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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 27. Februar 2012 um 8:49 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Gauck
  2. Thomas Fricke – Und wenn die Krise zu Ende ist?
  3. Finanzkrise: Wie sich die Banken reich rechnen
  4. Why the United States Is Not Greece
  5. Hat das europäische Sozialstaatsmodell ausgedient?
  6. Warum die deutsche Wirtschaft so stark ist
  7. Horrorjobs zu Dumpinglöhnen: Deutschland auf McJob Niveau
  8. Unternehmen in Westheim streicht Betriebsrats-Kandidaten den Lohn
  9. Der Preis der Panik: Folgenreiche Impfung gegen Schweinegrippe
  10. Die Generation Internet stellt Politik vor Rätsel
  11. Geheimdienste überwachten mehr als 37 Millionen E-Mails
  12. U.S. Agencies See No Move by Iran to Build a Bomb
  13. Aufstand gegen die Eliten
  14. Christian Wulff und sein Richter
  15. Gregor Gysi – Politischer Aschermittwoch 2012

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gauck
    1. Albrecht von Lucke – Ein Stück Machterhalt
      Als am 5. März 1969 der Sozialdemokrat Gustav Heinemann im dritten Wahlgang (mit 512 zu 506 Stimmen) zum dritten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden war, sprach er alsbald von einem „Stück Machtwechsel“. Völlig zu Recht, wie sich zeigen sollte, denn nur ein gutes halbes Jahr später wurde Willy Brandt von einer knappen Mehrheit aus SPD und FDP zum ersten Bundeskanzler der Republik gewählt, der nicht der Union angehörte. 20 Jahre nach Gründung der Republik war der Machtwechsel vollbracht. Wenn dagegen am 18. März dieses Jahres Joachim Gauck mit den Stimmen aller Bundestagsparteien – bis auf jene der Linkspartei – zum Bundespräsidenten gewählt werden wird, kann man mit Fug und Recht von einem Stück Aberwitz sprechen. Denn kein Präsident in der Geschichte der Bundesrepublik ist auf absurdere Weise zustande gekommen als dieser vermeintliche „Konsenskandidat“. Und hinter keinem verbarg sich größerer Dissens, sprich: das pure Macht- und Interessenkalkül aller Parteien.
      Quelle: Blätter
    2. Ein Apostel, kein Gestalter
      Joachim Gauck wird das Amt des Bundespräsidenten kraft seiner Persönlichkeit rehabilitieren. Doch er gehört auch zu jenen Charismatikern, die das unrealistische Bild einer höheren Moral abseits der Politik nähren. Gaucks Freiheitsidee stammt aus seiner DDR-Zeit und ist der politischen Realität entrückt. Damit ist er nicht gerüstet für Probleme wie Bildungsgerechtigkeit oder Finanzkrise. Er ist ein Freiheitsapostel, kein Freiheitsgestalter.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung

      Anmerkung JK: Ein sehr lesenswerter Kommentar von Andreas Zielke aus der Wochendausgabe SZ, der sich mit Gaucks Freiheitsbegriff auseinandersetzt. Zielke weist hier zu recht auf den politisch unreflektierten und verkürzten Freiheitsbegriff von Gauck hin. Er reflektiert ebenso, wieder zurecht, die Ursachen der breiten Zustimmung zu Gauck, die neben der Propaganda der Mainstreampresse (das sagt Zielke natürlich nicht), wohl auch dem quasi religiösen Wunsch nach einer charismatischen, über den Niederungen der Politik schwebenden – und damit eigentlich undemokratischen – Führerfigur entspringt. Einzig vermag ich, anders als Zielke, allerdings nicht zu erkennen wie sich Gauck damit als »Katalysator erneuerter Freiheitsenergien erweisen« könnte. So ganz ohne Gauck-Hype geht es auch hier nicht.
      Ergänzend ist dennoch anzumerken, dass sich die SZ beim allgemeinen Gauck-Hype offenbar etwas zurückhält. Im Gegensatz zu Stern oder Zeit, die ihre aktuellen Ausgaben mit Gauck auf der Titelseite aufmachen. Stern: “Einer für uns”, Zeit: “Der steht für was”. Gerade die Zeit, die uns ja schon den Hochstapler Guttenberg als neuen Messias andienen wollte, agiert hier mit einer triefenden Eloge von Robert Leicht, wieder an vorderster Propagandafront. Eben hier differenziert der Kommentar Zielkes fast schon wohltuend und legt dar, dass anders als die Zeit uns suggeriert, von Gauck auf die aktuellen Herausforderungen, die eine demokratisch verfasste Gesellschaft durch die Finanzindustrie erfährt, keine Antworten zu erwarten sind.

    3. Noch mehr “Schweinejournalismus!”
      Mit Schaum vor dem Mund geifern die Gauck-Fans aus allen fünf Nominierungsparteien derzeit gegen kritische Stimmen: Gegen die vermeintlichen Online-Dilettanten, die nicht richtig zitieren können und alles aus dem Kontext reißen, weil ihr Gehirn nur noch in Twitter-Textlängen denke. Zeit, klar und deutlich zu sagen: Mitnichten, liebe Leute, mitnichten! Denn warum um alles in der Welt sollten linke, linksliberale, sozialdemokratische Wählerinnen und Wähler diesen Kandidaten mittragen?
      Quelle: Publikative
  2. Thomas Fricke – Und wenn die Krise zu Ende ist?
    […] Woher die neue Gelassenheit? Von der Antwort hängt ab, ob die Wirkung von Dauer ist. Im deutschen Kanzleramt würde man da gern glauben machen, die Wende sei mit Angela Merkels glorreichem Fiskalpakt vom Dezember gekommen; oder durch unseren Druck auf Italiener und Spanier, noch mehr zu kürzen. Eher unwahrscheinlich, sagen die, die näher an den Märkten sind. Nicht nur, weil niemand ernsthaft glaubt, dass der neue Pakt ähnliche Krisen verhindern würde. Als der viel gelobte Mario Monti an die Regierung kam, änderte das an den Zinsen erst mal gar nichts. […]
    Entscheidend war mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit, dass die Europäer auf ganz anderem Weg dafür sorgten, die verselbstständigte Panikspirale (erst mal) zu stoppen: mit mehr oder weniger versteckten Garantien gegen eine Ausweitung und entsprechende Serienpleiten – ob über stetig höhere Rettungsfondsmittel, den Anruf beim Internationalen Währungsfonds oder billiges Geld der Notenbank für die Banken, die damit Staatsanleihen kaufen konnten.”
    Quelle: FTD Wirtschaftswunder
  3. Finanzkrise: Wie sich die Banken reich rechnen
    Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Nach langem Ringen wurden 2011 für systemrelevante Banken in Europa tatsächlich strengere Auflagen durchgesetzt. Das Ziel: Eine höhere Eigenkapitalquote, damit aus einem Griechenland-Crash kein Banken-Crash wird und der Staat wieder einspringen muss. Prompt verkündete zum Beispiel die Deutsche Bank stolz, die Eigenkapitalquote sei erreicht und ihre Bank damit gegen Krisen abgesichert.
    Quelle: NDR Panorama
  4. Why the United States Is Not Greece
    Even for those who understand that cutting deficits right now will only weaken a still-fragile recovery, and that weakening the recovery will only increase deficits, getting past the argument that “a eurozone crisis is on its way” is no easy task. Here is a self-defense lesson.
    Quelle: Dollar and Sense
  5. Hat das europäische Sozialstaatsmodell ausgedient?
    Mario Draghi, der EZB-Präsident sagt in einem Interview („Q&A: ECB President Mario Draghi“) mit dem WSJ, dass das europäische Sozialmodell (siehe auch hier) ausgedient habe, wenn man sich v.a. die Jugendarbeitslosigkeit in einigen EU-Staaten anschaue.
    Reflektiert aber die Euro-Krise tatsächlich das Scheitern des europäischen Sozialstaates? Das ist nämlich der Eindruck, den Draghi hinterlassen will. Mit der Aussage wird aber suggestiv unterstellt, dass die Euro-Krise auf die Last der hohen Staatsausgaben zurückzuführen ist.
    Sind aber die zur Zeit notleidenden EU-Staaten Wohlfahrsstaaten? Nein, wie Paul Krugman in seiner Kolumne („Legends of the Fail“) in NYT im vergangenen Jahr beschrieben hat.
    Die Euro-Krise besagt gar nichts darüber, ob das Sozialstaatsmodell nachhaltig ist oder nicht. Was heute feststeht, ist, dass die Sparpolitik (fiscal austerity) sich als Fehlschlag erwiesen hat.
    Quelle: Acemaxx-Analytics
  6. Warum die deutsche Wirtschaft so stark ist
    Die deutsche Wirtschaft rennt dem Rest der Euro-Zone davon. Die Stimmung unter den hiesigen Unternehmen hat sich im Februar unerwartet deutlich verbessert. Unternehmen werden immer optimistischer. […]
    Und laut EU-Kommission erreicht das deutsche Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr ein kleines Plus, wohingegen es in Südeuropa steil bergab geht. Diese Schere dürfte weiter auseinandergehen. Denn die Euro-Krise stärkt die starken Staaten und schwächt die schwachen.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung unsere Lesers G.K.: siehe hier PDF [80 KB]

  7. Horrorjobs zu Dumpinglöhnen: Deutschland auf McJob Niveau
    Wovor ekeln sich Putzfrauen? Wie ergeht es Tellerwäschern? Was erlebt man als Fußballmaskottchen oder im Sexkino? Tobias Kurfer hat mies bezahlte Jobs getestet, die keiner gerne macht […]
    Nach diesen Erfahrungen bin ich sicher, dass wir Mindestlöhne brauchen. Es ärgert mich und macht mich wütend, wenn ich sehe, wie Leute behandelt werden, die Schwerstarbeit verrichten. Diese Menschen sind fleißig und strengen sich an und können trotzdem nicht davon leben.
    Quelle: Stern
  8. Unternehmen in Westheim streicht Betriebsrats-Kandidaten den Lohn
    In einer Firma im hochsauerländischen Marsberg-Westheim gärt es. Den 24 Mitarbeitern, die für den Betriebsrat kandidieren, wurde für Januar kein Lohn überwiesen. Ein leitender Angestellter von Kombi-Massiv-Bauelemente soll gedroht haben: Wenn der Betriebsrat sich nicht auflöse, werde der ganze Betrieb „vor die Wand gefahren“.
    Quelle: Der Westen

    passend dazu:

    Unsoziales Sozialbusiness
    Als die Familienhelferin Karin Beutler einen Betriebsrat gründen wollte, wurde sie entlassen
    Zur Gründung eines Betriebsrates trifft sich die Belegschaft einer Firma für Familien- und Jugendhilfe in der Wohnung einer Sozialarbeiterin. Zwei Tage später steht die Frau aus Essen auf der Straße.
    Quelle: Neues Deutschland

  9. Der Preis der Panik: Folgenreiche Impfung gegen Schweinegrippe
    Nach den Massenimpfungen von 2009 in Schweden und Finnland gegen die Virus-Pandemie leiden heute hunderte Kinder an der “Schlafkrankheit”. Narkolepsie löst Müdigkeitsanfälle aus, egal, wie viel man geschlafen hat.”
    Ich vertraute ihnen. Eine Spritze – und danach war mein ganzes Leben verändert.“ So wie die 19-jährige Daniela Dahl müssen jetzt, zwei Jahre nach Beginn der Schweinegrippe-Pandemie von 2009 und 2010, hunderte junge Skandinavier erkennen, dass die Impfung, die sie einst vor der Krankheit schützen sollte, sie stattdessen unheilbar krank gemacht hat. Dass zwischen dem Impfstoff „Pandemrix“ und „Narkolepsie“, einer neurologischen Störung, auch „Schlafkrankheit“ genannt, ein direkter Zusammenhang besteht, sieht die finnische Gesundheitsbehörde als erwiesen an; jene in Schweden zögert noch und verweist auf eine laufende Studie.
    Quelle: Die Presse.com
  10. Die Generation Internet stellt Politik vor Rätsel
    Die Politik sitzt ein wenig zwischen den Stühlen. Sie will auf die “Generation Internet” zugehen, aber dafür den Schutz des geistigen Eigentums im Netz nicht über Bord werfen. Auch am Wochenende demonstrieren wieder bundesweit mehrere tausend Menschen gegen das Acta-Abkommen, mit dem unter anderem die EU, die USA und Japan den Urheberrechtsschutz im Internet besser durchsetzen wollen.
    Quelle: RP-Online
  11. Geheimdienste überwachten mehr als 37 Millionen E-Mails
    Bombe, Rakete, Atom: Die deutschen Geheimdienste haben im Jahr 2010 offenbar fünf Mal so viele E-Mails überprüft wie im Vorjahr. In das Fahndungsraster fielen alle Nachrichten, in denen verdächtige Schlagwörter vorkamen. Trotz der intensiven Überwachung stießen die Geheimdienstler nur in 0,0006 Prozent der Fälle auf brauchbare Hinweise.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JB: Stellt sich die Frage, ob es bei der systematischen Schnüffelei wirklich um „Bombe“, „Rakete“ und „Atom“ geht. Beim systematischen Abhören der deutschen Satelliten-, Mikrowellen- und Mobilfunkkommunikation durch die amerikanischen Dienste geht es jedenfalls hauptsächlich um Wirtschaftsspionage [PDF – 1.3 MB].

    dazu: Elektronischer Staubsauger unterwandert Grundrecht
    Der Geheimdienst filtert, rastert, speichert, was das Zeug hält und prüft jeden Tag etwa 100.000 E-Mails und Datenverbindungen. Die Telekommunikation genießt keinen Schutz mehr. Schuld daran ist nicht das Internet, sondern das Versagen des Bundesverfassungsgerichts.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

  12. U.S. Agencies See No Move by Iran to Build a Bomb
    Even as the United Nations’ nuclear watchdog said in a new report Friday that Iran had accelerated its uranium enrichment program, American intelligence analysts continue to believe that there is no hard evidence that Iran has decided to build a nuclear bomb.
    Quelle: New York Times
  13. Aufstand gegen die Eliten
    Die Protestbewegung in Chile – Der Historiker Gabriel Salazar im Gespräch
    Arabellion, Occupy-Bewegung, Aufstände in Spanien und Lateinamerika: 2011 war ein Jahr der Massenproteste. Was ist erreicht worden, was noch zu leisten? Was folgt, Resignation oder Radikalisierung? Zum Auftakt einer dreiteiligen Gesprächsserie unterhält sich Peter B. Schumann mit dem Sozialhistoriker Gabriel Salazar über die angespannte Situation in Chile.
    Quelle 1: Deutschlandfunk – Teil 1 von 3
    Quelle 2: Deutschlandfunk – Teil 2 von 3

    Teil3 folgt

  14. Christian Wulff und sein Richter
    Noch vor einigen Jahren bat Rechtsprofessor Jörn Ipsen bei Christian Wulff um Fördergelder. Nun muss er über eine Klage in der Causa Wulff entscheiden, als Präsident des Staatsgerichtshofs von Niedersachsen.
    Jörn Ipsen, 67, gilt eigentlich als ebenso konservativer wie angesehener Jurist. Doch als Präsident des niedersächsischen Staatsgerichtshofs muss der Osnabrücker Rechtsprofessor demnächst über eine Klage mitentscheiden, bei der er womöglich in einem Interessenkonflikt steckt. Denn es geht um Christian Wulff, den zurückgetretenen Bundespräsidenten und ehemaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen. Mit dem ist Ipsen enger verbandelt als bisher bekannt. Mehr noch: Vor einigen Jahren bettelte Ipsen bei Wulff um Geld.
    Quelle: Stern
  15. Gregor Gysi – Politischer Aschermittwoch 2012
    Mitschnitt der Rede Gregor Gysis auf dem Politischen Aschermittwoch der LINKEN in Passau
    Quelle: Die Linke via YouTube


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