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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Solidarität statt Heimat
  2. Manipulation statt Wissenschaft: Wie die FDP-Stiftung Stimmung gegen RT Deutsch macht
  3. USA treten aus UN-Menschenrechtsrat aus
  4. Merkel & Macron: Die Schlafwandler
  5. Wie Syriza lernte, das Establishment zu lieben
  6. Gegenwind für Spahn
  7. Kampfansage an die Gewerkschaften
  8. Stromnetz-Rückkauf bringt Hamburg allmählich Gewinn – viele Hacker-Angriffe
  9. Im Kreislauf des Wassers
  10. Der große Ausverkauf
  11. Der Mann, der nichts wissen wollte
  12. “Kleine Auszeit” im Fünf-Sterne-Hotel
  13. Rüstungsmarkt Polizei
  14. Wir Alternativlosen
  15. Ein großer Erfolg: Die Reform der Entsenderichtlinie
  16. Der Westen hat seine Chance gehabt
  17. BIB Aktuell #21: BIB-Konferenz, Mord und Narreteien
  18. Atomkrieg ist eine dumme Idee

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Solidarität statt Heimat
    Vom „gefährdeten Rechtsstaat“ in Ellwangen über die „Anti-Abschiebe-Industrie“, vom „BAMF-Skandal“ über „Asylschmarotzer“, von der „Islamisierung“ bis zu den „Gefährdern“: Wir erleben seit Monaten eine unerträgliche öffentliche Schmutzkampagne, einen regelrechten Überbietungswettbewerb der Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen, aber auch gegen die solidarischen Milieus dieser Gesellschaft. Die politischen Debatten über Migration und Flucht werden seit Monaten von rechts befeuert und dominiert – und kaum jemand lässt es sich nehmen, auch noch mit auf den rechten Zug aufzuspringen.
    (…) Es ist daher für uns an der Zeit, gemeinsam und eindeutig Stellung zu beziehen. Wir verweigern uns ausdrücklich der politischen Logik einer sich verfestigenden rechten Hegemonie. Wir wenden uns gegen eine Politik des Ressentiments – und gegen Strategien, die hieraus Kapital schlagen wollen für eine nur dem Anschein nach progressive oder soziale Politik…
    In den letzten Jahren hat sich in weiten Teilen Europas ein politischer Rassismus etabliert, der die Grenzen zwischen den konservativen, rechten und faschistoiden Lagern zunehmend verschwimmen lässt. Für Deutschland gilt: Der bislang größte Erfolg der AfD war nicht ihr Einzug in den Bundestag. Ihr mit Abstand größter Erfolg ist, dass man sich in diesem Land wieder hemmungslos menschenverachtend geben und äußern kann. Rassismus ist wieder ganz normales Alltagsgeschäft geworden, im hohen Haus in Berlin wie beim Bäcker um die Ecke. Bei „Spitzenpolitikern“ und Normalsterblichen, bei „Liberalen“ – und selbst unter Linken.
    (…) Diese Gesellschaft ist geprägt durch die zahlreichen, millionenfachen Geschichten der Migration. Migration ist eine Tatsache. Sie ist mindestens seit den Zeiten der „Gastarbeit“ in der alten Bundesrepublik bzw. der „Vertragsarbeit“ in der DDR und bis auf den heutigen Tag keine Gefahr, sondern eine Kraft der Pluralisierung und Demokratisierung dieser Gesellschaft. Im Sommer 2015 haben wir das erneut erlebt. Damals war die offene Gesellschaft der Vielen für alle real, sie war greifbar und lebendig.
    (…) Unsere Solidarität ist unteilbar – denn Migration und das Begehren nach einem guten Leben sind global, grenzenlos und universell.
    Unterzeichner_innen: (Anm. M.W:: Es folgt die Liste der UnterzeichnerInnenen)
    Quelle: solidaritaet-statt-heimat.kritnet.org

    Anmerkung unseres Lesers Fritz Koch: Zitat:

    „Ihr (die AfD/Anm. d. Red.) mit Abstand größter Erfolg ist, dass man sich in diesem Land wieder hemmungslos menschenverachtend geben und äußern kann. Rassismus ist wieder ganz normales Alltagsgeschäft geworden, im hohen Haus in Berlin wie beim Bäcker um die Ecke. Bei „Spitzenpolitikern“ und Normalsterblichen, bei „Liberalen“ – und selbst unter Linken.“

    Liebe Genossen,

    Ihr habt nicht mehr alle Tassen im Schrank, wenn Ihr so weitermacht und berechtigte Kritik an ungehemmter Zuwanderung mit menschenverachtendem Rassismus gleichstellt und damit den Rassismus trivialisiert. Das Asylrecht muß gewährleistet werden und auch die angemessene Versorgung und Integration der Flüchtlinge.
    Ungeregelte Zuwanderung schafft aber Probleme vor allem im Bereich des Lohngefüges und der Wohnungsfrage. Wer das nicht erkennen will, ist ein Dummkopf oder Schlimmeres, weil er nicht erkennen will, daß linke Politik eine industrielle Reservearmee und Lohndumping im Inland und ein Brain-drain in den Herkunftsländern verhindert werden muß. Wo lebt Ihr denn??? Bezeichnenderweise gehören die Unterzeichner Eures Aufrufes ausweislich ihrer Titel und Berufsbezeichnungen nicht zu denen, die mit Migranten um Jobs und Wohnungen konkurrieren.
    Insoweit hatte Sarah Wagenknecht auf dem Bundeskongreß der Linken völlig recht. Was Kipping und Co dort veranstaltet haben, ist abenteuerlich! So wird das nix mit rot-rot-grün.

    Mit freundlichen Grüßen
    Fritz
    AG der Sozialdemokraten in der SPD Sachsenhausen

    Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Was als Appell gegen rechte Hetze daherkommt, entwickelt sich im Laufe des Textes zu einer vollkommen unnötigen Neuauflage des Streits im linken Lager um die Migrationsthematik. Wenn die Unterzeichner feststellen, dass „Rassismus“ „selbst“ bei „Spitzeunpolitikern“ „unter Linken“ wieder „ein ganz normales Alltagsgeschäft“ geworden sei, so muss man sich doch ernsthaft fragen, was diese vollkommen unverständliche Attacke unter der Gürtellinie schon wieder soll. Mitinitiator dieser Aktion ist übrigens Medico International, dessen Mitarbeiter Thomas Seibert schon lange als Speerspitze der Intriganten gegen „den Wagenknecht-Flügel“ innerhalb der Linken in Erscheinung tritt. Der zweite Mitinitiator ist das Institut Solidarische Moderne, bei dem Thomas Seibert Vorstandssprecher ist und dessen „Kurator“ Stephan Lessenich, der ebenfalls zu den bekannten Intriganten gehört, auch gleich an oberster Stelle bei den Unterzeichnern zu finden ist. Zusammen laufen diese Fäden wieder einmal bei niemand anderem als Katja Kipping, die Vorstand des ISM und enge Vertraute von Seibert und Lessenich ist, die offenbar ihre „Männer fürs Grobe“ sind. Und dabei hatte sie doch „versprochen“, das Thema nun konstruktiv in den Gremien zu diskutieren und derlei Intrigen sein zu lassen.

  2. Manipulation statt Wissenschaft: Wie die FDP-Stiftung Stimmung gegen RT Deutsch macht
    Wie „Informationen als Waffe“ eingesetzt werden, bildet den ersten Schwerpunkt der Studie. Die Informationspolitik der russischen Führung sei „Teil einer hybriden Kriegsführung“: “Die Strategien für die neue Phase des Informationskrieges lagen spätestens seit Anfang 2013 auf den Tischen der politischen Entscheidungsträger Russlands. So sprach im Februar der Generalstabschef und stellvertretende Verteidigungsminister Walerij Gerasimow (sic!) von der wachsenden Bedeutung nicht-militärischer Mittel, ‘die in einer Reihe von Fällen wesentlich effektiver sind als militärische Mittel. Sie werden mit militärischen verdeckten Maßnahmen ergänzt, unter anderem mit Maßnahmen des Informations-Gegenkampfes, Aktivitäten der Kräfte für Spezialoperationen und dem Ausnutzen des Protestpotenzials der Bevölkerung’, erklärte Gerasimow.”
    Quelle: RT

    Anmerkung Tobias Riegel: Die Naumann-Stiftung verfährt nach der Methode “Haltet den Dieb“ – schließlich hat der Westen die mediale Kriegsführung perfektioniert, Russland holt allerdings auf. Außerdem wird im Artikel dargelegt, dass Gerassimow mit seinen zitierten Äußerungen die Medientaktiken der NATO beschrieben hat, und sie keine Pläne des russischen Militärs darstellen. Die falsche Darstellung von der auf Gerassimow beruhenden „hybriden russischen Militärdoktrin“ hatte sogar Kanzlerin Merkel in einer Rede übernommen.

  3. USA treten aus UN-Menschenrechtsrat aus
    Es hatte sich schon länger abgezeichnet – jetzt ist es offiziell: Die USA haben ihre Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gekündigt. Sie sind unzufrieden mit der Arbeit des Gremiums.
    Die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, begründete die Entscheidung damit, dass das Gremium eine “Jauchegrube der politischen Voreingenommenheit” sei. Die US-Regierung hatte dem Menschenrechtsrat in der Vergangenheit vor allem immer wieder eine Israel-feindliche Haltung vorgeworfen.
    Kritik der USA seit über einem Jahr
    Der Austritt der USA aus dem 47 Staaten umfassenden Rat ist ein schwerer Schlag gegen das UN-System zum Schutz der Menschenrechte und gegen die UN insgesamt. Die Mitgliedschaft der Vereinigten Staaten wäre turnusgemäß im kommenden Jahr zu Ende gegangen, jetzt lässt die Regierung von Präsident Trump diese Mitgliedschaft aber mit einem Knalleffekt enden.
    Ganz überraschend kommt der Rückzug der Amerikaner nicht. Botschafterin Haley hatte bereits vor einem Jahr ein Ende der “unerbittlichen, pathologischen Kampagne” des UN-Menschenrechtsrates gegen Israel verlangt. Sie kritisierte damals, dass der Rat die Israelis regelmäßig verurteile, während autoritäre Regime häufig ungeschoren davon kämen. Zudem bestand Haley auf einem Mechanismus, der die Wahl autoritär regierter Länder wie Venezuela, Kuba, China, Burundi und Saudi Arabien in den Rat verhindere. Die US-Forderungen sind aber bis heute von den Gremium nicht erfüllt worden.
    Trump und die Vereinten Nationen – keine Liebesgeschichte
    Seit seinem Amtsantritt 2017 verfolgt Trump eine harsche Politik gegen die gesamten Vereinten Nationen. Die US-Regierung kürzte seitdem ihre Beiträge, kündigte einen Ausstieg aus dem UN-Klimaabkommen an und beschloss den Ausstieg aus der Bildungs- und Kultureinrichtung UNESCO.
    Quelle: Deutsche Welle

    Anmerkung Jens Berger: Zynisch könnte man sagen, dass diese Entscheidung nur konsequent ist. Denn was hat ein Land, das die Menschenrechte systematisch verletzt, im Menschenrechtsrat zu suchen? Als Nächstes erwarten wir dann noch den Austritt der Militärdiktatur Ägypten und der letzten absolutistischen Monarchie Saudi Arabien. Denn die haben im Menschenrechtsrat auch nichts zu suchen.

  4. Merkel & Macron: Die Schlafwandler
    „Madame Non und der Investmentbanker aus Frankreich stehen vor einem Scherbenhaufen in Europa. Zehn Jahre nach der Finanzkrise bekommen Deutschland und Frankreich nicht mal eine echte Finanztransaktionssteuer gebacken“, kommentiert Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Meseberg. De Masi weiter:
    „Die Krise in Südeuropa wurde durch Kürzungsdiktate vertieft und eine verlorene Generation geschaffen. Zudem wurden Länder wie Italien und Griechenland mit den Problemen der EU-Flüchtlingspolitik allein gelassen. Ohne Korrektur der deutschen Wirtschaftspolitik von Lohndumping und exzessiven Leistungsbilanzüberschüssen werden sich Volkswirtschaften wie Italien nicht erholen, und es droht ein Flächenbrand in Euro-Land.
    Ein Mini-Haushalt wird die Investitionslücke in der Eurozone nicht schließen. Der damit verbundene Zwang zu permanenten Strukturreformen – also Lohn- und Rentenkürzungen – kastriert die Binnenwirtschaft. Das billige Geld der EZB landet so weiter auf den Finanzmärkten statt in der realen Wirtschaft.
    Die Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts ohne Gewinnverteilung oder Mindeststeuern (GKB) droht Steuerwettbewerb über die Steuersätze gar weiter anzuheizen.
    Europa braucht eine Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland sowie kurzfristig eine Ausnahme öffentlicher ziviler Investitionen von den Defizitkriterien. Ein Europäischer Währungsfonds hat nur Sinn, wenn er über eine Banklizenz verfügt, um sich bei der EZB Geld zu leihen und direkt öffentliche Investitionen zu finanzieren statt Banken und Gläubiger von Euro Staaten zu retten.
    Deutschland muss bei der Finanztransaktionssteuer Druck auf Frankreich machen. Eine faktische Börsenumsatzsteuer zur Schonung französischer Investmentbanken ist eine Kapitulation. Zum Kampf gegen Steuerdumping braucht es überdies endlich eine Koalition der Willigen mit Frankreich und anderen Mitgliedsstaaten für Mindeststeuern auf Konzerngewinnen und Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen.”
    Quelle: Linksfraktion

    Dazu: Macron ist gut für die EU und damit für Deutschland
    Der französische Präsident hat mit seinen Überambitionen für Beziehungsstress zwischen Deutschland und Frankreich gesorgt. Aber Kanzlerin Merkel sollte wissen, was sie an ihm hat.
    Kommentar von Stefan Kornelius
    An diesem Dienstag geht eine bemerkenswerte Phase in der deutsch-französischen Geschichte zu Ende. Nach langen Monaten der Stagnation in Paris – geschuldet der Hollande-Regierung und dem Wahlkampf – und nicht minder langen Monaten der Lähmung in Berlin müssen die Regierungen der EU-Kernstaaten ein Bekenntnis dazu ablegen, was ihnen die Partnerschaft wert ist.
    Zwei Erkenntnisse sind dabei wichtig: Erstens pflegen Deutschland und Frankreich ein geordnetes und kooperatives Verhältnis. Sie setzen sich öffentlich nur bedingt unter Druck, sie verzichten auf nackte Polemik oder Lüge, und vor allem vermeiden sie die Beschädigung oder gar Zerstörung des Gegenübers. So etwas ist selbst in den Reihen deutscher Schwesterparteien nicht mehr selbstverständlich, geschweige denn unter Verbündeten.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Ob der Elitezögling und Ex-Investmentbanker Macron gut für die EU und damit für Deutschland ist, ist immer eine Frage der politischen Perspektive. Man kann Macron auch anders sehen:

  5. Wie Syriza lernte, das Establishment zu lieben
    Die Diskussionen um die griechische Linksregierung sind ruhiger geworden. Dabei kann daraus vieles gelernt werden – vor allem, wie linke Politik nicht funktionieren kann.
    (…) Denn die griechischen Wählerinnen hatten nicht lediglich „bestimmte Maßnahmen“, sondern das gesamte neoliberale „weiter so“ des Krisenkapitalismus abgelehnt. Der Plan für das, was danach kommen könnte, war für die Mehrheit der Bevölkerung mit Sicherheit unbekannt – es herrschten neben Angst auch höchst widersprüchliche Vorstellungen, aber auf das Verbleiben im Teufelskreis der Sparpakete wurde verzichtet. Ein Sprung in die Zukunft, egal wie ungewiss: Der Stoff, aus dem revolutionäre Umwälzungen gemacht werden.
    (…) so stellte der Werdegang der Syriza einen harten Schlag für die gesamte griechische Linke dar, egal ob sie Tsipras’ Reformprojekt skeptisch oder feindselig gegenüberstand.
    (…) . Syriza vermied nicht nur die Konfrontation mit dem griechischen Kapital, sondern versuchte, sich als deren zuverlässiger Partner zu etablieren, „um das Beste für die Menschen rauszuholen“ – ein Weg, den die europäische Sozialdemokratie bereits ein Jahrhundert davor eingeschlagen hatte.
    (…) Heute gleicht die innerparteiliche Lage der Syriza einem Trauerspiel. Jede Kapitulation offenbart eine Gruppe von Mitgliedern und Abgeordneten, die „trotz alledem“ für die Partei noch weiterkämpfen möchten, bis die folgende Kapitulation diese auch zum Rück-, bzw. Austritt zwingt. Die Mehrheit der fähigsten Kader in der Jugendorganisation verließ die Partei bereits 2015. Manche schlossen sich der LAE an, doch viele blieben bewusst parteilos.
    (…) Der Werdegang von Syriza zeigt, dass in ihrem gesamteuropäischen Richtungsstreit das Dilemma der Linken nicht lediglich unter dem Dilemma „mehr oder weniger Europa“ oder „Regierungsbeteiligung oder Linkspopulismus“ subsumiert werden kann. Ein ausschließlicher Fokus darauf bei gleichzeitiger Vernachlässigung der zentralen Rolle der großen Masse der arbeitenden Bevölkerung kann die Linke langfristig lähmen – zum Beispiel, wenn als längst erledigt angesehene Debatten wieder auftauchen. In Griechenland ist es die Mazedonienfrage, in Deutschland der innerlinke Konflikt um Migration.
    Quelle: ada

    Anmerkung WM: Sehr lesenswert. Aus dem Scheitern der Syriza lassen sich viele Lehren für linke Parteien in allen Ländern ziehen. Die wichtigste Lehre ist vielleicht die: Auch wenn ihr die Mehrheit in allen Wahlen bekommt, die Systemveränderung lässt sich nicht im Parlament bewerkstelligen. Bessere Argumente und gutes Zureden nützen nichts: man wird euch nicht machen lassen!

  6. Gegenwind für Spahn
    Bundesgesundheitsminister kümmert sich eifrig um Flügelkämpfe, nicht aber um seinen Fachbereich. Pflegekräfte rufen zu Protesten auf
    (…) Noch immer weiß Spahn zu allem etwas zu sagen. Ob Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und Migranten, pauschales Islambashing oder ignorante Äußerungen über Hartz-IV-Bezieher, Spahn ist nach wie vor ganz vorn dabei. Warten kann die bundesdeutsche Öffentlichkeit hingegen darauf, dass der CDU-Mann, der zumindest offiziell den Titel Gesundheitsminister trägt, sich den drängenden Problemen annimmt, die in seine Zuständigkeit fallen. Schätzungen zufolge fehlen in deutschen Krankenhäusern mittlerweile weit über 100.000 Pflegekräfte, in der Altenpflege sind es über 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Situation der Beschäftigten ist seit Jahren äußerst prekär, was auch auf Kosten des Wohles der Patientinnen und Patienten geht. Tragfähige Konzepte, wie Spahn dieser Lage Herr werden will, gibt es bisher nicht.
    Auf den Internetseiten von Verdi wird breit für die Teilnahme an den Protesten mobilisiert. »Mittlerweile weiß wohl jeder, wie groß die Not in den Krankenhäusern ist. Nur einer scheint das noch nicht mitbekommen zu haben: unser neuer Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU«, kritisiert dort etwa Jutta Markowski, Ergotherapeutin und Verdi-Vertrauensfrau am Knappschaftskrankenhaus Bottrop. Sie wirft Spahn vor, »mit Schlagworten um sich zu werfen«, statt sich »um die wirklichen Probleme zu kümmern und für mehr Personal in den Kliniken zu sorgen«. Markowski weiter: »Wir brauchen dringend verbindliche gesetzliche Personalvorgaben, denn von alleine verbessert sich nichts.«
    Quelle: junge Welt
  7. Kampfansage an die Gewerkschaften
    Die Mitte-Rechts-Regierung in Österreich setzt der Arbeiterbewegung schwer zu. Die ArbeitnehmerInnen und ihre Gewerkschaften wehren sich mit Verve. Bislang mit gewissem Erfolg. Doch können sie diesen Kampf gewinnen?
    Angriff auf die Sozialpartnerschaft
    Dass es zu dieser Auseinandersetzung kommt, ist wohl nur eine Frage der Zeit: Die Regierungskoalition, die Kurz’ Volkspartei (ÖVP) und die extrem rechte Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) seit einem halben Jahr bilden, schwächt die Arbeitnehmerbewegung, wo sie nur kann. Die ÖVP ist wirtschaftsfreundlicher denn je und hat sich auch ihren Wahlkampf im vergangenen Jahr von potenten Unternehmern mitfinanzieren lassen; diesen muss sie nun gerecht werden. Die FPÖ dagegen hat ein grundsätzliches Problem mit Arbeitnehmervertretern; sie hat sich in ihren Reihen nie durchsetzen können.
    Gemeinsam bemühen sich die Regierungsparteien nun, die Gewerkschaft als Kollektivvertragspartner ebenso zu demolieren wie als Trägerin des Sozialversicherungssystems. Außerdem sollen die Mittel gekürzt werden, die der berufsständischen Arbeiterkammer zur Verfügung stehen. Und nebenbei wird an einer Reform der Arbeitslosenunterstützung gearbeitet, die sich auffallend stark am deutschen Hartz IV-Modell orientiert. In Anbetracht der starken Rolle, die die rot-weiß-rote Arbeitnehmerbewegung in der Geschichte des Landes spielt, ist es alles in allem nicht übertrieben, von einer echten Kampfansage an sie zu reden.
    (…) Wie sich auch die Gewerkschafter bewusst sind, dass sich die Herren von der Regierung bei ihrem aktuellen Vorhaben, 12-Stunden-Arbeitstage einzuführen, die Finger verbrennen könnten. Besonders die Freiheitlichen unter ihnen, die behaupten, eine Partei der kleinen Leute zu sein, haben diesbezüglich schon sehr viel Unmut zu spüren bekommen.
    Die Regierung definiert sich über ihre Anti-Flüchtlings-Politik
    Wollen sich die Arbeitnehmervertreter behaupten, müssen sie in den nächsten Wochen und Monaten also verstärkt mobilisieren. Haben sie die Öffentlichkeit in dieser Frage auf ihrer Seite, machen sie es der Regierung in jedem Fall schwerer, ihre Vorhaben zu realisieren. Wobei die Ausdauer der Gewerkschafter und Arbeiterkämmerer von entscheidender Bedeutung sein wird. Die Regierung definiert sich in erster Linie über ihre Politik gegen Flüchtlinge. Denn das ist nach wie vor mehrheitsfähig. Und das ist ein Bonus, den sie durch unpopuläre Maßnahmen in anderen Bereichen nicht von heute auf morgen verspielen kann. Auch wenn noch so sehr dagegen protestiert wird.
    Quelle: Gegenblende

    Dazu: Von 7 „Fakten“ der Wirtschaftskammer zum 12h-Tag sind 7 falsch
    Die Wirtschaftskammer (WKÖ) hat ein peinliches Video in Umlauf gebracht und wirbt damit für den 12-Stunden-Tag. Die Kollegen und Kolleginnen von VICE haben es ausführlich analysiert. Österreich ist dort eine heile Scheibenwelt, Plastelien-Männchen freuen sich über längere Arbeitstage. Auf der Homepage präsentiert die WKÖ einen Fakten-Check. 7 Fakten gegen Vorurteile. Blöd nur, dass alle 7 Fakten fake sind.
    Drei Monate bevor die Regierung den Entwurf zum 12-Stunden-Tag vorgelegt hat, hat die Wirtschaftskammer die Homepage wirschauenaufoesterreich.at registrieren lassen. Die WKÖ hat offenbar genau gewusst, was im Gesetzestext stehen wird und wie sie das den Beschäftigten verkaufen werden. Man fragt sich: Hat die WKÖ das Gesetz geschrieben?
    Nicht ganz sauber ist übrigens, dass Kammergelder für ein teures Werbevideo der Kurz-Regierung ausgeben wird. Auf Twitter schätzt der Vizepräsident der WKÖ Wien, dass die Kampagne samt Video etwa 1 Million Euro gekostet hat. Angesichts dessen könnte man sich erwarten, dass zumindest die Behauptungen der WKÖ zum Thema Arbeitszeit stimmen. Doch weit gefehlt. 7 Fakten sind leider 7 Fakes.
    Quelle: Kontrast.at

    Dazu auch: 12-Stunden-Tag: Können ArbeitnehmerInnen ihn künftig noch ablehnen?
    Der Initiativantrag zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes wird öffentlich heftig diskutiert. Ein Aspekt der Diskussion ist das Ablehnungsrecht. Also inwiefern ArbeitnehmerInnen künftig „Nein“ zum 12-Stunden-Tag sagen können. Die Analyse des Gesetzestextes zeigt: Überstunden abzulehnen, kann sogar noch schwerer werden.
    (…) Im besten Fall hat sich nichts verändert, im schlechtesten ist die elfte und zwölfte Stunde leichter anordenbar
    Als zusammenfassendes Ergebnis lässt sich damit Folgendes festhalten: Schon die Auslegung des neuen Ablehnungsrechtes nach dem Wortlaut und dem Zusammenhang mit anderen relevanten Gesetzesbestimmung zeigt, dass dieses zu vielen Auslegungsproblemen und damit zu einer unklaren Rechtslage führt. Im für die ArbeitnehmerInnen besten Fall wurde einfach unklar formuliert und es hat sich gegenüber dem bisherigen Rechtsbestand gar nichts verändert. Im schlechtesten Fall – und diese Interpretation ist vertretbar – kann die elfte und zwölfte Stunde leichter angeordnet werden als die neunte und die zehnte. Damit kann sich das wohl als Schutzschild intendierte Ablehnungsrecht als Bumerang entpuppen und sogar zu einer Verschlechterung der Rechtslage für davon betroffene ArbeitnehmerInnen führen.
    Quelle: A & W Blog

  8. Stromnetz-Rückkauf bringt Hamburg allmählich Gewinn – viele Hacker-Angriffe
    In Hamburg ist das Stromnetz seit vier Jahren wieder in der Hand der Stadt. Nicht nur geschäftlich zahle sich der Rückkauf aus, freut sich der Senator.
    Der Rückkauf des Hamburger Stromnetzes von der Stadt zahlt sich allmählich aus. Das Unternehmen führe mit 21,6 Millionen Euro für 2017 einen mehr als kostendeckenden Gewinn an die Stadt ab, berichtete der Geschäftsführer der Stromnetz Hamburg GmbH, Christian Heine, am Montag.
    Preis: 610 Millionen Euro
    Nach einem Volksentscheid hatte die Stadt Hamburg das Stromnetz rückwirkend zum 1. Januar 2014 wieder komplett von Vattenfall übernommen und zahlte dafür mehr als 610 Millionen Euro.
    Quelle: heise
  9. Im Kreislauf des Wassers
    14 Jahre lang waren die Berliner Wasser­betriebe teilprivatisiert. Seit 2013 gehören sie wieder der Kommune. Am wenigsten betroffen waren und sind in diesem Fall die Beschäftigten von der Privatisierung und Rekommunalisierung. Die Berliner/innen hingegen zahlen trotz Preissenkungen noch immer zu viel fürs Wasser
    (…) im Jahre 1999, hatte der Berliner Senat für insgesamt 1,7 Milliarden Euro 49,9 Prozent der Wasserbetriebe an die Energiekonzerne RWE und Veolia verkauft. Vor allem um das Haushaltsdefizit auszugleichen.
    Preise um 150 Prozent erhöht
    Der Verkauf scheint von langer Hand geplant gewesen zu sein. Ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer Berlin von 2011 stellte fest: Zwischen 1990 und 2000 waren die Trinkwasserpreise bereits um 125,6 Prozent erhöht wurden. In den zehn Jahren nach der Teilprivatisierung betrug die Steigerung dann noch 24,2 Prozent. Die BWB scheinen also für die bevorstehende Übernahme gemästet worden zu sein, sie sollten attraktiv und lukrativ für die privaten Betreiber sein. Vor allem, weil den Käufern üppige Gewinne zugesichert worden waren, wie sich später herausstellte.
    2007 hatte sich nämlich der „Berliner Wassertisch“ gegründet, der ein Volksbegehren startete und einen Volksentscheid durchsetzte, der zur Rekommunalisierung der BWB führte. Das Motto des Wassertischs lautete: „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück.“ 2011 entschieden sich 98,2 Prozent der Berliner/innen, die abstimmten, für die Offenlegung der Verträge und die Rekommunalisierung, die dann schließlich 2013 abgeschlossen wurde.
    (…) Aus Märchen lernen
    In der Berliner Wassercharta, die Gerlinde Schermer und ihre Mitstreiter/innen mit dem Ende 2013 gegründeten Berliner Wasserrat vorgelegt haben, ist eine mögliche weitere Zukunft formuliert: „Die Berliner Wasserbetriebe werden nicht gewinnorientiert geführt. Sie erheben Gebühren, mit denen die Kosten der Einrichtungen gedeckt sowie Rücklagen für Investitionen in eine nachhaltige wirtschaftliche und technische Entwicklung gebildet werden können.“ Das Ziel ist ein kommunaler Betrieb mit Bürgerbeteiligung. Transparenz sei wichtig, sagt Schermer. Und dass das Geld der Wasserkunden auch nur für die Wasserwerke verwendet wird.
    Quelle: Verdi
  10. Der große Ausverkauf
    Wie internationale Finanzkonzerne mit Hilfe einer willigen Politik die öffentlichen Wohnungsbestände übernommen haben. Die organisierte Katastrophe auf dem Wohnungsmarkt
    Vonovia. Schon mal gehört? So heißt der größte Eigentümer von Mietwohnungen in Deutschland. Vonovia gehören 355.000 Wohnungen in den größeren deutschen Städten, zum Beispiel 32.500 in Berlin. Zusätzlich verwaltet der Konzern 65.000 Wohnungen anderer Eigentümer. Anfang Mai dieses Jahres feierte Vonovia-Chef Rolf Buch bei der Aktionärsversammlung im RuhrCongress-Centrum Bochum die Erfolge: Für das Jahr 2017 beträgt der Reingewinn 2,567 Milliarden Euro. Die Dividende für die Aktionäre wird um 15 Prozent erhöht. Und wer sind die Aktionäre, bei denen die Dividenden aus den 2,567 Mrd. Euro Reingewinn landen? Es sind die ­Finanzkonzerne Blackrock, Norges, Barclays Capital, Lansdowne Partners, Invesco, Wellcome Trust, Wellington, Terra Firma, Cicap und Citigroup. Sie haben ihren operativen Sitz vor allem in New York und London und ihren Steuersitz in den bekannten Finanzoasen wie Delaware / USA und den Niederlanden.
    (…) Aber mit Vonovia ist das Wohnungs­eigentum dieser Großaktionäre kei­nes-wegs erschöpft. Der zweitgrößte ­Eigen-tümer von Mietwohnungen in Deutsch- land heißt Deutsche Wohnen AG. Der Konzern mit heute 163.000 Wohnungen, davon 100.000 in Berlin, wurde schrittweise von der Deutschen Bank zusammengekauft. Auch er gehört heute weitgehend denselben Aktionären wie Vonovia, nämlich Sun Life Financial, Blackrock und Norges. Ähnlich ist es bei der Landesentwicklungs-Gesellschaft (LEG): Die 91.000 Wohnungen des Landes Nordrhein-Westfalen wurden 2008 von der CDU-FDP-­Landesregierung zunächst an Whitehall, eine Tochter von Goldman Sachs, verkauft. Seit dem Börsengang heißen hier die neuen Eigentümer Blackrock, Massachusetts Financial, Deutsche Bank, AXA Versicherungen und BNP Paribas Investment Partners (Frankreich).
    Gigantische Mietsteigerungen
    Die skandalösen Zahlen, auf denen die ­Erfolge von Vonovia und Blackrock & Co beruhen, wurden bei der Hauptversammlung im Bochumer RuhrCongress am 9. Mai nicht direkt genannt, aber die Aktionäre kannten sie und freuten sich klammheimlich: Seit 2008 sind die Mieten in Berlin um 76 Prozent gestiegen, in München um 43 Prozent, in Stuttgart um 41 Prozent, in Nürnberg um 38 Prozent, in Leipzig und Bremen und Frankfurt um 35 Prozent, in Dresden um 34 Prozent, in Dortmund um 33 Prozent, in Münster um 31 Prozent, in Hamburg und Köln um 30 Prozent. (…)
    Quelle: Verdi
  11. Der Mann, der nichts wissen wollte
    Elf Jahre führte Rupert Stadler den Audi-Konzern, lange hat er sich im Dieselskandal durchgewurstelt. Doch das klappt offenbar nicht mehr: Die Staatsanwaltschaft ließ den Top-Manager verhaften.
    (…) Nun sitzt der 55-jährige Spitzenmanager in U-Haft. Ein neuer Höhepunkt in dem seit fast drei Jahren währenden Skandal um manipulierte Dieselmotoren und Abgasbetrug im VW-Konzern, zu dem auch die Tochter Audi gehört.
    (…) Audi als Keimzelle des Dieselskandals
    Inzwischen gilt Audi als Keimzelle des Dieselskandals. Hier entwickelten Techniker bereits früh jene Betrugssoftware in Dieselmotoren, die nur auf dem Prüfstand gute Abgaswerte garantiert und die dann die Abgasreinigung auf der Straße einfach abschaltet. Die Software steckte in den Drei-Liter-Dieselmotoren, die Audi für den gesamten VW-Konzern baute – und die deshalb auch im VW Touareg und Porsche Cayenne zum Einsatz kamen.
    Als im September 2015 der Dieselskandal durch Vorwürfe aus den USA öffentlich wurde, versuchte Stadler zunächst, sich und Audi aus der Sache herauszuhalten. Noch Anfang November 2015 dementierte das Unternehmen per Pressemitteilung, in den Dieselmotoren eine unzulässige Abschaltvorrichtung eingebaut zu haben. Ein paar Wochen später musste Audi allerdings zugeben, dass das wohl falsch war.
    Die Staatsanwaltschaft wirft Stadler und seinem Vorstandskollegen Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung vor. Stadler soll als Vorstandschef zugelassen haben, dass weiter manipulierte Dieselautos auf den europäischen Markt kommen, obwohl er schon länger davon wusste.
    Lassen sich die gegen Stadler von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe beweisen, droht dem Audi-Chef theoretisch eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Noch ist allerdings unklar, ob tatsächlich Anklage erhoben wird. Dazu dauern die Ermittlungen noch an.
    Quelle: Spiegel
  12. “Kleine Auszeit” im Fünf-Sterne-Hotel
    Der Industriekonzern Bilfinger steht wegen Korruption seit Jahren unter US-Aufsicht. Der Fall einer Tochterfirma zeigt, wie Manager mit dem Geld des Unternehmens geprasst haben.
    (…) In den vergangenen Tagen hat der SPIEGEL Unregelmäßigkeiten im Bilfinger-Imperium enthüllt. Sie deuten darauf hin, dass die Konzernleitung jahrelang nicht so genau hingesehen hat, wenn es um den Einsatz unlauterer Mittel im Wettbewerb um lukrative Aufträge ging. Das Beispiel BBS zeigt wie unter einem Brennglas, woran der Bilfinger-Konzern über Jahre hinweg krankte: Eine Gleichgültigkeit gegenüber ethischen Fragen der guten Unternehmensführung. Und dazu eine ausgeprägte Selbstbedienungsmentalität. Das legen vertrauliche Dokumente nahe, die dem SPIEGEL vorliegen.
    Bei BBS ging es nicht bloß um Spesenrittertum. Es ging auch um Korruption und mutmaßliche Selbstbereicherung in der Führungsspitze. Um sündhaft teure Geschenke, deren Empfänger bis heute unbekannt sind. Um Zuwendungen an Amtsträger, nebulöse Provisionszahlungen an Vertreter und Berater, millionenschwere Baukassen – und eine teils intransparente Buchhaltung.
    Mögliche Korruption in Bangladesch
    BBS, ein 1600-Mitarbeiter-Unternehmen mit Sitz in Oberhausen, hielt Kraftwerke instand, wartete und erneuerte sie. Ebenso wie die Konzernmutter Bilfinger machte auch BBS millionenschwere Geschäfte im Ausland. Jahrelang konnten die BBS-Manager kaum behelligt schalten und walten.
    (…) Aber BBS ist mittlerweile Vergangenheit. Im September 2017 schloss der Konzern das Unternehmen mit zwei weiteren Gesellschaften zur Billfinger Engineering & Technologies GmbH zusammen. Hoffentlich funktioniert dort das interne Kontrollsystem.
    Quelle: Spiegel

    Dazu: Master in Korruption? Roland Koch lehrt an der Frankfurt School of Finance & Management
    Roland Koch lehrt heute an der privat betriebenen Frankfurt School of Finance & Management, obwohl (oder weil?) er als CDU-Politiker, Ministerpräsident und inzwischen auch Baukonzern-Manager in kriminelle, korrupte und oft einfach ekelhafte Affären verstrickt war. Raffgierig wurden in seinem Umfeld in Hessen Schwarze CDU-Kassen mit Schmiergeld gefüllt, das angeblich aus Erbschaften von „reichen Juden“ stammte. Aufrechte Steuerfahnder, die Steuern bei reichen Leuten eintreiben wollte, wurden schikaniert und mit widerlichen Methoden aus dem Amt gemobbt, ihre Existenz durch Psychiatrisierung zerstört. Auch beim Bauriesen Bilfinger leistete Koch miese Arbeit, trieb ihn an den Rand der Pleite und wg. Korruption will Bilfinger nun 120 Millionen Schadensersatz (weil die US-Behörden sie erwischt haben und natürlich wieder einmal nicht die deutsche Justiz).(…) Der tief in all diese dunklen Machenschaften verstrickte und für viele Schlampereien und Schweinereien auf höchster Ebene alleinverantwortliche Roland Koch erhielt für seine ruhmreichen Tätigkeiten folgende Auszeichnungen:…..
    Quelle: JASMINEREVOLUTION

    Anmerkung WM: Lesenswert. Der Aufstieg und Werdegang des umtriebigen Roland Koch. Vom hessischen CDU Landesvorsitzenden zum Ministerpräsidenten, danach zum Vorstandsvorsitzenden des Baukonzerns Bilfinger und schließlich zum Professor an der Frankfurt School of Finance and Management.

  13. Rüstungsmarkt Polizei
    „Grundsätzlich gilt: Wir müssen für Waffengleichheit sorgen.“
    (Roger Lewentz, Innenminister von Rheinland-Pfalz, Anfang März 2015)(1)
    Mit diesem inoffiziellen Leitspruch des damaligen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz begann im Frühjahr 2015, nach den Anschlägen auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris, ein Rüstungswettlauf der Polizeibehörden in Deutschland. So führte Lewenz im selben Interview mit der Welt aus: „Da alle 16 Länder eine bessere Ausrüstung beschaffen wollen, gibt es bereits Engpässe auf dem Markt.“(2) Dieser Trend ist allerdings keine bundesdeutsche Eigenheit, sondern europaweit zu beobachten.
    Der Vorlauf der aktuellen Aufrüstung reicht jedoch deutlich weiter zurück, als es die aktuelle Debatte nahelegt. So waren die Anschläge in Paris der Punkt, an dem eine ohnehin anstehende Entwicklung mit einer öffentlichen Begründung, zunehmendem politischem Druck und der dadurch möglichen kurzfristigen Bereitstellung von Finanzmitteln zum Durchbruch gekommen ist. Die Ansätze der Aufrüstung gehen teils über zehn Jahre zurück – z.B. mit der Begründung, besser gegen Amokläufer vorgehen zu können.
    Auch wenn die Kooperation zwischen Polizeibehörden und Rüstungsunternehmen aktuell neuen Aufschwung erhält, ist sie historisch nicht neu. So waren es neben der jungen Bundeswehr auch der bereits zuvor gegründete Bundesgrenzschutz und die Bereitschaftspolizeien der Länder, die in der Bonner Republik der Nachkriegszeit wichtige Abnehmer der wieder aufblühenden heimischen Rüstungsindustrie waren.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  14. Wir Alternativlosen
    »Wir können nicht die im Iran-Geschäft engagierte deutsche Wirtschaft vor den US-Sanktionen schützen.« Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Außenminister Heiko Maas geben sich machtlos. Kanzlerin Merkel, alternativlos: Trumps rechtswidrige Aufkündigung des Vertragswerks mit Iran »beschädigt das Vertrauen im internationalen Umgang«.
    Die journalistische Hammelherde in den korporierten Massenmedien referiert die vermeintliche Hilf- und Ratlosigkeit des politischen Establishments und bohrt nicht nach. Keiner kommt auf die Idee, einmal wirklich sämtliche Handlungsoptionen der Europäer zu ermitteln und aufzulisten. Es gibt keine offene Debatte über alle Mittel der Gegenwehr Regierung und Parlament diskutieren nicht.
    Man hätte doch gar zu gern erfahren, was Trumps völkerrechtswidrigen Abenteuern entgegenzusetzen wäre – und warum unsere politische Kaste davor kneift. Der Informationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bleibt trotz der Dringlichkeit dieser Fragen unbeachtet
    Wie wäre es, eine Klage bei der Welthandelsorganisation gegen den US-Vertragsbruch vorzubereiten? Washington hat bereits erste sanktionsbewehrte Verbote von Geschäften mit Iran gegen europäische Konzerne ausgesprochen (Airbus-Industries ist zum Beispiel davon betroffen). Wie darauf antworten?
    Erstens: Einbestellung des neuen US-Botschafters Richard Grenell. Der Mann mit der anrüchigen Vergangenheit hatte, kaum war er in Berlin akkreditiert, von der deutschen Wirtschaft verlangt, sofort ihre Geschäfte mit dem Iran abzubrechen.
    Zweitens: Schrittweise Aufhebung der deutschen und der EU-Sanktionen gegen Russland bis zur vollständigen Normalisierung.
    Drittens: Ein Gesetz zur knackigen Besteuerung von US-Konzernen, die bisher in der BRD zwar ein Milliardengeschäft machen, jedoch fast keine Steuern zahlen (Starbucks, General Motors, Microsoft, Apple, Amazon, Google, Facebook …).
    Quelle: Ossietzky
  15. Ein großer Erfolg: Die Reform der Entsenderichtlinie
    Seit langem fordern Gewerkschaften in der EU die Übertragung von mehr Schutzbestimmungen auf entsandte Beschäftigte. Die Verabschiedung der Reform der Entsenderichtlinie durch das Europäische Parlament ist ein Erfolg – und war durchaus keine Selbstverständlichkeit.
    (…) Der größte Anteil an Arbeitnehmerentsendungen findet sich im Bausektor. Gehen Sie an einer deutschen Baustelle vorbei, ist also alles andere als ausgemacht, dass für die dort Tätigen ausschließlich deutsches Arbeitsrecht gilt. Vielmehr dürfte für einige der Bauarbeiter auch polnisches oder etwa spanisches Arbeitsrecht Anwendung finden. Dasselbe gilt natürlich für französische und dänische Baustellen usw.: Auf das Prinzip „ein Ort, ein Arbeitsrecht“ ist kein Verlass mehr.
    Seither forderten die Gewerkschaften eine Reform der Entsenderichtlinie, die die Übertragung von mehr Schutzbestimmungen auf entsandte Beschäftigte erlaubt – und dies ist nun, gut 10 Jahre nach Laval, gelungen. Mit einer großen Mehrheit verabschiedete das EP am 29. Mai 2018 einen zwischen der Kommission, dem Ministerrat und dem EP ausgehandelten Kompromiss.
    Das gesamte Arbeits- und Sozialrecht des Ziellands
    Die entscheidende Neuerung besteht darin, dass sich die anzuwendenden Ziellandbestimmungen bei den Löhnen nun nicht mehr auf Mindestlohnsätze beschränken. Zulagen und Zuschläge sind zu berücksichtigen und auch ganze Tarifgitter dürfen nun übertragen werden. Auch wird klargestellt, dass die Unternehmen, nicht etwa die Beschäftigten die Kosten für Reise und Unterkunft zu tragen haben. Nach Ablauf von 18 Monaten gilt für entsandte Arbeitnehmer nunmehr das gesamte Arbeits- und Sozialrecht des Ziellands. Die Mitgliedstaaten haben bis zur Mitte des Jahres 2020 Zeit, die neuen Bestimmungen umzusetzen.
    Quelle: Makroskop
  16. Der Westen hat seine Chance gehabt
    Anstatt seinen eigenen Untergang zu betrauern, sollte der Westen endlich seine Verantwortung für das Elend der Welt anerkennen.
    (…) Das falsche Selbstbild des Westens Suggeriert wird dabei selbstverständlich immer eine moralische Überlegenheit des Westens. Geredet wird schließlich nicht nur über die wirtschaftlichen und politischen Vorteile einer amerikanischen Schirmherrschaft, die die Länder der Europäischen Union zu verlieren fürchten, sondern der Westen wird auch umstandslos mit Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit gleichgesetzt….
    Denn all diese Werte hat der Westen zwar stets gerne in seinen Sonntagsreden im Mund geführt, aber nicht unbedingt immer sein tatsächliches Handeln daran orientiert. Ganz im Gegenteil hat er sich insbesondere gerne dann auf sie berufen, wenn es ihm darum ging, seine fragwürdigen militärischen Interventionen – denen meist ganz andere Motive zugrunde lagen – moralisch zu rechtfertigen. Das überhöhte Selbstbild des Westens, und darin liegt eins seiner fundamentalen Probleme, ist immer schon eine Illusion gewesen, es war immer schon eher ein Ausdruck seiner Arroganz als seiner tatsächlichen – moralischen oder praktischen – Überlegenheit über andere politische Systeme und Regionen der Erde. Darum aber kann der Niedergang des Westens nur den überraschen, der dieser Illusion erlegen war.
    (…) Es gibt also hier keine Ausrede. Es liegt auf der Hand: Die Kriege, Konflikte und Desaster, wie wir sie zurzeit überall auf der Welt erleben und die den Westen in Bedrängnis bringen, sind ein langgezogenes Echo auf die Politik, wie sie in den Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vom Westen selbst vorangetrieben wurde. Es stellt die Konsequenz einer Politik dar, die, anstatt die historische Stunde zu nutzen, um Frieden auf der Welt zu schaffen, sich in Arroganz, Hochmut und Dummheit verschanzte. Die auch nach dem Ende des Kalten Krieges weiter Krieg spielen wollte und damit die Gewaltspirale immer weiterdrehte
    Quelle: der Standard
  17. BIB Aktuell #21: BIB-Konferenz, Mord und Narreteien
    Am Freitag dieser Woche brachten israelische Scharfschützen bei den Demonstrationen gegen das Eingesperrtsein im Gazastreifen wieder einen Menschen um: Sie erschossen die 21-jährige Rettungssanitäterin Razan al-Najjar, wahrscheinlich durch Schuss in die Brust, kurz nachdem sie sich um einen Verletzten gekümmert hatte. Es ist entsetzlich. Die Mörder müssen vor Gericht gestellt werden. Dafür setzt sich u.a. medico international ein – und stößt auf Granit, wie hier eindrücklich beschrieben wird.
    Ohne sich über solche entsetzlichen Verbrechen den Kopf zu zerbrechen, gehen Leute, die sich für Freunde Israels halten, weiter ihren Narreteien nach. Die neuste Verrücktheit entzündete sich an Prof. Susan Slyomovics, die nächsten Mittwoch einen Vortrag an der FU Berlin hält. Sie ist Lehrstuhlinhaberin am Institut für Anthropologie der Universität von Kalifornien in Los Angeles. In ihrem Vortrag wird sie die Motive diskutieren, aus denen heraus ihre jüdische Mutter und Großmutter deutsche Wiedergutmachungszahlungen ablehnten. Diese Zahlungen wird sie mit Reparationszahlungen vergleichen, die Frankreich im Kontext seiner algerischen Kolonialpolitik speziell an algerische Juden zahlte. Schließlich wird sie versuchen, daraus Lehren zu ziehen, welche Rolle bei einer Beilegung des Israel/Palästina-Konflikts Reparationszahlungen an Palästinenser spielen können.
    Quelle: BIB Blog

    Dazu: BIB Aktuell #22: Bernie Sanders bringt Kritik an Israel in den Mainstream
    Nicht viele Medienleute haben das bemerkt – verständlich angesichts des Problems, mit Donald Trump Schritt zu halten – , aber im Windschatten von Trump und Benjamin Netanjahu stellt Bernie Sanders den US-amerikanischen Diskurs über Israel auf dramatische Weise in Frage.
    Wenn Sanders 2020 wahrscheinlich für die Präsidentschaft kandidiert und die Journalisten ihm wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, werden sie schockiert sein. Die israelische Regierung und das amerikanisch-jüdische Establishment werden völlig außer sich sein.
    Letzten Monat überschritt Sanders eine der roten Linien, die den politisch akzeptierten Diskurs in Washington über Israel abgrenzt. Er organisierte den ersten Brief von mehreren Senatoren, der Israels Blockade des Gazastreifens kritisiert. Letzte Woche ging er sogar noch weiter, mit einem Video, das anders ist als alles, was ich jemals von einem amerikanischen Senator gesehen habe.
    (…)
    Bernie Sanders, der jetzt bessere Chancen hat, Präsident zu werden, als jeder andere Jude in der amerikanischen Geschichte, hat keine Angst. Und als Folge davon könnte er in den nächsten zwei Jahren die amerikanische Debatte über Israel auf eine Weise verändern, wie wir es seit Jahrzehnten nicht erlebt haben.
    Vielleicht erweist sich der Mut der Demonstranten in Gaza doch als ansteckend.
    Quelle: BIB Blog

  18. Atomkrieg ist eine dumme Idee
    Mehr als 10 000 Atombomben gibt es auf der Welt – doch wie viele davon könnte ein Land einsetzen, ohne sich selbst massiv zu schaden? Wissenschaftler haben nachgerechnet.
    Ein Land, das hunderte oder tausende Atomwaffen einsetzt, tötet damit einen beträchtlichen Teil seiner eigenen Bevölkerung – auch wenn der Gegner nicht zurückschlägt. Deswegen sei es selbst in der Logik der Abschreckung kompletter Irrsinn, mehr als etwa 100 Atombomben zu besitzen, schreiben Joshua M. Pearce von der Universität Aalto und David C. Denkenberger von der Tennessee State University in »Safety«. Hintergrund ist der hypothetische »nukleare Winter«, den Ruß und Staub der brennenden Städte auslösen könnten, wenn in einem Atomkrieg größere Mengen Nuklearwaffen zum Einsatz kommen. Der Staubschleier würde, darauf deuten Simulationen hin, Licht und Wärme abhalten und die Lebensmittelversorgung gefährden.
    Quelle: Spektrum

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