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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. August 2012 um 8:23 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Richard David Precht – Nur Phantasten glauben noch an das heutige Europa
  2. „Die Reichen kaufen sich das System.“ Im Gespräch – mit Heiner Flassbeck
  3. Sahra Wagenknecht – Der Wille der Banker regiert
  4. Der ESM als europäische Bank oder Anleihen-Käufer
  5. Griechische Läufte
  6. Zinsausgaben in Prozent der Steuereinnahmen der EU-Länder von 2000 bis 2010
  7. Ulrike Herrmann – Der Wahnsinn hat einen Namen: SPD
  8. Die zehn gefährlichsten Politiker Europas
  9. Robert Misik – Hurra! Endlich lässt die EZB Geld auf den Bäumen wachsen!
  10. Ruinöser Hochfrequenzhandel
  11. Schweizer Banken umgehen Steuerabkommen
  12. Deutsches „Sozialdickicht“ muss durchforstet werden
  13. Rüstungsexportoffensive
  14. Rechtsbruch wird Tradition – Der Staatstrojaner lebt
  15. Ba(h)r jeglicher Vernunft – Sinnloser Aktionismus gegen „dicke Kinder“
  16. Sommeroffensive des SPD-Chefs – Best of Sigmar Gabriel
  17. «Rebellischer Freund»: Wecker über Stéphane Hessel
  18. Das Allerletzte: Hör doch auf zu Schreiben! Henryk M. Broder attackiert Ingo Schulze

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Richard David Precht – Nur Phantasten glauben noch an das heutige Europa
    Ach, Europa. Das sagte schon Hans Magnus Enzensberger seufzend in den achtziger Jahren; vor vier Jahren hat es Jürgen Habermas wiederholt. “Ach, Europa!” So möchte man wieder rufen angesichts der deutschen Reaktion auf den Plan, den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM mit einer Banklizenz auszustatten, um den privaten Banken ihr liebstes Spekulationsspielzeug wegzunehmen: die Finanzierung der europäischen Staaten.
    Zwar ist, was EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag verkündet hat, noch immer nicht der notwendige Durchbruch. Aber der Gedanke, die privaten Kreditinstitute in Zukunft außen vor zu lassen, lässt sich nicht mehr aus der Welt schaffen.
    Und wie reagiert die Bundesregierung? “Inflationsgefahr” stammeln die Banker, und Rainer Brüderle schließt sich mit den Lobbys kurz. […]
    Nein, die Idee, Staatshaushalte von der Geißel des Spekulationsgeschäfts zu befreien, passt nicht in den Geist des alten Europas. Da muss nun der Begriff “Inflation” als Angstmacher herhalten, obwohl nahezu alle EU-Staaten, einschließlich Deutschlands, sich insgeheim eine sanfte Inflation dringlich wünschen, um ihre enorme Verschuldung abzuschmelzen. […]
    Selbstverständlich lässt sich die Banklizenz für den ESM auch mit guten Argumenten kritisieren, etwa mit dem Einwand, eine solche Lösung der Schuldenkrise entziehe sich der parlamentarischen Kontrolle. Erstaunlich ist nur, wenn diese Kritik von jenen formuliert wird, die bislang überhaupt kein Problem damit haben, dass sich auch die Europäische Zentralbank dieser Kontrolle entzieht. Wenn die EZB beschließt, griechische Staatsanleihen teuer von privaten Banken zurückzukaufen, die diese mit billig von der EZB geliehenem Geld erstanden haben, kontrolliert das bislang auch kein Parlament.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JB: Es ist schon erstaunlich, dass in Deutschland Philosophen gescheitere Aufsätze über ökonomische Themen schreiben als Ökonomen.

  2. „Die Reichen kaufen sich das System.“ Im Gespräch – mit Heiner Flassbeck
    Herr Flassbeck, Sie beklagen, dass bei den politisch verantwortlich Handelnden in Europa, Amerika und Fernost seit Ausbruch der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 keinerlei Bemühen erkennbar sei, die Ursachen des Desasters zu analysieren. Statt dessen sei – vor allem in Europa – erst die Fed, die US-Notenbank, mit ihrer langjährigen Politik des billigen Geldes als Krisenverursacher an den Pranger gestellt und anschließend die Krisenursache von den Kritikern zum Haupttherapeutikum erkoren worden: Die Europäische Zentralbank flutete die Finanzmärkte mit noch billigerem Geld und befeuerte das Casino erneut. Worin liegen die Ursachen der gegenwärtigen Krise?
    Quelle: Das Blättchen
  3. Sahra Wagenknecht – Der Wille der Banker regiert
    Die Euro-Krise erlebt ihr drittes Jahr. Die Politik scheint nicht in der Lage zu sein, die Finanzmärkte zu beruhigen. Das sollte sie auch nicht tun, meint Sahra Wagenknecht, wirtschaftspolitische Sprecherin der Linkspartei-Fraktion. Statt zu versuchen, das Vertrauen der Märkte wiederzuerlangen, sollte die Politik die Märkte endgültig entmachten. Das Gespräch führte Stephan Kaufmann.
    Quelle: Mitteldeutsche Zeitung
  4. Der ESM als europäische Bank oder Anleihen-Käufer
    Ankündigungen der EZB, zeitlich begrenzt unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, bringen wenig, meint Suleika Reiners vom World Future Council. Ihr zufolge wäre es wirksamer und zielgenauer, wenn Staaten sich direkt bei einer öffentlichen europäischen Bank wie dem ESM refinanzieren könnten. […]
    Ein niedriger Leitzins wie derzeit 0,75 Prozent ist zweifelsohne ein wichtiges Instrument, um aus einer Rezession herauszukommen. Zugleich steckt die Eurozone seit über drei Jahren in der Rezession. Und ein niedriger Leitzins nützt wenig, um die Finanznot von Staaten zu lindern; es ist ein teurer Umweg: Banken liehen sich zu rekordniedrigen Zinsen bei der EZB Geld, um dieses teuer – für über fünf Prozent – an Krisenstaaten weiterzureichen.
    Ankündigungen der EZB, zeitlich begrenzt unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, bringen wenig. Mit halbherziger Intervention ist kein Brand zu löschen – er verlängert sich. Ziel darf nicht sein, gerade eben zu überleben und den Euro knapp vor dem Aus zu bewahren. Ziel muss sein, die Rezession und sozialen Kosten zu überwinden. Weit wirksamer und zielgenauer wäre es, wenn Staaten sich direkt bei einer öffentlichen europäischen Bank wie dem ESM refinanzieren könnten.
    Quelle: EurActiv.de
  5. Griechische Läufte
    Der neue deutsche Nationalismus hat ein Lieblingsobjekt der Geringachtung: Griechenland. Der deutsche Wirtschaftsminister in seiner grenzenlosen Inkompetenz hat bereits zweimal just in dem Augenblick, da sich der Furor der finanzkapitalistischen Attacken zu legen schien, öffentlich über das Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone geschwätzt und damit dessen Schwierigkeiten absichtsvoll vergrößert. Dass er damit zugleich die Unruhe um den Euro überhaupt anfachte, die er doch von Amts wegen hätte beschwichtigen sollen, soll hier als weiteres Indiz für seine Unfähigkeit vermerkt, aber nicht weiter thematisiert werden.
    Gleichwohl waren „die Märkte“ und ihre Wasserträger in den Amtsstuben und Parlamenten in Aufregung, als es um die griechischen Wahlen am 17. Juni 2012 ging. Es drohte die „kommunistische Gefahr“ in Gestalt der Linkspartei Syriza. Würde in Griechenland der politische Konsens, der bisher den Neoliberalismus allenthalben trägt, so weit bröckeln, dass eine alternative Konstellation entsteht? Das war die eigentliche, mit den Wahlen verbundene Frage.
    Quelle: Das Blättchen
  6. Zinsausgaben in Prozent der Steuereinnahmen der EU-Länder von 2000 bis 2010

    Quelle: Axel Troost [PDF – 11.6 KB]

  7. Ulrike Herrmann – Der Wahnsinn hat einen Namen: SPD
    Niemand kann sagen, wie reich die Reichen in Deutschland wirklich sind. Man weiß zwar, dass das Privatvermögen der Deutschen mehr als 8 Billionen Euro beträgt. Das kann die Bundesbank noch ausrechnen. Aber wer sie hat? Große Sendepause. Denn eine Vermögenssteuer gibt es in Deutschland ja nicht – und also auch keine Vollerhebung. […]
    Dieser Wahnsinn hat übrigens einen Namen: SPD. Es ist erfreulich, dass der jetzige Chef Sigmar Gabriel sich dem Bündnis „Umfairteilen“ annähert und den Spitzensteuersatz wieder auf immerhin 49 Prozent anheben will. Leider vergisst er dabei zu erwähnen, dass es seine Partei war, die diese Korrektur überhaupt erst nötig macht. Auch die Grünen neigen nicht zur Selbstkritik.
    SPD und Grüne tun noch immer so, als sei es ein bedauerlicher Zufall, dass ausgerechnet seit dem Jahr 2000 Reichtum und Armut in Deutschland so stark auseinanderdriften. Aber es war kein Zufall, dass die Mittelschicht schrumpft. Es war auch ihre Politik.
    Quelle: taz
  8. Die zehn gefährlichsten Politiker Europas
    Der Ton in der Euro-Debatte wird schriller, zuletzt forderte Bayerns Finanzminister Söder “ein Exempel” gegen Griechenland. Auch in anderen Ländern schüren Politiker Ressentiments. Zehn Scharfmacher bringen das Projekt Europa ernsthaft in Gefahr.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Es ist ja spaßig und keinesfalls unpassend, dass SPON die Herren Söder und Dobrindt in eine Reihe mit bekannten Rechtspopulisten stellt. Man fragt sich jedoch, was Alexis Tsipras in dieser Reihe zu suchen hat. Dafür fehlt selbstredend die gefährlichste Frau der Welt in der Rangliste.

  9. Robert Misik – Hurra! Endlich lässt die EZB Geld auf den Bäumen wachsen!
    Noch einmal scheiterten die Pläne zur Stabilisierung des Euro an den Deutschen – aber lang wird der Widerstand gegen die Vernunft nicht mehr anhalten. Dann wird die EZB versprechen, dass kein Euro-Staat pleite gehen kann, und wenn dafür “Kredit ohne Limit” geschaffen werden muss. Aber ist das nicht Finanz-Vodoo? Schlaraffenland-Ökonomie? Nein. Die scheinbar “teure” Lösung wäre sicherlich die billigste Lösung. Warum das so ist und wie Finanzmärkte funktionieren, das wird hier diesmal möglichst anschaulich erklärt.
    Quelle: derStandard.at
  10. Ruinöser Hochfrequenzhandel
    Wie Knight Capital, der führende Market-Maker für US-Aktien, in einer halben Stunde 440 Mio. Dollar an automatische Handelsprogramme verlor […]
    Weil das Testprogramm aber nicht dazu gedacht ist, reale Geschäfte durchzuführen, weist es seine Netto-Position nicht aus, weshalb Knight nicht sofort bemerkt habe, dass seine Verluste gerade eskalieren. Laut Nanex habe Knight vermutlich nicht einmal mitbekommen, dass das Testprogramm läuft – nicht einmal, als es nach Nanex die Probleme bereits bemerkt haben musste und daraufhin das neue Programm erneut startete. Denn das habe dann jeweils auch wieder das Testprogramm in Gang gesetzt und sofort zu einer weiteren ruinösen Welle an Trades geführt.
    Quelle: Telepolis
  11. Schweizer Banken umgehen Steuerabkommen
    Die Schweizer Banken sorgen vor, um das geplante Steuerabkommen mit Deutschland zu umgehen – das berichtet ein führender Fahnder im SPIEGEL. Er fordert, weiterhin Steuer-CDs anzukaufen. […]
    Zumindest einer der Praktiker, der seit vielen Jahren Jagd auf Steuerflüchtlinge macht, hält das für eine Milchmädchenrechnung. Die Schweizer Banken hätten sich längst darauf vorbereitet, das Vermögen ihrer Kunden vor der geplanten Quellensteuer von gut 25 Prozent auf Zinserträge weiter zu verbergen, sagt Klaus Herrmann, Chef der Steuerfahndung in Rheinland-Pfalz, dem SPIEGEL.
    “Sieben Wege ins Glück”, laute die bankeninterne Bezeichnung der verschiedenen Modelle, die für die deutschen Kunden entwickelt worden seien. Darunter Klassiker wie der “Liechtensteiner Rettungsanker”, simple Tricks wie die “Domizilierungslösung” oder Kniffliges wie die Umschichtung der Vermögen in Offshore-Gesellschaften.
    Nach Informationen des Fahnders, die unter anderem auf diskreten Hinweisen Schweizer Bankmitarbeiter beruhen, sind die ersten Angebote bereits an deutsche Kunden verschickt worden. Die Schweiz habe zwar versprochen, rund 1,7 Milliarden Euro aus einer einmaligen Steuerabschöpfung der Schwarzgeldvermögen nach Deutschland zu überweisen. Aber aus der anschließend geplanten Quellensteuer auf Zinserträge dieser Vermögen werde nicht einmal eine Milliarde Euro erzielt werden, schätzt Herrmann.
    Quelle: SPIEGEL Online
  12. Deutsches „Sozialdickicht“ muss durchforstet werden
    Seit langem steht eine Bewertung der unzähligen familienpolitischen Leistungen aus. Die Kommunen wollen nun den Sozialstaat auf den Prüfstand stellen. Eine unabhängige Expertenkommission soll den Dschungel lichten. […]
    Eine solche „Reform-Agenda 2020“ sollte von einer unabhängigen Sachverständigenkommission erarbeitet werden – wie nach dem Vorbild etwa der Harz-IV-Arbeitsmarktreform oder der „Süssmuth-Kommission“ für ein Zuwanderungs- und Integrationskonzept. Ziele seien eine Versachlichung der Debatte und ein transparentes, zukunftsfestes Sozialgesetzbuch, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers C.G.: Ein neuer Vorstoß für die weitere Demontage des Sozialstaates – diesmal von den Kommunen. Selbstverständlich wird der Sozialstaat damit vor dem „Anspruchsdenken“ seiner Bürger geschützt. Es ist immer die alte Masche, man zerstört, was man angeblich retten will. Schließlich weiß man, für eine Politik des radikalen Sozialstaatsabbruchs gewinnt man keine breite Zustimmung in der Bevölkerung. Damit dies dennoch klammheimlich und damit jenseits der Öffentlichkeit vorbereitet wird, gründet man wieder eine Kommission von „Experten“. Beim nächstbesten Krisenschock holt man dann die Ergebnisse zur angeblichen Rettung des Sozialstaates aus der Schublade. Wozu braucht man dann noch Wahlen, Parteien, Parlamente, geschweige eine öffentliche Diskussion (wenn diese überhaupt noch angesichts der Konzernmedien möglich sein sollte), wenn die Ergebnisse dank der „Experten“ der Machtelite und Konzerne schon vorher feststehen?

  13. Rüstungsexportoffensive
    Gerade sind die Bemühungen im Rahmen der UNO, ein internationales Abkommen zur Kontrolle des globalen Waffenhandels zustande zu bringen, nach vier Wochen Verhandlungen in New York gescheitert. Es waren, wie der Tagesspiegel vermerkte, die USA, „die, regiert vom Friedensnobelpreisträger Barack Obama und unter dem Druck der National Rifle Association die Verhandlungen platzen ließen“. Diese höchst bedauerliche Entwicklung verleiht dem nachfolgenden Beitrag zusätzliche Aktualität.
    Quelle: Das Blättchen
  14. Rechtsbruch wird Tradition – Der Staatstrojaner lebt
    Der bayerische Datenschutzbeauftragte legt seinen Bericht zum Staatstrojaner vor. Die Reaktionen vermitteln eine deutliche Botschaft: Weiterhin soll bestehendes Recht gebrochen werden. […]
    Wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann bei dieser Faktenlage von einer „Entlastung“ fabulieren konnte, bleibt sein Geheimnis. Vermutlich meint er die Kommentierung Petris, dass er keinen „Missbrauch“ habe feststellen können – wie sollte er auch, angesichts des dürftigen Einblicks. Doch nicht nur rechtlich liegt hier erneut der Beweis vor, dass sehr wohl missbräuchlich das Spionieren eigenmächtig auf Bereiche jenseits des Erlaubten ausgedehnt wurde. Petris allzu freundliche Wortwahl kann nach der Lektüre des Berichts nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Innenminister einen offenkundigen Rechtsbruch nicht nur toleriert hat, sondern noch weiter auszubauen gedenkt.
    Quelle: FAZ
  15. Ba(h)r jeglicher Vernunft – Sinnloser Aktionismus gegen „dicke Kinder“
    Ende Juli, rechtzeitig zum Sommerloch war es mal wieder soweit: Die Politik sagt dem „Übergewicht bei Kindern den Kampf an“ – und zwar bulevardesk in persona Daniel Bahr, unserem FDP-Gesundheitsminister, der mit diesem Thema öffentlichkeitswirksam punkten möchte: „Wir kümmern uns um Eure Kinder.“, so lautet die Bahrsche Botschaft. Seine Erklärung für den „Vorstoß gegen Fett“ liefert er auch gleich mit: Die Zahl übergewichtiger Kinder hätte in den letzten Jahren stark zugenommen und Schuld seien vor allem falsche Ernährung und zu wenig Sport [1].
    Wie realitätsfern diese Vermutungen tatsächlich sind, zeigt ein Blick auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse: Erstens gibt es bislang „keine repräsentativen Daten zur Entwicklung des Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland“, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) feststellt. Zweitens existiert keine einzige Studie, die beweist, dass „falsche Ernährung“ oder Bewegungsmangel für krankhaftes Übergewicht verantwortlich sind. Und drittens gelten nach dem Kinder- und Jugendsurvey (KiGGS) [2] des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) 75 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland rein statistisch betrachtet als „normalgewichtig“, das übrige Viertel entweder als „zu dick“ oder „zu dünn“ – das sind Daten, die zwar nur auf dem wissenschaftlich unbrauchbaren BMI basieren, aber dennoch eine humanbiologische Normalverteilung der „Kindergewichtsklassen“ zeigen. Selbst diese einzig verfügbaren, relevanten Daten geben also weder Anlass zur Polemik noch zur Panik in Sachen „Übergewicht bei Kindern“.
    Quelle: Novo Argumente
  16. Sommeroffensive des SPD-Chefs – Best of Sigmar Gabriel
    Sommerloch? Das gibt es nicht für den SPD-Vorsitzenden. Eigentlich macht Gabriel offiziell bis September Elternzeit, um sich um sein Töchterchen Marie zu kümmern. Doch stattdessen versucht er, für die SPD und für sich zu trommeln. Die parlamentarische Pause nutzt Gabriel auch als Bühne, um sich als linker Sozialdemokrat zu profilieren. Denn im Ringen um die SPD-Kanzlerkandidatur haben derzeit andere bessere Karten: Es zeichnet sich nach Informationen des SPIEGEL mittlerweile eine wachsende Unterstützung in der Partei für Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ab.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JK: Das reicht zwar bei weitem noch nicht an die Qualität der Hetze gegen Lafontaine und die Linke heran, aber man scheint sich schon mal auf Gabriel einzuschießen. Steinmeier und Steinbrück sind dem neoliberalen Mainstream offenbar wesentlich genehmer.

    Ergänzende Anmerkung JB: Gabriels Kritik an den Banken scheint bei SPON Beißreflexe auszulösen. Interessant ist auch, wie der SPIEGEL einmal mehr selbst Politik macht, indem er postuliert, in der SPD-Fraktion zeichne sich „eine wachsende Unterstützung“ für Frank-Walter Steinmeier ab. Quelle? Der SPIEGEL selbst! Und alle schreiben fröhlich voneinander ab.

  17. «Rebellischer Freund»: Wecker über Stéphane Hessel
    „Empört euch!“, ruft ein 93-Jähriger. Und junge Menschen weltweit hören den Ruf, gehen auf die Straßen und versammeln sich auf den öffentlichen Plätzen, um Demokratie und Gerechtigkeit einzufordern. Der ehemalige Résistance-Kämpfer und Unterzeichner der Charta der Menschenrechte, Stéphane Hessel, zündete einen Geistesfunken, der überall von Menschen vernommen und weitergetragen wird.
    In seiner Streitschrift Empört euch! fordert er einen friedlichen Aufstand und ruft zum Widerstand gegen die Diktatur des Finanzkapitalismus, die Unterdrückung von Minderheiten und die Umweltzerstörung auf unserem Planeten auf. Wer an Freiheit und Liebe glaubt, wer davon überzeugt ist, dass der Mensch sich selbst bestimmen kann, muss bereit sein, sich gegen Missstände zu empören. Widerstand ist nicht nur ein Grundrecht des Menschen, Widerstand kann auch ein Vergnügen sein, weil man sich einsetzen kann für ein besseres Leben. Das ist es doch, was uns in Bewegung hält, uns lebendig macht und davor bewahrt zu erstarren und zu resignieren. Denn das Gefährlichste, so Stéphane Hessel, ist die Gleichgültigkeit.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  18. Das Allerletzte: Hör doch auf zu Schreiben! Henryk M. Broder attackiert Ingo Schulze
    Wer meint, dass es in der Welt nicht gerecht zugeht, soll gefälligst die Klappe halten. Zumal dann, wenn er daran etwas ändern will, von Berufs wegen Schriftsteller ist und in einem früheren Leben noch dazu DDR-Bürger war. So jedenfalls lässt sich in aller gebotenen Kürze zusammenfassen, was der Schreiber Henryk M. Broder dieser Tage zum gerade erschienen Buch des Romanciers und Essayisten Ingo Schulze von sich gab. Unter dem Titel Unsere schönen neuen Kleider enthält der beanstandete Text die überarbeitete und erweiterte Fassung einer vielbeachteten Rede, die der Schriftsteller am 26. Februar in Dresden gehalten hatte.
    Quelle: Hintergrund


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