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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. Dezember 2012 um 8:41 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “Mehr” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (RS/WL/AM)

Hier die Übersicht. Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert.

  1. Deutsche Bank
  2. Robert von Heusinger: Die Deutschen und ihre Banker
  3. Geldinstitute mit Pleiteschutz – 36 deutsche Banken sind unsterblich
  4. Altersarmut: Anmerkungen zum beschwichtigenden „Gutachten“ des BMWi
  5. Gründe für den Arbeitslosengeld-II-Bezug
  6. Ein menschwürdiges Leben für alle – das Existenzminimum muss dringend angehoben werden
  7. Leiharbeiter werden um Zuschläge betrogen
  8. Zeit zu handeln
  9. Miss Erfolg: Angela im Eurowunderland
  10. Europas Lebenslügen: Wir werden uns mit Sehnsucht an 2012 erinnern
  11. Vorsicht: Deutsche im Shoppingwahn!
  12. Irre: ein Tabaklobbyist als Ethikberater der EU
  13. Kooperation Uni Köln/Bayer AG
  14. U-Multirank: mehrdimensionales Hochschulranking setzt sich international durch
  15. Norman Birnbaum: Von Gewalt durchsetzt
  16. Zum Tod von Peter Struck
  17. Zu guter Letzt: Deutsche Bank direkt zu Gefängnis umgebaut

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutsche Bank
    1. Betrug aus Leidenschaft
      Für die Deutsche Bank kann es nur eine Lösung geben: das gesamte Top-Management, Vorstand und alle vorbelasteten Aufsichtsräte müssen sofort geschlossen zurücktreten bzw. wenn sie es nicht tun, entlassen werden.
      Nie in ihrer Nachkriegsgeschichte wurde die Deutsche Bank so gedemütigt wie durch die Grossrazzia, die sie in der letzten Wochen hinnehmen musste. Die „Schwarze Witwe“ im Netz der „Deutschland AG“ hatte noch nie Skrupel, wenn es darum ging ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
      Als Cheflobbyist in eigener Sache tritt die Bank gerne als Beraterin der Mächtigen in Politik und Wirtschaft auf, doch das Fazit ist, dass die Deutsche Bank durch Ihre vielen Fehleinschätzungen mittlerweile einen erheblichen Reputationsverlust erlitten hat. Dieser ist jedoch nicht durch böse Mächte von außen an Sie herangetreten, sondern durch eine fehlende ethische Geisteshaltung im inneren. Wenn bei einer Bank die Gier das Gehirn aufgefressen hat, dann bei den Führungskräften der Deutschen Bank…
      Die unsägliche Allianz einer Kanzlerin Merkel, die sich von kriminellen Bankern beraten ließ, anstatt unabhängige Experten heranzuholen, zeugt leider auch von ihrer eigenen Inkompetenz in Krisenzeiten. Das Aussitzen einer Bankenkrise und das Verhindern von schnellen Reformen war letztendlich auch ein Hauptauslöser für die Finanzierungkrise vieler Staaten, die anschließend zu einer Eurokrise führte. Im Nachhinein muss wohl konstatiert werden, dass ein Untergang aller fehlgeleiteter Banken dem deutschen Steuerzahler 400 Milliarden Euro eingespart hätte, Geld das besser in einen europäischen Infrastruktur-Marshallplan und die Bildung geflossen wäre, anstatt den Bankstern auch noch die Refinanzierung ihres Schattenbankensystems zu ermöglichen.
      Quelle: Telepolis
    2. Kriminelle Vereinigung. Ermittlungen gegen Deutsche Bank
      Gastkommentar von Sahra Wagenknecht, erschienen in der jungen Welt am 17.12.2012
      »Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Geschäftspraxis einer Bank?«, könnte man in Anlehnung an Bertolt Brecht fragen, wenn man sich die Skandale der Deutschen Bank in den letzten Jahren vor Augen führt. Ob es um Steuerhinterziehung oder Geldwäsche geht, um Zinsbetrug oder Bilanzmanipulation, um die Abzocke klammer Kommunen und Häuslebesitzer oder um das Abgreifen von Steuergeldern im Zuge der Bankenrettung – immer mischt die Deutsche Bank an vorderster Stelle mit. Den Schaden tragen die Steuerzahler und die Kunden der Bank, und das nicht zu knapp. Allein der Verlust, der sich für deutsche Steuerbürger aus dem Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit Kohlendioxid­emissionsrechten ergibt, soll sich auf 850 Millionen Euro belaufen. Um diese Vorwürfe zu klären, fand vergangenen Mittwoch eine Razzia statt, bei der die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt und mehrere Büros von Ermittlern durchsucht wurden. Ob die Untersuchung in eine gerechte Strafe mündet, ist jedoch mehr als fraglich – schließlich verfügt die Deutsche Bank über beste Beziehungen zu Bundes- und Landesregierungen.
      Quelle: sahra-wagenknecht.de
    3. Deutsche Bank wegen Betrugs verurteilt
      Durch riskante Swapgeschäfte verliert die Stadt Mailand Millionen. Schuld daran tragen die Deutsche Bank und andere Investmentbanken, meint ein italienisches Gericht und verurteilt die Finanzinstitute wegen schweren Betrugs.
      Quelle: FR
  2. Robert von Heusinger: Die Deutschen und ihre Banker
    Etwa alle zehn Jahre passiert Deutschlands mächtigstem Banker ein Kommunikations-GAU: 1994 waren es die „Peanuts“ von Hilmar Kopper, mit denen er offene Handwerkerrechnungen von über 50 Millionen D-Mark herunterspielte, die durch die Insolvenz des Bauunternehmers Schneider in Mitleidenschaft gezogen wurden. 2004 war es das Victory-Zeichen von Josef Ackermann zum Prozess-Auftakt in der Causa Mannesmann. Und 2012 ist es der Anruf von Jürgen Fitschen beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, in dem er sich über die Art und Weise beschwert haben soll, mit der die Staatsanwaltschaft die Bank durchsuchen ließ.
    Jeder Fall für sich zeugt von der Arroganz der Macht, von der Abgehobenheit der Manager, für die andere Regeln zu gelten scheinen…
    Die Geschichte hinter der Geschichte relativiert zum einen die Empörung etwas, die sich medial entfaltet. Zum anderen aber zeigt sie, dass sich die Top-Banker ihrer Bedeutung in der deutschen Öffentlichkeit nicht bewusst sind.
    Quelle: FR
  3. Geldinstitute mit Pleiteschutz – 36 deutsche Banken sind unsterblich
    Wer als Bank auf dieser Liste steht, hat eine Lebensversicherung: Bundesfinanzminister Schäuble hat errechnet, welche Geldhäuser als “systemrelevant” gelten. Man könnte meinen, diese Banken würden von der Finanzaufsicht besonders genau kontrolliert. Doch Zahlen aus dem Finanzministerium wecken Zweifel….
    …bei rund der Hälfte der aufgeführten Banken ist die Identität klar. Das sind große Häuser wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank, die HypoVereinsbank, das genossenschaftliche Spitzeninstitut DZ-Bank, aber auch die Landesbanken. Auch große Sparkassen sollen zu den systemrelevanten Instituten zählen…
    Im Grunde sollte man meinen, diese Banken würden von der Finanzaufsicht besonders genau kontrolliert. Doch daran wecken Zahlen aus dem Finanzministerium leise Zweifel: Die Aufsicht verbringt demnach nur ein Viertel ihrer Zeit damit, systemrelevante Institute zu kontrollieren. Drei Viertel ihrer Zeit beschäftigt sie sich mit kleinen Banken.
    Quelle: SZ
  4. Altersarmut: Anmerkungen zum beschwichtigenden „Gutachten“ des BMWi
    Es ist bisweilen schon erstaunlich, welch simple Textzusammenstellungen zu „Gutachten“ geadelt werden – und welchen Niederschlag in Medien und Öffentlichkeit solche Machwerke erhalten können. Jüngstes Beispiel: Die Verlautbarungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zur Altersarmut. „Alles nicht so schlimm“, lässt sich die Grundaussage des Textes zusammenfassen. Es lohnt sich, den Text ein wenig genauer anzusehen…
    Ich fasse abschließend die wichtigsten Kritikpunkte am „Gutachten“ des BMWi-Beirats zusammen:

    • Das „Gutachten“ widerlegt mit Grandezza die Behauptung, es gebe heute schon massenhaft Altersarmut, obwohl niemand Relevantes diese Behauptung aufstellt.
    • Das „Gutachten“ blendet wesentliche Faktoren aus, die zu einer zukünftig wachsenden Altersarmut beitragen können, nämlich die zunehmend ungleiche Vermögensverteilung und die Tatsache, dass Frauen immer weniger über ihre Ehemänner im Rentenalter abgesichert sind.
    • Das „Gutachten“ unterschätzt die Auswirkungen auf die Altersrenten, die der wachsende Niedriglohnsektor und die zunehmende Ungleichheit bei der Einkommensverteilung haben dürften.
    • Das „Gutachten“ geht weltfremd davon aus, dass die Absenkung des Rentenniveaus durch eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und durch Riester-Renten sowie Betriebsrenten ausgeglichen werden können.

    Quelle: annotazioni

    Anmerkung WL: Eine lesenswerte Analyse und Kritik des BMWi-„Gutachtens“ von Patrick Schreiner. Er hat diese Propagandaaktion aus dem Hause Rösler ausführlicher und gründlicher auseinandergenommen, als es mir unter dem Aktualitätsdruck möglich war. Mein Kompliment!

  5. Gründe für den Arbeitslosengeld-II-Bezug
    Langzeitarbeitslosigkeit ist in den meisten Fällen nicht der Grund für den Eintritt in Hartz IV. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Weniger als ein Drittel der in den Hartz-IV-Bezug Eintretenden war bereits in der Zeit davor arbeitslos gemeldet. Ähnlich viele waren vorher erwerbstätig. Die übrigen absolvierten zum Beispiel eine schulische Ausbildung oder ein Studium, waren Hausfrau oder Hausmann oder wegen Krankheit nicht in der Lage zu arbeiten.
    Insgesamt ist bei mehr als 70 Prozent der neu hinzugekommenen Hartz-IV-Haushalte Arbeitslosigkeit der Grund für den Antrag. Zum einen sind das diejenigen, deren Anspruch auf das Arbeitslosengeld ausgelaufen ist und die im Anschluss Hartz IV beantragen. Zum anderen sind das jene, die vor dem Hartz-IV-Bezug erwerbstätig waren, aber zum Beispiel wegen einer nur kurzen Beschäftigungsdauer gar keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, sondern sofort auf Hartz IV angewiesen sind.
    Oft liegen die Gründe für das Abrutschen in Hartz IV aber auch woanders: Nicht wenige sind nach der Geburt eines Kindes oder der Trennung vom Partner auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen. Für andere bedeutet das Wegfallen von Einkünften wie Kindergeld oder Unterhalt, dass sie nicht mehr genug Geld zum Leben haben und Hartz IV beantragen müssen.
    Langzeitarbeitslosigkeit sei weniger ein dominierender Zugangsfaktor als ein Phänomen, das sich dann innerhalb des Hartz-IV-Bezuges verfestige, lautet das Fazit der Arbeitsmarkforscher. Ein erheblicher Teil der Hartz-IV-Bezieher bleibe dementsprechend lange bedürftig.
    Quelle: IAB [PDF – 358 KB]
  6. Ein menschwürdiges Leben für alle – das Existenzminimum muss dringend angehoben werden
    Ganze fünf Euro mehr im Monat sind bei der Neubestimmung des soziokulturellen Existenzminimums durch das „Regelbedarfsermittlungsgesetz“ im April 2011 für die Betroffenen herausgekommen – dazu ein unzulängliches und bürokratisches Bildungs- und Teilhabepaket, das bis heute kaum bei den Kindern ankommt. Zum 1. Januar 2012 wurde der Regelsatz schließlich von 364 Euro auf 374 Euro angehoben, als verspätete Anpassung an die Preis- und Lohnentwicklung. Ab 1. Januar 2013 beträgt der Regelsatz 382 Euro…
    Wir sind überzeugt, dass eine allgemeine gesellschaftliche Diskussion darüber notwendig ist, was eine menschenwürdige und gerechte Grundsicherung beinhalten soll, um der wachsenden Armut und den bedrohlichen Entsolidarisierungstendenzen in unserer Gesellschaft entgegen zu wirken. Auch dazu soll unser Positionspapier einen Beitrag leisten.
    Quelle: Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum [PDF – 983.1 KB]
  7. Leiharbeiter werden um Zuschläge betrogen
    Laut IG Metall werden in Hessen die vereinbarten Zuschläge massenhaft nicht gezahlt In Berlin ist jeder Zweite betroffen. Aus Angst um ihren Job, trauen die meisten sich nicht, etwas zu sagen. Viele halten die Füße still. Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren“, sagt Peter Hintermeyer. Der Metaller kennt die Stimmungslage in den Betrieben – er ist selbst als Leiharbeiter in Thüringen tätig. Und er kennt die Tricks der Arbeitgeber, die vereinbarten Branchenzuschläge in der eigenen Kasse zu halten. (…) Das Drohen mit Kündigung wirke in einer wirtschaftlichen Lage, in der die Industrie Stellen streicht und Kurzarbeit fährt. Denn meist seien die Zeitarbeiter die ersten, die gehen müssen. Diese Situation nutzten viele Verleiher aus. Mindestens die Hälfte der 12.000 deutschen Leiharbeitsfirmen sei bereit, bestehende Tarifnormen zu unterlaufen, schätzt Armin Schild, Leiter des IG Metall-Bezirks Mitte. Und die setzten wiederum faire Firmen unter Druck, die gewillt seien, Zuschläge wie vereinbart zu zahlen.
    Quelle: FR

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: An die Adresse von Bild, RTL, Sat1 und Co., die die Mittelschicht gerne gegen die Unterschicht aufhetzen, sei gesagt: Die größten “Sozialschmarotzer” in diesem Lande sind jene der “Elite” angehörenden Privatpersonen und Unternehmer, die Steuer- und Subventionsbetrug im großen Stil betreiben und ihre Beschäftigten – teilweise sogar unter Anwendung illegaler Methoden – mit Hungerlöhnen ausbeuten.

  8. Zeit zu handeln
    Beschäftigte brauchen Hilfe um ihre psychische Gesundheit besser zu verteidigen
    Ständige Überstunden und Erreichbarkeit für den Arbeitgeber, miese Bezahlung, kürzere Taktzeiten am Band, Schicht- und Nachtarbeit, fehlende Anerkennung, unklare Arbeitsabläufe und unfähige Vorgesetzte – es gibt viele Gründe, warum Arbeit restlos auspowern kann. Falls das nicht reicht: Immer mehr Beschäftigte tragen den eigenen, kleinen Chef in sich, der sie antreibt.
    Quelle: TAZ
  9. Miss Erfolg: Angela im Eurowunderland
    Fast könnte man meinen: Allüberall auf den europäischen Tannenspitzen sieht Angela goldene Lichtlein blitzen. Irland, Portugal, Italien, Spanien, ja selbst in Griechenland. Die Eurokrise scheint pünktlich zu Weihnachten aus der Welt. Und wäre dies nicht in der Tat das schönste Weihnachtsgeschenk? Die Massenarbeitslosigkeit geht zurück, die seit Ausbruch der Finanz- und Eurokrise erlittenen drakonischen Einkommensverluste sind zumindest wieder ausgeglichen. Was Miss Erfolg, Angela Merkel, und andere uns weiszumachen versuchen, ist jedoch bei näherer Betrachtung ein Misserfolg. (…) Vielleicht liegt es ja an der Rute namens staatliche Ausgabenkürzungen, Massenentlassungen und Lohnverzicht, mit der insbesondere die so genannten Krisenländer kräftig verhauen werden. Und wer schwingt die Rute am heftigsten? Richtig: Angela Merkel. Treten wir also für einen Augenblick einen Schritt zurück, um uns nicht länger von den blitzenden Lichtlein blenden zu lassen und gucken, wie sich das Einkommen – das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – und die Arbeitslosigkeit – Arbeitslosenzahlen und Arbeitslosenquoten – seit 2007 entwickelt haben, dem Zeitpunkt unmittelbar vor Ausbruch der Finanz- und Eurokrise.
    Quelle: Wirtschaftundgesellschaft

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Der Blick auf die Daten zur Entwicklung des BIP sowie der Arbeitslosenquoten zeigt zudem, daß – abgesehen von einer nur marginalen Verbesserung der irischen BIP-Daten – im laufenden Jahr auch keine Verbesserung gegenüber 2011 eingetreten ist. Sollten die von German Foreign Policy veröffentlichten Citigroup-Prognosen zur zukünftigen Wirtschaftsentwicklung Griechenlands auch nur halbwegs zutreffen, dann wäre das für dieses Land der ökonomische “Super-Gau“:

    “Präzise beziffert haben das mutmaßliche Ausmaß des kommenden Absturzes jüngst Experten der Citigroup. Demnach wird die Rezession, die die deutschen Spardiktate – von Berlin gegen heftigen Widerstand zahlreicher europäischer Staaten oktroyiert – verursacht haben, fortdauern und neue Höchstwerte erreichen. Nach einem Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts um 7,2 Prozent im laufenden Jahr rechnen die Citigroup-Experten mit einem Rückgang um 7,4 Prozent im Jahr 2013 und um 11,8 Prozent 2014. Erst 2015 verlangsame sich die Wirtschaftskontraktion auf 3,7 Prozent. Bislang unvorstellbare Höhen wird demnach die Arbeitslosigkeit annehmen, die im dritten Quartal 2012 mit 24,8 Prozent weit über dem Vorjahresquartal lag (17,7 Prozent), junge Menschen bis zum Alter von 24 Jahren weit überproportional trifft (56,6 Prozent) und sich bei jungen Frauen auf 65,4 Prozent beläuft. Für das Jahr 2013 sagt die Citigroup eine Arbeitslosigkeit von 29,7 Prozent voraus, für 2014 35,9 Prozent und für 2015 40,3 Prozent.”

    Aber diesbezüglich scheint “Mutti” Merkel völlig schmerzfrei zu sein. Merkel gebährdet sich sowohl gegenüber den nicht zu den Spitzenverdienern zählendem Menschen hierzulande als auch gegenüber den unter deutschen “Spar”-Diktaten und deutschem Exportwahn leidenden Menschen in den europäischen Krisenstaaten nur allzu häufig als “Rabenmutti”.

  10. Europas Lebenslügen: Wir werden uns mit Sehnsucht an 2012 erinnern
    Ein weiteres Jahr in der Euro-Krise geht so zu Ende, wie es anfing: mit einer Stimmung, die besser ist als die tatsächliche Lage. Was können wir für 2013 erwarten? Die Lebenslügen der Politiker werden in den kommenden Monaten auffliegen.
    Quelle: SPIEGEL
  11. Vorsicht: Deutsche im Shoppingwahn!
    In den letzten Tagen vor dem Weihnachtsfest sollten Deutschlands Innenstädte nach Möglichkeit gemieden werden. Die Gefahr ist groß, von kaufwütigen Massen erdrückt zu werden, denn: Die Deutschen sind im „Weihnachts-Shopping-Wahn“. So zumindest titelt Bild.de hier. Der Einzelhandel hofft auf den ganz großen Run in den kommenden Tagen, heißt es weiter. Irgendwie wollen die angeführten Zahlen aber nicht so recht zur spitzen These passen. Denn, wie Bild.de richtig schreibt, bleibt der Einzelhandel bei seiner Prognose: „1,5 Prozent Plus beim Umsatz – insgesamt 80,4 Milliarden Euro – im Weihnachtsgeschäft.“ Etwas weniger richtig ist die Schlussfolgerung: „So schlecht kann der Verkauf also nicht laufen.“ Das Problem: Der Handelsverband HDE gibt seine Zahlen nur in nominaler Rechnung an, berücksichtigt also unterjährige Preissteigerungen. Die Kieler Ökonomen vom Institut für Weltwirtschaft rechnen in ihrer eben veröffentlichten Konjunkturprognose mit einer Inflation von 2,0 Prozent in diesem Jahr. Heißt also: Unterm Strich müssen Deutschlands Einzelhändler im Weihnachtsgeschäft sogar ein reales Minus von rund einem halben Prozent hinnehmen.
    Quelle: Wirtschaftswunder

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Auf die nicht nur von Bild.de, sondern auch von der Nachrichten-Agentur dpa betriebene Schönfärberei der Weihnachtsumsätze des Einzelhandels durch das Verschweigen der realen Veränderungsrate zum Vorjahr hatten die NachDenkSeiten bereits am 28.11.2012 hingewiesen:

    “Bei dem von der dpa berichteten 1,5 prozentigen Umsatzanstieg im Weihnachtsgeschäft auf 80,4 Mio. Euro handelt es sich um einen nominalen (d.h. nicht um die Inflation bereinigten) Umsatzanstieg. Die vom Statistischen Bundesamt für den Monat September 2012 veröffentlichte einzelhandelsspezifische Inflationsrate ohne den Tankstellenumsatz liegt jedoch bei 2,1 Prozent (mit Tankstellenumsatz: 2,4 Prozent). Von einem tatsächlichen “Rekordumsatz” im Weihnachtsgeschäft kann mithin keine Rede sein, denn der reale (inflationsbereinigte) Einzelhandelsumsatz im Weihnachsgeschäft wird sich laut vorliegender Prognose um ca. -0,6 Prozent (= 1,5% ./. 2,1%) gegenüber dem Vorjahr reduzieren.”

    Auch die heutige Verlautbarung des Ifo-Instituts zur Entwicklung des Ifo-Index im Groß- und Einzelhandel läßt vermuten, daß die Einzelhandelsunternehmen mit dem Verlauf des Weihnachtsgeschäftes – entgegen dem von Bild.de behaupteten „Weihnachts-Shopping-Wahn“ – eher unzufrieden sind:

    “In den beiden Handelsstufen hat sich der Geschäftsklimaindikator abgeschwächt. Im Groß- wie im Einzelhandel sind die befragten Unternehmer weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage und etwas skeptischer mit Blick auf den weiteren Geschäftsverlauf.”

    Passend dazu: Ifo-Index steigt: Firmenchefs gehen optimistisch ins neue Jahr
    Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im Dezember den zweiten Monat in Folge aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg um 1,0 auf 102,4 Punkte und damit auf den höchsten Wert seit Juli, teilte das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mit. (…) Die Firmenchefs schätzten die Aussichten für die kommenden sechs Monate optimistischer ein. Das Barometer für die Geschäftserwartungen kletterte um 2,7 auf 97,9 Punkte. Die Lage wurde dagegen schlechter bewertet. Dieser Index fiel 1,0 auf 107,1 Zähler. (…) Einen Lichtblick lieferte vor allem die Industrie. “Die Geschäftserwartungen verzeichneten den stärksten Anstieg seit August 2009”, sagte Sinn. “Auch die Erwartungen an das Exportgeschäft sind erneut gestiegen.” (…) Im Groß- und Einzelhandel trübte sich das Geschäftsklima dagegen ein.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unseres Lesers G.K.: Das seit vielen Jahren altbekannte Bild: Die Exportindustrie boomt, Groß- und Einzelhandel schwächeln. Auch die industriellen Auftragseingänge für den Monat Oktober zeigen die einseitige Fixierung der deutschen Industrie auf die Exporte. Das hiesige Lohn- und Sozialdumping der vergangenen 15 Jahre führt nicht nur gegenüber den Staaten der Eurozone zu erschlichenen “Wettbewerbsvorteilen”, sondern – wegen des für die deutsche Industrie sehr vorteilhaften Euro-Umtauschkurses – auch gegenüber den Staaten außerhalb der Eurozone. Es scheint jedoch sehr fraglich, ob die übrigen Staaten auf Dauer dazu bereit und ökonomisch dazu in der Lage sind, wegen der sehr hohen deutschen Exporte ihre eigenen BIP-Wachstumsraten permanent zu reduzieren und ihre Auslandsverschuldung gegenüber Deutschland zu erhöhen. Für die USA, die aktuell sehr stark von der deutschen “Exportoffensive” betroffen sind, gilt dies wegen der bereits heute sehr hohen Auslandsverschuldung in besonderem Maße. Bei einem aus den ökonomischen Schieflagen innrhalb der Eurozone resultierenden Auseinanderbrechen der Eurozone würden die deutschen Außenhandelsüberschüsse wegen einer drastischen Aufwertung der dann wieder eingeführten DM ohnehin wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen.

  12. Irre: ein Tabaklobbyist als Ethikberater der EU
    Klarheit im Lobbyskandal um Ex-EU-Gesundheitskommissar John Dalli gibt es immer noch nicht. Dalli will nun gegen die Tabakfirma Swedish Match klagen. Immerhin bringt der Skandal einige Missstände ans Licht: ein Seitenwechsler mit privilegiertem Zugang soll Ethikberater der EU-Kommission bleiben und die EU-Kommission beachtet die WHO-Empfehlungen zum Umgang mit der Tabaklobby nicht.
    Quelle: LobbyControl
  13. Kooperation Uni Köln/Bayer AG
    Das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts zur Auseinandersetzung um die Einsichtnahme in den Kooperationsvertrag zwischen der Universitätsklinik Köln und der Bayer HealthCare AG:

    „Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Gewährung des Informationszugangs wäre zudem nur hinsichtlich derjenigen Vertragsbestimmungen zu erwägen, die Auswirkungen auf die Forschungstätigkeit der Beklagten haben, nicht aber hinsichtlich derjenigen Regelungen der Rahmenvereinbarung, die ausschließlich die wirtschaftliche Verwertung etwaiger Forschungsergebnisse betreffen. Der Antrag auf Informationszugang konnte daher vollumfänglich abgelehnt werden, die Klage ist insgesamt unbegründet.“

    Quelle: Verwaltungsgericht Köln

    Anmerkung: Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): Das Gericht hatte sich in seiner Entscheidung über das Votum des NRW-Landesbeauftragten für Informationsfreiheit hinweg gesetzt, der eine Einsichtnahme befürwortet hatte (siehe hier). Anders als das Gericht hatte der Landesbeauftragte den Vertrag eingesehen und darin keine forschungsrelevanten Inhalte, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, gefunden. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren sieht daher gute Chancen in der Berufungsverhandlung.

  14. U-Multirank: mehrdimensionales Hochschulranking setzt sich international durch
    Vergleich gewünscht! Die Europäische Kommission nimmt den Wunsch nach Transparenz im europäischen Hochschulraum ernst. Sie fördert in einem zunächst zweijährigen Projekt die Implementierung von „U-Multirank“, einem europa- und weltweiten Ranking-System, das in seiner Logik dem CHE-Ranking gleicht. Das internationale Ranking wird von einem europäischen Konsortium unter Federführung des CHE und des Centers for Higher Education Policy Studies (CHEPS) entwickelt und durchgeführt…
    Das Konzept von U-Multirank lehnt sich an das CHE Ranking an…
    Quelle 1: CHE
    Quelle 2: Presseerklärung der Europäischen Kommission, New ranking targets 500 universities

    Anmerkung WL: Österreich und die Schweiz sind aus dem CHE-Ranking ausgeschieden, diesem Ausstieg schließen sich immer mehr Fachgesellschaften (Soziologen, Historiker, Erziehungswissenschaften) und Unis, wie etwa Leipzig und Hamburg an und die EU-Kommission in ihrem Wettbewerbswahn steigt ein.

  15. Norman Birnbaum: Von Gewalt durchsetzt
    Die Idee einer von Feinden umzingelten Nation entstand nicht am 11. September 2001, aber viele US-Amerikaner fanden sie an diesem Tag bestätigt.
    Der Kampf gegen Gewaltkriminalität war immer und ist noch eine nur schlecht verschleierte Kampagne zur Kontrolle von Immigranten und Minderheiten. Eine perverse Interpretation des Zweiten Verfassungszusatzes – der das Waffentragen für öffentliche Zwecke wie lokale Milizen legitimierte – erlaubt es Privatpersonen, große Arsenale von Schusswaffen anzuhäufen. Es gibt in den USA genauso viele Waffen aller Art wie Einwohner: 300 Millionen. Eines der meistgenannten Motive für individuellen Waffenbesitz ist nicht etwa die Jagd, sondern der Schutz vor „Verbrechen“. Ergebnis ist ein riesiges Ausmaß häuslicher Gewalt…
    Die Militarisierung großer Teile unserer Kultur (stellvertretend für viele und besonders unsere kriegstreiberischsten Politiker, Professoren und Publizisten) ist Teil einer allgemeinen Legitimierung von Gewalt…
    Trotz starker kirchlicher, familiärer und nachbarschaftlicher Institutionen in großen Teilen unserer Gesellschaft geht gegenseitige Fürsorge und Solidarität in unserer Kultur immer mit einem Selbstbehauptungswahn einher, als sei niemand wirklich auf Unterstützung angewiesen…
    Die Seelsorge der Kirchen lässt viele außen vor. In einer komplexen und sich verändernden Gesellschaft, in der viele darum kämpfen und daran scheitern, ihren Platz zu finden, sind individuelle Abstürze unvermeidlich – sie bringen jede Menge Hass hervor. Diese verlorenen Seelen wandern durch eine Landschaft, die von Gewaltdarstellungen in Filmen und Druckerzeugnissen, im Fernsehen und im Internet verseucht ist.
    Die Nation betrauert die Toten von Connecticut, aber niemand denkt an die Hochzeitsgesellschaften in Asien, die von unseren Drohnen getroffen werden. Das ist verständlich: Wir bereiten uns längst auf den nächsten Horror zu Hause vor.
    Quelle: taz

    Anmerkung AM: NDS-Freund Norman Birnbaum hat wieder einmal einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben.

  16. Zum Tod von Peter Struck
    • Von Gregor Gysi
      Über viele Jahre konnte und durfte ich mit Peter Struck zusammenarbeiten. Er war fleißig, engagiert und verlor nie das Gefühl für die Situation der Bevölkerung, für Menschen in Armut. Er konnte sich freundschaftlich, kollegial und solidarisch verhalten, inzwischen eher eine Rarität in der Politik. Er besaß auch Humor und war lebenslustig, fuhr – für mich völlig unverständlich – gerne Motorrad. Wir sollten versuchen, ihn mit seiner Lebenslust in Erinnerung zu behalten. Seinen Angehörigen drücke ich mein tief empfundenes Beileid aus.
      Quelle: Linksfraktion
    • Von Wolfgang Lieb
      Man erschrickt besonders, wenn jemand plötzlich stirbt, der etwa im gleichen Alter ist. Ich habe Peter Struck noch in meiner Bonner Zeit, als ich im Kanzleramt arbeitete, kennen und menschlich schätzen gelernt. Er war anders als die üblichen Politiker. Er war offen, bescheiden, witzig und ernsthaft zugleich. Er war ein offener Diskussionspartner und jemand, mit dem man sich gerne traf und mit dem man wunderbar Fußball gucken konnte.
      Gerade weil er damals so anders war, als die Mehrheit der Politiker, die ich sonst so kennengelernt habe, hätte ich damals nie gedacht, welche „Karriere“ er noch machen würde. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass er als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, die ersten Abweichungen der Schröder-Regierung vom Berliner Programm, aber vor allem auch vom Wahlprogramm der SPD des Jahres 1998 gegenüber der Fraktion durchsetzte. Und ich hätte mir nicht ausmalen können, dass er jemals hätte Verteidigungsminister werden wollen oder können und in dieser Funktion der Bevölkerung die Legende auftischen würde, dass die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland auch am Hindukusch verteidigt würde.
      Vielleicht irre ich mich ja, aber ich hatte danach immer bei ihm herausgespürt, dass er menschlich darunter (auch) gelitten hat, was er in seinen politischen Funktionen vertreten hat oder musste.
      Für mich ist der bekennende Motorradfahrer und sensible Mensch immer auch ein Beispiel, was die parteipolitischen und zumal die Regierungszwänge, wenn man darin eine wichtige Rolle eingenommen hat, an Deformationen bewirkt. Ich war froh, dass er und nicht andere Bewerber Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung geworden ist, weil ich damit die begründete Hoffnung verbunden hatte, dass diesem sozialdemokratischen Think-Tank eine gewisse Freiheit gegenüber den taktischen Klimmzügen der SPD und vor allem ihrer derzeitigen Führung garantiert war. Es wird nicht einfach, einen geeigneten Nachfolger zu finden. (Wolfgang Lieb)
  17. Zu guter Letzt: Deutsche Bank direkt zu Gefängnis umgebaut, um Zeit und Ermittlungsarbeit zu sparen
    Quelle: Der Postillon


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