NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 26. Juli 2011 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Heute unter anderem zu folgenden Themen: Reaktionen auf die Terroranschläge in Norwegen; Rechtspopulismus; Die Medien und die Terroranschläge; Gewerkschaftspositionen in der Wachstumsdebatte; Krise in Südeuropa; Psychoanalytiker des Tages: Arbeitsagentur; In 54 Städten gegen Billiglohn und Hartz IV; Bericht vom bundesweiten Treffen der Initiative „Vermögensteuer jetzt!“; »Auf der Abschußliste«; Altersvorsorge mit Mittelmaß; Die Kehrseite des Jobwunders; Unsichere Zukunft – Kein Geld aus Deutschland für KZ-Gedenkstätte Sobibor; Unicef warnt vor Kinder-Massensterben in Ostafrika; Abrechnungsbetrug bei Integrationskursen; Nach der Revolution: Ägyptens Machthaber lassen wieder prügeln; Mähdrescher statt Fachbücher; Propaganda in Deutschland – Kaleidoskop des Neusprechs; Kritik an BR-“Polizeiruf 110” – Der hilflose Staat; Sozialdemokraten – 18 Monate unter Genossen; zu guter Letzt: Warum die Banken und Spekulanten an der Griechenlandrettung “verhindert” sind… (MB/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Reaktionen auf die Terroranschläge in Norwegen
  2. Rechtspopulismus
  3. Die Medien und die Terroranschläge
  4. Gewerkschaftspositionen in der Wachstumsdebatte
  5. Krise in Südeuropa
  6. Psychoanalytiker des Tages: Arbeitsagentur
  7. In 54 Städten gegen Billiglohn und Hartz IV
  8. Bericht vom bundesweiten Treffen der Initiative „Vermögensteuer jetzt!“
  9. »Auf der Abschußliste«
  10. Altersvorsorge mit Mittelmaß
  11. Die Kehrseite des Jobwunders
  12. Unsichere Zukunft – Kein Geld aus Deutschland für KZ-Gedenkstätte Sobibor
  13. Unicef warnt vor Kinder-Massensterben in Ostafrika
  14. Abrechnungsbetrug bei Integrationskursen
  15. Nach der Revolution: Ägyptens Machthaber lassen wieder prügeln
  16. Mähdrescher statt Fachbücher
  17. Propaganda in Deutschland – Kaleidoskop des Neusprechs
  18. Kritik an BR-“Polizeiruf 110” – Der hilflose Staat
  19. Sozialdemokraten – 18 Monate unter Genossen
  20. zu guter Letzt: Warum die Banken und Spekulanten an der Griechenlandrettung “verhindert” sind…

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Reaktionen auf die Terroranschläge in Norwegen
    1. Mit politischem Mut
      So kann der Kampf gegen den Terror aussehen. Freiheit wird verteidigt – mit freiheitlichen Mitteln. Den Populismus gilt es zu entlarven, der die Gesellschaft sprengt. Norwegen gibt ein Beispiel.
      Wer deutsche „Sicherheitsdebatten“ kennt, kann nur bewundernd staunen. Auch am Tag drei nach den Taten von Oslo und Utøya folgte Norwegen offenbar dem Satz von Ministerpräsident Jens Stoltenberg: „Niemand soll uns unsere offene Gesellschaft wegnehmen.“ Es schien, als gelte ein vielleicht nicht hundertprozentiger, aber doch überwiegender Konsens, der sich in drei Worten zusammenfassen lässt: Mut zur Freiheit.
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    2. Warum auch sachlich bleiben?
      Während Norwegen still trauert, debattiert man in Deutschland über schärfere Gesetze. Das ist schamlos und ebenso billig wie der Reflex hiesiger Medien.
      An diesem Tag würde man gern mal Hans-Peter Uhl sein. Fünf Minuten bloß, um zu verstehen, was dieser Mann – er ist innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion – dachte, als er diese Sätze sagte: “Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung…. Nur wenn die Ermittler die Kommunikation bei der Planung von Anschlägen verfolgen können, können sie solche Taten vereiteln und Menschen schützen.” Solche Taten: Damit meinte er die Attentate von Oslo und Utøya.
      Wie tickt einer, der zwei Tage nach diesem Massaker eine solche Forderung erhebt?
      Quelle: ZEIT
    3. Deutsche Trittbrettfahrer
      Drei Tage nach dem Doppelanschlag in Norwegen, bei dem mindestens 93 Menschen getötet wurden, nutzten deutsche »Sicherheitsexperten« das Verbrechen, um schärfere Überwachungsgesetze zu fordern. Vor einer Haftrichterin in Oslo bekannte sich Attentäter Anders Behring Breivik am Montag nicht schuldig. Die islamophobe Szene Westeuropas und neofaschistische Organisationen distanzierten sich von dem Verbrechen Breiviks, nicht von seiner Ideologie. Am Mittag gedachten Norwegen und die Nachbarländer Dänemark und Schweden mit einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags.
      Quelle: Junge Welt
  2. Rechtspopulismus
    1. Isoliert die geistigen Brandstifter!
      Rechtspopulistische Politiker, Blogger, Publizisten haben in ganz Europa ein Klima angeheizt, in dem ein Irrer wie Anders Behring Breivik auf die Idee kommen konnte, man müsse mit spektakulären Taten der „Moslemgefahr” begegnen.
      Eine reichlich bizarre Wortmeldung zu dem norwegischen Massaker kam von den österreichischen Rechtspopulisten von der FPÖ. Er hoffe, sagte deren Generalsekretär, „dass die genauen Motive und Hintergründe der abstoßenden Taten aufgearbeitet werden”. Nun, da kann die FPÖ am besten gleich bei sich beginnen. Denn „die Motive” der Taten, so wissen wir derweil, das sind genau jene Ideologieversatzstücke, die die Freiheitlichen, aber auch andere Rechtspopulisten wie Gert Wilders, Pro-Köln, die norwegische „Fortschrittspartei” oder die „Schwedendemokraten”, Blogs wie „Politically Incorrect” und andere Tag für Tag in die Welt hinausposaunen. […] An mehreren Passagen kamen so auch aus zweiter Hand Textstellen von Henryk M. Broder in den Text, jenes deutschen antiislamischen Autors also, der manchen guten Bürgern selbst heute noch als preiswürdiger Schriftsteller gilt. […]
      Es sind Politiker, Blogger, Publizisten, die das Klima angeheizt haben, in dem einer wie Anders Behring Breivik erst möglich wurde, in dem er erst auf die Idee kommen konnte, dass der „bloße” politische oder publizistische Kampf gegen die als elementar bedrohlich imaginierte Moslemgefahr nicht mehr ausreicht. Es ist wie eine absurde Spiegelung: Was sie immer den normalen Muslimen angedichtet haben, dass diese „irgendwie verantwortlich” seien für die Gewaltakte islamistischer Terror-Sekten, das haben sie jetzt selbst geschaffen – Spinner, die bereit sind, der Flausen wegen, die sie ihnen in den Kopf gesetzt haben, dutzende Menschen zu ermorden. Sie, die umgekehrt immer schnell bei der Hand sind mit dem Postulat von der „geistigen Mittäterschaft”, sind jetzt auf eine viel, viel direktere Weise zu geistigen Mittätern geworden.
      Wird das in diesem Milieu wenigstens Nachdenkprozesse auslösen? Man möge sich anderem zuwenden, „statt über die pseudopolitischen Geschwurbel eines perversen Killers zu spekulieren”, wehrt man auf der „Achse des Guten”, dem Gemeinschaftsblog von Broder und Freunden, auf unfassbar kaltschnäuzige Weise ab. Auf Politically Incorrect, dem Quasi-Zentralorgan der Moslemhasser, gab man sich im ersten Schrecken nachdenklicher: „Was er schreibt, sind großenteils Dinge, die auch in diesem Forum stehen könnten”. Und dann wird spekuliert, ob der Mann, der doch aus ihrer Sicht ganz vernünftiges Zeug geschrieben hätte, „an einer psychischen Krankheit leidet, die seither schlimmer geworden ist?”. […]
      Nach dem Massaker werden die geistigen Brandstifter jetzt versuchen, den Kopf ein bisschen einzuziehen, sie werden wortreich bekunden, dass sie mit der Tat eines solchen „Irren” doch nichts zu tun haben, sie werden versuchen, sich davonzustehlen. Man sollte sie nicht einfach so damit durchkommen lassen.
      Quelle: Robert Misik

      Anmerkung Jens Berger: Ein wunderbarer Artikel von Robert Misik. Chapeau!

    2. Henryk M. Broder – Das Manifest des Anders Behring Breivik und ich
      Das also ist eine Kausalkette: Vor etwa fünf Jahren habe ich einer holländischen Zeitung ein Interview gegeben, in dem ich sagte, wenn ich jünger wäre, würde ich Europa verlassen und in ein Land ziehen, das nicht von einer schleichenden Islamisierung bedroht wäre. […]
      Wer Lebensmittel im Supermarkt klaut, der hat Hunger, wer nachts Autos abfackelt, der hat was gegen Reiche, wer ein Kind missbraucht, der hatte selbst eine schwere Kindheit. Was aber hat einer, der als Polizist verkleidet Kinder und Jugendliche wie herumfliegende Tonscheiben abknallt? Wie wäre es damit: Spaß am Töten? […]
      Ja, hätte man Hitler damals an der Kunstakademie angenommen, wäre er nicht in die Politik gegangen, wäre der Zweite Weltkrieg ausgefallen, würde Wroclaw noch immer Breslau heißen. Und hätte der blonde und blauäugige Norweger nicht Broder und Sarrazin gelesen, sondern Patrick Bahners und Roger Willemsen, wäre er nicht zum Massenmörder geworden. […]
      Umgekehrt wird ein Schuh daraus. […] Breivik wusste, dass er seine Tat „rational“ begründen muss. Und das hat er nicht bei mir und Thilo Sarrazin gelernt, sondern bei Mohammed Atta und Osama Bin Laden
      Quelle: WELT

      Anmerkung Jens Berger: Es ist nur noch widerlich, wie der geistige Brandstifter Broder versucht, jede Sprung von Verantwortung für sein Handeln abzustreiten. Wenn er für sich die differenzierte Betrachtung einklagt, die er in seinen Pamphleten stets mit Füßen tritt, kann man nur noch resigniert den Kopf schütteln. Besitzt Broder nicht die geistige Reife, um die Folgen seiner Worte einschätzen zu können, oder ist er einfach nur aalglatt und zynisch?

    3. Was der WELT ziemlich peinlich ist
      Florian Flade hat einen Artikel für die Onlineausgaben der beiden Springer-Blätter Berliner Morgenpost und Die Welt geschrieben. Thema: das im Internet vom mutmaßlichen Massenmörder Anders Behring Breivik vor den verheerenden Terroranschlägen in Norwegen veröffentlichte wirre Pamphlet, in dem der Attentäter auf rund 1500 Seiten seine bizarre Gedankenwelt offenbart. Hier zunächst der Auszug aus der Artikelversion, der in der Berliner Morgenpost publiziert wurde (Hervorhebung von mir): […]
      Auch Kolumnist Henryk Broder findet Erwähnung in dem Manifest des norwegischen Attentäters. Anders B. zitiert ein Interview, das Broder einer niederländischen Zeitung gab, und in dem der Autor Europäer aufforderte auszuwandern, sollten sie ihre Freiheit weiter behalten wollen. […]
      In der Welt-Version fehlen jedoch die beiden Absätze über Henryk M. Broder:
      Quelle: Politblogger

      Anmerkung Jens Berger: Als der Springer-Verlag Henryk M. Broder zum Jahreswechsel vom SPIEGEL übernahm, feierte WELT-Chef Jan-Eric Peters ihn als „hemmungslosen Freiheitskämpfer“. Man kann getrost davon ausgehen, dass man bei Springer nicht eben glücklich darüber ist, das einer der Starautoren des Verlags nun weltweit als ideologischer Brandstifter zu zweifelhaften Ruhm kommt.

      In der Begrüßungslaudatio hieß es:
      „Er schreibt unerschrocken und leidenschaftlich über alle Themen, bei denen man sich leicht die Finger verbrennen kann, über Antisemiten und Terroristen, zuletzt viel über die Gefahren eines fanatischen Islamismus.“

      Aus heutiger Perspektive müsste es wohl eher heißen: Broder schreibt nicht nur über, sondern auch für Terroristen.

    4. Es war gottseidank nur ein Psychopath…
      Und der rechte Täter, er gilt schnell als Psychopath, womit man seine geistige Grundlage ausblendet. Dies in einem Land, das proppenvoll ist von solchen braunen Eiferern! Gerade gegenüber solchen bräuchten wir aufmerksame Bürger – wäre es ein Islamist gewesen, wäre das alles traurig und unverzeihlich gewesen, aber Angst, wirkliche Angst, sollte man in Deutschland erst jetzt haben, da es kein Islamist, sondern ein Neonazi mit besagten Qualifikationen war. Denn solche kennt jeder von uns, und deren geistige Vorstände dürfen ungestraft die Öffentlichkeit vergiften – Islamisten kennt kaum jemand.
      Quelle: ad sinistram

      dazu passend: Unbekannte setzen Wohnung von Sinti und Roma in Brand
      Mit Molotow-Cocktails haben die Täter eine Leverkusener Wohnung niedergebrannt. In ihr lebten Sinti und Roma. Eine Mordkommission ermittelt. […] Aussagen von Zeugen zufolge waren bis zu vier Täter an dem Brandanschlag beteiligt. Zwei von ihnen sollen kahlköpfig gewesen sein.
      Quelle: ZEIT

  3. Die Medien und die Terroranschläge
    1. Terrorexperten? Errorexperten!
      Norwegen war eindeutig der Super-GAU der Terrorexperten. Was da schon wenige Minuten nach dem Bekanntwerden des Anschlages über dessen Hintergründe vermeintlich analysiert wurde, lässt sich als größtmöglich anzunehmender Unsinn beschreiben. Seien es die öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD oder ZDF oder private wie NTV oder N24 – auf allen Kanälen schwadronierten die vom Fernsehen ernannten Fachleute über politische Militanz und erzählten aus dem islamistischen Nähkästchen. Binnen kurzer Zeit hatten sie die Öffentlichkeit zu Fachleuten über die skandinavische al-Qaida-Szene gemacht und Wasser auf die Mühlen der allumfassenden Islamophobie gegossen.
      Quelle: taz
    2. Stefan Niggemeyer: Feiges Journalistenpack
      Es war angesichts der riesigen Konkurrenz nicht leicht, sich am gestrigen Tag für den Titel des dümmsten voreiligen Kommentars zu den Anschlägen von Oslo zu qualifizieren. Aber ich glaube, Manfred Schermer von der Politikredaktion der „Fuldaer Zeitung“ liegt dennoch mit diesem Kommentar uneinholbar in Führung.
      Quelle: Stefan Niggemeier
    3. Medienreaktion auf Massaker – Vorurteile machen blind
      Der Reflex war erwartbar: Islamisten haben weltweit so erfolgreich Angst und Schrecken verbreitet, dass jeder sie sofort hinter dem Massaker von Oslo vermutete. Doch die vorschnelle Anklage schürt Ressentiments – und macht blind für andere Gefahren.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Kommentar AM: Etwas Vernünftiges von Spiegel Online. Lesenswert.

  4. Gewerkschaftspositionen in der Wachstumsdebatte
    Mit einem Programm zum qualitativen Wachstum lässt sich ein ökologischer und sozialer Umbau der Gesellschaft organisieren. Ein solches Programm würde gleichzeitig zu mehr Arbeitsplätzen, Wohlstand und Wachstum führen. Es ist ein entscheidender Schritt zu einem guten Leben.
    Quelle: DGB Gegenblende
  5. Krise in Südeuropa
    1. Sternmarsch zieht in Madrid ein
      Nach mehr als einem Monat auf der Straße trifft der “Marsch der Empörten” auf der Puerta del Sol ein. Ein Protest gegen die antisoziale Politik des Landes.
      Quelle: taz

      dazu: Es sind keine Jugendproteste
      Blickt man auf die Bilder, die uns aus Madrid, Barcelona, Athen aber auch zuvor aus Kairo und Tunesien erreicht haben, ist es schlichtweg nicht so, dass hier nur Jugendliche protestieren […] Viel mehr sollte dieser Protest gesehen werden als das, was er ist, ein Protest derer, die zwischen den unterschiedlichsten Zonen prekärer Arbeits- und Lebensweisen changieren. Zurzeit sammelt sich in der Altersgruppe von den 20 bis 30+ eine Generation von bestens ausgebildeten Menschen, die aber aufgrund der in den letzten Jahren verstärkt voranschreitenden Prekarisierungstendenzen keine Perspektive auf ein Normalarbeitsverhältnis mehr haben.
      Quelle: Der Standard

    2. Ein Marshallplan für Südeuropa
      Angela Merkel, Nicolas Sarkozy und Kollegen können kurz durchatmen: Giorgos Papandreou hat sein neues Sparpaket durch das griechische Parlament gebracht. Noch ist Athen also nicht pleite, denn Griechenland bekommt jetzt einen zweiten, 120 Mrd. Euro schweren Notkredit.
      Die teuer erkaufte Atempause wird aber nur von kurzer Dauer sein. Denn die Sparauflagen verschärfen die Krise. Die Medizin der Troika – Europäische Union, Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank (EZB) – hat den Gesundheitszustand des griechischen Patienten bisher nur verschlechtert. Kein Industrieland hat in den letzten 25 Jahren so radikal gespart wie Athen in den letzten zwölf Monaten. Mit dramatischen Folgen: Das Wachstum und die Steuereinnahmen schrumpfen, die Arbeitslosigkeit steigt. Folglich wächst der 340 Mrd. Euro große Schuldenberg – der das 1,5fache der Jahreswirtschaftsleistung beträgt – ungehindert weiter.
      Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
    3. Portugal wird verramscht
      Das unter dem Druck der Finanzmärkte stehende Land hat sich gegenüber der EU verpflichtet, sein Haushaltsdefizit von 9,1 Prozent (2010) bis 2013 auf die Maastrichter Obergrenze für Euro-Staaten von drei Prozent zurückzuführen. Finanzielle Zusagen der Troika in Höhe von 78 Milliarden Euro wurden an Bedingungen gekoppelt. Schuldenabbau durch eine weitere Senkung des Lebensniveaus ist auch die Devise der neuen Regierung: Beschnitten werden sollen die Rechte der Beschäftigten mit einer »Flexibilisierung« der Arbeitsgesetzgebung, das Weihnachtsgeld der Staatsdiener und die Arbeitslosenunterstützung.
      Quelle: Junge Welt
  6. Psychoanalytiker des Tages: Arbeitsagentur
    Wie reagieren Sie, wenn Kunden Sie nerven? Sie nerven zurück, aber mit Schmackes! So macht’s die Bundesagentur für Arbeit (BA) seit Jahr und Tag mit ihren »Kunden«. Nächstes Jahr, so teilte uns die Süddeutsche am Montag in ihrem Onlineauftritt mit, wird aber noch eine Schippe draufgelegt. »Wie reagieren Sie, wenn Kunden Sie nerven?« wird dann eine von 102 Fragen eines Psychotests zur »Kompetenzdiagnostik« sein, dem sich die bemitleidenswerten Leistungsbezieher unterwerfen sollen. »Der Jobsuchende kann bei seinen Antworten in einer Skala von eins bis fünf ›überhaupt nicht‹, ›teilweise‹ oder ›voll und ganz‹ zustimmen«, schrieb die Zeitung.
    Quelle: Junge Welt
  7. In 54 Städten gegen Billiglohn und Hartz IV
    Ein steuerfreier Mindestlohn von zehn Euro in der Stunde und eine Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes auf 500 Euro monatlich – das sind die Forderungen einer Kampagne, mit der sich am Sonnabend Initiativen in 54 Städten an die Bevölkerung wandten.
    Informationsstände wurden organisiert, Flugblätter verteilt und Plakate geklebt – in erster Linie ging es den Initiatoren um Information und Aufklärung der Bevölkerung über die Ziele der Kampagne. Auch auf den Montagsdemonstrationen gegen Hartz IV, die in einigen Städten weiterhin existieren, sollen die Forderungen propagiert werden. Sie werden am heutigen Tag unter anderem in Bremen, Eisenhüttenstadt und Magdeburg im Mittelpunkt stehen. In Magdeburg wird zugleich an den siebenten Jahrestag der ersten Montagsdemo gegen Hartz IV erinnert, denn die Aktionen in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts wurden zum Auftakt der Bewegung gegen die Hartz-Gesetze im Spätsommer und Herbst 2004.
    Quelle: Neues Deutschland
  8. Bericht vom bundesweiten Treffen der Initiative „Vermögensteuer jetzt!“
    Positionen der Parteien zur Forderung nach einer Vermögensteuer.
    Ergebnisse und Übertragbarkeit der DIW-Studie zur Vermögensabgabe.
    Entwicklung und weitere Aktivitäten der Initiative “Vermögensteuer jetzt!”
    Quelle: Vermögenssteuerjetzt!
  9. »Auf der Abschußliste«
    Veronika Kökény klagt gegen ihre Kündigung durch »Werkstatt Frankfurt«. Als Angestellte hatte sie die schlechte Behandlung von Arbeitslosen in Ein-Euro-Jobs kritisiert.
    Quelle: Junge Welt
  10. Altersvorsorge mit Mittelmaß: Nur zwei von 54 fondsgebundenen Rentenversicherungen erhalten ein “gut”.
    Fondsgebundene Rentenversicherungen sind beliebte Produkte zur privaten zusätzlichen Altersvorsorge. Die Stiftung Warentest hat sie nun in ihrem Verbrauchermagazin “Finanztest” unter die Lupe genommen. Lediglich zwei Produkte mit laufender Beitragszahlung erhalten die Note “gut”, die Mehrzahl der 54 Angebote erreichen ein “ausreichend”. “Die mäßige bis schlechte Bewertung der vielen Angebote im Test ist überwiegend auf hohe Kosten der Versicherung zurückzuführen”, schreibt “Finanztest”: “Je höher die Kosten, desto weniger Geld fließt in die Fonds und desto weniger bleibt am Ende zum Sparen übrig.”
    Quelle: Ihre Vorsorge
  11. Die Kehrseite des Jobwunders
    Die Arbeitslosigkeit sinkt, die prekäre Beschäftigung aber steigt, vor allem die Zahl der Minijobs. Das jedoch ist der falsche Weg. Er dient nur der Kostenoptimierung.
    Ökonomen und Politiker reißen die Arme hoch und zeigen den Menschen stolz ihre Beute. Zu melden gibt es eindrucksvolle Zahlen: Die deutsche Wirtschaft wächst, die Firmen errichten neue Hallen und Fabriken, die Arbeitslosigkeit sinkt, in nahezu allen Branchen stehen die Zeichen auf Personalaufbau.
    Dem sogenannten „Jobwunder“ muss jedoch mit einer gehörigen Portion Misstrauen begegnet werden, denn die Freude über sinkende Arbeitslosenzahlen lässt die Frage nach der Qualität der Arbeit oft in den Hintergrund treten. In den letzten Jahren ist es zu einer massiven Entwertung von Arbeit gekommen. In Deutschland gibt es mittlerweile zehn Millionen atypische Beschäftigungsverhältnisse, das heißt Teilzeitstellen, befristete Arbeitsverträge, Beschäftigte in Leih- und Zeitarbeit und in Minijobs. Bei der Maßkonfektionierung der Beschäftigten hat man sich ganz offensichtlich verschnitten.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  12. Unsichere Zukunft – Kein Geld aus Deutschland für KZ-Gedenkstätte Sobibor
    Nach der Verurteilung des ehemaligen SS-Freiwilligen John Demjanjuk in München wegen seiner Beteiligung an der Ermordung tausender Juden, wurde das Konzentrationslager Sobibor wieder zu einem Begriff. Doch jetzt musste die Gedenkstätte schließen – aus Geldmangel. Bislang kam Polen allein für den Unterhalt auf. Deutschland beteiligte sich nicht, zur Empörung der Opfer.
    Quelle: RBB Konstrate
  13. Unicef warnt vor Kinder-Massensterben in Ostafrika?
    Nach Angaben der UN sind 1,6 Milliarden Dollar nötig, um die Situation in den Ländern des von einer Hungersnot bedrohten Horns von Afrika zu verbessern. Die Bundesregierung stockte ihre Hilfe derweil um zusätzlich 15 Millionen Euro auf.
    Quelle: FAZ

    dazu:

    Tja wenn sie ne' Bank wären

    Quelle: Stuttmann-Karikaturen

  14. Abrechnungsbetrug bei Integrationskursen
    Laut der Recherchen des ARD-Magazins „Report Mainz“ wird bei staatlich geförderten Integrationskursen systematisch falsch abgerechnet. Bei Stichproben waren drei von vier Sprachschulen bereit, die Anwesenheitslisten zu fälschen.ngenen Tagen zeigen, dass bei Stichproben durch einen Lockvogel drei von vier Sprachschulen auf Anfrage zur Fälschung von Anwesenheitslisten in Integrationskursen grundsätzlich bereit waren.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  15. Nach der Revolution: Ägyptens Machthaber lassen wieder prügeln
    Die Übergangsregierung hat am Samstagabend eine Demonstration mit Gewalt beendet. In der “Revolution Teil zwei” richtet sich der Volkszorn gegen die Armee, die ihre neu erlangten Machtprivilegien nicht mehr abgeben will. Doch die Demonstranten haben die vielen schönen Worte satt, sie wollen endlich Taten sehen. Provoziert fühlen sie sich vor allem durch die systematisch verschleppten Prozesse gegen ehemalige Regimegrößen, von denen noch keiner wegen des Schießbefehls vor Gericht gestanden hat. Misstrauisch machen die Menschen aber auch erste Äußerungen aus dem abgeschotteten SCAF-Hauptquartier zur künftigen Rolle der Armee. Die neue Verfassung müsse sie „vor den Launen irgendeines künftigen Präsidenten“ schützen, forderte Generalmajor Mamdouh Shaheen. Gleichzeitig beanspruchte er für sich und seine Kameraden ein Sonderrecht, in die Politik einzugreifen, falls das nationale Interesse Ägyptens berührt sei – ein Machtprivileg ähnlich dem der türkischen Generalität in den 70er und 80er Jahren. Auch beim Geld wollen sich die Armeeführer nach sechs Jahrzehnten gut gepolsterter Autonomie nicht in die Karten schauen lassen. Ihr Waffenhaushalt plus die Milliardeneinnahmen aus ihrem verzweigten Wirtschaftsimperium waren stets geheim und außerhalb des offiziellen Staatsbudgets. Und die Militärspitze denkt nicht daran, das nach der Wahl eines demokratischen Parlaments im November zu ändern.
    Quelle: FTD
  16. Mähdrescher statt Fachbücher
    Immer wieder nutzen Unis Studiengebühren für Kosten, die nichts mit der Lehre zu tun haben – dies soll sich nun ändern. Mit dem Geld sollen die Studienbedingungen verbessert werden – das lässt Raum für Interpretationen. Bundesweit wurden immer wieder problematische Fälle bekannt, teils wurde deren Umsetzung nach Protesten verhindert: Zuschüsse für den 0815-Betrieb, für Verwaltung oder Mähdrescher; in Passau wollte man gar eine Tiefgarage sanieren. Strittig ist zudem, wenn Professuren entstehen, die sich vor allem der Forschung widmen – davon hat der Student wenig. Und es ist Studentenvertretern zufolge vielerorts üblich, bisherige Ausgaben für Seminare zu streichen und diese aus Gebühren zu bezahlen. Der Etat wird so entlastet, Studenten zahlen indirekt etwa für Strom. Für sie ist es ohnehin oft kaum durchschaubar, wohin ihr Geld fließt. Offiziell müssen sie angemessen an der Entscheidung beteiligt werden; konkret reicht das von fair besetzten Gremien bis hin zur bloßen Beratungsfunktion.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  17. Propaganda in Deutschland – Kaleidoskop des Neusprechs
    Untersucht man die Techniken der Propaganda genauer, fällt auf, dass vor allem die bewusste Falschverwendung von Worten und Begrifflichkeiten eine große Rolle bei der Manipulation der öffentlichen Meinung spielt. Worte und Begriffe, die generell eine positive Konnotation haben, können beispielsweise systematisch falsch verwendet werden, um für das Gemeinwohl schädliche Akte zu beschreiben. Ebenfalls können Worte und Begriffe, die eigentlich dem Gemeinwohl dienliche Akte beschreiben, diskreditiert und systematisch falsch verwendet werden, um so den Akt als solchen im Kollektivbewusstsein zu diffamieren. Parallelen zur „Neusprech“, wie wir es aus der Orwell´schen Metapher kennen, sind unübersehbar.
    Quelle: Le Bohemién
  18. Kritik an BR-“Polizeiruf 110” – Der hilflose Staat
    Bei der Premiere auf dem Münchner Filmfest hatte der BR-“Polizeiruf” mit Matthias Brandt und Anna Maria Sturm nur mit technischen Problemen zu kämpfen. Nun schlagen Jugendschützer Alarm und wollen den Sendeplatz verschieben – wegen negativer Darstellungen des Staates. (…)
    Matthias Brandt teilte mit: “Mir war nicht bekannt, dass ich mit dem Auftrag arbeite, ein positives Staatsbild zu zeigen. Ich bin nicht staatsfeindlich eingestellt, und der Film ist es natürlich auch nicht, aber das kann nicht der Auftrag künstlerischer Arbeit sein.”
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung unserer Leserin C.P.: So habe ich mir immer DDR-Fernsehen vorgestellt…

  19. Sozialdemokraten – 18 Monate unter Genossen
    Bei den Bundestagswahlen 2009 erzielte die SPD mit nur 23 % der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik. Lutz Hachmeister, Grimme-Preisträger und Publizist („Schleyer. Eine deutsche Geschichte“, „Das Goebbels-Experiment“) hat die Sozialdemokraten nach diesem dramatischen Einschnitt anderthalb Jahre lang beobachtet, angefangen vom Dresdener Parteitag des Neubeginns bis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2011. Sein ungewöhnliches Langzeit-Portrait zeigt die SPD und ihr Führungsteam auf der Suche nach der sozialdemokratischen Seele. Der Film begibt sich auf eine facettenreiche Reise ins Innere der Partei, mit ihren Flügeln wie „Seeheimern“ und „Netzwerkern“, einem neuen „Leitbild“ für die Mitarbeiter im Willy- Brandt-Haus und den Versuchen, wieder neue Allianzen mit den Gewerkschaften zu schmieden.
    Quelle: WDR

    Anmerkung: Der Film „Sozialdemokraten“ wird heute Abend zur zuschauerfreundlichen Zeit 22.45 in der ARD ausgestrahlt.

  20. zu guter Letzt: Warum die Banken und Spekulanten an der Griechenlandrettung “verhindert” sind…
    Schuldensumpf
    Quelle: GlaserGrafik


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=10226