dass die Kandidatenauswahl eine Woche lang zerredet würde, heißt es in dem Bericht. […]
      Worauf die Parteichefin Nahles bei der Personalauswahl wert legt, hat sie vorab den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt: „Wer für die SPD ins Kabinett will, muss kompetent sein und den Koalitionsvertrag umsetzen können.“ Außerdem müssten die SPD-Minister „als Team funktionieren“.
      Quelle: Tagesschau

      Anmerkung unseres Lesers H.M.: Es stellt sich die Frage, warum Frau Nahles bei dieser debatten- und demokratiefeindlichen Haltung überhaupt Berufspolitikerin ist. Und ich verstehe nicht, dass von den Genossinnen keine Kritik an dieser Bastapolitik geübt wird, wie sie zurecht Gerhard Schröder vorgeworfen wurde. Andrea Nahles beweist mit dieser Mitteilung ihren fehlenden Respekt vor dem Mitgliederentscheid. Gleichzeitig Kompetenz und Teamfähigkeit von anderen zu verlangen ist nur noch skurril, ebenso wie die kritiklose Berichterstattung der Tagesschau. Den weichgespülten Koalitionsvertrag umzusetzen, dürfte mit den wohl angedachten Stromlinienministerinnen und –ministern ohne weiteres möglich sein. Die Nachdenkseiten hatten die Inkompetenz von Andrea Nahles die letzten Wochen schon bestens beleuchtet und es geht im selben Stil weiter.

    2. Sieht so Erneuerung aus?
      Am vergangenen Sonntag, den 25.2.18, fand in Ulm die siebte und letzte SPD-Regionalkonferenz zum Mitgliedervotum über eine Große Koalition im Bund statt. Anwesend von der Parteiführung waren die designierte Parteivorsitzende Andrea Nahles und der Interimsvorsitzende Olaf Scholz, zur Zeit (noch) Bürgermeister in Hamburg. Kurze Statements der beiden eröffneten die Veranstaltung – anschließend diskutierten die rund 200 Mitglieder und schrieben Fragen auf, die sie an die Parteiführung stellen wollten. In der letzten Runde gingen Nahles und Scholz von Tisch zu Tisch, um sich den Fragen zu stellen. Hilde Mattheis, die Vorsitzende des Forums Demokratische Linke und GroKo-Gegnerin, durfte nicht dabei sein.
      Quelle: NachDenken… in München
    3. Weißbuch SPD
      Ein druckfrischer Kompaktband mit den wichtigsten Leitgedanken der führenden Sozialdemokraten zur Erneuerung ihrer Partei
      Wenn die mehr als 463.000 Mitglieder bis Freitag mehrheitlich für den – von Nahles und Scholz mit ausgehandelten – Koalitionsvertrag votiert haben, soll von dem Duo der sogenannte Erneuerungsprozess der Partei in die Wege geleitet werden. Im Westendverlag in Frankfurt am Main kommt dazu pünktlich »Rückwärts! Das Strategiepapier zur Erneuerung der SPD« als kleiner Kompaktband auf den Markt. Das satirische Weißbuch in Rot versammelt die wichtigsten Leitgedanken der SPD-Führung zur überfälligen sozialen und ökologischen Erneuerung der Partei. Konsequenterweise bleiben die Seiten weiß, die Parteifibel kommt vollkommen ohne Worte aus und »mit ohne Nachwort von Willy Brandt«. Dafür ist es mit dem Leitgedanken von Wolfgang Neuss versehen: »Wenn man nicht haargenau wie die CDU denkt, fliegt man glatt aus der SPD.« Trefflicher sind die Nach-Vorne-Erneuerer als Nullnummern nicht auf den Punkt zu bringen. Realismus pur, da ist jede Hoffnung verloren.
      Quelle: junge Welt
  12. Ich setze auf Millionen Menschen, die früher SPD gewählt haben
    Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken, plädiert im LVZ-Interview für die Gründung einer neuen linken Sammlungsbewegung. Im Juni findet der Bundesparteitag der Linken in Leipzig statt. Fällt dann der Startschuss?
    Im Leipziger Felsenkeller hielt schon Rosa Luxemburg 1913 berühmte Reden. 105 Jahre später sprach Linkspartei-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht am Donnerstagabend vor 1200 Zuhörern über die linke Sammelbewegung, die sie ins Leben rufen will. Im Interview erklärt sie, warum Deutschland eine solche Bewegung braucht, was sie von einer GroKo hält und ob sie im Juni für den Bundesvorsitz ihrer Partei kandidiert.
    Warum halten Sie eine linke Volksbewegung notwendig?
    Man kann sich mit der jetzigen politischen Situation nicht zufrieden geben. Es gibt in der Bevölkerung Mehrheiten, die sich eine Stärkung des sozialen Zusammenhalts wünschen – mehr soziale Absicherung, Vermögenssteuer für Reiche, gute Renten, bessere Regelungen am Arbeitsmarkt. Zur Zeit vertritt diese Ziele aber allein die Linke. Damit haben sie keine Chance auf eine politische Mehrheit im Bundestag.
    Schon gar nicht mit einer schwächelnden SPD?
    Die SPD ist im steilen Fall, weil sie seit Jahren Politik gegen Arbeitnehmer und Rentner macht, also gegen ihre Kernwählerschaft. Für einen starken Sozialstaat und eine friedliche Außenpolitik steht die SPD leider schon seit Langem nicht mehr. Deswegen braucht es eine neue Bewegung für soziale Gerechtigkeit. Ich will nicht zusehen, wie in diesem Land der soziale Zusammenhalt immer weiter zerstört wird.
    Setzen Sie auf Abtrünnige aus den Reihen der SPD?
    Ich setze auf die vielen Millionen Menschen, die früher mal SPD gewählt haben. 1998 hatte die SPD über zehn Millionen Wähler mehr als heute, gleichzeitig hat die Linke aber nur zwei Millionen Wähler dazu gewonnen verglichen mit der damaligen PDS. Das heißt, da sind über acht Millionen Menschen politisch heimatlos geworden.
    Oder zur AfD gegangen?
    Ja. Viele wählen die AfD allerdings schlicht aus Wut und weil sie sich von der herrschenden Politik betrogen fühlen. Nur verbessern sie ihre soziale Situation damit auch nicht. Weil die AfD in vielen Punkten ein ähnliches neoliberales Programm vertritt wie die Bundesregierung: Rentenkürzungen, Stillstand im öffentlichen Wohnungsbau, Niedriglöhne. Insofern ist die Stärkung der AfD kein Druckmittel, um den Sozialstaat wieder herzustellen.
    Geht es auch um die Grünen-Wähler?
    Es geht um alle, die sich ein sozialeres Land wünschen. Keine Gesellschaft, in der das Geld regiert, in der Dynastien entstehen, in denen Milliardenvermögen von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, während gleichzeitig immer mehr Menschen einen Zweit- oder sogar Dritt-Job brauchen und trotzdem auf keinen grünen Zweig kommen. […]
    Quelle: Leipziger Volkszeitung

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