Schlagwort:
Hans-Böckler-Stiftung

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Nachtrag zur „berlinpolis“-Studie „Wie sozial ist Europa“

In unserem gestrigen Beitrag haben wir darauf hingewiesen, dass „berlinpolis“ kein unabhängiges wissenschaftliches Institut sondern eher eine PR-Agentur im neoliberalen Reform-Zirkus ist. Ein Leser, der gleichfalls erstaunt ist, dass die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung (HBS) an ein solches „Institut“ Forschungsaufträge vergibt, hat uns auf weitere Aktivitäten von „berlinpolis“ aufmerksam gemacht. Das sollten Sie wissen, wenn Sie wieder mal etwas von dieser Agentur lesen. Wolfgang Lieb.

Wie sozial ist Europa? Im Vergleich zur Wirtschafts- und Währungsunion hinkt die Sozialunion abgeschlagen hinterher.

Bundeskanzlerin Merkel und Arbeits-und Sozialminister Franz Müntefering wollen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um für eine „soziales Europa“ einzutreten. Da trifft es sich, dass in einer von der Hans-Böckler-Stiftung und der Public Relations Agentur „berlinpolis“ herausgegebenen Studie eine Übersicht über die soziale Lage in der EU angeboten wird.
Wir wollen niemand zumuten, die Studie zu lesen, denn die ausgewählten Indikatoren entsprechen vielfach dem gängigen ideologischen Vorurteil, dass das Bismarcksche und das skandinavische Wohlfahrtsstaatsmodell von außen unter den „Reformdruck vor allem durch die wirtschaftliche Globalisierung“ und im Innern unter den Druck „durch liberale Kritik, Arbeitslosigkeit sowie demographische Schrumpfungs- und Alterungsprozesse“ gerieten.
Aber immerhin kommt selbst diese wirtschaftsliberal eingefärbte Studie zum Ergebnis, dass für die Schaffung einer Europäischen Sozialunion im Gegensatz zu den Aktivitäten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit noch ein immenser Handlungsbedarf bestehe. Der Begriff der „sozialen Kohäsion“ sei „bisher weitgehend ohne verbindlichen Inhalt“ geblieben.

WSI: Enttäuschende Bilanz der Hartz-Reformen

Was die Zwischenberichte der wissenschaftlichen Evaluierung der ersten drei Hartz-Gesetze bereits vor einem Jahr angedeutet hatten, bestätigen nun die Endberichte: Die Reformen am Arbeitsmarkt haben zwar den Arbeitsmarkt flexibilisiert, sie haben aber “nur in geringem Umfang zur Überwindung der Arbeitslosigkeit beigetragen”. Einige der mit großen Erwartungen auf den Weg gebrachten Instrumente haben nahezu völlig versagt. Hierzu gehören die Personalserviceagenturen, die Arbeitslose als Leiharbeitnehmer in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln sollten.

Arbeitslosigkeit als unabänderlich hinnehmen oder trotz allem dagegen angehen?

Das ist meines Erachtens die entscheidende Frage, bei der sich die Geister heute scheiden. Die einen, vermutlich die Minderheit, sehen immer noch einen Sinn darin, mit makroökonomischen Instrumenten Beschäftigungspolitik zu betreiben. Die andern halten dies für eine eitle Hoffnung. Die öffentliche Debatte und auch die praktische Politik kümmert sich vornehmlich um die Verwaltung der Arbeitslosigkeit – um Hartz IV und seine Korrektur, um die Milderung der Folgen der Arbeitslosigkeit mithilfe eines Bürgergeldes und so weiter.
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat am 15.11. eine Studie darüber vorgelegt, wie erfolgreichere Länder verfahren sind. Die Studie zeigt, dass ideologisch so unterschiedliche Länder wie Schweden und Großbritannien die Arbeitslosigkeit mit sehr ähnlichen Mitteln und erfolgreich bekämpft haben. Beide Länder verfolgten auch in der Konjunkturflaute 2000/2001 einen expansiven Mix aus Geld-, Lohn- und Finanzpolitik. Warum soll das bei uns nicht möglich sein? Leben wir in einer andern Welt? Leben wir auf einem anderen Globus mit einer anderen Globalisierung? Albrecht Müller.

Richtungswechsel Makroökonomie an der Zeit

Als Böcklerimpuls 15/2006 erschien ein interessanter Hinweis auf einen Beitrag des Wirtschaftswissenschaftlers Dieter Vesper vom Berliner DIW. Seit Jahren versuche der Fiskus, den Haushalt zu konsolidieren – ohne nachhaltigen Erfolg. Haupthindernis sei das bislang schwache Wirtschaftswachstum. Damit die Konjunktur jetzt nicht wieder abgewürgt werde, sei eine andere Finanzpolitik nötig, so Vesper.
Ich weise darauf hin, weil in der öffentlichen Debatte, und in der Politik sowieso, die Notwendigkeit und Bedeutung einer guten Makropolitik völlig unterschätzt und ausgeblendet wird. Albrecht Müller.

Nachtrag zur Unterwanderung von gewerkschaftlichen Einrichtungen

Am 24.8. hatte ich mein Erstaunen darüber ausgedrückt, dass die wsi-Mitteilungen der Hans-Böckler-Stiftung ihre Spalten für einen Kommentar von Börsch-Supan geöffnet haben, ohne darüber zu informieren, dass dieser Mannheimer Professor in Diensten der Versicherungswirtschaft steht.
Mit mir haben sich eine Reihe anderer Beobachter des Zeitgeschehens gewundert – unter anderem Jürgen Voß, dessen Leserbrief wir wegen einer Information zu Börsch-Supans Argumenten, einem „Bolzen“, wie Voß das nennt, wiedergeben.

„Der demografische Wandel: Vom Gespenst und Mythos zur Chance“

“Axel Börsch-Supan, Prof., Universität Mannheim, ist Direktor des von ihm gegründeten Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und Demographischer Wandel (MEA), Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Leopoldina.“
Quelle: WSI Mitteilungen 8/2006 [PDF – 34 KB]

Die in “…” gesetzte Information über den Autor des Kommentars in den WSI Mitteilungen 8/2006 enthält eine wichtige Information nicht: Das von Börsch-Supan gegründete MEA ist zu großen Teilen von der Versicherungswirtschaft finanziert. Der Professor ist vor allem Lobbyist der Versicherungswirtschaft und Polemiker gegen die gesetzliche Rente. Dass die Hans-Böckler-Stiftung ihm Gutachtenaufträge gibt und in den WSI Mitteilungen kommentieren lässt, zeigt, dass manche Gewerkschafter immer noch nicht begriffen haben, was die Stunde geschlagen hat.

Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung untersucht die Kampagnen der „INSM“, von „Du bist Deutschland“, „Deutschland – Land der Ideen“

Rudolph Speth hat schon vor zwei Jahren eine detaillierte Studie [PDF – 666 KB] über Ziele und Vorgehensweise der Propagandaagentur der Metallarbeitgeber, der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ vorgelegt. Diese Untersuchung hat er nun, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, fortgeschrieben und andere Kampagnen sowie die Strategie des CDU-nahen Think-Tanks „Stiftung Marktwirtschaft“ einbezogen. Sein Fazit: Die neueren Kampagnewellen wollen weniger mit Negativbotschaften und mehr mit Emotionen und Patriotismus die Botschaften der meist unsichtbar dahinter steckenden Wirtschaft in der Bevölkerung verbreiten und Einfluss auf Politik und Medien nehmen.
Obwohl die Kampagnen eine hohe Reichweite haben, tröstet uns, dass Speth beobachtet, dass Websites (Blogs) dieser Propaganda gefährlich werden und die Marketing-Strategien durchkreuzen können.

IMK-Report zu den Eckpunkten der Gesundheitsreform: Widersprüchlich und unzureichend.

Die vorliegenden Eckpunkte sind kein Beitrag zu einer nachhaltigen Stabilisierung des Gesundheitssystems. Sie sind in sich widersprüchlich, erhöhen die Lohnnebenkosten und verschärfen tendenziell sogar die ungleiche Wettbewerbsposition von gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV). Die höheren Einnahmen durch die beabsichtigte Beitragssatzerhöhung um 0,5 Prozentpunkte stabilisieren die Finanzsituation voraussichtlich nur kurzfristig. Der Blick auf die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre zeigt, dass das Gesundheitssystem primär unter Einnahmenproblemen leidet. So haben sich die Gesundheitsausgaben insgesamt ähnlich wie das Bruttoinlandsprodukt entwickelt, aber die Einnahmenbasis – die Gehälter der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – konnte damit nicht Schritt halten. Notwendig gewesen wäre daher ein mutigerer Schritt zur Stabilisierung der Einnahmen durch eine stärkere Steuerfinanzierung vor allem von sog. versicherungsfremden, im allgemeinen Interesse liegenden Leistungen – etwa die Mitversicherung von Familienangehörigen oder Leistungen bei einer Mutterschaft – und die Integration von PKV und GKV. Siehe IMK-Report Nr. 13 [PDF – 134 KB].

„Arme Alte“ im „produktiven Alter“ – Rente mit 67 führt zu mehr sozialer Ungleichheit – IAT untersuchte Auswirkungen einer Heraufsetzung des gesetzlichen Rentenalters

Die geplante Heraufsetzung des Rentenalters wird die soziale Ungleichheit im Alter verschärfen. Wer gut qualifiziert und gesundheitlich leistungsfähig ist, hat gute Chancen auf vollwertige und längere Beschäftigung, für diejenigen, die mangels Arbeitsangeboten oder eigener Leistungsfähigkeit nicht bis 67 arbeiten können, wird der Übergang vom Berufsleben in die Rente länger und prekärer. „Vermehrte soziale Abstiegsprozesse im Alter infolge von beruflichen und privaten Fehlschlägen sind zu erwarten“, so die Arbeitsmarktforscher des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), Dr. Martin Brussig und PD Dr. Matthias Knuth. Zu diesen Ergebnissen kommen Untersuchungen im Rahmen des Projektes „Altersübergangsmonitor“, die das IAT für die Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt hat.

IAT-Analyse zum Altersübergang: Rente mit 67 führt zu mehr sozialer Ungleichheit im Alter

Die soziale Ungleichheit im Alter wird als Folge einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis 67 Jahre deutlich wachsen. Zu diesem Schluss kommen die Arbeitsmarktforscher PD Dr. Matthias Knuth und Dr. Martin Brussig in einer aktuellen Analyse der Beschäftigungsentwicklung bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. “Dabei wird es sich nicht nur um die Verlängerung und Aufspreizung von während des Lebensverlaufs schon bestehenden sozialen Ungleichheiten handeln, sondern es wird vermehrt auch zu unvorhersehbaren sozialen Abstiegsprozessen im Alter infolge von beruflichen und privaten Fehlschlägen kommen”, schreiben die Wissenschaftler des Instituts Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen.

Analyse des WSI zu Hartz IV: Debatte um angebliche Kostenexplosion verstellt den Blick auf tatsächliche Probleme der Arbeitsmarktreform

Debatten um eine vermeintliche Kostenexplosion und angebliche Missbräuche beim Arbeitslosengeld II lenken ab von den tatsächlichen Problemen der Arbeitsmarktreform, etwa dem gestiegenen Armutsrisiko für viele Langzeitarbeitslose. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

IMK-Untersuchung für Deutschland und Europa: Deutschland liegt bei den Arbeitskosten im Mittelfeld

Deutschland liegt bei den Arbeitskosten für die Privatwirtschaft im Mittelfeld der EU15-Staaten – hinter den meisten nord- und westeuropäischen Industrieländern. 2004 mussten deutsche Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe und im privaten Dienstleistungsbereich 26,22 Euro aufwenden. Höher liegen die Arbeitskosten in Dänemark, Schweden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und Finnland – zwischen 30,70 Euro und 26,80 Euro pro Stunde. Geringfügig niedriger als in der Bundesrepublik sind die Arbeitskosten in Österreich (25,30 Euro) und Großbritannien (24,70 Euro).