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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 16. Dezember 2011 um 8:26 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (MB/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Deutschland bringt Europa aus dem Gleichgewicht
  2. Bernd Raffelhüschen : “Griechenland ist hier”
  3. Eurokrise
  4. Bill Mitchell – When markets fail
  5. Regime change (Gini chart)
  6. Wohnungsbaupolitik: Die teure Sparsamkeit
  7. »Viele haben durchaus einen sozialen Anspruch«
  8. Wichtige Schienenprojekte weiter in der Warteschleife
  9. Illegale Geldtransfers aus Entwicklungsländern bleiben hoch
  10. Zur Causa Wulff – In was für einer Republik leben wir denn?
  11. Wie die Regierung den Umweltrat unterwandert
  12. Wüstenrot-Revision prüft Besuch in brasilianischem Nachtclub
  13. Wir sind Deutschland
  14. Rechtsextremismus-Debatte: Eklat im Landtag
  15. Heribert Prantl – Partei in Abwicklung
  16. Neuer FDP-Generalsekretär hat Ärger mit einem Außenspiegel
  17. Wenn der Zottel-Lehrer mit der Messie-Mutter…
  18. zu guter Letzt: BILD – „South Park“ macht sich über Merkel lustig

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutschland bringt Europa aus dem Gleichgewicht
    Hohe Exportüberschüsse sind das Geschäftsmodell der deutschen Wirtschaft. Nun soll sich die Eurozone daran ein Beispiel nehmen. Das kann nicht funktionieren: Deutschland würde den Kontinent ins Ungleichgewicht stürzen. […]
    Einige Ökonomen verteidigen die deutschen Exportüberschüsse seit vielen Jahren vehement gegen jede Kritik aus dem Ausland. Ihr Credo: Wenn Deutschland niedrigere Überschüsse macht, nützt das dem Ausland und schadet Deutschland. Das ist ein teurer Irrtum. Die Euro-Krise zeigt auf dramatische Weise, welchen Schaden permanente Exportüberschüsse anrichten. Der größte Verlierer ist Deutschland. […]
    Nicht Staatsschulden, sondern Ungleichgewichte haben die Krise verursacht […]
    Eine Lösung des Problems in der Eurozone kann nur gelingen, wenn sich beide Seiten bewegen. Nicht nur Griechenland muss sich ändern – auch Deutschland. Aus gutem Grund steht im deutschen Stabilitätsgesetz das Ziel eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Es geht dabei nicht um weniger deutsche Exporte. Wichtig ist vielmehr eine Stärkung der Binnennachfrage durch Umschichtungen im Steuersystem, höhere Löhne und eine Flexibilisierung des Dienstleistungssektors. Auf der anderen Seite müssen die Griechen, Spanier und Portugiesen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern, damit sie von einer stärkeren Nachfrage aus Deutschland auch profitieren.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JB: Ein solcher Artikel im Handelsblatt? Das ist nicht weniger als eine Palastrevolution. Wenn sogar das neoliberale Handelsblatt nun schon der Linie folgt, die die NachDenkSeiten und Ökonomen wie Heiner Flassbeck schon seit Ewigkeiten predigen, ist vielleicht doch noch ein Fünkchen Hoffnung vorhanden.

  2. Bernd Raffelhüschen : “Griechenland ist hier”
    Bis 2050 sollen sich die staatlichen Ausgaben für Pensionen und Gesundheit von Beamten auf satte 1,36 Billionen Euro summieren – das hat zumindest der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen errechnet. Grund für die “hoffnungslose Überschuldung” seien staatliche Fehler in der Vergangenheit. […]
    Er heißt Bernd Raffelhüschen, lehrt an der Uni Freiburg, ist Chef des “Forschungszentrums Generationenverträge” und hat eine Studie für den Bund der Steuerzahler erstellt. Und danach sind die meisten Länder eigentlich längst ein Fall für das Insolvenzgericht. “Sie müssen nicht nach Griechenland gehen, um Griechenland zu treffen. Griechenland ist hier”, ruft der Professor. […]
    Das tun sie aber erst seit einigen Jahren- und nur für die neuen Beamten, nicht für jene, die schon länger dem Staat dienen. Der Professor spricht deshalb von “schwebenden Versorgungsverpflichtungen”. Der Barwert dieser “nicht sichtbaren, heimlichen Schulden des Staates”, wie das Raffelhüschen nennt, summiert sich bis 2050 auf die Summe von 1,36 Billionen Euro. Den größten Batzen machen die Pensionen aus – 870 Milliarden Euro.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung MB: Wenn ich die gleichen Thesen von Raffelhüschen immer wieder lese und ich dazu nicht das einstudierte Geplapper höre, fehlt mir irgendwie etwas.
    Aber jetzt ernsthaft … Herr Leyendecker, Herr Dr. Prantl, bitte geben Sie Ihrem Kollegen Thomas Öchsner Nachhilfe in Hintergrundberichterstattung. Ihre Leserinnen und Leser haben doch sowohl in der Zeitung als auch online Anspruch auf mehr als eine abgeschriebene Pressemeldung von DPA oder der Lobbyorganisation Bund der Steuerzahler und sollten wissen, dass Raffelhüschen ein werbewirksamer Auftragsschreiber, Auftragswissenschaftler und Vortragskünstler ist. Bringen Sie dem Kollegen bei, dass er Raffelhüschen nach seinen Rechten und Pflichten als Aufsichtsratsmitglied bei der ERGO-Versicherungsgruppe befragen sollte und danach, was er z.B. gegen die bumsfidelen Lustreisen bei der Hamburg-Mannheimer zu unternehmen beabsichtigt …

    Anmerkung JB: Da liefert uns die SZ mal wieder ein prächtiges Beispiel für das Totalversagen der Medien. Wie so oft wird auf hier an keiner Stelle auf die Lobbytätigkeiten und Interessenkonflikte Raffelhüschens hingewiesen. Er wird nicht als „Lobbyist der Versicherungswirtschaft“, sondern als „Rentenexperte“ eingeführt. Das hat in unseren Medien jedoch bereits traurige Tradition. Auch der Lobbyverband „Bund der Steuerzahler“ wird wieder einmal als vermeintlich neutrale Interessenvertretung vorgestellt. Zu Raffelhüschens Milchmädchenrechnung und dem komplett abstrusen Vergleich mit Griechenland kann man eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln. 1,36 Billionen – das hört sich gewaltig an. Wenn man allerdings nur einmal überschlägt, dass der Staat (ohne Inflation und Wachstum!) bis zum Jahr 2050 rund 21 Billionen Euro (mit einem realistischen Steigerungsfaktor von 3% p.a. wären das sogar 42 Billionen Euro) an Steuern einnehmen wird, relativiert sich diese Zahl. Würde die SZ auch titeln: „El Dorado ist hier – bis 2050 sollen sich die staatlichen Einnahmen auf satte 42 Billionen Euro summieren“ – wohl kaum. Wahrscheinlich würde ein Lobbyist vom Schlage Raffelhüschens diese Summe auch nicht als Barwert dieser „nicht sichtbaren heimlichen Forderungen des Staates“ bezeichnen. Man sollte Bernd Raffelhüschen ganz einfach ignorieren, seine „Studien“ sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind.

  3. Eurokrise
    1. Die Löhne müssen rauf
      Während Regierung und Opposition auf den Schuldenstand starren wie das Kaninchen auf die Schlange, bleibt die Entwicklung der Löhne ein wesentlicher Krisenfaktor.
      Vor diesem Hintergrund müssten zumindest die Gewerkschaften ihre Strategie ändern: Es bringt – möchte man den Euro retten – überhaupt nichts, die Lohnentwicklung verengt auf die Arbeitskosten und Tariflöhne zu beobachten und zu diskutieren. Um ihre politische Einflussnahme zu stärken, müssen die Gewerkschaften die gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung ins Zentrum ihrer Argumentation rücken und Lohnveränderungen an den aufgezeigten Kriterien messen. Eine stärkere politische Einflussnahme erscheint dabei auch deswegen geboten, weil die miserable Lohnentwicklung selbst nun einmal seit langem durch die Gesetzgebungen seit Verabschiedung der Agenda 2010 politisch bestimmt ist.
      Quelle: Wirtschaft und Gesellschaft
    2. Gregor Gysi – »Sie machen die Europäische Idee kaputt«
      In seiner Antwort auf die Regierungserklärung der Kanzlerin zu den Beschlüssen des EU-Krisengipfels wirft Gregor Gysi ihr vor: “Sie wollen allein mit Sarkozy entscheiden, was in Europa passiert.” Dabei hat sich die Kanzlerin abermals verrechnet, so Gysi. Die Finanzmärkte müssen endlich bekämpft werden. Und: Löhne, Renten und Sozialleistungen müssen erhöht werden, um die Krise zu überwinden.
      Quelle: Linksfraktion über YouTube
    3. Trevor Evans: Die Euroschuldenkrise
      Infolge der Rettungspakete für die Banken, Ausgaben für Konjunkturprogramme und einem erheblichem Rückgang der Steuereinnahmen stiegen die Staatsdefizite in der Eurozone von 0.7 % des BIP im Jahr 2007 auf 6.4 % in 2009 und die Staatsverschuldung in derselben Zeit von 66 % auf 80 % und in 2010 auf 85 % des BIP. Kaum nachdem die Finanzinstitute jedoch gerettet waren, begannen sie nach neuen Gewinnmöglichkeiten zu suchen, indem sie die Schwachstellen innerhalb der Eurozone austesteten…
      Als die einzelnen Länder der europäischen Währungsunion beitraten, konvergierten die Zinssätze auf ihre Staatsanleihen gegen das Zinsniveau deutscher Staatsanleihen. Die niedrigeren Zinssätze ermöglichten in Südeuropa ein höheres Wachstum. Gleichzeitig entwickelten sich jedoch die Lohnstückkosten deutlich auseinander. In Deutschland stiegen nach den Arbeitsmarktreformen der Schröder-Regierung die Lohnstückkosten zwischen 1999 und 2007 nicht; in Frankreich stiegen sie in derselben Zeit um rund 15 % (in etwa im Einklang mit der eher niedrigen Zielinflationsrate der EZB), während sie in Griechenland, Portugal, Irland und Spanien um nahezu 30 % anstiegen…
      Tatsächlich war die Arbeitsproduktivität in Griechenland und Irland stärker gestiegen als in anderen Ländern der Eurozone, einschließlich Deutschland, aber die Löhne legten dafür noch mehr zu. Diese Entwicklung der Lohnstückkosten trug zu einer deutlichen Polarisierung der Handelsbilanzen innerhalb der Eurozone bei. Zwischen 1999 und 2007 erhöhte Deutschland seinen Handelsüberschuss von 65 auf 195 Mrd. Euro und nachdem nun die wichtigsten Handelspartner ebenfalls Mitglieder der Eurozone waren, entstand kein Aufwertungsdruck in Bezug auf die Währung. Dagegen wuchsen in derselben Zeit die Handelsdefizite Spaniens, Portugals und Griechenland in nahezu gleicher Höhe von 61 auf 160 Mrd. Euro. Der Aufbau derartiger Handelsdefizite war für diese Länder möglich, weil die Banken – vornehmlich aus Deutschland und Frankreich – bereit waren, dies zu finanzieren. Das Wachstum Deutschlands wurde, angesichts stagnierender Reallöhne, abhängig von den Exportüberschüssen und von der Bereitschaft der Banken, anderen Ländern Kredite für deren Importe aus Deutschland zu geben…
      Der Gipfel versagte völlig bei dem Versuch die Krise einzudämmen und die Panikverkäufe von Anleihen nahmen weiter zu, was die Zinssätze italienischer und spanischer Anleihen auf 7 % hochtrieb – ein Niveau, welches Griechenland im Jahr 2010 in große Schwierigkeiten gebracht hatte. Die Staatsschulden Italiens belaufen sich jedoch auf 1.900 Mrd. Euro und rund 300 Mrd. müssen in 2012 refinanziert werden, was den Rahmen der EFSF deutlich übersteigt. Es gibt zwar eindringliche Forderungen, u.a. von Seiten Frankreichs, dass die EZB als „lender of last resort“ fungieren soll, aber dies wird genauso wie der Vorschlag, gemeinschaftlich garantierte Eurobonds auszugeben, von Deutschland abgelehnt.
      Stattdessen ist die Position Deutschlands darauf fixiert, noch striktere Regeln zur Sicherstellung der Haushaltsdisziplin der Eurostaaten zu entwickeln, in dem naiven Glauben, dass wenn die Staatshaushalte ausgeglichen sind, das Marktsystem sich selbst regulieren wird. Der deutsche Staat scheint zu glauben, dass jegliches Zugeständnis die Defizitländer vom Druck, Löhne und Staatsausgaben zu senken, befreie, treibt dabei aber über kurz oder lang die Eurozone gefährlich nahe an einen Kollaps.
      Quelle: DGB Gegenblende
  4. Bill Mitchell – When markets fail
    A repeating narrative during this crisis is that fiscal austerity is required in order to satisfy the “markets”, that amorphous collective of bond traders, gamblers, speculators, crooks and whatever else. The regular threats coming from the ratings agencies (those crooks who lied to investors in order to make profits via cosy deals with the originators of the “assets”) reinforce the idea that markets are the “regulators” of good judgement. Economics students are taught that one of the imperatives of government is to deregulate in order to allow the market signals to be clear and strong so we can act in accordance with the “markets” judgement of prudence. It is a paradigm built on a myth. Markets fail and easily become corrupted and arenas where criminals dominate. The signals they send are also deeply flawed and should not be acted upon. One of the lessons of this crisis is that our agents – the governments we elect – have to make markets work for us not the other way around. When markets fail to establish benchmarks that we do not consider to be in our best interests then it is time to reform them.
    Think about what is going on at present. Around the world there are millions of people without jobs and most of them are eking out an existence on diminished incomes via public transfers. Many have no income at all and when their savings evaporate and they have sold their remaining assets – poverty beckons. The crisis is impoverishing millions who had previously enjoyed secure, middle-class lives.
    Quelle: Bill Mitchell
  5. Regime change (Gini chart)
    Over the last decade, as economic inequality in the United States was growing, income inequality was on the decline in most of Latin America. In March, economists Darryl McLeod and Nora Lustig circulated a working paper (pdf) arguing that, in Latin America, the “social democratic regimes in Brazil and Chile were more successful at reducing inequality and poverty than the so-called populist regimes of Argentina, Bolivia, and Venezuela.”
    Quelle: Real-World Economics Review Blog

    Anmerkung JB: Diese Ergebnisse sind vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass vor allem in Deutschland (aber auch in vielen anderen OECD-Ländern) die Einkommens- und Vermögensschere sich immer weiter öffnet. Da sind uns die „linken“ (egal, ob populistisch oder nicht) Regierungen Südamerikas um einiges voraus!

  6. Wohnungsbaupolitik: Die teure Sparsamkeit
    Deutschland hat wieder einmal eine Wohnungsnot – nicht überall, aber in genügend Wohnungsmarktregionen, um alarmiert zu sein. Und dieses Mal kam die Mangelsituation mit Ansage. genau die staatlichen Instrumente, die den Wohnungsbau überhaupt erst wirtschaftlich machen, sind im vergangenen Jahrzehnt der Reihe nach gestrichen worden. Übrigens hat auch die Verbesserung des Mieterschutzes den Mietern nicht wirklich geholfen. Denn wenn man den Investoren die Lust am Bau von Wohnungen nimmt, sind es die Mieter, die unter der Wohnungsnot leiden. Und am Ende steigen die Mieten dann doch noch – aber erst, wenn der Mangel bereits eingetreten ist. Aber was kostet uns diese Sparpolitik? Im internationalen Vergleich waren deutsche Städte immer sicher und frei von Slums. Das war die unmittelbare Folge einer großzügigen Wohnungsbauförderung, die wir uns Jahrzehnte lang geleistet haben. Wenn wir jetzt meinen, am Wohnungsbau sparen zu müssen, ist die Entstehung von Ghettos in unseren Städten vorprogrammiert. Und wenn die Finanzminister dafür die Folgekosten zu bezahlen haben, werden sie ihre Vorgänger verfluchen, also diejenigen, die heute an der Wohnungsbaupolitik sparen.
    Quelle 1: Deutschlandradio Kultur (Text)
    Quelle 2: Deutschlandradio Kultur [Audio – mp3]
  7. »Viele haben durchaus einen sozialen Anspruch«
    Jobcenter-Beschäftigte demonstrierten für dauerhafte Anstellung. Solidarität auch bei Erwerbslosen. Gespräch mit Pamela Strutz. Pamela Strutz ist Gewerkschaftssekretärin der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in Bochum.
    Quelle: Junge Welt
  8. Wichtige Schienenprojekte weiter in der Warteschleife
    Die Allianz pro Schiene sieht Licht und Schatten beim heute von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer vorgestellten Entwurf des Investitionsrahmenplans. „Der Plan sieht ein leichtes Anwachsen der Bundesmittel für den Neu- und Ausbau der Schienenwege vor, was definitiv in die richtige Richtung geht. Allerdings fehlt jährlich rund eine Milliarde Euro. Wichtige Schienenprojekte wie der Ausbau des Hamburger Knotens, die für den Schienengüterverkehr extrem wichtige Trasse Karlsruhe-Basel oder die RRX-Verbindung für Nordrhein-Westfalens Pendler bleiben auf absehbare Zeit unvollendet“, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege am Donnerstag in Berlin.
    Quelle: Allianz pro Schiene

    Anmerkung WL: Jährlich fehlt eine Milliarde für den Neu- und Ausbau von wichtigen Schienenwegen, aber für das verkehrspolitisch unsinnige Immobilienprojekt Stuttgart 21 werden mindestens 4,5, wenn nicht bis 10 Milliarden sprichwörtlich versenkt.

  9. Illegale Geldtransfers aus Entwicklungsländern bleiben hoch
    Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise haben die Entwicklungsländer im Jahr 2009 rund 903 Milliarden US-Dollar durch illegale Finanztransfers verloren. Das geht aus einer neuen Studie der US-Organisation Global Financial Integrity (GFI) hervor, die am Donnerstag in Washington veröffentlicht wurde. GFI ist eine Initiative für mehr Transparenz im Finanzsektor.
    Die illegal transferierten 903 Milliarden Dollar signalisieren zwar einen beträchtlichen Rückgang – 2008 hatten die Summen, die illegal aus den Ländern des Südens abflossen, noch bei 1,55 Billionen US-Dollar gelegen. Der Studie zufolge ist der Rückgang jedoch fast vollständig auf die globale Finanzkrise zurückzuführen und nicht auf Wirtschafts- oder Regierungsreformen.
    Quelle: epo
  10. Zur Causa Wulff – In was für einer Republik leben wir denn?
    […] Anhand dieses Falles (und der anderen genannten, mit den Namen Schröder, Rürup, Maschmeyer etc. verbundenen) zeigt sich m.E., dass sich zwischen “Freundschaft” und Lobbyismus eben bei einigen Vertretern der heutigen Politikelite nicht mehr klar differenzieren lässt. Und deshalb lässt mich auch nicht kalt, was der ehemalige MP und jetzige BP angeblich rein “privat” tut. Ja, es ist nur EIN Symptom und für sich betrachtet eine kleine Angelegenheit. Und natürlich wird dieses Thema jetzt aufgebauscht, aber dieses Aufbauschen in den Medien ist (neben den alle vier bis fünf Jahre stattfindenden) Wahlen doch das einizige einigermaßen wirksame Kontroll- und Abschreckungsmittel gegen solche Machenschaften durch “Freunde”-“Lobbyisten”-Netzwerke, die dem Politiker nach dessen Karriere ein weiches Polster bieten (die Namen sind bekannt). Ich sehe in solchen “privaten” Freundschaften die Fortsetzung der früheren Parteispendenpraxis, die ja auch erst nach Intervention durch die Medienöffentlichkeit eingeschränkt werden konnte.
    Quelle: beck-blog

    Anmerkung unseres Lesers A.G.: Die Strafrechtler von Heinschtel-Heinegg und Müller machen seit Jahren eine gute Arbeit im Beck-Blog und gehören zu den wenigen wirklich meinungsstarken Vertretern ihres Fachs. Die Diskussion, die sich hier zur Verquickung von Politik und Finanzmacht entwickelt ist sehr interessant (insbes. Beitrag # 8), da beide Juristen zur Causa Wulff mit deutlichen Wertmaßstäben und analytisch sauber argumentieren – im Gegenteil zu einem Großteil der Presse…

    Ergänzende Anmerkung JB: Bitte nicht nur den Artikel, sondern vor allem die Kommentare lesen, die wirklich sehr empfehlenswert sind – zusammen mit dem Kommentar von Heribert Prantl wohl das beste zum Thema.

  11. Wie die Regierung den Umweltrat unterwandert
    Bisher war der Umweltrat unabhängig und atomkritisch, jetzt soll ausgerechnet ein FDP-Mann dort Direktor werden. Vordergründig geht es um die Belohnung eines Parteigängers, aber ein interner Vermerk enthüllt eine viel brisantere Absicht.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  12. Wüstenrot-Revision prüft Besuch in brasilianischem Nachtclub
    Die Bausparkasse Wüstenrot wurde 1921 von einem methodistischen Laienprediger gegründet. Heute ist sie die Nummer Zwei in Deutschland. Doch ist es mit den moralischen Ansprüchen nicht mehr weit her.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Eine Tour nach Rio als “Förderung und Honorierung besonders hervorragender Leistungen”. Versicherer scheinen ein besonderer Menschenschlag zu sein, man denke nur an ähnliche Ausflüge des Versicherers Ergo nach Budapest. Da verbindet sich anscheinend bei den Leistungsträgern der hochseriösen Versicherungswirtschaft der konservative Habitus locker mit, Westerwelle würde sagen, einem Hauch altrömischer Dekadenz. Folgerichtig teilte Wüstenrot mit, dass solche Anreizsysteme für Vertriebsorganisationen “nicht mehr zeitgemäß” seien. Der Rest der Finanzbranche löst das schon seit Jahren eleganter: Die Verwendung von Boni bleibt Privatsache. Obschon der Verdacht aufkommt, dass dieselbe Leistung belohnt wird, von der die immer noch andauernde weltweite Finanzkrise Zeugnis ablegt.

  13. Wir sind Deutschland
    Stell Dir vor, Du hast einen ungebetenen Gast in Deinen vier Wänden, der einfach nicht mehr geht. Er lümmelt sich auf Deinem Lieblingsplatz herum, benutzt Deine Sachen, frisst Deinen Kühlschrank leer, lebt auf Deine Kosten, pöbelt Deine Freunde an, mischt sich in die Erziehung Deiner Kinder ein, verdreckt die Wohnung, bestimmt, was Du im Fernsehen siehst, schnüffelt in Deinen privaten Sachen herum, gibt Dein Geld aus, beschimpft und bedroht Dich und wird aggressiv, wenn Du ihn bittest zu gehen.
    Quelle: Jacob Jung
  14. Rechtsextremismus-Debatte: Eklat im Landtag
    In einem waren sich alle Parteien am Donnerstag im (MB: hessischen) Landtag einig: der Rechtsextremismus muss bekämpft werden. Welche Schritte notwendig sind, darüber wurde heftig gestritten. Am frühen Abend kam es zum Eklat.
    Quelle: hr-online
  15. Heribert Prantl – Partei in Abwicklung
    Christian Lindners Rücktrittserklärung war so blutarm wie die Partei, für die er Generalsekretär war. Sie wurde nur noch unterboten von der blutleeren Erklärung des FDP-Chefs Rösler, die deutlich machte: Die Zeit dieser FDP ist vorbei. Das letzte Kapital der Liberalen war die Jugend ihrer Führung. Sie haben auch dieses Kapital noch verspielt.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung MB: Der Satiriker Henning Venske sagte einst, die F.D.P. (damals ja noch mit Pünktchen) sei so out, dass die Parteiführung schon die Fruchtfliegen in den Mundwinkeln hätte. Das war Anfang 1998 während der letzten Zuckungen der Regierung Kohl.

  16. Neuer FDP-Generalsekretär hat Ärger mit einem Außenspiegel
    Patrick Döring droht ein Verfahren wegen Unfallflucht. Er soll ein anderes Auto beschädigt haben. Ihm schwant Böses – in seiner Position sei ein “Außenspiegel nicht einfach ein Außenspiegel”.
    Quelle: Financial Times Deutschland

    Anmerkung Margarethe Gorges: Der Mann ist halt viel beschäftigt:

    • WERTGARANTIE Management GmbH, Hannover: Geschäftsführer
    • AGILA Haustierversicherung AG, Hannover: Mitglied des Vorstandes, jährlich, Stufe 3
    • Deutsche Bahn AG, Berlin: Mitglied des Aufsichtsrates, jährlich, Stufe 3
    • Deutsche Flugsicherung GmbH, Langen: Mitglied des Beirates
    • VIFG Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH, Berlin: Mitglied des Aufsichtsrates
    • WEGE RE s.a., Luxemburg: Mitglied des Verwaltungsrates (bis 17.07.2011)
    • WERTGARANTIE Technische Versicherung AG, Hannover: Mitglied des Vorstandes
    • Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bonn: Vertrauensmann für die Bausparer der BHW Hameln
    • Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Bonn: Mitglied des Beirates, Mitglied des Eisenbahninfrastrukturbeirates (bis April 2010)
    • Deutsche Vereinigung für Parlamentsfragen e.V., Berlin: Mitglied des Vorstandes
    • Stiftung Berliner Schloss – Humboldt-Forum, Berlin: Stellv. Mitglied des Stiftungsrates, ehrenamtlich
    • Vereinigung Liberaler Männer in Deutschland e.V. (LiMiD), Berlin: Vorsitzender

    Ergänzende Anmerkung MB: Na ja, Verkehrsminister wird er wohl nicht mehr werden, falls die Kanzlerin eine Kabinettsumbildung planen sollte …
    Zum Glück wurde bei diesem Missgeschick kein Tier angefahren, sonst gäbe es noch Interessenkonflikte mit der Haustierversicherung, für die Döring nebenberuflich tätig ist.

  17. Wenn der Zottel-Lehrer mit der Messie-Mutter…
    Richtig dumm, echt gemein, wirklich falsch – mit Fake-Dokumentationen wie “Familien im Brennpunkt” erzielen die Privatsender sensationelle Quoten. Eine neue Studie zeigt: Die Mehrheit der jungen Zuschauer hält die frei erfundenen Fälle für real.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung unseres Lesers S.P.: Das schlimme an diesen Serien ist, dass hier den Jugendlichen alle Vorurteile, die so über die sozial benachteiligten Schichten verbreitet werden, bestätigt werden. Sie sehen diese Serien und denken sich: diese Leute sind doch einfach asozial, wer sich derart verhält, muß sich nicht wundern, dass nichts aus ihm wird. Das ist wahrscheinlich auch ein Zweck der Übung.

    Ergänzende Anmerkung MB: Was Stefan Niggemeier leider zu erwähnen vergisst, ist die Tatsache, dass RTL dem gleichen Konzern gehört wie Teile des Spiegel-Verlages.

  18. zu guter Letzt: BILD – „South Park“ macht sich über Merkel lustig
    GESCHMACKLOS ODER WITZIG? STIMMEN SIE AB! […] Der Plot: In einem harten Wettkampf setzt sich Deutschland gegen die Konkurrenz aus Japan und den Nordpol durch und wird von South Park zum humorlosesten Land der Welt erklärt […] Wann hört eigentlich der Spaß auf?
    Quelle: BILD

    Anmerkung JB: Ob die BILD eigentlich merkt, dass sie mit diesem „Artikel“ exakt das Klischee erfüllt, über das sich die South-Park-Macher lustig machen?


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