Sind die 7 neuen Mitglieder der NATO beigetreten oder haben sie ihre Truppen dem amerikanischen Oberbefehl unterstellt?

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Bilder sagen oft mehr als Worte. Wenn man gestern die Fernsehnachrichten gesehen hat oder heute die Bilder in den Zeitungen, dann könnte man meinen, dass die Regierungschefs von Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Slowenien und der Slowakei ihre Truppen eher dem amerikanischen Oberbefehl unterstellt haben, als dass sie dem Atlantischen Verteidigungsbündnis beigetreten sind.

In den Nachrichtensendungen des Fernsehens konnte man gestern verfolgen, wie die Regierungschefs der drei baltischen und der vier Balkanländer artig wie Schuljungen, die ihre „Mittlere Reife“ erteilt bekommen, ihre Beitrittsurkunden an Colin Powell aushändigten. Heute kann man in den Zeitungen ihr Gruppenbild vor dem Weißen Haus mit Präsident Bush bewundern. Der Betrachter solcher Bilder muss sich fragen, sind diese Staaten eigentlich der NATO beigetreten oder haben sie sich dem amerikanischen Oberbefehl unterstellt?

Die amerikanische Regierung mag sich ja über die Osterweiterung NATO freuen und das als ihren großen Erfolg feiern. Wer aber eine solche Inszenierung für den Beitritt der neuen NATO-Staaten wählt, liefert der Welt ein ziemlich unilaterales Bild des atlantischen Bündnisses oder er untermalt sein Weltbild vom „alten“ Europa, das man für die amerikanischen Militärpläne vergessen kann, und dem „neuen“ Europa, das „willig“ dem Hegemonialstreben der US-Regierung folgt.
Jedenfalls war dieser Festakt nicht gerade ein Beispiel für eine gleichberechtigte atlantische Partnerschaft, denn sonst hätten die 18 „alten“ NATO-Staaten mindestens genauso prominent im Bild sein müssen wie die Amerikaner. Dass der neue niederländische NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer eine solche Inszenierung einfach so mit macht, spricht auch nicht gerade für seine Unabhängigkeit und für eine selbstbewusste Wahrnehmung der Interessen gleichberechtigter Mitgliedsstaaten.

Rubriken:

Außen- und Sicherheitspolitik

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