Interview mit Prof. James K. Galbraith – Teil 2

Im zweiten Teil des großen NachDenkSeiten-Interviews unterhalten sich Prof. James K. Galbraith und unsere Mitarbeiter Roger Strassburg über die aktuelle politische Gemengelage in den USA. Themen sind Obamas Wahlsieg, die Fisksalklippe, Konjunkturpolitik und die Zukunft der beiden großen US-Parteien. Von Jens Berger.

Der Irrtum der Euroretter und das Schweigen im Blätterwalde

Die vornehmste Aufgabe der Volkswirtschaftslehre ist es, die Politik zu beraten. Auf Basis der Beratung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) verordnete die Politik halb Europa eine selbstmörderische Kürzungspolitik. Doch das neue Jahr begann mit einem Paukenschlag. Einer der einflussreichsten Volkswirte, Olivier Blanchard, seines Zeichens Chefökonom des IWF, gibt plötzlich zu, dass man sich in der Vergangenheit „verrechnet“ habe und die vom Währungsfonds vorgeschlagene Kürzungspolitik womöglich die aktuelle Krise sogar noch verschärft. Dieses Eingeständnis stellt die bisherige Politik der „Euroretter“ komplett in Frage. Eigentlich sollte man nun erwarten, dass Blanchards Offenbarungseid politisches Tagesgespräch Nummer Eins ist. Doch weit gefehlt. Der erste SPIEGEL des neuen Jahrs machte nicht mit dem Thema „Der Irrtum der Euroretter“ auf, sondern fragte sich, ob das männliche Geschlecht mit der modernen Gesellschaft überfordert sei. Über die neuen Rechenkunststücke des IWF verliert der SPIEGEL kein Wort. Auch der Tagesschau war das eingestandene Versagen des IWF keine Meldung wert. Der Dogmatismus der ökonomischen Debatte hierzulande macht offenbar blind. Von Jens Berger.

Barbara Thalheim beim Ost-West-Forum in Gödelitz

Am 19.1.2013 18:00 Uhr wird Barbara Thalheim beim Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz sein. Siehe hier und hier. Wenn Sie in der Nähe wohnen oder auch ein bisschen weiter weg, fahren Sie hin. Anmeldung ist geboten. Wenn Sie vorher etwas von ihr und über sie hören wollen, nutzen Sie die Links im Anhang. – Ost-West-Forum lohnt sich allemal. Albrecht Müller.

Hinweise des Tages

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Nachtrag Nr.1 zu: „Was ist schlimmer – Stuttgart 21 oder die Zerlegung und Privatisierung der Bahn?“. Zunächst zu S21:

Am 4. Januar hatten wir Stuttgart 21 mit Vorstellungen zur Zerlegung der Bahn kombiniert. Heute folgt ein Nachtrag Nr. 1 mit weiteren Hinweisen auf Dokumente zu Stuttgart 21. Dabei geht es vor allem um die zum Greifen nahen Möglichkeiten zum Ausstieg aus dem Projekt. So sehen es die Kritiker von S 21. In einem Nachtrag Nr. 2 wird das ungeheuer wichtige zweite Thema, die nachhaltige Beschädigung des Schienenverkehrs durch Fleddern, behandelt. Demnächst, möglichst schon morgen. Albrecht Müller.

Christoph Butterwegge und Albrecht Müller im DLF zur politischen Korruption bei der Privatisierung der Altersvorsorge

Anlässlich des zweiten Berliner Demografie-Forums, einer von der Allianz AG zusammen mit Ministerin Schröder geförderten Einrichtung, berichtete der Journalist Peter Kolakowski für den Deutschlandfunk [Audio – mp3] unter Verwendung von Gesprächen mit Christoph Butterwegge und Albrecht Müller.
Die oben verlinkte Pressemitteilung des Themenportals von ddp offenbart nebenbei eine interessante personelle Verflechtung zwischen Allianz AG und dem ehemaligen Botschafter und Staatssekretär im Auswärtigen Amt Wolfgang Ischinger. Albrecht Müller.

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Tschüss Gerard Depardieu,

die Medien berichten am Wochenende, dass Sie ihre Heimat Richtung Russland verlassen, weil Sie Sich durch die angekündigten Steuersätze der Regierung Hollande für „Ihr Talent“ bestraft sehen. Putin hat Ihnen offenbar gestern sogar persönlich einen russischen Pass ausgehändigt. Europaweit wird in vielen Zeitungen dazu der Eindruck erweckt, dass Frankreich „Jagd auf Reiche und Erfolgreiche“ mache. Ein Gastartikel von Wolfgang Geuer

Leserbrief von E. J.

Leserbrief zu Paul Krugman: Debt in times of zero, zitiert in den Nachdenkseiten vom 04.01.2012

Wie groß ist die Verwirrung und wie aussichtslos die Lage, wenn selbst ein kluger Kopf wie Paul Krugman nicht umhin kommt, vor den bösen Folgen der “Staatsfinanzierung” über die Notenpresse zu warnen. Oder wie anders lässt sich die letzte Passage seines Artikels verstehen ?

Irgendwann – so Krugman – wird es zur Abwendung steigender Inflation bei vollausgelasterter Kapazität notwendig sein, das zum Erwerb von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt gedruckte Geld wieder einzusammeln. Die Staatsanleihen befinden sich dann wieder in Privathand – die Staatsverschuldung wird “real”. Kein free lunch für den Staat, die “Finanzierung” über die Notenpresse erweist sich als Illusion.

In punkto Inflation verkennt Krugman, dass der erfolgte Ankauf von Staatsanleihen durch die Fed auf dem Sekundärmarkt (Quantitative Easing, QE) nichts mit dem Gütermarkt, auf dem Inflation entsteht, zu tun hat. Weder sind die Banken für ihre Konsum- oder Investitionskreditvergabe auf Zentralbankgeld angewiesen (sie schöpfen selbst Kreditgeld), noch wird – wie die mangelnde Kapazitätsauslastung der US-Wirtschaft nach mehreren Etappen QE belegt – das für Staatsanleihen gezahlte Geld für produzierte Güter und Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors nachfragewirksam. Welche abergläubischen oder finanzmarktimmanenten Gründe die Notenbanken für QE haben mögen, mit Nachfrage in der Realwirtschaft und Inflation haben weder An- noch Wiederverkauf von Staatsanleihen durch die Fed etwas zu tun. Will der Staat etwas gegen Inflation unternehmen, muss er (z.B. über Steuererhöhungen) Kaufkraft vom Güter- und Dienstleistungsmarkt nehmen.

Zweitens versäumt es Krugman, die Absurdität der gesetzlichen Verschuldensgrenze beim richtigen Namen zu nennen. Absurd ist sie nämlich nicht, weil sie der “Verschuldung” eine Obergrenze setzt, sondern weil sie eine Überschuldungsfähigkeit suggeriert, die für den währungssouveränen amerikanischen Staat (anders als für die Eurostaaten) nicht existiert. Dies beweist gerade das Beispiel der Platinmünze, mit deren Hilfe die Ausgaben des amerikanischen Staatshaushalts auf Dauer ohne Steuereinnahmen oder Kredite bewältigt werden könnten. Gleiches gälte – zählte dieses Verfahren nicht auf Grund willkürlicher Festlegung als “Verschuldung” – für durch den Fiskus herausgegebene und durch die Fed unmittelbar angekaufte Staatsanleihen.[*]

Diese landen – anders als Krugman mit Verweis auf das Aufkaufprogramm der Fed und die angeblichen Erfordernisse der Inflationsabwehr (s.o.) wenig trennscharf behauptet – nicht notwendig in Privathand, sondern müssen die staatliche Sphäre theoretisch überhaupt nicht verlassen. Eine Finanzierung des Staates durch den Verkauf von Staatsanleihen an privat findet nicht statt. Die Einlösung von Staatsanleihen durch den währungssouveränden Staat unterliegt im übrigen – anders als in Euroland – keinerlei Zweifeln, weshalb Staatsanleihen in Privathand nicht mehr oder weniger real sind als in den Händen der Fed.

Gleichwohl sieht Krugman offenbar Gefahren der Überschuldung, deren Maßstab er aber schuldig bleibt. Nur in Zeiten der Nullzinspolitik auf Grund lahmender Wirtschaft sind staatliche Defizite für ihn kein Problem.

Insoweit sitzt selbst Krugman der Analogie zur schwäbischen Hausfrau auf, die – ebenso wie die Staaten des Euro – zur Bestreitung ihres Haushalts ausschließlich auf Einnahmen oder Kredite angewiesen ist. Beiden letztgenannten ist die Möglichkeit der Geldschöpfung, anders als dem amerikanischen Fiskus, genommen.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für das Neue Jahr

E. J.


[«*] Korrektur: Der Fed ist es auf Grund der derzeit geltenden Bestimmungen untersagt, Geld unmittelbar zur Finanzierung des Fiskus zu schöpfen.
Diese Verfahrensweise ändert nichts an der potentiell unbegrenzten Schuldentragfähigkeit der amerikanischen Regierung (Treasury und Fed) und dem allgemein so wahrgenommenen Fehlen eines Insolvenzrisikos. Die “Märkte” haben im übrigen, wie an anderer Stelle auf den Nachdenkseiten erläutert, keinen Einfluss auf den Zinssatz der US-Staatsanleihen auf dem Primärmarkt. Dies ist dann auch der entscheidende Unterschied zu den Eurostaaten und der schwäbischen Hausfrau, die sich beide wie ein Privathaushalt zu “Marktbedingungen” finanzieren müssen.

Interview mit Prof. James K. Galbraith – Teil 1

“Es muss einen Wandel der Betrachtungsweise geben, und wenn dieser Wandel – das ist jetzt der wichtige Punkt – irgendeinen Einfluss auf die Situation Europas haben soll, dann muss er von Deutschland ausgehen. Davon sind die Deutschen weit entfernt, aber aus dieser Richtung muss der Wandel kommen. Denn der Rest Europas und die betroffenen Staaten können protestieren oder sogar Widerstand leisten, aber die Änderung des Diskussionsklimas und der Perspektive kann nicht von den schwachen Ländern ausgehen. Und unglücklicherweise gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass sie aus Frankreich kommen wird.“ So hat es mir Prof. Galbraith am 6.12.2012 bei unserem Gespräch am Rande des Kurswechsel-Kongresses der IG-Metall in Berlin erklärt. Von Roger Strassburg

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