Schlagwort:
Sanktionen

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Das Grundeinkommen ist kein „No-Brainer“

Ich schätze ja sowohl Tilo Jung als auch Fefe ungemein. Umso mehr war ich dann doch verwundert, dass beide in einem ansonsten auch sehr interessanten Interview am Rande des letzten CCC in Leipzig das bedingungslose Grundeinkommen derart unkritisch betrachteten. Fefe rang sich sogar zu der Aussage durch, das Grundeinkommen sei doch eigentlich ein „No-Brainer“. Nun beschäftigen wir von den NachDenkSeiten uns ja schon länger kritisch mit dem Thema und wissen, dass dies keineswegs der Fall ist und auch prominente Ökonomen wie Heiner Flassbeck oder der Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge lehnen ein Grundeinkommen kategorisch ab. Thilo und Fefe sind ja auch keine Einzelfälle. Immer wieder trifft man auf jüngere, meist technikaffine Menschen, die ähnlich denken und das Grundeinkommen als alternativlos betrachten. Vielleicht ist es Zeit, die Debatte kritisch neu zu beleben? Denn ein „No-Brainer“ ist das Grundeinkommen ganz sicher nicht. Von Jens Berger

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In Lohn ohne Brot ‒ Wenn Arbeit nicht vor Armut schützt

Für die allermeisten Menschen ist Arbeit die wichtigste Einnahmequelle, um aus eigener Kraft den Lebensunterhalt zu bestreiten. Umso problematischer ist es, wenn immer mehr Erwerbsarbeiten auf Grund eines zu geringen Umfangs oder zu schlechter Entlohnung (nicht selten ist auch beides der Fall) die eigene Existenz oder die der Lebensgemeinschaft, in der man sich befindet, nicht sichern kann. Wenn trotz Arbeit die Armut droht, dann wird es höchste Zeit, die schlechte Jobqualität als treibende Kraft in den Blick zu nehmen. Von Markus Krüsemann[*].

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Über den „kleinen“ Unterschied zwischen versprochenem Recht und der Wirklichkeit – eine Lesermail und eine Antwort

Die Rede von Werner Rügemer zu den Flexi-Verträgen bei H&M haben einen Disput zwischen einem NachDenkSeiten-Leser und der Redaktion ausgelöst. Dabei wird der Unterschied zwischen gesetztem Recht – hier Arbeitsrecht – und der Wirklichkeit der abhängig arbeitenden Menschen deutlich. Das Problem ist sehr aktuell. Die bis zur Bundestagswahl Regierenden zum Beispiel gingen und gehen mit ihrem angeblich großen Erfolg hausieren, den Mindestlohn durchgesetzt zu haben. Tatsächlich wird er durch faktische Machtverhältnisse und durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt – Niedriglohnsektor – unterlaufen. Albrecht Müller.

Wie würde es einem „Daniel Blake“ in Deutschland ergehen?

Eine sozialpolitische Beleuchtung der neoliberalen „Agenda-Reformen“ von Klaus-Dieter Kolenda[*].
„Ich, Daniel Blake“ heißt der Film von Ken Loach, der 2016 in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde. Der wesentliche Inhalt ist kurz erzählt. Daniel Blake ist ein Durchschnittsengländer, ein Facharbeiter und gelernter Schreiner, der durch einen Herzinfarkt seine Arbeit verliert und deshalb Sozialhilfe beantragt. Aber die Staatsbürokratie auf dem Sozialamt stellt sich quer und verwehrt ihm die finanzielle Unterstützung. Schnell gerät er in einen Teufelskreis von Zuständigkeiten, Bestimmungen und Antragsformularen. Bei einem seiner häufigen vergeblichen Besuche im Jobcenter verstirbt er plötzlich in der Toilette, wahrscheinlich an einem durch den erlebten Stress ausgelösten Herzversagen.

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“Armut in Deutschland. Unabwendbar oder politisch gewollt?”

Das ist der Titel einer beeindruckenden Veröffentlichung des Ver.di-Bezirksfrauenrats Mittelfranken. Broschüre und Inhalt sind bundesweit von Interesse. Auf 134 Seiten und in 14 Kapiteln haben sieben Autorinnen wichtige Fragen gestellt und Zusammenhänge dargelegt. Siehe hier. Anette Sorg.

Das zerrissene Land – Eine Rezension von „Kein Wohlstand für alle!?“ von Ulrich Schneider

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, zeigt schon mit der Wahl seines Buchtitels, wie wenig von den Verheißungen der sozialen Marktwirtschaft, die doch so gern auf den „Vater der sozialen Marktwirtschaft“, Ludwig Erhardt, und seinen geflügelten Slogan „Wohlstand für Alle“ rekurrieren, inzwischen übriggeblieben ist. Kein Wohlstand für Alle – das ist das bedrückende Resümee Schneiders schon im Titel. Doch ist dem wirklich so? Und wenn Ja, was können, was müssen wir tun, um wieder mehr Gerechtigkeit in unsere Gesellschaft einziehen zu lassen? Gerade in Zeiten, in denen die SPD vor Bundestagswahlen das Thema der sozialen Gerechtigkeit für sich (wieder einmal) neu entdeckt, sollte man diesem Thema ernsthaft auf den Grund gehen, um nicht stets aufs Neue leeren politischen Versprechungen aufzusitzen.
Von Lutz Hausstein[*].

Rezension von Ulrich Schneiders „Kein Wohlstand für alle!?“

„Wohlstand für alle“ heißt Ludwig Erhards 1957 erschienenes Buch. Dass es mit dieser Leitidee des früheren Bundeswirtschaftsministers 60 Jahre später nicht so weit her ist, kann man nun in Ulrich Schneiders neuem Buch „Kein Wohlstand für alle!? – Wie sich Deutschland zerlegt und was wir dagegen tun können“ nachlesen . Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes beschäftigt sich darin einmal mehr mit der sozialen Spaltung in Deutschland, er zeigt Ausmaß und Ursachen auf und skizziert Lösungsvorschläge. Das Buch ist nun beim Westend Verlag erschienen, die Vorstellung fand bereits Ende Januar in dem kleinen, aber feinen Buchhändlerkeller in Berlin-Charlottenburg statt. Von Thomas Trares [*]

Schtonk!

Schtonk!

Öffentliche Daseinsvorsorge – Schtonk!
Gewerkschaften – Schtonk!
Arbeitnehmerrechte – Schtonk!
Zukunftssicherheit – Schtonk!
Existenzminimum – Schronk!
Mitmenschlichkeit – Schtonk!
Bürgerrechte – Schtonk!
Friedenspolitik – Schtonk!
Demokratie – Schtonk!
(frei nach „Der große Diktator“ (1940), Rede des Diktators Adenoid Hynkel)

Während die deutschen Politiker wegen der Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten noch hyperventilieren und partout nicht begreifen können (und wollen), worin die Ursachen für dessen Wahl liegen und die kommentierenden Medien sich stattdessen in den wüstesten Wählerbeleidigungen übertreffen, geht das gesellschaftspolitische Leben in Deutschland weiterhin seinen „geregelten Gang“. Die politischen Entscheidungen verlaufen weiterhin exakt an genau der Linie entlang, die bisher schon verfolgt wurde. Doch dieses „Weiter so“ ist höchst fatal, denn es schlägt einen der letzten Sargnägel in die ohnehin schon bedenklich beschädigte Demokratie ein.
Von Lutz Hausstein[*].

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“Mit Hartz IV haben die Eliten das Dauerfeuer auf Lohnabhängige eröffnet”

Hartz IV sei Armut per Gesetz, sagen manche. Das stimmt, aber es ist noch viel mehr. Es ist auch ein Lohnsenkungs- und Sozialstandardsabbau-Programm. Ein Angriff auf das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes. Ein Entrechtungs- und Verelendungsregime. Und nicht zuletzt Teil einer „ideologischen Mobilmachung“, die mittels der Hartz-IV-Ideologie Opfer zu Tätern erklärt, Menschen in ihrer Not also nicht nur im Stich lässt, sondern ihnen auch noch ein – von vielen geglaubtes – „Selbst schuld!“ um die Ohren haut. Zu aktuellen Entwicklungen bei Hartz sowie notwendigem Widerstand hiergegen sprach Jens Wernicke mit der Journalistin und Hartz-IV-Kritikerin Susan Bonath.

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… denn sie wollen nicht wissen, was sie tun

Die Demonstranten von Pegida laufen schon seit über einem Jahr Woche für Woche über die Straßen der Bundesrepublik, nicht nur in Dresden. Die AfD fährt, vornehmlich als Protestpartei, erdrutschartige Gewinne im zweistelligen Bereich bei Landtagswahlen ein und überholt dabei aus dem Stand die über einhundertjährige, ehemalige Arbeiterpartei SPD in zwei Bundesländern locker. Beinahe täglich gibt es Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte für Kriegs- und Armutsflüchtlinge. Und noch immer will die etablierte Politik nicht verstehen, dass all dies das Ergebnis eben genau ihrer politischen Aktivitäten der vergangenen Jahre und Jahrzehnte ist. Bestenfalls verteilt sie weiße Salbe als Gegenmittel. Viel häufiger jedoch beherrscht der tumbe Satz „Deutschland geht es gut“, der von Kanzlerin Angela Merkel allzu gern gebraucht wird, die von Politikern gepflegte Deutungshoheit in den deutschen Medien. Von Lutz Hausstein[*].

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Die Würde des Menschen ist unantastbar …

… so steht es zumindest im Grundgesetz der Bundesrepublik. Doch grau ist alle Theorie. Und auch das Papier der millionenhaften Auflage des Grundgesetzes ist geduldig. Mag es dort auch schwarz auf weiß geschrieben stehen – die reale Praxis ist eine andere. Schon seit 2011 beschreitet Ralph Boes seinen ganz eigenen Weg, die Außerkraftsetzung von Grundrechten öffentlich publik zu machen und sich für eine grundgesetzkonforme Sozialgesetzgebung einzusetzen. Schon einmal hat er sich mit einem öffentlichen, von ihm so benannten, Brandbrief an die Bundeskanzlerin, den Bundespräsidenten, und die jeweilige Arbeitsministerin gewandt und hierbei die Missachtung der im deutschen Grundgesetz verbürgten Rechte angeprangert. Boes beschränkt sich dabei nicht nur auf den Sanktionsmechanismus im SGB2, auch wenn dieser der zentrale Dreh- und Angelpunkt der repressiven Hartz-Gesetzgebung ist. Er beklagt gleichfalls die faktische Außerkraftsetzung des Artikels über die Menschenwürde (Art. 1 GG) sowie weiterer, elementarer Grundrechte. Denn mittels unterschiedlicher Umstände werden ebenfalls das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), der Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), der Schutz der Familie (Art. 6 GG), das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG), das Recht auf freie Berufswahl (Art. 12 GG) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) unterlaufen. Die Sanktionen bilden für die Umsetzung der Grundrechtsverletzungen allerdings den überaus wirksamen Hebel. Von Lutz Hausstein[*].

Die Hartz IV-Ideologie

Hartz IV hat Geburtstag, doch zu feiern gibt es nichts. Für die Kritiker ist dieser „Jahrestag“ vor allem Symbol für das zehnjährige Bestehen einer neuen Art von Untertanenstaat, welcher für die gegenwärtige Zunahme autoritärer, rechtsextremer und antidemokratischer Tendenzen maßgeblich mitverantwortlich und zudem per se menschenfeindlich organisiert ist. Doch warum gibt es so wenig Widerstand? Warum lassen sich die Betroffenen „so viel“ gefallen? Wie wirkt und organisiert sich die neoliberale Ideologie, auf dass sie sich als „Denkgift“ in den Köpfen und Herzen der Menschen realisiert? Zu diesen Fragen sprach Jens Wernicke mit Manfred Bartl.

Zeichnen auch Sie bitte die Petition zur Abschaffung der Sanktionen und Leistungseinschränkungen bei Hartz IV

Nur in absoluten Ausnahmefällen weisen wir von den NachDenkSeiten redaktionell auf Petitionen hin. Doch die laufende Petition 46483 die von der äußerst engagierten Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann eingereicht wurde, die aufgrund ihrer Kritik an den Sanktionen zur Zeit vom Jobcenter im Hamburger Bezirk Altona freigestellt ist, ist derart wichtig, dass wir gerne eine Ausnahme machen. Von Jens Berger

Doktor-Spiele

Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg (BA) sowie die ihr unterstellten Jobcenter sind offensichtlich dabei, ihr Tätigkeitsfeld zu erweitern: auf das Gesundheitswesen. Schon im April dieses Jahres wurde eine Weisung der BA publik, nach der angebliche „Blaumacher“ unter den AlG2-Empfängern entlarvt werden sollen. Aktuell macht sich nun die Praxis breit, in offiziellen amtlichen Schreiben Krankheitsatteste von Ärzten schon vorbeugend für unzureichend zu erklären. Es scheint, als verfolge man im Umgang mit Sozialleistungsempfängern die „Taktik der kleinen Schritte“, welche mithilfe einer schleichenden Gewöhnung die schrittweise Entmündigung und Entrechtung der Betroffenen ohne größeres Aufsehen und somit ohne Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen sucht.
Von Lutz Hausstein[1]

Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger – die Kleinen hängt man …

Nach Schätzungen der OECD schädigen Steuerhinterzieher den deutschen Staat mit jährlich mehr als 100 Mrd. Euro. Durch die Aufdeckung der „Offshore Leaks“ ist das Thema wieder auf die Tagesordnung zurückgekehrt. Doch was machen die deutschen Behörden? Jagen sie Steuerhinterzieher und deren Helfershelfer bei der Deutschen Bank? Nein. Deutsche Behörden machen stattdessen Jagd auf kranke Hartz-IV-Empfänger. Wenn erwerbsfähige Erwerbslose sich krankmelden, droht ihnen künftig ein Termin beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Und wenn das subjektive Gesundheitsempfinden nicht mit den objektiven Kriterien des MDK übereinstimmt, müssen die Erwerbslosen mit einer Sanktion rechnen – was nichts anderes heißt, als dass der Staat ihnen zeitweise die vom Grundgesetz garantierte Menschenwürde entzieht und ihnen das Existenzminimum verweigert. Die Kleinen hängt man, die Großen dürfen ihre eigenen Gesetze schreiben. Von Jens Berger.