Große Koalition zu welchem Zweck?

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Aus meiner Sicht wäre eine große Koalition dann sinnvoll, wenn sie sich darauf verständigen würde, die Binnenkonjunktur unseres Landes anzukurbeln und dafür undogmatisch alle Instrumente der Wirtschaftspolitik zu optimieren und einzusetzen. Die damit zu erreichende Verringerung der Arbeitslosigkeit und Verbesserung der Einkommenssituation der Arbeitnehmer und der auf den Binnenmarkt angewiesenen Unternehmer wäre die Basis zur Konsolidierung der Staatshaushalte und der sozialen Sicherungssysteme.
In der öffentlichen Debatte wird diese Priorität, endlich die Konjunkturschwäche unseres Landes zu überwinden, meist nicht gesehen. So soll aus der Sicht des amtierenden Bundeskanzlers die große Koalition vor allem die Agenda-Reformpolitik absichern und weiterführen.
Heute haben sich zu diesem Thema zwei Autoren zu Wort gemeldet, die ich gleichermaßen sympathisch finde: Richard Meng in der Frankfurter Rundschau mit “Wege einer großen Koalition” und Heiner Flassbeck in der taz mit “Auf dem falschen Trip. – In Deutschland gibt es derzeit fast alle Zutaten, die man für hohes Wachstum braucht – nur eine einzige extrem gewichtige fehlt: eine kräftig steigende Binnennachfrage”. Es lohnt sich, beide Texte parallel zu lesen. Ich gestehe, dass ich die Linie von Richard Meng und damit auch eines wichtigen Teils der Frankfurter Rundschau nicht mehr verstehe.

Richard Meng fordert zum Beispiel „eine langfristigere weitere Entwicklung der Sozialsysteme, die möglichst auf Jahrzehnte und nicht nur auf Jahre angelegt ist. Auf der Basis der Realitäten, vor allem der demographischen, statt weiterhin mit wohlfeilen Wachstumserwartungen zu rechnen.“ Wie will er das den auf der Basis einer weiteren Stagnation unserer Volkswirtschaft schaffen? Wohin sollen denn die sozialen Systeme entwickelt werden? Die Riester-Rente zur Pflicht machen? Oder glaubt Richard Meng, die Privatvorsorge sei die Lösung? Da ist ihm zu empfehlen, das Interview des chilenischen Staatspräsidenten mit der Frankfurter Rundschau von Ende Januar zu lesen. Da schildert Präsident Lagos die miserablen Folgen der Privatvorsorge in Chile und die Tatsache dass der Staat nachfinanzieren muss. (Siehe dazu auch Suchfunktion der NachDenkSeiten)

Wie will Richard Meng ohne Wachstum die Probleme der Integration der abgehängten unteren 20% der Gesellschaft lösen? Wie will er ihnen Arbeit schaffen und die Integration finanzieren?
Ich würde auch gerne einfach wissen, was der Unterschied zwischen Agenda-Politik einerseits und „Agenda-Politik pur“ andererseits sein soll. Bitte konkret!

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