Hochschulpolitik als bayerische Standortpolitik – Wie die Autonomie der Wissenschaft untergraben wird

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„Eine zukunftsweisende Hochschulpolitik ist Standortpolitik. Die bayerische Wirtschaft braucht hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Sie sind die Basis für Innovationen und damit für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen.“ Damit sind die Ziele des Projekts „Mehr Exzellenz an bayerischen Hochschulen“, das die CHE Consult im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V (vbw) [PDF – 1,4 MB] durchgeführt hat, treffend beschrieben. Es soll also an den bayerischen Hochschulen nicht mehr um „Bildung durch Wissenschaft“ oder auch um den durchaus beruflich bezogenen Kompetenzerwerb zu selbstständigem wissenschaftlichen Denken und Reflexions- und Urteilsvermögen gehen und es geht auch nicht mehr um die „gesamt“-gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen, sondern um „Standortpolitik“ für den „Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen“. Wolfgang Lieb

Bayerische Schwachstellen

Dennoch legt das Projekt an einigen Stellen den Finger in die Wunden bayerischer Bildungspolitik:

  • Bayerns Absolventenquote ist im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich.
  • Auch bei der Zahl der Promotionen liegen Nordrein-Westfalen und Baden-Württemberg deutlich vor Bayern.
  • Im Bereich der Internationalisierung oder der Verknüpfung von universitärer und außeruniversitärer Forschung besteht ebenfalls Nachholbedarf,

listet die Studie als Mängelkatalog auf.

Bayern rühmt sich zwar als Musterschüler bei den PISA-Tests, dennoch wies das Flächenland im Süden im Jahr 2007 mit 20,9 Prozent die niedrigste Studienberechtigtenquote an allgemeinbildenden Schulen auf. Das liegt daran, dass Bayern am rigidesten am dreigliedrigen Schulsystem festhält und die schärfste soziale Auslese vornimmt.

Der Vergleichsmaßstab, an dem die bayerischen Hochschulen untereinander und überregional gemessen werden, ist – wie sollte es bei einem CHE-Projekt anders sein – das CHE-Hochschulranking, also die von der Bertelsmann- Stiftungs-Tochter zugrunde gelegten Kriterien der wettbewerbsgesteuerten „unternehmerischen Hochschule“. Kein Wunder also auch, dass in der Studie gerügt wird, dass bayerische Hochschulen beim Bologna-Prozess, d.h. bei der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, hinterherhinkten.
Ob das angesichts der inzwischen allgemein anerkannten Mängel bei der übereilten und ohne Debatte über die inhaltlichen Ziele eingeführten konsekutiven Studienstruktur nun ein wirklicher Mangel ist, sei hier dahin gestellt.

Kein Wort zur dringend notwenigen Studienreform

Bemerkenswert ist dabei allerdings, dass über eine Re-Reform des Bologna-Prozesses bzw. über Formen und Inhalte des künftigen Studierens auf den 184 Seiten mit keinem Wort gesprochen wird. Das Studium selbst scheint für die Wirtschaft jedenfalls kein Kriterium für „mehr Exzellenz an bayerischen Hochschulen“ zu sein.

Einzig das alleinige Auswahlrecht der Hochschulen zur Prüfung der „Potentiale“ der Studienbewerber wird im Sinne der Ideologie des „Kampfes um die besten“ Köpfe eingefordert. Dazu hin soll auch die Festlegung der Obergrenzen einer Studienaufnahme vollständig auf die Hochschulen übergehen. (S.26). Damit wäre es künftig möglich, dass jede Hochschule und jedes Fach einen eigenen numerus clausus festlegen könnte. Was das unter gegenwärtigen Bedingungen der unterfinanzierten Massenuniversität für die Studienkapazitäten bedeuten würde, kann sich jeder selbst ausmalen. Schon jetzt sind zwei Drittel aller neu eingeführten Bachelor- und Masterstudiengänge zugangsbeschränkt.

Wettbewerb, Hierarchisierung, Profilbildung

Es versteht sich von selbst, dass das CHE, das über seine Wettbewerbsideologie eine Hierarchisierung der Hochschulen (mit einzelnen wenigen Elite-Uni und einer tiefen Staffelung von Hochschulen ganz unterschiedlicher Qualität) anstrebt, die schon weit vorangetriebene Differenzierung der Hochschullandschaft in Bayern lobt. Die Autoren der Studie halten es also für gut und erstrebenswert, dass den Abschlüssen etwa an den als Elite-Unis eingestuften Münchner Hochschulen eine höhere Wertigkeit zuerkannt wird, als den Abschlusszertifikaten der Hochschulen auf dem „flachen Land“. Die Frage nach der Chancengleichheit für einen gleichwertigen Hochschulabschluss wird dabei nicht thematisiert.

Und natürlich darf in der Studie die modische Forderung nach Profilbildung nicht fehlen. Ein Begriff der jedenfalls vom CHE in Bezug auf die Studienangebote vor allem als passgenaue Ausbildung für berufliche Verwendungszwecke verstanden wird – jedenfalls dem Ziel einer breiten fachlichen Grundbildung für ein möglichst breites berufliches Betätigungsfeld der Absolventen zuwider läuft. Dieser Forderung liegt das Bild zugrunde, wonach im Verlauf einer Hochschulausbildung sozusagen wie bei einem Boxenstopp beim Autorennen jeweils immer nur die passende Füllmenge an aktuellem Wissen in den „Output“ hineingepumpt wird. Es geht nicht mehr vor allem um die Vermittlung von grundlegenden Fachkenntnissen und von wissenschaftlichen Methoden zur selbständigen Lösung von neuen Problemen gerade auch in einer sich wandelnden Berufswelt. Der aktuelle Verwertungszweck des Wissens hat Vorrang vor der auch längerfristigen Beschäftigungsbefähigung des Absolventen.
Das Risiko, dass das im Studium nur akkumulierte Wissen rasch veraltet, liegt dann eben beim Einzelnen. Er hat dann die Pflicht, sich durch weitere Tankstopps sich die nötige berufliche Beweglichkeit zu erhalten. Er hat dafür zu sorgen, dass sein „Humankapital“ nicht an Wert verliert.

Empfehlungen mit dem Charakter eines Referentenentwurfs für die Politik

In der Studie finden Sie fein gegliedert und bis ins Detail abgehandelt „Handlungsforderungen“ und „Handlungsempfehlungen“ wie sich die bayerische Wirtschaft und ihr pseudowissenschaftlicher Schreibtisch, das CHE, die „unternehmerische Hochschule“ und die Enstaatlichung (funktionelle Privatisierung) der Hochschullandschaft vorstellen. Sie finden Beispiele anderer, auch ausländischer für richtungsweisend gehaltener Hochschulgesetze oder Hochschulsatzungen und entsprechende Bewertungen, welche Elemente daraus für Bayern als empfehlenswert gehalten werden.

Wie ich am Beispiel Nordrhein-Westfalens belegt habe, sind Empfehlungen des CHE keineswegs nur Vorschläge einer privat finanzierten, mächtigen Lobbyorganisation, sondern sie haben den Charakter von Referentenentwürfen für die Wissenschaftsministerien der Länder. Das dürfte auch für Bayern gelten. Über den neuen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch hört man ohnedies, dass seine wissenschaftspolitische Leitstelle der nordrhein-westfälische FDP-Parteifreund und „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart sein soll. Dessen vom CHE entworfenes und in der Umsetzung begleitetes „Hochschulfreiheitsgesetz“ wird natürlich in der vorliegenden Studie als besonders vorbildlich gewürdigt.

Leitbild: die wettbewerbsgesteuerte „unternehmerische Hochschule“

Es wäre nicht angemessen, sämtliche Empfehlungen in Bausch und Bogen zu kritisieren. Sicherlich sind manche Vorschläge richtig oder wären zumindest konstruktiv zu diskutieren, so z.B. etwa das Duale Studium oder Teilzeitangebote weiter auszubauen, die Weiterbildung zu fördern, die Übertragung des Eigentums an Liegenschaften an die Hochschulen, die Kooperationsfähigkeit der Hochschulen mit der außeruniversitären Forschung zu steigern, das Promotionsrecht für einzelne FH-Professor(inn)en oder Fachbereiche zu ermöglichen, mehr Juniorprofessuren einzurichten, Hochschulverbünde zu nutzen oder die Internationalität auszubauen.

In den wesentlichen Elementen, etwa der Steuerung von Hochschulen (Governance-Strukturen) (S. 15ff.), ihrer ergänzenden (und nachfragorientierten) Finanzierung durch Studiengebühren (S. 16) und Drittmittel bzw. nach „Ergebnisorientierung“, der Verlagerung der Verantwortung für die Mangelwirtschaft vor Ort (als „entlastende Funktion“ für die Landespolitik) (S.16), der Vertiefung der Hierarchisierung zwischen den Hochschulen folgt die Studie der Ideologie des CHE von den über den Wettbewerb auf dem Ausbildungs- und Forschungsmarkt gesteuerten „unternehmerischen Hochschulen“.

Als beispielhaft wird daher auch immer wieder die Hochschulgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen genannt.

Meine Kritik am sog. Hochschul-„Freiheits“-Gesetz insbesondere am Modell der „unternehmerischen Hochschulen“ und ihren Managementstrukturen habe ich auf den NachDenkSeiten vielfach dargelegt und ich kann an dieser Stellt darauf verweisen.

(Vgl. z.B. „Hochschulfreiheitsgesetz“ NRW – Elitehochschulen – Der Einfluss von Lobbyorganisationen auf den Staat, „Hochschulfreiheitsgesetz“ in NRW – oder der Putsch von oben gegen ein öffentlich verantwortetes, demokratisches Hochschulwesen, Manager erobern die Unis [PDF – 128 KB] oder etwa Humboldts Begräbnis; eine ausführliche Auseinandersetzung finden Sie auch in Albrecht Müllers Buch, Meinungsmache S. 219ff., viele Details sind auch in der NachDenkSeiten-Rubrik Sachfragen unter dem Kapitel Hochschulen & Wissenschaft nachzulesen.)

Der Missbrauch des Autonomiebegriffs

Ich will in diesem Beitrag nur auf ein Element gesondert eingehen, das unter dem – für die Hochschulangehörigen Sympathie fördernden – Begriff „Autonomie“ zu einem strategischen Hebel für den größten Umbruch der Hochschulstrukturen seit den preußischen Universitätsreformen geführt hat, in dem das aufklärerischen idealistische Leitbild Humboldts durch das Paradigma der Marktsteuerung à la Hayek abgelöst wurde.

In der Konzeption des CHE und so auch in dieser Studie für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft wird „Autonomie“ durchgängig als „Hochschul“-Autonomie interpretiert. Das heißt „Autonomie“ wird ausschließlich bezogen auf die Institution der Hochschule und auf ihre Leitungsgremien. Das ist nicht nur eine unzulässige Verengung des grundgesetzlichen Autonomiebegriffs sondern tangiert die individuellen Freiheitsgrundrechte der Hochschulangehörigen, wenn diese umdeutende Verkürzung das subjektive Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nicht gar schon verletzt.

Der Doppelcharakter der Wissenschaftsfreiheit als individuelles Freiheitsrecht und institutionelle Garantie

Nach der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes in der Tradition der Aufklärung zum einen jedem, der wissenschaftlich tätig ist (Wissenschaftler) oder werden will (Studierende), ein individuelles Freiheits- und Teilhaberecht. Zum anderen leitet das Gericht aus diesem (individuellen) Grundrecht eine institutionelle Garantie der Hochschule ab. (Doppelcharakter der Wissenschaftsfreiheit, die Hochschule selbst ist wohlgemerkt nicht Grundrechtsträger! ) Damit sich Forschung und Lehre ungehindert in dem Bemühen um Wahrheit entfalten können, ist die Wissenschaft zu einem von staatlicher Bevormundung freien Bereich autonomer Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers und damit mittelbar auch der Institution Hochschule erklärt worden. Dem liegt (nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts) der Gedanke zu Grunde, dass “gerade eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen befreite Wissenschaft dem Staat und der Gesellschaft am besten dient(BVerfGE 47, 327 (370)).

Hochschulautonomie zum Nutzen der gesamten Gesellschaft

Dieser Freiraum ist nach der Wertung des Grundgesetzes somit nicht für eine vom Staat und der Gesellschaft nischenhaft (in Einsamkeit und Freiheit) isolierte, sondern für „eine letztlich dem Wohle des einzelnen und der ganzen Gesellschaft dienende Wissenschaft verfassungsrechtlich garantiert“. Der („Kultur“-) Staat hat eine Förder- und Schutzaufgabe, ihm ist deshalb auf dem Feld der Hochschulen weder Untätigkeit gestattet, noch darf er sich damit begnügen, sie zu finanzieren und sie im Übrigen sich selbst zu überlassen oder sie gar gesellschaftlichen Einzelinteressen auszuliefern.

Die individuelle und die institutionelle Eigenständigkeit verlangt deshalb z.B. eine aufgabengerechte und wissenschaftsadäquate Grundfinanzierung der Hochschulen durch den Staat. In der Einwerbung von die staatliche Finanzierung aufstockenden Mitteln auf dem Forschungs- und Ausbildungs-„Markt“ sehen sehe ich jedenfalls kein dieser Ausformung des Grundrechts durch das Bundesverfassungsgericht adäquates Steuerungsinstrument für die Hochschulentwicklung.
(Einmal abgesehen davon bestreite ich, dass sich wissenschaftliche Qualität, Effizienz und Effektivität von Forschung und Lehre maßgeblich über marktwirtschaftliche Wettbewerbsmechanismen herstellen und sichern lasse.)

„Autonomie“ und staatliche Verantwortung

„Autonomie“ der Hochschule bedeutet deshalb nicht den Rückzug der staatlichen Verantwortung (unternehmerische Autonomie oder funktionelle Privatisierung) zugunsten einer autokratischen und einer der einzelunternehmerischen Wettbewerbslogik unterworfenen Leitungsstruktur und auch nicht zugunsten von vordemokratischen Aufsichtsorganen ohne (gesellschaftliche) Rechenschaftspflicht, wie sie mit den Hochschulräten eingerichtet wurden. Autonomie heißt vielmehr die Sicherung der Freiheit der Wissenschaft in einer demokratischen Hochschule zum Nutzen und Fortschritt der gesamten Gesellschaft und nicht nur von wirtschaftlichen Einzelinteressen.

„Autonomie“ der Hochschule heißt also weder die Rückkehr zum „Elfenbeinturm“ noch die Verlagerung der Verantwortung des Staates auf Aufsichtsräte mit unklarer demokratischer Legitimation (wie sie von Art. 20 Abs. 1 GG verlangt wird) und mangelnder Rechenschaftspflicht (Es gibt übrigens keine unpolitische Autonomie!). Geboten wäre vielmehr ein demokratisch anschlussfähiges Autonomieverständnis (man könnte auch von einem emanzipatorischen Autonomieverständnis sprechen), das die Selbstbestimmung der Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit und gesellschaftliche Verantwortung miteinander vermittelt. Mitbestimmung und Partizipation der Wissenschaftler (und auch der Studierenden) als Grundrechtsträger ist dabei ein unverzichtbarer Bestandteil einer autonomen Hochschule.

Verantwortung der Hochschule gegenüber der Gesellschaft

Die Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit und nicht zuletzt die überwiegende Finanzierung durch die Allgemeinheit begründen nicht nur die Verantwortung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft und für deren demokratischer und sozialen Entwicklung, sondern auch die Pflicht der Wissenschaftler über die Ziele, Inhalte, Ergebnisse und die Folgen von Forschung und Lehre selbstkritisch gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Das verpflichtet die Hochschule zu Transparenz und Kommunikation („Open Access“).

Allenfalls zu dieser Rechenschaftslegung könnten dann auch demokratisch legitimierte, die gesellschaftlichen Gruppen repräsentierende (plural zusammengesetzte) Hochschulräte dienen, die die Hochschulen bei ihrer Entwicklung beraten und unterstützen (aber keine maßgeblichen Entscheidungskompetenzen haben). Die derzeitige Zusammensetzung der Hochschulräte und die fehlende Rechenschaftspflicht ihrer Mitglieder genügen diesem Anspruch auf gesellschaftliche Pluralität nicht und sie gefährden deshalb die Autonomie der Hochschule. Die Verbindung von Wissenschaft und z.B. zur Arbeitswelt sollte den gleichen Stellenwert haben wie die Kooperation mit der Wirtschaft. Forschung sollte nicht nur ihren Nutzen für die wirtschaftliche Verwertbarkeit sondern auch Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Gruppen der Gesellschaft aufzeigen.
Der aufklärerische Kern der Wissenschaftsfreiheit liegt in ihrem Beitrag zu einer humanen, toleranten und vernunftgeleiteten sozial gerechten und friedlichen Welt.

Demokratisierung statt Hierarchisierung der Hochschulorganisation (Autonomie heißt nicht Autokratie)

Das marktliberale Konzept einer „unternehmerischen“ Hochschule (als Dienstleistungsunternehmen) organisiert nach dem Modell des „New Public Managements“ erweist sich in der Praxis vor allem als Bevormundung der Träger des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit durch autokratisch strukturierte Hochschulleitungen. Statt Hochschulfreiheit zu garantieren, schränkt das neue (privaten Kapitalgesellschaften nachgebildete) Organisationsmodell (im Namen der Effizienz) die sich aus dem individuellen Freiheitsrecht ergebenden Selbstverwaltungs- und Mitbestimmungsrechte der am Wissenschaftsprozess Beteiligten unangemessen ein und fördert weder deren Motivation noch deren Identifikation mit den Zielen Hochschule. Die neu eingeführten „Kommandostrukturen“ (bzw. die innere Hierarchisierung) werden überdies modernen Formen der Mitbestimmung und der Partizipation nicht gerecht und sie gefährden auf Dauer sowohl die Qualität von Wissenschaft als auch die Kreativität (Innovation) in Forschung und Lehre.

Das spricht nicht gegen eine Professionalisierung des Hochschulmanagements im Sinne effektiver (betriebswirtschaftlicher) Strukturen bei gleichzeitiger Respektierung (Wahrung) und Erweiterung der institutionellen und informellen Selbst- und Mitbestimmungsmöglichkeiten aller an der Hochschule tätigen Gruppen. Statt einer Hierarchisierung wäre vielmehr eine Demokratisierung der Hochschulorganisation erforderlich.

Bildung und Wissenschaft als „öffentliches Gut“

Aus der Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des Einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zukommt, folgt, dass (Hochschul-)Bildung als ein „öffentliches Gut“ eingeordnet wird, das sich Bürgerinnen und Bürger eines demokrati­schen Sozialstaates gebührenfrei aneignen können sollen – das muss im Übrigen für alle Bildungsbereiche gelten. Die für die Forschung und Lehre erforderlichen Mittel müssen statt über Gebühren, die nur diejenigen Belastung, die selbst (noch) kein Einkommen beziehen, durch eine sozial gerechtere Steuergesetzgebung aufgebracht werden.