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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 30. August 2012 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Holländischer Linksruck gefährdet Merkels Sparplan
  2. Armut unter Beschäftigten und Arbeitslosen in Deutschland besonders stark gestiegen
  3. Vom Gelddrucken und der Deflation
  4. Einkommens- und Vermögenskonzentration – Teil 2: Der sichtbare und der unsichtbare Teil der Vermögensschere
  5. Propaganda
  6. Eurokrise
  7. Wikinger-Wunder
  8. Marktkonforme Streiks
  9. Entzauberter Hedgefonds-Star – Paulson bittet Kunden um Geduld
  10. Hochfrequenzhandel bedroht Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte!
  11. Versagende Märkte: Wer zahlt den Preis?
  12. Brief an Bahr: Paritätischer warnt vor wachsender Gesundheitskluft und fordert Präventionsgesetz
  13. Neu geschaffene Rohstoffagentur – Bundesregierung erfüllt Industriewünsche
  14. Die Treuhand – eine Geschichte von Glücksrittern und Ganoven
  15. TV-TIPP: Heiner Flassbeck im Gespräch mit Rigobert Kaiser auf BR alpha
  16. Medienkritik: Ein interessanter Kommentar von siddartha im „Sprengsatz“
  17. Ein Dank an unsere Leser wegen des „G500-Texts“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Holländischer Linksruck gefährdet Merkels Sparplan
    Hollands Sozialisten führen 14 Tage vor der Wahl in Umfragen. Sollten die Euro-Skeptiker um Parteichef “Roemer Hood” gewinnen, wird es für Merkel noch schwieriger, ihren Kurs in Europa durchzusetzen. […]
    Die SP besteht aus Euroskeptikern und wenn sie die Wahl gewinnen sollte, wird es für Bundeskanzlerin Angela Merkel mühsamer, in Europa verlässliche Partner für ihre Politik des Sparens zu finden. Bisher hat Holland mit seinem liberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte den deutschen Eurokurs gestützt. […]
    Roemer will erreichen, dass der harte Sparkurs, den Premier Rutte und Kanzlerin Merkel auf europäischer Ebene vertreten, beendet wird. ,,Wir müssen jetzt investieren. Der Staat muss für Impulse sorgen”, forderte er zum Start seiner Wahlkampagne in Arnheim, zu der rekordverdächtige 2500 Eintrittskarten verkauft wurden. Den maßgeblich von Merkel ins Leben gerufenen Fiskalpakt will Roemer künftig ignorieren.
    Bei Arbeitgeberverbänden herrscht blankes Entsetzen über den Höhenflug der SP. ,,Ihr Wahlprogramm ist eine Katastrophe für die Niederlande”, sagte Verbandschef Bernhard Wientjes dem “Algemeen Dagblad”. Er ist der Ansicht, dass höhere Mindestlöhne, wofür die SP plädiert, schlecht für die Betriebe und die Export orientierte Wirtschaft sind. So würden “nur Jobs vernichtet”.
    Auch im Mittelstandsverein MKB Nederland sorgen Roemers Pläne für Kopfschütteln. “Er sagt, es müsse investiert werden. Er sagt aber nicht, wer das bezahlen soll. Unternehmern und Konsumenten wird das Geld aus der Tasche gezogen”, warnte der Vorsitzende Hans Biesheuvel.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: WELT-gemäß eine krude Mischung aus Halbwahrheiten und Beleidigungen – sicher nicht wichtig für die holländischen Wähler. Aber, wie im Artikel angesprochen, schießen, so kurz vor der Wahl, die Arbeitgeberverbände und die neoliberal-konservativen Partei der Niederlande ganz scharf gegen die SP.

    Ergänzende Anmerkung JB: Vollends grotesk wird es, wenn die WELT, in deren Kommentarteil nahezu täglich gegen den Euro polemisiert wird, die linke SP als „euroskeptisch“ bezeichnet. Wer Merkels Austeritätswahn ablehnt, ist doch nicht euroskeptisch – ganz im Gegenteil. Für Europa und den Euro wäre es ein großer Erfolg, wenn in 14 Tagen die Sozialisten in den Niederlanden die Wahl gewinnen könnten. Da aus Deutschland offenbar kein Widerstand gegen Merkels Austeritätswahn kommt, müssen unsere Nachbarn wohl diesen wichtigen Job erledigen. Veel Geluk!

  2. Armut unter Beschäftigten und Arbeitslosen in Deutschland besonders stark gestiegen
    Armut bei Erwerbstätigen und Arbeitslosen hat sich in Deutschland zwischen der Einführung der Hartz-Reformen und dem Jahr 2009 stärker ausgebreitet als in allen anderen EU-Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis der neuesten derzeit verfügbaren Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat.
    Seit 2004 sind die Beschäftigtenzahlen in Deutschland kräftig gewachsen, die Arbeitslosigkeit hat deutlich abgenommen. Doch die positive Entwicklung hat eine Schattenseite, sagt WSIForscher Dr. Eric Seils: “Analysiert man die soziale Lage der Erwerbsbevölkerung, dann zeigt sich, dass die deutschen Beschäftigungserfolge mit einem hohen sozialen Preis verbunden waren.”
    Der Sozialwissenschaftler hat die EU-weite Erhebung von Armutsdaten ausgewertet, die aktuell bis zum Einkommensjahr 2009 vorliegen. 2009 waren laut Eurostat in Deutschland 7,1 Prozent der Erwerbstätigen von Arbeitsarmut betroffen…
    Im Vergleich zu 2004 ist der Anteil der “Working Poor” um 2,2 Prozentpunkte gestiegen. Damit nahm die Arbeitsarmut in Deutschland, ebenso wie in Spanien, deutlich stärker zu als in allen anderen EU-Staaten. Im Durchschnitt der Gemeinschaft wuchs die Armutsquote unter Erwerbstätigen nach Eurostat nur um 0,2 Prozentpunkte. Der überdurchschnittliche Anstieg führte dazu, dass Deutschland mittlerweile bei der Arbeitsarmut im europäischen Mittelfeld liegt…
    Noch weitaus drastischer stieg seit 2004 die Armutsquote unter Arbeitslosen – um 29 Prozentpunkte. Im EU-Durchschnitt waren es nur 5 Prozentpunkte.
    2009 hatten 70 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland nur ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze – 25 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der 27 EU-Staaten.
    Quelle: Welt der Arbeit
  3. Vom Gelddrucken und der Deflation
    Wenn von Deflation die Rede ist, wird oft das traurige Kapitel der “Great Depression” 1929 im Geschichtsbuch aufgeschlagen. Um über ein Viertel brachen damals Welthandel und Industrieproduktion ein. Anfänglich setzte die Politik auf die vielzitierten Selbstheilungskräfte des Marktes. Nulldefizit und restriktive Geldpolitik standen auf dem Plan. Die Folgen sind Geschichte: Chaos, Elend, Arbeitslosigkeit und Jahre deflationärer Depression.
    In der aktuellen Krise drucken die Notenbanken um die Wette. Inflation in Verzug? “Keineswegs”, sagt Harvard-Ökonom Ben Friedman im Gespräch mit dem Standard. “Zentralbanken leisten exzellente Arbeit.” Inflationsängste bestünden zu Unrecht. Zur Beruhigung bestehe dennoch kein Grund, warnen Ökonomen wie Nobelpreisträger Paul Krugman. Deflation sei die eigentliche Gefahr!
    Quelle: derStandard.at

    Anmerkung JB: Sehr richtig, was die österreichischen Kollegen da schreiben. Leider bleiben solche Mahnungen nördlich der Alpen ungehört, wie beispielsweise wieder einmal eine aufgearbeitete Agenturmeldung von SPIEGEL Online zeigt:

    Inflation klettert auf zwei Prozent
    Die Preise in Deutschland sind im August stärker gestiegen als in den Monaten zuvor, die Inflationsrate erreichte zwei Prozent. Hauptgrund ist die Teuerung bei Benzin und Heizöl – manche Volkswirte sehen aber auch in der Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank ein Risiko. […]
    Das Problem der EZB: Sie ist für die Geldstabilität im gesamten Euro-Raum zuständig – und stützt mit niedrigen Leitzinsen vor allem die schwächelnde Wirtschaft der südeuropäischen Krisenländer. Sollte die EZB auf ihrer nächsten Ratssitzung im September die Zinsen weiter senken, könnte sie damit die Inflation wieder befeuern.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Unsere tägliche Inflationswarnung gib uns heute. Warum eine Zinssenkung der EZB die „Inflation wieder [sic!] befeuern“ sollte, verraten uns SPIEGEL Online und die an der Meldung beteiligten Nachrichtenagenturen freilich nicht. Eben so wenig erfährt der Leser, dass die „zwei Prozent“ exakt die Zielmarke der EZB sind und die Bundesbank zudem bereits eingestanden hat, dass eine etwas höhere Inflation in Deutschland makroökonomisch durchaus gewünscht sei – dies bezieht sich freilich jedoch nicht auf die „Außeninflation“ (Energiepreise), die wir momentan beobachten können.

    Dazu auch den NachDenkSeiten: Vergesst die Inflation!

  4. Einkommens- und Vermögenskonzentration – Teil 2: Der sichtbare und der unsichtbare Teil der Vermögensschere
    Vermögenskonzentration und Steueroasen
    Ein entscheidender Grund dafür, dass, wie in Teil 1 abschließend konstatiert, nur ein sehr ungenaues Bild vom weltweiten privaten Vermögen existiert, ist das in Steueroasen versteckte, nicht erfasste Vermögen. Dabei suggeriert der Begriff „Steueroase“ bereits eine falsche Vorstellung, weil das in Rede stehende Vermögen meist nicht innerhalb spezifischer geographischer Grenzen zu verorten ist, sondern in komplizierten Strukturen, die es geographisch ins Niemandsland verfrachten. Der Begriff „Offshore“-Vermögen ist deswegen treffender. Er bezieht sich auf ganze Netzwerke legaler und quasi-legaler Einrichtungen und Arrangements, die nur dem Namen nach sowie oft auch nur kurzfristig an bestimmten Standorten existieren, in hohem Maße portierbar, also ortsbeweglich sind und vielen verschiedenen Gerichtsbarkeiten unterliegen oder besser gesagt praktisch keiner. Sie kontrollieren und verwalten private finanzielle und nicht-finanzielle Vermögen im ausschließlichen Interesse der Eigentümer und nicht selten ungeachtet oder in unumwundener Missachtung der Interessen und Gesetze vieler Nationalstaaten. ((1) TJN, S. 9)
    „Offshore“ bedeutet beispielsweise, dass ein Gemälde oder ein Bankkonto zwar physisch in der Schweiz zu verorten sein mag. Aber die alles entscheidende Struktur, der es gehört, ist wahrscheinlich in viele Fragmente zerlegt und rund um den Globus verteilt. Noch eine der einfachsten solcher Offshore-Strukturen wäre es etwa, wenn das Gemälde oder Bankkonto einer anonymen Offshore-Gesellschaft gehört, die einer bestimmten Gerichtsbarkeit unterliegt. Diese Gesellschaft ist wiederum Eigentum eines Treuhandfonds in einem anderen Rechtsgebiet, für dessen Treuhänder abermals andere Gerichtsbarkeiten zuständig sind. ((2) TJN, S. 9)
    Quelle: Querschuesse
  5. Propaganda
    1. Jetzt bloß nicht aufgeben!
      Die Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Südländer verbessert sich – doch Politik und Finanzmärkte ignorieren die Fortschritte. Die Euro-Retter müssen Durchhaltewillen beweisen – denn Stolpersteine gibt es auch weiterhin genug.
      Quelle: FTD

      Anmerkung JB: Je schlimmer die Lage, desto lauter die Durchhalteparolen der Neoliberalen. Fein, angeblich steigt nun die Wettbewerbsfähigkeit der „Euro-Südländer“, was angesichts der dortigen Lohnkürzungen auch nicht sonderlich überrascht. Aber wer soll denn nun die schönen Produkte kaufen, die wettbewerbsfähig hergestellt wurden, wenn alle um die Wette „sparen“? Vielleicht finden wir ja bald, wie Paul Krugman neulich launig anmerkte, Außerirdische, die genug Geld in der Tasche haben.

    2. Die schrecklich nette Frau Merkel
      Angela Merkel wirkt wie verwandelt. Sie lobt Europas Staaten für ihre Mühen in der Euro-Krise und zollt den Menschen Respekt für ihre Entbehrungen. Die sonst so kühle Kanzlerin zeigt sich in neuem rhetorischen Gewand. Mit welchem Ziel?
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Die Hofberichterstatung von SPIEGEL Online erreicht mittlerweile ein Niveau, das nur noch von den Nordkoreanern unterboten werden kann. „Unsere liebe Führerin“ ist also seit der Sommerpause plötzlich „nett“ zu den Südeuropäern? Wenn dem so wäre, würde sie ja auch ihre Austeritätsknute wieder einstecken und den Menschen in Südeuropa zumindest die Luft zum Atmen lassen. Das tut sie jedoch nicht und darum ist die oberflächliche „Analyse“ von SPIEGEL Online auch das Papier nicht wert, auf dem sie glücklicherweise nicht gedruckt ist. Schon in der Bibel, die für Mitglieder und Anhänger einer Partei, die das „C“ in ihrem Namen trägt, ja immer noch eine gewisse Bedeutung haben sollte, steht: „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“.

  6. Eurokrise
    1. Wolfgang Münchau – Deutschland ist erpressbar geworden
      Angela Merkel wird noch immer als Europas mächtigste Politikerin hofiert, doch die Kanzlerin hat in der Schuldenkrise ihr Blatt überreizt. Deutschland ist erpressbar geworden, denn wir können uns einen Bruch der Euro-Zone nicht mehr leisten. Wenn es knallt, leiden alle, aber die Bundesrepublik am meisten. […]
      Wenn der Euro auseinanderbricht, dann wäre Deutschlands mühsam errungene Wettbewerbsfähigkeit vernichtet. Der Wechselkurs der deutschen Währung (welchen Namen sie dann auch immer tragen mag) würde massiv steigen. Die Finanzindustrie wäre pleite, weil sie ihre Forderungen in den Euro-Südstaaten abschreiben müsste. Und der deutsche Staat würde auf Außenständen von rund einer Billion Euro sitzenbleiben. […]
      Deutschland blufft tatsächlich ungeniert. Das Problem ist nur: Es gibt genügend Deutsche, die das nicht so sehen. Die sich auf ein solch gefährliches Spiel einlassen, weil sie glauben, ihr Land habe gute Karten. In Momenten der Krise sind Staaten nicht immer rational in der Bewertung ihrer Lage und ihrer Interessen – ebenso wenig wie Pokerspieler.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Münchau hat freilich Recht, leider argumentiert auch er mit den unsäglichen Target-2-Salden, die zwar als „Drohkulisse“ ihren Sinn haben mögen, aber nicht seriös als Kosten im Falle eines Euro-Zusammenbruchs interpretiert werden können.

    2. Spanien: Bankeinlagen schrumpfen mit Rekordvolumen
      Wie heute die Daten der EZB zu den aggregierte MFI-Bilanzen der Eurozone für Juli 2012 zeigen, kam es in Spanien zu einem neuen Rekordschwund bei den Bankeinlagen des Privatsektors (Unternehmen und private Haushalte). Dies deutet auf eine verschärfte Kapitalflucht des Privatsektors hin, diesmal, wie es die Target2 Salden im Euroraum nahelegen, erstmals nicht nur innerhalb der Eurozone, sondern aus der Eurozone heraus. Im Juli 2012 schrumpften die Deposits des Privatsektors bei den spanischen Monetary Financial Institutions (MFIs), ohne die Banco de España (Zentralbank), um die Rekordsumme von -74,2 Mrd. Euro zum Vormonat!

      Quelle: Querschuesse

  7. Wikinger-Wunder
    Es geht auch anders: In Island beschirmt der Staat seine Bürger und nicht die Banken. Damit hat sich die Insel, die bankrott war, wieder hochgerappelt. Die “Kochtopf-Revolution” spielte dabei eine entscheidende Rolle. Eine Ortsbegehung.
    Es ist der erste und bei weitem der einzige Blickfang wenn man sich Reykjavik nähert. Im bizarren Kontrast zu den geduckten Häusern und den bescheidenen Fischerbooten erhebt sich ein gigantischer und bezaubernder Glaspalast über dem Hafen und das kleine Zentrum der Hauptstadt. Die Harpa ist die größte Konzerthalle Skandinaviens. Sie bietet 1800 Plätze – für eine Stadt von der Größe Heilbronns. Als wäre ein Ufo gelandet, um die Wikinger zu einem anderen Planeten mitzunehmen.
    Die Harpa ist die Unverhältnismäßigkeit in Glas und Beton. Eine aufdringliche Metapher für die verrückte Geschichte vom vermeintlichen Aufstieg, beispiellosen Fall und der erstaunlichen Erholung des Inselstaates. Eine Geschichte, die angesichts der trostlosen Endlosschleife der Krise in Resteuropa immer mehr interessierte Zuhörer findet. Das Land, das 2008 einen der größten Bankencrashs der Geschichte hinlegte, steht inzwischen so gut da wie kein anderes europäisches Krisenland: solides Wirtschaftswachstum (4,5 Prozent), sinkende Arbeitslosigkeit (fünf Prozent), stabile Währung.
    Quelle: Kontext Wochenzeitung
  8. Marktkonforme Streiks
    Es gibt bis heute kaum einen Ökonomen, der nicht die Flexibilisierung und Deregulierung des deutschen Arbeitsmarktes als Ursache für den deutschen Aufschwung nach 2005 deklariert. Das bedeutete unter anderem die Tariffähigkeit der Gewerkschaften zu schwächen, um die Lohnhöhe gemäß der neoklassischen Arbeitsmarkt-Theorie an der sogenannten Grenzproduktivität des einzelnen Beschäftigten zu orientieren. Dazu kam die weitgehende Öffnung der Arbeitsmärkte außerhalb der Flächentarifverträge früherer Zeiten. Menschen, die zur Eigenverantwortung gezwungen werden, reagieren Marktkonform, auch wenn sie von den Konsequenzen irritiert sein sollten, wie bei manchen Volkswirten in dem letzten link. Eine Folge dieser Entwicklung: Die Arbeitnehmer nahmen diese Aufforderung ernst – und orientierten sich in zunehmendem Maße an der Maximierung ihres individuellen Nutzens. Ob Ärzte, Fluglotsen, Zugführer oder Piloten: Der Ausstieg aus kollektiven Lohnfindungsstrukturen war eine der zentralen Entwicklungen der vergangenen 25 Jahre. Das wird jetzt im Handelsblatt bejammert…
    Oliver Stock nennt den heutigen Streik der Flugbegleiter bei der Lufthansa “unsolidarisch”. Es ist absurd…Ihr Streik ist Marktkonform.
    Quelle: Wiesaussieht
  9. Entzauberter Hedgefonds-Star – Paulson bittet Kunden um Geduld
    Er galt als Koryphäe der Hedgefonds, doch nun laufen John Paulson die Kunden weg. Laut einem Agenturbericht versucht der Manager zu retten, was zu retten ist: In einer Telefonkonferenz habe er Fehler bei seiner Anlagestrategie eingeräumt – und seine Kunden um Geduld gebeten […]
    Paulson setzt auf Gold – den Rohstoff selbst und auf Unternehmen, die in diesem Sektor aktiv seien. So wolle er seine Fonds im Krisenumfeld unabhängiger von der Konjunktur machen. […]
    Und auch an der Euro-Schuldenkrise, wo er unter anderem auf eine schlechtere Bonität und höhere Zinskosten für Deutschland spekulierte, verdiente er bislang nicht so viel wie erhofft.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Paulson scheint verdrängt zu haben, dass Gold ein hoch volatiles Spekulationsobjekt in einem vergleichweise kleinen und daher anfälligen Markt ist, an dem sich schon viele Zocker die Hände verbrannt haben. Und zu seinen Spekulationen gegen Bundesanleihen muss man wohl wirklich nicht mehr viel sagen. Die Welt wäre ganz sicher kein schlechterer Platz, wenn John Paulson morgen Konkurs anmeldet.

  10. Hochfrequenzhandel bedroht Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte!
    Am 1. August war es wieder einmal so weit. Die Knight Capital Group verlor durch eine Fehlfunktion eines ihrer Programme beim computerisierten Handel innerhalb von 45 Minuten rund 450 Millionen US-Dollar. Dadurch geriet der Börsenhändler in eine existentiell bedrohliche Lage und musste rasch durch eine Finanzspritze der Citadell LLC in Höhe von 500 Millionen US-Dollar vor dem Kollaps gerettet werden. Dumm gelaufen, könnte man sagen.
    Quelle: DIW [PDF – 79.2 KB]
  11. Versagende Märkte: Wer zahlt den Preis?
    In der jüngeren Vergangenheit wurden zahlreiche Märkte im Glauben an die wohlstandsdienlichen Selbstregulierungskräfte „freier Märkte“ liberalisiert und dereguliert.
    Ein Blick auf die Ergebnisse zeigt jedoch, dass damit oft nicht die Wohlstandswirkungen freien Wettbewerbs stimuliert, sondern eher problematische Kostenabwälzungen befördert
    wurden. Aufgrund von Regulierungslücken spiegeln zum Beispiel in Arbeits-, Finanz- oder
    Lebensmittelmärkten die „Preise“ ihrer Produkte und Dienstleistungen nicht deren reale Kosten wider; vielmehr wurden letztere zum Teil auf andere Akteure verschoben. Um solchem Marktversagen zu begegnen, bedarf es einer modernen Ordnungs- und Wettbewerbspolitik zur Re-Internalisierung dieser Kosten.
    Quelle: WISO direkt, Friedrich-Ebert-Stiftung auf Welt der Arbeit
  12. Brief an Bahr: Paritätischer warnt vor wachsender Gesundheitskluft und fordert Präventionsgesetz
    Vor einer wachsenden Gesundheitskluft in Deutschland warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband und appelliert in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Bahr, ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen, um für alle Menschen gleiche Chancen auf ein möglichst gesundes und möglichst langes Leben schaffen. Die Lebenserwartung dürfe in Deutschland nicht länger vom Geldbeutel abhängen. Ein entsprechendes Gesetz zur Gesundheitsförderung müsse alle relevanten Akteure in die Pflicht nehmen, Qualitätsstandards sichern und eine verlässliche Finanzierung garantieren.
    “Die gesundheitliche Chancenungleichheit in Deutschland ist skandalös. Die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung sterben im Durchschnitt zehn Jahre früher als die reichsten 20 Prozent. Bei ihnen brechen chronische Erkrankungen früher aus und verlaufen deutlich schwerwiegender”, kritisiert Verbandsvorsitzender Prof. Dr. Rolf Rosenbrock.
    Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband
  13. Neu geschaffene Rohstoffagentur – Bundesregierung erfüllt Industriewünsche
    Mit einer Agentur unterstützt das Wirtschaftsministerium den Ressourcenhunger der Industrie. Von Entwicklungsorganisationen kommt Kritik.
    Weil bezahlbare Rohstoffe „wesentlich für die deutsche Industrie sind“, will die Regierung „für offene Märkte streiten und kämpfen“ und „Handelshemmnisse abbauen“.
    Umgesetzt wird die Beratung und Unterstützung der Wirtschaft von der neu geschaffenen Rohstoffagentur, die am Dienstag ihre Arbeit unter dem Dach der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Berlin-Spandau offiziell aufnahm…
    Bei Entwicklungsorganisationen stößt die enge Zusammenarbeit von Regierung und Industrie in der Rohstofffrage auf Kritik. In ihren „Anforderungen an eine zukunftsfähige Rohstoffstrategie“ hatte ein Bündnis schon 2010 auf soziale und ökologische Standards, mehr Transparenz und ein Verzicht auf Rohstoffvorhaben in Konfliktgebieten gefordert.
    Quelle: taz
  14. Die Treuhand – eine Geschichte von Glücksrittern und Ganoven
    In “Goldrausch” wird die Geschichte der Treuhandanstalt dokumentiert. Sie ist geprägt durch Bestechung, Betrug, Bereicherung…
    Als die DDR verkauft wurde, konnte der Thyssen-Konzern alles kriegen, was er haben wollte. Daran erinnert sich Christoph Partsch, zu Beginn der neunziger Jahre Vertragsmanager bei der Treuhandanstalt. Mehr als zweihundert ostdeutsche Betriebe seien in den Besitz der Essener übergegangen. Mindestens ein Kauf endete in einem Riesenskandal. Thyssen soll, als der Konzern gemeinsam mit seinem Vertragspartner Elf Aquitaine die große Raffinerie in Leuna baute, die öffentliche Hand um Hunderte Millionen Mark Subventionen betrogen haben.
    Es ist nur ein spektakulärer Fall von vielen, die der Film Goldrausch – Die Geschichte der Treuhand schildert. Immer wieder geht es um Bestechung, Betrug, Bereicherung, die Gier einiger auf die schnell gemachte Million und die tiefe Angst vieler um ihre nackte Existenz. Diese Geschichte hat alles, was ein guter Wirtschaftskrimi braucht.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers S.P.: Der Film zeigt den Jubel der Ostdeutschen über Wiedervereinigung und Währungsunion und die Hoffnung der Bürgerrechtler, die ursprünglich durch die Treuhandgesellschaft allen DDR-Bürgern Anteile am Staatsvermögen überschreiben wollten, aber mit ihrem Plan scheiterten. Man sieht Politiker, die mit der Privatisierung der Staatsbetriebe ihre eigenen Interessen verfolgten oder von der neuen Marktwirtschaft schlicht überfordert waren; die Ganoven und Glücksritter, die im Osten schnell reich werden wollten; die empörten Arbeitnehmer, die sich von den neuen Chefs betrogen fühlten; und mittendrin die Beamten der Treuhand – manche ambitioniert und mit den besten Absichten, andere Betrüger wie die Investoren, mit denen sie gemeinsame Sache machten.

  15. TV-TIPP: Heiner Flassbeck im Gespräch mit Rigobert Kaiser auf BR alpha
    Alpha-Forum Donnerstag, 30.08. um 21.00 Uhr und Freitag, 31.08. um 13 Uhr
    Quelle 1: BR alpha
    Quelle 2: Das Manuskript zur Sendung

    Siehe auch: Flassbeck: “Merkel ist offensichtlich schlecht informiert”
    “Eine Reihe von internationalen Ökonomen versuchen die Bundesregierung und andere Regierungen in Europa davon zu überzeugen, dass man mitten in einer Rezession keine restriktive Finanzpolitik machen kann. Um nur ein Beispiel zu nennen. Und das ist praktisch unmöglich dies zu kommunizieren,” so Prof. Heiner Flassbeck
    Quelle: DAF

  16. Medienkritik: Ein interessanter Kommentar von siddartha im „Sprengsatz“:
    STERN , SPIEGEL (anteilig), FTD, RTL, RTL2, VOX, MANAGERMAGAZIN oder N-TV befinden sich alle im Privatbesitz von Bertelsmannchefin und Merkelfreundin Liz Mohn. Der Höhepunkt wurde am letzten Wochenende erreicht, als in einem SPONartikel das merkelkritische Buch von Frau Höhler diffamiert wurde, da ja Frau Höhler angeblich fälschlicherweise von den Medien als Kanzlerberaterin bezeichnet wurde!? Ohne jeglichen Hinweis am Artikel, dass es sich beim Autor um einen langjährigen ranghohen CDU Politiker handelt und nebenbei noch um den persönlichen Biographen Angela Merkels. Da schreiben bereits CDU-Mitglieder und Merkelanhänger direkt ohne Kennzeichnung die SPONbeurteilungen über Kanzlerkritiker.
    Wer als Medienmensch die zahlreichen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Politik und Medien immer noch nicht begreift, den sollte man nicht als Journalisten bezeichnen.
    Zum Beispiel die Sendung von Günther Jauch am Sonntag. Jauch als mittelständischer Medienunternehmer arbeitet eng mit dem Sender RTL zusammen, welcher sich im Privatbesitz von Frau Liz Mohn befindet und wesentliche Aufträge an Herrn Jauchs Produktionsfirma vergibt. Ministerpräsidententochter von der Leyen hat ihr Buch über Familienpolitik nicht nur im Verlag von Liz Mohn veröffentlicht, sondern es sogar mit ihr zusammen geschrieben. Der Bruder von Frau von der Leyen managt ein Medienimperium in Ost- und Nordeuropa, welches zahlreiche Berührungspunkte zu dem von Frau Liz Mohn hat. Die Familie von Lothar de Maizière ist auch heute noch der Kanzlerin sehr verbunden durch den verwandten derzeitigen Verteidigungsminister Thomas de Maizière.
    Die Fernsehsender von Frau Liz Mohn sind die Hauptkunden von SPIEGELtv. SPIEGELtv hat zum Beispiel damals die PR Reise von Guttenberg und Kerner nach Afghanistan finanziert. PR für Herrn Guttenberg, der wiederum privat die Gedenkrede zum Todestag des verstorbenen Bertelsmanngründer gehalten hat und dessen Frau eine Exclusivsendeformat bei RTL2 von Liz Mohn bekam. Als Herr Sarrazin seine kruden Thesen in einem Buch beim Bertelsmannverlag veröffentlichte, wurde es praktisch von den Medien des gleichen Konzerns politisch beurteilt. Im Verlagswesen besitzt Frau Liz Mohn gemeinsame Firmen mit dem SPRINGERverlag, welcher sich im Privatbesitz von Frau Friede Springer befindet, die nicht nur ebenfalls CDU Mitglied ist sondern bekanntermaßen auch eine enge Freundin der Kanzlerin. Nebenbei ist der Ehemann der Kanzlerin im Beirat der millionenschweren Springerstiftung von Frau Friede Springer.
    Sehr oft bestimmen Umfragen und Studien über “arm und reich”, Bildungspolitik, Kommunalverwaltung, Städteranking oder andere Themen die Medienlandschaft bis in die Tagesschau hinein, ohne dass die Leser und Zuschauer merken, dass dahinter die Bertelsmannstiftung von Frau Liz Mohn mit den von ihr finanzierten Hochschulen und Meinungsumfragen steckt.
    Quelle: Sprengsatz Kommentar 35
  17. Ein Dank an unsere Leser wegen des „G500-Texts
    Anmerkung AM: as Echo auf die Bitte nach Übersetzung des niederländischen Textes zu G500 war überwältigend. Allen NachDenkSeiten Lesern, die sich dabei engagiert haben, herzlichen Dank dafür. Es erscheint heute Vormittag noch eine Übersetzung des Textes und vielleicht auch eine Bewertung des Vorgangs.


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