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Titel: Die „Krake“ Bertelsmann hat ihre Fangarme auch im Internet

Datum: 10. Juni 2006 um 11:48 Uhr
Rubrik: Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Strategien der Meinungsmache
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Da ruft man eine sog. „deutsche internet bibliothek“ „Das Wissensportal der Bibliotheken“ auf und erfährt dann unter „schnell.mehr.wissen.“, dass die „Deutsche Internetbibliothek als ein Gemeinschaftsprojekt der Bertelsmann Stiftung und dem Deutschen Bibliotheksverband“ entstand. Wunderbar, könnte man meinen, dass das Angebot der deutschen Bibliotheken auch im Internet zu finden ist, und das sogar noch durch das Mäzenatentum von Bertelsmann. Dass diese Unterstützung aber nicht so selbstlos und ideologisch neutral ist, merkt man dann, wenn man z.B. den Suchbegriff „Sozialstaat“ in die Suchfunktion eingibt.

Da begegnet man zuerst auf einen Link zu Bundeszentrale für politische Bildung. Na gut, nicht zu beanstanden. Als zweiten Link findet man unter dem Stichwort „förderland“ einen Beitrag „Der neue Sozialstaat“ von – na ja Sie glauben es nicht – Hans-Werner Sinn mit seiner bekannten These: „Die Marktwirtschaft ist effizient, aber nicht gerecht. Da sich die Löhne nach dem Gesetz der Knappheit bilden, können manche Menschen nicht genug verdienen, um davon auskömmlich zu leben.“

Man denkt noch, das kann ja Zufall sein und geht zum dritten angebotenen Link ihre-Vorsorge.de und stößt dort auf folgenden einleitenden Satz: „Kapital bildende Versicherungen zur Altersvorsorge gelten als absolut sichere und noch dazu relativ lukrative Anlageform. Nicht umsonst erfreuen sich Kapitallebensversicherungen und private Rentenversicherungen bei den Deutschen allergrößter Beliebtheit.“ Die üblich gewordene Propaganda für die Kapitalvorsorge eben.

Jetzt versuchen wir den anderen Weg und suchen nach „gesetzlicher Rente“ und…na ja, Sie können es sich schon ausdenken, wir landen wieder auf ihre-Vorsorge.de.

Wir sind eben auf einem Gemeinschaftsprojekt der Bertelsmann Stiftung und dem Deutschen Bibliotheksverband gelandet und wo Bertelsmann beteiligt ist, kommt eben auch Bertelsmann raus.
Sie können ja selbst mal durchsurfen.

Schlimm ist, dass der Deutsche Bibliotheksverband mit seiner Reputation die Besucher seiner Internetbibliothek auch noch hinters Licht führt. Ruft man nämlich die „deutsche internet bibliothek“ auf, dann findet man unter „Wir über uns“: „Die DIB – ein gemeinsames Angebot von öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken.“ Dass sich dahinter die „Krake“ Bertelsmann verbirgt, bleibt verborgen.

Man erfährt nicht, dass sich dahinter eine eindeutige Mission verbirgt: „In ihrer Projektarbeit folgt die Bertelsmann Stiftung der Überzeugung des Stifters Reinhard Mohn, dass die Prinzipien unternehmerischen Handelns zum Aufbau einer zukunftsfähigen Gesellschaft beitragen können.“
Quelle: www.bertelsmann-stiftung.de

„Fundament der Stiftungsarbeit ist die Überzeugung, dass Wettbewerb und bürgerschaftliches Engagement eine wesentliche Basis für gesellschaftlichen Fortschritt sind.“
Quelle: www.bertelsmann-stiftung.de

Dementsprechend sind auch die Informationsangebote der „Deutschen Internetbibliothek“.
Es ist erschreckend, dass es in dieser Gesellschaft kaum noch ein Feld gibt, wo Bertelsmann in Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen nicht mitmischt und seine Mission verbreitet. Der Einfluss von Bertelsmann nähert sich immer mehr dem Einfluss der evangelikalen Fundamentalisten in den USA an.


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