Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Sigmar Gabriel
  2. To rig primary against Bernie, DNC’s Tom Perez nominates regime-change agents, Israel lobbyists, and Wall Street consultants
  3. Bericht zum Stand der Auseinandersetzung über die Rentenreform in Frankreich
  4. Bargeldfeinde erleiden im Hauptquartier New York schweren Rückschlag
  5. EU will einheitliche Regeln für Mindestlöhne
  6. Höchste Zeit, Kuschelkurs und Komanagement zu beenden
  7. Immer mehr Deutsche haben einen Nebenjob
  8. Murks mit der Grundrente geht immer weiter
  9. Is Iraq About To Become A Chinese Client State?
  10. Giffey lässt Förderung für Erzieher-Ausbildung auslaufen
  11. Lithium-Krieg in Portugal
  12. Entwicklungsländer leiden unter Verschuldungswelle
  13. AfD: Wehrwille und Heimatschutz
  14. Schule und Betrieb nicht erst in der Ausbildung verzahnen!
  15. «Grün» und «links» sind nicht immer deckungsgleich
  16. Kinderärzte fordern Begrenzung der Bildschirmzeit
  17. Bei „Spiegel“-Story fiel ich vor Lachen fast vom Stuhl
  18. Hans Peter Doskozil – der Avantgardist eines neuen Realismus

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Sigmar Gabriel
    1. Eine Fehlentscheidung erster Güte
      Die Deutsche Bank will die Personalie als Erfolg verstanden wissen. Doch das Geldhaus nimmt mit der Entscheidung, Sigmar Gabriel als Aufsichtsrat einzusetzen, Schaden. In den bestehenden Problemfeldern hat der Sozialdemokrat keine Erfahrung.
      Der Plan, Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank zu holen, ist ein Fehler – in mehrfacher Hinsicht. Zwar muss der 60-jährige frühere SPD-Chef noch das Votum der Aktionäre abwarten. Aber schon im Vorfeld richtet die Kandidatur großen Schaden an.
      Den Schaden haben vor allem die Deutsche Bank und deren Aufsichtsratschef Paul Achleitner, der die Personalie als Erfolg verstanden wissen möchte. Deutschlands größtes Geldhaus steckt mittendrin im Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit – und droht ihn zu verlieren. Und das nicht nur, weil deutsche und europäische Banken durch die niedrigen Zinsen im Kreditgeschäft nahezu kein Geld verdienen und Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank als Strafzinsen für dort geparktes Geld überweisen müssen.
      Quelle: n-tv

      Anmerkung JK: Der Kommentar geht haarscharf an der Sache vorbei. Die Problematik der Berufung Gabrieles liegt nicht primär darin, dass er offensichtlich keinerlei Expertise in Sachen Finanzindustrie vorweisen kann, sondern darin, dass leider heutzutage derartige skrupellose Abzockertypen die Politik in allen Parteien dominieren.

    2. Der Fall Gabriel sollte zum Normalfall werden
      Sigmar Gabriel hat genug von der Politik und wechselt zur Deutschen Bank. Ist das verwerflich? Nein, er hat ein Recht auf ein zweites Leben – wie Joschka Fischer oder Roland Koch oder auch Gerhard Schröder.
      Wenn alles so geht, wie er sich das wünscht, dann wird Sigmar Gabriel bald dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank angehören. Er wechselt das Metier, was für einen Politiker der gehobenen Art noch immer nicht selbstverständlich ist, aber auch nicht mehr völlig ungewöhnlich.
      Gabriel war mal Wirtschaftsminister, sodass er Kompetenz für den neuen Job mitbringt. Die Deutsche Bank hat in erschreckendem Maß an Reputation verloren. Bei dem Institut, das ehedem die Inkarnation deutscher Ehrbarkeit war, blieb kein Stein auf dem anderen. Da kann Gabriel, der sich neu erfinden will, eine Hilfe sein.
      Quelle: t-online

      Anmerkung unseres Lesers H.H.: Das braucht man nicht zu kommentieren. Das spricht für sich. Im Volksmund sagt man: “Man weiß ja, von wem es kommt…”.

      Anmerkung JK: Ist es nicht eher so, dass hier zwei Versager zueinander finden? Trägt doch Gabriel wesentlich Mitverantwortung für den Niedergang der SPD.

  2. To rig primary against Bernie, DNC’s Tom Perez nominates regime-change agents, Israel lobbyists, and Wall Street consultants
    With Senator Bernie Sanders surging in the polls, DNC chair Tom Perez has put forward a cartoonishly neoliberal cast of foreign policy hacks and corporate lobbyists to sabotage his nomination.
    Democratic National Committee chair Tom Perez has nominated dozens of lobbyists, corporate consultants, think tank board members, and former officials linked to Barack Obama and Bill and Hillary Clinton’s presidential campaigns to serve on the Democratic National Convention (DNC) nominating committee this July.
    Many of Perez’s nominees are vocal opponents of Senator Bernie Sanders and spoke out against his campaign when he challenged Hillary Clinton for the nomination in 2016.
    Just as it did in 2016, the DNC appears determined to sabotage a Sanders nomination, foisting a collection of neoliberal and imperialist hacks onto the convention committee to hold back a popular rebellion against the policies of endless war and corporate free trade they have personally presided over.
    Quelle: the grayzone

    Anmerkung JK: Eigentlich steht der Wiederwahl Trumps nichts entgegen. Dem Parteiestablishment der Demokraten, unbenommen des Impeachment-Getöses immer an der kurzen Leine der Wallstreet, scheint ein Präsident Bernie Sanders letztendlich schlimmer zu erscheinen als eine weitere Amtszeit Donald Trumps.

    Dazu: “Keiner mag ihn” – Hillary Clinton attackiert Bernie Sanders

  3. Bericht zum Stand der Auseinandersetzung über die Rentenreform in Frankreich
    Die Auseinandersetzung um die Rentenreform in Frankreich spitzt sich zu. Dabei wird von Medien in Frankreich und in Deutschland nicht immer ausgewogen berichtet. Es kursieren zum Teil falsche Nachrichten, oder bestimmten Ereignissen werden Behauptungen hinzugedichtet.
    Transportiert werden in den Medien und von Seiten bestimmter Akteure folgende Eindrücke:

    1. Der Protestbewegung ginge die Luft aus und würde die Unterstützung verlieren.
    2. Es würde nun mit Gewalt, insbesondere gegen stärker kompromissbereite Gewerkschaften und Regierungsvertreter*innen gearbeitet werden.
    3. Die Regierung hätte den Plan, das Renteneintrittsalter von heute 62 auf 64 Jahre zu erhöhen, aufgegeben.

    Die Behauptungen 1 und 3 sind schlichtweg falsch. Die Behauptung 2 ist je nach Sichtweise, was Gewalt ist, richtig oder falsch bzw. nicht so einfach zu entscheiden.
    Zu 1. Der Protestbewegung ginge die Luft aus und würde die Unterstützung verlieren
    Ja, es ist so, dass Streiks suspendiert wurden. Diese dauern ja auch seit dem 5. Dezember 2019 an. Dies ist der längste Streik seit 1968. Sie sind aber gerade am Freitag, den 24.01.2020 anlässlich der Verabschiedung der Rentenpläne durch das französische Kabinett wieder aufgeflammt und die Streiks z.B. bei der französischen Bahn SNCF und dem Pariser Nahverkehrsunternehmen RATP sind wiederaufgenommen worden. Neu ist, dass die acht größten Seehäfen von der CGT – sie stellt dort praktisch alle Mitglieder – für mehrere Tage blockiert werden. Weiterhin im Streik sind z.B. Erziehungs- und Postbeschäftigte. Weiterhin ist aber auch die Beteiligung aus der Privatwirtschaft an den Streiks relativ gering. Dort kommt es zumeist nicht zu sich verlängernden Streiks (»grève reconductible«), sondern nur zu kurzfristigen, z.T. nur stundenweisen Aktionen (wie z.B. in der Metallindustrie). Damit wird das seit vielen Jahren vorherrschende Streikmodell fortgeführt, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Hauptlast des Streiks tragen – dies jedoch mit Unterstützung der Bevölkerung. Man spricht auch vom Stellvertreterstreik (»grève de procuration«). ….
    Trotz der Schwierigkeiten, den Protest aufrecht zu erhalten, kann jedoch nicht die Rede davon sein, dass die Französ*innen nicht weiterhin die geplante Reform kritisieren. 61 Prozent fordern, dass die Regierung die Pläne zurücknehmen soll. Dieser Wert ist in den letzten Tagen sogar angestiegen.
    Bedenklich stimmen Forderungen aus dem Arbeitgeberlager, das Streikrecht in Frankreich einzuschränken. Auf der anderen Seite zeigt dies, dass die Streiks eine Wirkung haben, die die Arbeitgeberseite beunruhigt.
    Quelle: Blickpunkt Wiso

  4. Bargeldfeinde erleiden im Hauptquartier New York schweren Rückschlag
    Von New York aus koordiniert die Better Than Cash Alliance (Visa, Mastercard, Citibank, Bill Gates, USAID) den globalen Kampf gegen das Bargeld. Ausgerechnet in der Finanzmetropole hat nun der Stadtrat den Beschluss gefasst, privaten Unternehmen zu verbieten, die Annahme von Bargeld abzulehnen. Die Begründung ist ein Tiefschlag für die Allianz.
    Einem Bericht von “USA-Today” zufolge müssen Einzelhandelsgeschäfte, Restaurants und Bars künftig in jedem Fall Bargeld annehmen. Damit machen die New Yorker Stadträte unter anderem Visa einen Strich durch die Rechnung. Der Kreditkartenanbieter hat ein Programm aufgelegt, in dessen Rahmen er Restaurants dafür bezahlt, kein Bargeld mehr anzunehmen. Die Visa-Presseabteilung findet dann regelmäßig ein Massenmedium, dass groß über dieses progressive Restaurant berichtet und damit diesem noch einen Werbeeffekt beschert. Darüber, dass das Restaurant von Visa bestochen wurde, erfährt man in solchen Berichten natürlich nichts.
    Visa ist eines der Gründungsmitglieder der Better Than Cash Alliance (Besser-als-Bargeld-Allianz), die es sich zum Ziel gesetzt hat, weltweit das Bargeld zu beseitigen. Ihren Sitz hat die Allianz ausgerechnet in New York, wo man sich mit großzügigen Spenden Büroräume beim United Nations Capital Development Fund (UNCDF) gekauft hat und sich seither irreführend eine „UN-basierte Organisation“ nennt.
    Ein Tiefschlag für die Better Than Cash Alliance ist auch die Begründung für die Maßnahme, die mit großer Mehrheit beschlossen wurde: Finanzielle Inklusion nämlich. „Der Marktplatz der Zukunft muss den Bedarf verletzlicher New Yorker berücksichtigen“, schrieb der Sponsor des Gesetzes, Ritchie Torres in einer Presseerklärung. Auch wer kein Bankkonto hat, oder sich die Bankgebühren nicht leisten will, soll überall einkaufen und essen können.
    Damit betont der New Yorker Stadtrat, dass Bargeld das inklusivste Zahlungsmittel ist, weil jeder es ohne spezielle technische Einrichtungen und ohne Extrakosten nutzen kann. …
    In Deutschland gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Private Geschäfte können frei entscheiden, wie sie sich bezahlen lassen wollen, jedenfalls solange die Kunden Alternativen haben und somit auch für diese Entscheidungsfreiheit unterstellt werden kann. Hoheitliche Stellen können sich mangels Freiwilligkeit der Interaktion nicht auf Vertragsfreiheit berufen. Dass sie kein Recht haben, die Annahme von Bargeld abzulehnen, versuche ich in einem Verfahren gegen den Hessischen Rundfunk höchstrichterlich feststellen zu lassen, das beim Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung ansteht.
    Quelle: Norbert Häring
  5. EU will einheitliche Regeln für Mindestlöhne
    • Die EU-Kommission erwägt neue Regeln für Mindestlöhne: Ein Möglichkeit wäre, dass dieser 60 Prozent des Medianeinkommens eines Landes betragen muss.
    • Das könnte dazu führen, dass die Lohnuntergrenze in einigen Staaten steigen muss – auch in Deutschland.
    • Alle Probleme löst das freilich nicht: Luxemburg hat den höchsten Mindestlohn der EU, verfehlt aber die 60-Prozent-Marke. Bulgarien erreicht sie trotz niedrigsten Mindestlohns – über die Runden kommen viele Menschen trotzdem nicht. […]

    Eher nichts zu befürchten hat Schmit von der SPD, die schon in ihrem Europawahlprogramm “einen Rahmen für armutsfeste Mindestlöhne” in allen EU-Staaten gefordert hatte. Und auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, erwartet von der Bundesregierung, dass sie sich für einen europäischen Mindestlohn einsetzt. Die Union von Kanzlerin Angela Merkel dagegen findet, dass die Mitgliedstaaten für Regulierungen zum Mindestlohn selbst verantwortlich bleiben sollen, so stand es auch im CDU-Programm zur Europawahl. Erst rech
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  6. Höchste Zeit, Kuschelkurs und Komanagement zu beenden
    An diesem Wochenende veranstaltet die »Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften«, kurz VKG, in Frankfurt am Main ihre erste Konferenz. Was steckt hinter Ihrer Initiative?
    Schon länger vernetzt sich regional und branchenweit eine Reihe von kritischen Kollegen, die für einen klassenkämpferischen Kurs der Gewerkschaften eintreten. Die Konferenz ist ein Versuch, all diese Gruppierungen zusammenzubringen, sich über Strategien auszutauschen und gemeinsame Vorgehensweisen zu koordinieren.
    Die sehr verdienstvollen Streikkonferenzen der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Erneuerung der Gewerkschaften bieten bereits die Gelegenheit, über aktuelle Arbeitskämpfe zu informieren, sie auszuwerten, Anregungen zu vermitteln und Best-practice-Beispiele zu verbreiten.
    Die VKG möchte darauf aufsetzend einen Schritt weiter gehen und Strategien diskutieren: Was ist nötig, um Arbeitskämpfe zu gewinnen und Gegenmacht aufzubauen?
    Wie kann der Kampf für eine andere Politik der Gewerkschaften geführt werden? Wie ist ein Brückenschlag zwischen Gewerkschaften und »Fridays for Future« möglich?
    Die Gewerkschaftslinke schwächelt seit Jahren. Wie wollen Sie diese Situation mit Ihrer Konferenz jetzt ändern?
    Es wird höchste Zeit, diese Schwäche zu überwinden und die Erfahrungen älterer Kollegen an die junge Generation weiterzugeben. Die letzte Weltwirtschaftskrise mit dem Finanzcrash ist alles andere als überwunden. Alle Elemente, die die letzte Krise vorbereiteten, sind weiterhin vorhanden. Die Frage ist nicht, ob die Krise kommt, sondern ob die Weltwirtschaft hineingleitet oder hineinstürzt.
    Hinzu kommen die Herausforderungen des digitalen Überwachungskapitalismus.
    Angesichts dessen wird es höchste Zeit, dass die Gewerkschaftsführungen Kuschelkurs und Komanagement beenden.
    Quelle: junge welt
  7. Immer mehr Deutsche haben einen Nebenjob
    Die Zahl der Menschen mit Nebenjob steigt weiter – auf inzwischen fast sieben Prozent aller Deutschen von 18 bis 65 Jahren. Ende Juni 2019 waren etwa 3 538 000 Mehrfachbeschäftigte registriert, wie aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, über die die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet. Das waren im Vergleich zu Juni 2018 etwa 123 600 Menschen mehr, ein Anstieg von 3,62 Prozent. Ein Jahr davor lag die Zahl der Arbeitsagentur zufolge bei 3,3 Millionen. Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkts- und Berufsforschung hat sich die Zahl der Mehrfachbeschäftigten von 2003 bis 2017 damit mehr als verdoppelt.
    Quelle: SZ
  8. Murks mit der Grundrente geht immer weiter
    Als der Autor Michael Ende seine “Unendliche Geschichte” schrieb, kannte er die Grundrente noch nicht. Zum Glück. Denn für die Parallelwelt Phantásien hätte es im Kampf gegen das große “Nichts” vermutlich kein Happy End gegeben. Das Herzensprojekt der SPD wackelt schon wieder, ist zu lesen. Dabei stand es niemals auch nur ansatzweise auf solidem Fundament. Der inszenierte Streit, der seit Beginn dieser Regierung andauert, diente nur dazu, im richtigen Moment als beigelegt erklärt zu werden, um der Öffentlichkeit, aber noch viel mehr den eigenen Anhängern, einen gewichtigen Grund für die Fortsetzung der GroKo zu servieren. (…)
    Diese Vorgeschichte wird allerdings ausgeblendet, wenn es um den politischen Einsatz des Arbeits- und Sozialministers Hubertus Heil geht. Er trägt dick auf, spricht über eine große Sozialreform, um die es gehe und sieht sich offenbar als ein deutscher Kennedy (“We choose to go to the moon in this decade and do the other things, not because they are easy, but because they are hard…).
    Ohne pausenlose Übertreibungen geht es bei den geschrumpften Regierungs-Sozialdemokraten mit Sitz im Parteivorstand nicht. Und wenn es am Ende nicht recht vorangeht, sind wie immer die anderen schuld, was ja durchaus richtig ist. Die Union hat kein Interesse an einer Grundrente, was aber auch schon klar war, als die angebliche Einigung kurz vor der Wahl des neuen SPD-Vorsitzenden-Duos verkündet wurde. Wer erinnert sich noch? Nicht Hubertus “Kennedy” Heil informierte über die gute Nachricht, sondern der immer noch nicht in Vergessenheit geratene Finanzminister Olaf Scholz.
    Das Manöver sollte ihm helfen, die Spitze der SPD zu erklimmen, was aber kläglich scheiterte. Um so erbitterter hält er weiterhin an der Schwarzen Null fest, obwohl seine eigene Partei gerade etwas anderes beschlossen hat und der Finanzminister sich zunächst auch gönnerhaft offen dafür zeigte. Hinzu kommt ein historisch zu nennender Überschuss im Haushalt von rund 13,5 Milliarden Euro. Das Geld scheint aber eher für mehr Rüstungsausgaben oder unnütze Steuersenkungen reserviert zu sein. Für die Renten bleibt leider wie immer nichts übrig, weshalb auch Hubertus Heil sein Lieblingsprojekt erneut verschieben muss.
    Quelle: TauBlog
  9. Is Iraq About To Become A Chinese Client State?
    The railway infrastructure in Iraq, such as it is, will be built out after the completion of the network in Iran by China, allowing for the transport of all manufactured products from China into, ultimately, Europe. In this context, late last year saw Iran’s Vice President, Eshaq Jahangiri announce that Iran had signed a contract with China to implement a project to electrify the main 900 kilometre railway connecting Tehran to the north-eastern city of Mashhad. Adjunct to this, Jahangiri added that there are also plans to establish a Tehran-Qom-Isfahan high-speed train line and to extend this upgraded network up to the north-west through Tabriz. Tabriz, home to a number of key sites relating to oil, gas, and petrochemicals, and the starting point for the Tabriz-Ankara gas pipeline, will be a pivot point of the 2,300 kilometre New Silk Road that links Urumqi (the capital of China’s western Xinjiang Province) to Tehran, and connecting Kazakhstan, Kyrgyzstan, Uzbekistan and Turkmenistan along the way, and then via Turkey into Europe. Once the plans for this are making substantial progress then China will extend the transport links into Iraq to the West.
    In the meantime, Iraq has been working on new laws that will regulate the operation of a reconstruction agency, the primary function of which, according to the source, will be ensure that China “is allowed to just get on with things, without the usual red-tape.” Only recently, for example, Iraq’s Electricity Minister Louay al-Khateeb wrote: “China is our primary option as a strategic partner in the long run…We started with a US$10 billion financial framework for a limited quantity of oil to finance some infrastructure projects…[but] Chinese funding tends to increase with the growing Iraqi oil production, [and is] to be used differently from the previous policies, through construction, investments and operationalization [sic] of the reconstruction council.” (…)
    Quelle: Oil Price

    Anmerkung Christian Reimann: Das sind wohl die Befürchtungen der US-Regierung und ihres Umfeldes für den Fall eines Abzuges des US-Militärs aus dem Irak – übrigens auch die der meisten Demokraten. Interessant ist der unten zu lesende Kommentar – daraus zitiert:

    „The ultimate goal of the United States’ invasion of Iraq in 2003 was to get its hands on Iraq’s spectacular oil wealth estimated at 330 billion barrels of oil (bb) of proven, semi-proven and probable reserves with the cheapest production cost in the world. For more detailed information on the topic, please refer to my book: ”Over a Barrel” , p.191, published in 2004 and Alan Greenspan’s “The Age of Turbulence”, p. 463, published in 2007.

    And while the United States won the military side of the invasion, it lost the war. The winners were China and Iran. China has emerged as the biggest investor in Iraq’s oil industry and also the largest buyer of Iraqi crude oil while Iran has had the greatest political influence in the country.

    Iraq like Iran fits well with China’s ‘Belt & Road Initiative’. As such, Iraq will benefit from China’s investments in its oil industry and infrastructure while China’s economy will benefit from expanded trade with Iraq.

    With plans to expand oil production to 6-7 million barrels a day by 203/2024, Iraq badly needs to expand its oil export infrastructure. Prominent in this is the building of a strategic oil pipeline connecting the oilfields in the south of Iraq to the Jordan port of Aqaba and expansion of Iraq’s oil-loading terminal on the Gulf. Expanding electricity generation will be another major project for Iraq. In return, Iraq will pay China in oil for what could be termed as oil-for-infrastructure.

    Iraq is now a battle ground for political influence between Iran and the United States and also between China and the United States.“

  10. Giffey lässt Förderung für Erzieher-Ausbildung auslaufen
    Giffey hatte 2018 rund 300 Millionen Euro Fördergeld vom Bund angekündigt – unter anderem für rund 5000 Fachschüler, die sich zur Erzieherin oder zum Erzieher ausbilden lassen wollen. Mit dem Geld soll für die dreijährige Ausbildung eine Vergütung gezahlt werden. Dies ist bislang in der Regel nicht der Fall und schreckt junge Leute häufig ab, diesen Beruf zu ergreifen.
    Zwei Ausbildungsjahrgänge sollten die Förderung erhalten: 2019/2020 sowie 2020/2021. So hatte es Giffey seinerzeit versprochen, so steht es auch in einer Präsentation, die bis heute auf der Internetseite des Ministeriums abrufbar ist.
    Doch davon möchte Giffey nun offenbar nichts mehr wissen. Auf der Internetseite für das Fachkräfteprogramm ist nun zu lesen, die Bundesregierung habe bis einschließlich 2021 insgesamt 160 Millionen Euro eingeplant. Damit würden im Ausbildungsdurchgang 2019/2020 “2500 Plätze, die gleiche Anzahl von Freistellungen für die Praxisanleitung dieser Fachschülerinnen und Fachschüler, die Anleitungsqualifizierung von 2.500 Fachkräften sowie ein Aufstiegsbonus für bis zu 1.500 Fachkräfte” gefördert.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung Christian Reimann: Das “Kommunikationstalent im gegenwärtigen Kabinett der großen Koalition” entpuppt sich immer mehr als Schaumschlägerin.

  11. Lithium-Krieg in Portugal
    Für die Batterien von Elektroautos und Smartphones braucht man Lithium. Das Leichtmetall gibt es vor allem in Südamerika, aber auch in Portugal mit den europaweit größten Vorkommen. Doch dort gibt es heftigen Widerstand gegen den Abbau.
    Den Besuch hatte Portugals Energie-Staatssekretär João Galamba sich wohl anders vorgestellt. Als er vergangenen November in das Dörfchen Covas kommt, um die Regierungspläne für ein Lithiumbergwerk vorzustellen, wird er von aufgebrachten Bürgern mit Sprechchören und Transparenten empfangen. Dutzende umringen seinen schweren Dienstwagen. Sie trommeln mit den Händen auf Motorhaube und Windschutzscheibe, rufen: „Ja zum Leben, nein zum Bergwerk“. …
    Die Lithiumreserven des Landes könnten die sechstgrößten der Welt sein, Galamba und alle in der Regierung nennen sie bereits das ‚weiße Gold Portugals‘. Er kennt den Wunsch der EU, Lithium in Europa abzubauen, selbst leistungsfähige Batterien herzustellen und nicht auf Asien oder Südamerika angewiesen zu sein. Galamba träumt vor allem von der Weiterverarbeitung des Rohstoffs für die Batterieproduktion, will bei der zweitgrößten Stadt Porto sogar eine Lithiumraffinerie bauen lassen:
    „Das ist der einzige Grund, im 21. Jahrhundert die Umweltbelastung hinzunehmen, die Bergwerke trotz aller Kontrollen und Auflagen verursachen. Wir wollen nicht nur den Abbau, sondern auch die industrielle Wertschöpfung bei der Weiterverarbeitung des Rohstoffs.“
    Große Pläne, die nicht alle gut finden: Denn der Lithiumabbau soll im besonders umweltschädlichen Tagebau stattfinden. Pedro Santos von der Umweltschutzorganisation Quercus mahnt zur Besonnenheit:
    „Auch wenn Lithium zur Speicherung erneuerbarer Energie verwendet werden kann, darf man es nicht überall sorglos abbauen. Es muss Regeln geben, vor allem wenn die geplanten Bergwerke in Biotopen liegen, die wegen ihrer Besonderheit erhalten werden müssen“.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  12. Entwicklungsländer leiden unter Verschuldungswelle
    Die Schulden der Schwellen- und Entwicklungsländer sind auf ein Rekordhoch gestiegen: Ende 2018 beliefen sich deren Auslandsschulden auf 7,8 Billionen US-Dollar. Das geht aus dem Schuldenreport des Bündnisses „Erlassjahr.de“ und des Entwicklungshilfswerks Misereor hervor. […]
    In 124 Ländern habe man eine kritische Verschuldungssituation diagnostiziert, so Jürgen Kaiser. In Schieflage seien viele Inselstaaten im Pazifik und in der Karibik sowie Länder in der Sahelzone. Somalia, Eritrea und Sudan seien sogar schon ganz oder teilweise zahlungsunfähig. Die Dynamik in Richtung Schuldenfalle habe sich auch deshalb verstärkt, weil viele dieser Staaten nun die hohen Zinsversprechen auf ihre Staatsanleihen einlösen müssten.
    Der Klimawandel heize die Verschuldungs-Problematik weiter an, postulieren Misereor und „Erlassjahr.de“. Ein einziger Hurrikan könne über Nacht 200 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vernichten, sagt Jürgen Kaiser und verweist beispielsweise auf die Insel Dominica.
    „Die Folgen des Klimawandels oder auch Schutzmaßnahmen im Vorfeld können für Volkswirtschaften sehr kostspielig sein. Denn Maßnahmen wie Katastrophenhilfe, Küstenbefestigung, Baumaßnahmen, Umsiedlungen und ähnliches verbrauchen viel Geld.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  13. AfD: Wehrwille und Heimatschutz
    Wird die AfD die neue Soldaten-Partei?“, titelte die „Bild“-Zeitung kürzlich. Verweisen konnte sie auf den relativ hohen Anteil von geschätzten 2100 Soldaten unter den 35 000 Parteimitgliedern, das entspricht sechs Prozent. Unter den Mandatsträgern der Rechtspopulisten finden sich elf Bundestagsabgeordnete, die Berufs- oder Zeitsoldaten waren. Die Quote der Ex-Soldaten in der Bundestagsfraktion beläuft sich damit auf gut 12 Prozent. Sie als Hinterbänkler zu bezeichnen, wäre verfehlt, denn anders als in den übrigen Fraktionen findet die Mitgliedschaft im Verteidigungsausschuss unter den AfD-Abgeordneten lebhaften Zuspruch. Über 40 Anfragen an die Bundesregierung haben die Wehrpolitiker in der laufenden Legislaturperiode gestellt und markieren damit einen deutlichen Schwerpunkt der AfD-Parlamentsarbeit.
    Auch im außerparlamentarischen Raum machen AfDler mit militärischem Hintergrund von sich reden. Jüngster Fall ist die Kandidatur eines ehemaligen Generalleutnants für den Posten des Oberbürgermeisters in Hannover. Während seiner Dienstzeit hatte der Spitzenmilitär seine bereits langjährige Mitgliedschaft in der AfD verschwiegen, angeblich „um seine Mitarbeiter zu schützen“. Im Verteidigungsministerium und in der Bundeswehr bleiben diese und ähnliche Aktivitäten nicht unbemerkt, aber sie gehen unkommentiert durch: Bloß keine neuen Fronten neben den Beschaffungs- und Ausrüstungsproblemen oder dem „Gorch Fock“-Desaster aufreißen, scheint die Parole zu lauten. Zu einer offensiven Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten, deren Netzwerke bis tief nach Rechtsaußen reichen, hat man sich noch nicht entschließen können. Nur wenige Militärs haben dagegen Stellung bezogen. Hört man in die Truppe hinein, kann man deutlich feststellen, dass das Vertrauen in die politische und militärische Führung erschüttert ist. Geht es um die angestammte „Soldatenpartei“, wurde früher ohne Umschweife auf die Union verwiesen. Inzwischen ist das Urteil zögerlich; auf die „Altparteien“ möchte man sich nicht mehr automatisch festlegen. Dadurch ist ein Vakuum entstanden. Das grassierende Gefühl, in Politik und Öffentlichkeit nicht genügend anerkannt zu werden und die Dauerklagen über Fehlstände in den Streitkräften und das Missverhältnis von Auftrag, Mitteln und Kräften suchen nach einem neuen Adressaten. Hier bietet sich die AfD an
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  14. Schule und Betrieb nicht erst in der Ausbildung verzahnen!
    In der am 22. Januar vorgestellten Untersuchung hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Daten vergangener Pisa-Schulleistungsstudien mit Blick auf Berufswünsche der Jugendlichen ausgewertet.
    Die OECD-Studie bestätigt eine Diskrepanz, die bereits in der jüngsten DIHK-Ausbildungsumfrage deutlich wird: “Fast jedes zweite Unternehmen in Deutschland macht die Erfahrung, dass Schülerinnen und Schüler falsche Vorstellungen vom Berufsalltag und von einer betrieblichen Ausbildung haben”, berichtet der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.
    Mehr noch: “Viele Jugendliche sind zudem auf ihren Traumberuf festgelegt und schlagen Ausbildungsangebote in weniger bekannten oder begehrten Berufen aus”, so Dercks. Der Grund dafür sei zu geringes Wissen über Verdienstmöglichkeiten und über die beruflichen sowie die Entwicklungsperspektiven.
    “Um dem Fachkräftemangel In vielen Berufen entgegenzuwirken, brauchen wir gerade an den Gymnasien eine verbesserte Berufsorientierung”, betont der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer deshalb. “Dabei darf die Verzahnung von Schule und Betrieb nicht erst in der Ausbildung beginnen.”
    Jugendliche sollten so früh wie möglich praktische Erfahrungen sammeln, empfiehlt Dercks. Denn: “Wer weiß, was er will und kann, der trifft auch leichter die Entscheidung für den richtigen Beruf.”
    Quelle: DIHK

    Anmerkung Christian Reimann: Auch dieser Lobbyverband ist offenbar Teil eines Netzwerkes der Schwarzen Pädagogik. Bitte hören bzw. lesen Sie dazu Schwarze Pädagogik: Die Spielarten neoliberaler Erziehung.

  15. «Grün» und «links» sind nicht immer deckungsgleich
    Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet die frühen deutschen Grünen als «politischen Tausendfüssler». Zu Beginn der Siebzigerjahre waren die Grünen ein bunter Haufen von Hippies, Kommunisten, Feministinnen, Friedensaktivisten, Atomkraftgegnerinnen, Öko-Sozialisten, Sympathisanten der Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF), bürgerlich-konservativ geprägten Umweltschützern – und ja, vereinzelt auch einstigen Nationalsozialisten.
    Die linke Anti-AKW-Bewegung beispielsweise stützte sich auf technik- und industriekritische antikapitalistische Konzepte, die zwar teilweise auch von bürgerlich-konservativen Atomkraftgegnern geteilt wurden. Letztere griffen dagegen häufiger auf Traditionen von Ökologie, Natur-, Umwelt- und Heimatschutz zurück, die sich nicht selten auf ein reaktionäres und sozialdarwinistisches Gesellschaftsmodell stützte. In der Stuttgarter Online-Publikation Kontext: Wochenzeitung vom 15.01.2020 geht der auf die Wissenschaftsgeschichte der Biowissenschaften spezialisierte Philosophieprofessor Michael Weingarten dieser schwierigen Gemengelage in Deutschland nach. Um zu verstehen, wie es zum zeitweiligen Zusammengehen, zu einem «taktischen Bündnis auf Zeit» dieser «sich in ihren Leitvorstellungen eher ausschliessenden Strömungen kam», müsse man die frühen Siebzigerjahre in den Blick nehmen:
    «Da erschienen nahezu zeitgleich und mit grossem publizistischen Erfolg Bücher wie ‘Die Bevölkerungsbombe’ von Paul R. Ehrlich (1971) und ‘Das Selbstmordprogramm’ von Gordon R. Taylor (1971); in diese Linie gehört auch Herbert Gruhls Buch ‘Ein Planet wird geplündert’ (1975). Für den deutschsprachigen Bereich noch wirksamer war Konrad Lorenz’ Schrift ‘Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit’ (1973), zumal es in demselben Jahr erschien, in dem Lorenz den Nobelpreis für Medizin erhielt. In diesen Büchern werden die schon unübersehbar gewordenen ökologischen Probleme sozialdarwinistisch thematisiert mit Verweis auf eine ‘Übervölkerung’, verursacht durch die hohen Geburtenraten in Asien und in Teilen der arabischen Welt einerseits bei gleichzeitiger ‘Überfremdung’, ‘Entvolkung’ und drohendem ‘Aussterben’ der ‘weissen Rasse’ (der Deutschen, der Europäer) andererseits. Damit verbunden seien die ‘Verwüstung des natürlichen Lebensraums’ der Menschen sowie die Erschöpfung der natürlichen Ressourcen der Erde. …»
    Auch der Historiker Peter Hersche räumt mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: «Der Umweltschutz hat seine Wurzeln nicht bei den Grünen». Unter diesem Titel schlägt der emeritierte Professor für Neuere Allgemeine Geschichte an der Universität Bern in der NZZ vom 08.05.2019 den grossen historischen Bogen: Von der deutschen Romantik (unter anderem eine Reaktion auf Aufklärung und industrielle Revolution), über den Beginn des modernen Kapitalismus zwischen 1870 und 1914 bis in die jüngste Vergangenheit, also bis etwa 1980, sei Umweltschutz eine vorwiegend konservative Bewegung gewesen. Schliesslich war der Konservatismus historisch die Gegenströmung zum Liberalismus und später zum marxistischen Sozialismus.
    Quelle: Infosperber

    Anmerkung JK: Wenn man den Grünen schon linke Wurzeln attestieren will sollte man im Auge behalten, dass diese, wie in obigen Artikel dargestellt, mehrheitlich nicht aus der Arbeiterbewegung marxisitscher oder sozialistischer Ausrichtung kommen, sondern schon immer primär individuelle Selbstverwirklichung zum Ziel hatten und sich nicht an der Idee einer kollektive Interessenvertretung der arbeitenden Menschen orientierten. Deswegen haben die Grünen auch wenig Berührungsängste zum Neoliberalismus, dessen Protagonisten ja nie müde werden zu betonen wie wichtig ihnen doch die Freiheit des Einzelnen ist. Die Übersteigerung der bürgerlich-liberalen Selbstverwirklichung findet sich dann in der auch bei den Grünen hoch im Kurs stehenden Identitäts- und Diversitätspolitik.

  16. Kinderärzte fordern Begrenzung der Bildschirmzeit
    Das größte Problem aus Sicht der Kinderärzte: Die Zeit mit Smartphone, Konsole oder Tablet im kindlichen Alltag nimmt überhand. Das sagen 98 Prozent der Mediziner. 70 Prozent halten auch die Art und die Inhalte der Spiele, die gespielt werden, für mitunter problematisch. Dennoch lehnt eine große Mehrheit der Ärzte radikale Verbote ab. 81 Prozent der Pädiater finden es weltfremd, Kindern heutzutage den Umgang mit digitalen Medien komplett zu untersagen.
    Drei von vier Kinderärzte sprechen sich stattdessen für eine zeitliche Begrenzung der Mediennutzung aus. “Das sollte vom Alter der Kinder abhängig gemacht werden”, sagt Imke Schmitz-Losem, Beratungsärztin bei der pronova BKK. “Babys und Kleinkinder haben vor dem Bildschirm nichts zu suchen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, dass Kinder frühestens ab einem Alter von zwei Jahren maximal eine Stunde täglich mit digitalen Medien verbringen dürfen.” Der Studie der pronova BKK zufolge raten zwei von drei befragten Ärzten dazu, dass Eltern den Medienkonsum eng begleiten und zum Beispiel für Kinder unter zehn Jahren ohne Aufsicht ganz untersagen. “Der Nachwuchs sollte unter keinen Umständen mit den Geräten allein gelassen werden. Videos und Spiele können Kinder überfordern oder verängstigen.” …
    Eine ganze Reihe von Krankheitssymptomen, die Ärzte in ihren Praxen diagnostizieren, führen sie auf übermäßigen Medienkonsum zurück. Übergewicht, soziale Auffälligkeiten, motorische Defizite und Lernentwicklungsstörungen gehören laut Befragung dazu. 82 Prozent der befragten Ärzte bemerken, dass Kinder in eine soziale Isolation rutschen, für die sie die Mediennutzung mitverantwortlich machen. 79 Prozent beobachten in den vergangenen fünf Jahren verstärkt soziale Auffälligkeiten bei ihren jungen Patienten. Immer mehr Kinder wiegen zu viel, geben 75 Prozent der Mediziner zu Protokoll.
    Quelle: pronova BKK
  17. Bei „Spiegel“-Story fiel ich vor Lachen fast vom Stuhl
    Ich bin vor Lachen fast vom Stuhl gekippt, als ich das las. Harry und Meghan als Hoffnungsträger aller Diskriminierungsopfer? Wenn es jemanden gibt, der sich vor Bewunderung nicht retten kann, dann das britische Adelspaar. Es gibt auch nicht viel, was Meghan und Harry mit, sagen wir, einer polnischen Putzfrau oder einem rumänischen Klempner verbindet, außer dass die einen die Steuern zahlen, von denen die andern ihre Häuser renovieren lassen. Aber so nüchtern können selbst linke Journalisten die Dinge im Meghan-Rausch nicht sehen. …
    Der Text im „Spiegel“ weist auf ein grundsätzliches Problem hin, deshalb habe ich ihn ausführlicher zitiert. Ich habe die Linke immer für ihren klaren ökonomischen Blick auf die Welt geschätzt. Wer in Interessenlagen denkt, ist relativ immun gegen Sentimentalismus und falsche Solidarität. Leider gibt es die marxistisch geschulte Linke, die in Interessengegensätzen zu denken vermochte, kaum noch. An ihre Stelle ist eine akademische Linke getreten, der die Frage nach der Zugehörigkeit wichtiger ist als jede Klassenfrage. …
    Vermutlich ist die Vernachlässigung der Klassenfrage der zentrale strategische Fehler der Linken, weil Identitätspolitik ein Gefühl der Solidarität annimmt, das so nicht existiert. Die traditionelle Klientel mag in Wahrheit nicht einsehen, warum sie Mitleid mit Leuten haben soll, deren Lebenswirklichkeit himmelweit von der eigenen entfernt ist.
    Nicht jede Verkäuferin zerfließt in Tränen, wenn sie vom Schicksal einer migrantisch bewegten Soziologiestudentin hört, deren größtes Problem im Leben es ist, dass sie öfter danach gefragt wird, woher sie denn stamme. Manche würde gerne mal auf ihren Namen oder ihre vermutete Herkunft angesprochen. Es wäre eine nette Abwechslung in einem ansonsten relativ monotonen Arbeitsalltag.
    Quelle: Focus

    Anmerkung JK: Zu Fleischhauer wurde schon alles gesagt, dass er nun beim Propagandablatt des Burda-Verlages gelandet ist nur konsequent. Aber ab und an trifft er den Nagel auf den Kopf.

  18. Hans Peter Doskozil – der Avantgardist eines neuen Realismus
    Die Sozialdemokratie hat keine Zeit mehr für den Streit zwischen Identitätsaktivisten und Realisten. Der Wahlsieg im Burgenland sollte eine Zäsur setzen.
    Die absolute Mehrheit. Während in Europa die Sozialdemokratie darbt und zum Teil einen bemitleidenswerten Eindruck hinterlässt, holt Hans Peter Doskozil in seinem Burgenland nun die absolute Mehrheit. Ein historischer Sieg. Bruno Kreisky dürfte im Himmel gerade leise vor Freude weinen. Seine Sozialdemokraten sind noch nicht tot. Sie leben. …
    Doskozil hat nicht nur als Person gezogen, wie eine Wahlanalyse zeigte. 37 Prozent der Befragten sagten, der Spitzenkandidat Doskozil sei ihr Hauptmotiv für die Wahl der SPÖ gewesen. Weitere zehn Prozent gaben dazu nämlich etwa auch an, dass sich die Partei um die Anliegen der Menschen kümmert. SPÖ-Kümmerer und SPÖ-Kümmererpartei gehen im Burgenland eine Symbiose ein. Johannes Rau würde da feuchte Augen bekommen. So authentisch Kümmererpartei ist die SPÖ im Burgenland.
    Der SPÖ-Intellektuelle Robert Misik schrieb zuletzt ein Buch mit dem Titel “Die falschen Freunde der einfachen Leute”. Darin versucht er zu zeigen, dass Parteien wie die FPÖ, die zuletzt vielfach von der “Working Class” gewählt wurden – obwohl sie ökonomisch eigentlich nichts für diese einfachen Leute tun, wie man an der türkis-blauen Koalition sah –, eben die “falschen” Freunde der einfachen Leute sind. Doskozil hingegen, das kann man nun spätestens seit Sonntag sagen, ist der “richtige” Freund der einfachen Leute.
    Doskozil ist in der Sozialpolitik links, ein echter Sozialdemokrat, in der inneren Sicherheit ist der ehemalige Polizist standfest. In der Migrationspolitik macht er keine Haltungspossen, sondern setzt auf klare Kante und Lösungen – auf einen gesunden Pragmatismus. In der Wirtschaftspolitik ist er auch Pragmatiker – überhaupt setzt er sich mit Wirtschaftspolitik sinnvoll auseinander. Der “starke Staat” ist für ihn also Leitschnur und Ziel. Das ist das Programm zum Siegen. Die dänische Sozialdemokratie weiß das schon länger. ,,,
    Die Lage ist ernst für die Sozialdemokratie. Für proseminarisches Bereden der richtigen Strategie, für elaboriertes Streiten zwischen Identitätsaktivisten und Realisten hat sie keine Zeit mehr. Seit Jahren hält nunmehr ein Kleinkrieg an, und die sinnlosen Wiederholungsschleifen linker Strategiediskurse gehen mittlerweile nicht nur Parteimitgliedern auf die Nerven, sondern auch der Wählerschaft. Es reicht jetzt. Für Staaten Nordeuropas (wie Dänemark, Österreich, Deutschland) steht jetzt die Richtung fest. Realisten gewinnen Wahlen. Seit Hillary Clintons Wahlniederlage wissen das alle, die halbwegs klar im Kopf sind.
    Quelle: Nils Heisterhagen im Standard

    Anmerkung JK: Nils Heisterhagen ist deutscher Sozialdemokrat und Autor des Buches “Die liberale Illusion. Warum wir einen linken Realismus brauchen”.