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Titel: Studie: Auslagerung zu Privaten ist oft teurer als in öffentlicher Regie.

Datum: 20. September 2011 um 16:42 Uhr
Rubrik: Denkfehler Wirtschaftsdebatte, Markt und Staat, Privatisierung
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Die New York Times berichtet über eine Studie, deren Ergebnisse die übliche Behauptung widerlegen, die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen bzw. die Auslagerung von öffentlicher Tätigkeit in den privaten Sektor sei billiger als dann, wenn der Staat die Leistungen mit eigenen Angestellten erbringt. Hier der Link zur so genannten POGO-Studie. Der falsche Eindruck, wonach die Auslagerung in den privaten Sektor den Staat weniger kostet, wird mit einem Trick erreicht. Albrecht Müller.

Im Anhang finden Sie den Einstieg zum Artikel in der New York Times. Ich berichte in groben Strichen den Inhalt, weil Artikel und Studie in englischer Sprache verfasst sind:

  • POGO, Project on Government Oversight, hat Verträge untersucht, die die US-Regierung mit privaten Organisationen abgeschlossen hat.
  • Die US-Regierung gibt ungefähr 320 Milliarden $ im Jahr für die Dienste Privater aus.
  • Die Studie folgt auf eine monatelange Agitation, meist von Seiten der Republikaner, gegen die öffentlichen Leistungen und insbesondere gegen die angeblich zu hohen Gehälter und Vergütungen für Mitarbeiter der Bundesregierung. Infolge dieser Kampagne hatte das Repräsentantenhaus zu Beginn des Jahres einen republikanischen Haushaltsplan verabschiedet, der ein Einfrieren der Gehälter und einen Verzicht auf Erhöhungen für fünf Jahre und eine Reduzierung der Mitarbeiter um 10 % vorsieht. Präsident Obama bot von sich aus an, die Gehälter für zwei Jahre einzufrieren.
  • Zur Unterstützung dieser Kampagne hat die konservative Forschungsgruppe Heritage Foundation einen Bericht veröffentlicht, wonach die Mitarbeiter des Bundes 22 % pro Stunde mehr verdienen als im privaten Sektor. Wenn die Bezahlung der Bundesangestellten an die privaten Gehälter angepasst würden, dann könnte die US Bundesregierung 47 Milliarden alleine im Jahr 2011 sparen.
  • Der Trick bei dieser Berechnung ist, dass die Gehälter in den beiden Sektoren verglichen werden aber nicht die gesamten Kosten. Zu den Kosten der Auslagerung gehören ja nicht nur die von den privaten gezahlten Billiglöhne sondern auch die Profite und die anderen Kosten des privaten Sektors. Darauf macht POGO aufmerksam. POGO verglich die gesamten Zahlungen der Bundesregierung für die Leistungen des privaten Sektors mit den Kosten bei Erstellung der Leistung in öffentlicher Verantwortung. Man fand, dass die Ausgaben bei Auslagerung oft doppelt so teuer sind wie bei Erstellung im Bereich der US-Bundesregierung.

In Deutschland wird es oft ganz ähnlich sein. So ist es, wenn Profite und zusätzlicher Verwaltungsaufwand bezahlt werden müssen. Wir können aus der Studie und dem Bericht der New York Times ein bisschen was lernen:

Erstens: Die Auslagerung erscheint oft deshalb als wirtschaftlicher, weil mit der Auslagerung die Löhne gedrückt werden und dann nur die Löhne verglichen werden. Ein praktisches Beispiel bei uns ist die Auslagerung öffentlicher Verkehrsleistungen in private Bahnunternehmen. Diese zahlen weniger an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und schlagen ordentliche Profite obendrauf. Die Gesamtkosten für dieses Outsourcing sind trotz Lohndrückerei oft höher als bei Erstellung der Leistung im öffentlichen Sektor.

Zweitens: Hier wie in den USA wird die Auslagerung wesentlich von Agitation begleitet bzw. vorbereitet. Ein Großteil der zuständigen Journalisten hat schon gar nicht mehr hinterfragt, was als gängiges Urteil erscheint, aber nichts anderes ist als gängige gemachte Meinung.

Drittens: Hier wie in den USA knickt die Politik in öffentlichen Äußerungen und beim praktischen Handeln ein und passt sich den verbreiteten Vorurteilen an.

Wieder eine solche fatale Sumpfblüte der neoliberalen Realität.

Anhang – der Einstieg in den Artikel der New York Times:

Government Pays More in Contracts, Study Finds
WASHINGTON — Despite a widespread belief that contracting out services to the private sector saves the federal government money, a new study suggests just the opposite — that the government actually pays more when it farms out work.
The study found that in 33 of 35 occupations, the government actually paid billions of dollars more to hire contractors than it would have cost government employees to perform comparable services. On average, the study found that contractors charged the federal government more than twice the amount it pays federal workers.
The study was conducted by the Project on Government Oversight, a nonprofit Washington group. The federal government spends about $320 billion a year on contracts for services. The POGO study looked at a subset of those contracts.
(…)
Quelle: NY Times

Direkt kommt man zu dem Untersuchungsergebnis so:

Bad Business: Billions of Taxpayer Dollars Wasted on Hiring Contractors
September 13, 2011
Quelle: www.pogo.org


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