Neues aus der Anstalt mit Hinweis auf das Konversionsproblem im Finanzsektor

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Gestern lief wieder „Neues aus der Anstalt“ mit einer Reihe von Anstößen zum Lachen und zum Nachdenken. Für NachDenkSeiten-Leser war leicht zu erkennen, dass uns mit Priol und Pelzig viel verbindet. Zum Beispiel die Sorge um die galoppierende Ignoranz der Oberschicht. Zum Beispiel die Sympathie für Panorama wegen der Sendungen zu Maschmeyer & Co. Zum Beispiel der Hinweis darauf, dass die Banken und Finanzdienstleister mit dem Verkauf riskanter Papiere weitermachen wie bisher und dass der Finanzsektor offensichtlich ein Beschäftigungsproblem hat. Albrecht Müller.

Vor zwei Jahren, am 7. Januar 2009, habe ich über dieses Konversionsproblem ausführlich geschrieben. Es lohnt sich, wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, diesen Beitrag nachzulesen. Anders als Neues aus der Anstalt und die NachDenkSeiten kümmert sich die Bundesregierung um dieses Problem nicht. Stattdessen läuft der Finanzsektor dereguliert weiter wie bisher.

Das werden Sie in weiten Teilen unseres Landes beobachten können. Hier in meiner Region, der Südpfalz, kam die Diskussion um dieses Problem im Zusammenhang mit der Einladung der Sparkasse Südliche Weinstraße an Wolfgang Clement, zur Eröffnung einer Serie von Jubiläumsfeiern eine Rede zu halten, auf. Wir hatten davon berichtet (“Sparkassen als Vorfeldorganisationen der neoliberalen Bewegung”), weil dies beispielhaft für die Gedankenlosigkeit ist, mit der auch öffentliche Banken wie die Sparkassen mit den Hauptverursachern der Finanzkrise und ihres Ansehensverlustes umgehen. Wolfgang Clement hat wesentlich dafür gesorgt, dass die Westdeutsche Landesbank sich in spekulative Geschäfte begeben hat. Siehe mein Leserbrief an die Rheinpfalz vom 11. Januar 2011 in der Anlage.

In der Debatte um diese Einladung an Herrn Clement hat einer der Leserbriefschreiber auf die Anlageberatung für riskante Produkte hingewiesen. Sie geht offensichtlich weiter wie bisher.

Anlage

An Redaktion Rheinpfalz Landau
7.1.2011
Leserbrief zu „Freie Rede auch ein Kapital“ vom 6.1.2011

Da hat sich der Sparkassendirektor aber einen durchsichtigen Nebenkriegsschauplatz ausgesucht. Niemand will Herrn Clement die „Freie Rede“ verbieten. Es geht stattdessen um die Frage, wieso die Sparkasse SÜW sich ausgerechnet Herrn Clement zum Festredner holt und dafür vermutlich ein fünfstelliges Honorar bezahlt. In der Einladung zur Veranstaltung mit Clement lobt der Vorstand der Sparkasse SÜW ihn als jemanden, der den „Mut zur Korrektur“ und „Offenheit für das Neue“ besitze. Ist das so?

Clement hat als Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister wesentlich zur Ausweitung der Leiharbeit beigetragen? Soll das mutig gewesen sein? Hunderttausende Menschen leiden unter dieser unwürdigen Arbeitsform und Clement verdient daran, indem er für einen Ableger der größten Leiharbeitsfirma Adecco und andere Nutzer der Leiharbeit arbeitet.

Wolfgang Clement hat als Ministerpräsident von NRW hauptverantwortlich die Umorientierung der WestLB von einer normalen Landesbank hin zu einer in Milliarden-Spekulationen verwickelte Bank betrieben. Das Land NRW muss jetzt Schulden in Höhe von 42,6 Milliarden Euro für die Abwicklungsanstalt, die zur Stützung der WestLB geschaffen wurde, aufnehmen. (Siehe dazu die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 20.12.2010)

Ist das die „Offenheit für das Neue“, das sich die Sparkasse SÜW wünscht? 42,6 Milliarden – das ist mehr als dreimal so viel wie der gesamte Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz. Der Hauptverursacher dieser Verluste soll ein passender Festredner sein? Vermutlich ist dem Sparkassen-Vorstand SÜW der Blick für die Wirklichkeit abhanden gekommen. Das ist schon sehr eigenartig, denn die Sparkassen zahlen als Miteigentümer der Landesbanken für die Abenteuer der Ministerpräsidenten vom Schlage Clements mit. War den entscheidenden Personen oder Gremien nicht bewusst, dass sie mit Herrn Clement jemanden einladen, der maßgeblich für eine der größten Belastungen des Sparkassensystems insgesamt und für einen gewaltigen Imageschaden der Landesbanken verantwortlich ist?

Dass sich viele Südpfälzer zur Jubiläumsveranstaltung angemeldet haben, wundert mich nicht. Über die Machenschaften eines Wolfgang Clement wird wenig berichtet. Auch die Sparkasse SÜW weigert sich, zur Aufklärung beizutragen. Ich habe als Herausgeber von www.NachDenkSeiten.de am 21. Dezember ein paar Fragen an die Verantwortlichen der Sparkasse SÜW gestellt. Ich warte nach 16 Tagen immer noch auf eine Antwort.

Albrecht Müller, Pleisweiler-Oberhofen, ehem. MdB Südpfalz und Herausgeber wwwNachDenkSeiten.de

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