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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. April 2013 um 7:55 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Zypern
  2. OECD
  3. Drei Viertel des Bundestags verstehen die Krise nicht
  4. Flassbeck: Ohne systematische Lösung zerstört man den Euro
  5. „Wiedereinführung der D-Mark wäre Katastrophe“
  6. Europas pathologischer Lernprozess
  7. Deutschlands strittiges Rezept für den Süden
  8. Ulrike Herrmann: Die Welt von McKinsey
  9. Grüne wollen Ende der Minijobs
  10. Mindestlohn im Schlaf verdient
  11. Gesundheitswesen: Ärztliche Hilfe als Geschäftsmodell?
  12. Sozialverbände: Armutsrisiko in Deutschland zu hoch
  13. Eine ostdeutsche Umfrage zu Arm und Reich
  14. Gerechtigkeit – Vom Wertewandel eines Wortes
  15. Grundsatzurteil: Pharmariese Novartis verliert Patentklage in Indien
  16. Gespräch mit Mollath: “Man fühlt sich wie der letzte Dreck”
  17. Christoph Butterwegge – Mit Peer wird’s schwer
  18. Berliner SPD-Chef offen für rot-grüne Minderheitsregierung im Bund
  19. Frank Schirrmacher: Spieltheorie – Versprechen oder Bluff?
  20. Klappe, die erste! Finanzkasino!
  21. Zu guter Letzt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zypern
    1. Zypern bürdet Bevölkerung heftiges Sparpaket auf
      Steuern rauf, Löhne runter: Zypern steht laut mehreren Zeitungsberichten kurz vor Abschluss seines Sparpakets. Staatsbetriebe werden demnach verkauft, die umstrittene Unternehmenssteuer steigt, Gehälter und Renten werden gestutzt. […]
      Den Berichten zufolge sind folgende Maßnahmen geplant:
      Die Gehälter für Staatsbedienstete sollen um 6,5 bis 12,5 Prozent sinken.
      Die Renten aller Arbeitnehmer sollen um 3 Prozent gekürzt werden.
      Neue Immobiliensteuern in Höhe von 70 Millionen Euro seien geplant.
      Die Unternehmensteuer werde von 10 auf 12,5 Prozent erhöht.
      Die Steuern für Tabak, Alkohol und Treibstoffe sollen steigen.
      Die Mehrwertsteuer werde von 17 Prozent auf 19 Prozent erhöht, schreibt “Fileleftheros”. Im “Wall Street Journal” ist von 18 Prozent die Rede.
      Der Staat werde durch Privatisierungen verschlankt.
      Das Sparpaket umfasst laut “Wall Street Journal” Maßnahmen im Volumen von 351 Millionen Euro, das entspricht 2,1 Prozent der zyprischen Wirtschaftsleistung.
      Quelle: SPIEGEL Online
    2. Robert Misik – Zypernkrise: Dilettanten am Werk
      Quelle: Robert Misik via YouTube
    3. Harald Schumann: Zyperns “Geschäftsmodell” floriert wie nie zuvor
      Geld zu verstecken, ist nicht nur für Zypern ein lukratives Geschäftsmodell. Die USA wollen jetzt hart dagegen vorgehen – dem wird sich auch die EU nicht verschließen können. Wie funktioniert die Steuerflucht?
      Am Morgen nach der Schlacht konnte Wolfgang Schäuble seinen Triumph nicht verbergen. „Das Geschäftsmodell Zyperns war nicht erfolgreich“, verkündete der deutsche Finanzminister am vergangenen Montag, nachdem er und seine Euro-Kollegen die Radikalsanierung der zyprischen Banken zulasten von deren Großkunden beschlossen hatten. Zypern habe auf niedrige Steuern und geringe Kontrollen gesetzt, das sei nun eben „gescheitert“, lautete Schäubles Urteil.
      Das klingt plausibel – und ist dennoch irreführend. Denn Zyperns „Geschäftsmodell“, also das Verstecken des Geldes von vermögenden Ausländern vor deren Steuerbehörden, war keineswegs erfolglos. Schließlich prosperierte der Inselstaat gut zwei Jahrzehnte auf dieser Basis. Gescheitert sind lediglich die beiden Großbanken des Landes, weil sie das so angelockte Kapital vornehmlich in Griechenland investierten und dabei mehr als vier Milliarden Euro Verlust machten.
      Dem eigentlichen Geschäft von Zentren für die Steuerflucht, wie Zypern eines war, wird das jedoch keinen Abbruch tun. Im Gegenteil: Es floriert wie nie zuvor, auch und gerade in Europa.
      Quelle: Tagesspiegel

      Anmerkung Orlando Pascheit: Im Grunde ist es recht traurig, dass die EU nur über die Fatca-Abkommen (Foreign Account Tax Compliance Act) der USA zu einem automatischen Informationsaustausch unter ihren Mitgliedstaaten kommt. Ab dem 1. Januar 2013 schreibt die EU-Richtlinie über Amtshilfe vor, dass EU-Länder sich gegenseitig in Steuerfragen nicht schlechter behandeln dürfen als Drittländer außerhalb der Union. Damit können z. B. Luxemburg und Österreich Mitgliedsländern der EU nicht Kontoinformationen vorenthalten, welche sie den USA liefern. – Es ist schon ein Witz, dass der “große Europäer” und Karlspreisträger Jean-Claude Juncker, als Luxemburgs Regierungschef, über Jahre jeden Versuch einer EU-weiten Zusammenarbeit zwischen Steuerbehörden und Banken bereits im Ansatz torpedieren konnte.

      passend dazu: Geschäftsmodell Schneeballsystem
      Vielleicht sollte man auch deshalb in Deutschland nicht allzu großspurig und selbstgefällig auf Zypern schauen. Im Herbst 2008 wurde jäh erkennbar, wie sehr sich gerade hiesige Geldhäuser verspekulieren können. Die Commerzbank zum Beispiel. Sie musste mit 8,2 Milliarden Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) gestützt werden und wurde teilverstaatlicht, was ihr noch einmal 8,2 Milliarden an stillen Einlagen zu den gleichen Konditionen aus der gleichen Quelle brachte. Stammkapital aufpumpen und durchhalten, hieß die Devise.
      Die Münchner Investmentbank Hypo Real Estate Holding (HRE), die Ende 2008 vor der Pleite stand, brauchte 6,3 Milliarden Euro aus dem SoFFin – und bekam sie. Oder man denke an den bemitleidenswerten Zustand etlicher Landesbanken wie der BayernLB, der HSH Nordbank oder der WestLB, denen der SoFFin bis Anfang Mai 2009 mit Stabilisierungshilfen von 152 Milliarden Euro ein gefälliger Lebensspender war. Woraus speiste sich der SoFFin? Aus Sondervermögen des Bundes, hieß es offiziell. Aber die gab es nur, weil der Staat über öffentliches Eigentum und Rücklagen verfügte, in die Steuergelder geflossen waren.
      Quelle: Freitag

    4. Stephan Hebel – Im Kostüm des Antikapitalisten
      Jetzt staunt ganz Deutschland, und der Zypriot wundert sich: Alle dachten, Wolfgang Schäuble zu kennen. Aber plötzlich ist alles anders. Plötzlich gefällt dem Mann sein liebstes Geschäftsmodell nicht mehr. Jedenfalls nicht in Zypern.
      Wolfgang Schäuble war ein begnadeter Handwerker bei der Euro-Reparatur nach Merkel-Art. Einer, der als Finanzminister kräftig mitspielte, wenn es um das „Geschäftsmodell“ der möglichst luxuriösen Bedingungen für Banken und Anleger ging. Einer, der gern darüber schwieg, dass Deutschland sich so billig verschuldet wie nie, während sich griechische Rentner die Zinsen für unsere „Hilfskredite“ vom Munde absparen.
      Jetzt sollen wir lernen: Wolfgang Schäuble ist in Wahrheit ein mutiger Kämpfer gegen Niedrigsteuern für Unternehmer und gegen die Privilegien der Finanzinvestoren.
      Das klingt wunderbar, aber ein Hinweis sei erlaubt: Es wäre noch wunderbarer, verabschiedete sich der Minister vom Geschäftsmodell der privaten Bereicherung und öffentlichen Verarmung nicht nur auf einer Insel, sondern in ganz Europa.
      Quelle: Freitag
  2. OECD
    1. Wie raus aus der Krisensackgasse?
      Eine Alltagserkenntnis lautet: Aus Schaden wird man klug. Diese Einsicht hat offensichtlich für die wirtschaftlichen und politischen Eliten wenig handlungsleitende Relevanz. Nach den Vermögenspreisblasen im New Economy-Boom (2002) und im Zusammenhang der Immobilien- und Hypothekenentwicklung seit 2007 schlingern die kapitalistischen Länder im 21. Jahrhundert erneut in eine vergleichbare Konstellation der Auseinanderentwicklung von Realwirtschaft und der Finanz- und Wertpapiermärkte.
      Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) warnt in ihren jüngsten Bericht vor einer Preisblase auf den Wertpapiermärkten, die sich vor allem im Euro-Raum ausbildet. Die Börsenkurse sollten eigentlich die wirtschaftliche Realität widerspiegeln. Das ist derzeit nicht der Fall. In Europa werde es erst frühestens im Sommer 2014 konjunkturell wieder bergauf gehen. Die nicht mit der realen Wirtschaft zu begründenden Preisentwicklung auf den Wertpapiermärkten zeigt, »dass die Börsenkurse komplett aus den Fugen geraten«, sagte Pier Carlo Padoan, Chef-Ökonom der OECD. Sollte die aktuelle Preisblase platzen, werde sich die Situation in Europa weiter verschärfen. Nach einem solchen Börsen-Crash könnten weitere Bankenrettungen und staatliche Zwangs-Abgaben folgen.
      Trotz vordergründiger Bewältigung der Zypern-Krise hält es die OECD für unwahrscheinlich, dass sich die Situation in den nächsten Monaten entspannen könnte. Seit 2011 habe es in Europa kein Wachstum mehr gegeben. Die OECD geht weiter davon aus, dass sich das Ungleichgewicht zwischen Deutschland und dem Rest Europas noch verstärken wird.
      Vor allem die Eurozone bleibe verwundbar. Noch einmal Pier Carlo Padoan: »Wir brauchen entschiedene politische Schritte, um ein nachhaltiges Wachstum zu erzielen – vor allem in der Eurozone, in der das Wachstum ungleich verteilt ist.« Besondere Sorgen bereitet der OECD die Arbeitslosigkeit in Europa. Dadurch verschärften sich Ungleichheit und Armut. Padoan appellierte insbesondere an die Staaten mit einem Handelsüberschuss, zu mehr Wachstum in Europa beizutragen. Laut dem Chefvolkswirt sollten in Deutschland die Löhne angehoben werden, damit die Binnennachfrage steige und so indirekt auch andere Länder profitierten.
      Quelle: Sozialismus
    2. Zu viel gespart
      Gleichzeitig kommt Europa nicht aus der Wirtschaftsflaute. Kein Wunder bei der Sparfreude: Die „fiskalischen Impulse“ (Steuererhöhungen, Ausgabensenkungen) für sich haben die Wirtschaftsleistung von Griechenland zwischen 2010 und 2013 um 30 Prozent gedrückt, errechnet das Institut IMK. Für Portugal und Spanien betrage der Wert 20 Prozent, für Italien immer noch elf Prozent.
      Nun rät die OECD zur Vorsicht beim Sparen. Zur Not würden Defizit-Ziele eben verfehlt und mehr Schulden als geplant gemacht.
      Quelle: FR
    3. Mehr Schulden – na und?
      Die OECD ist eine eher strenge Organisation, üblicherweise mahnt sie den Staaten, ihre Arbeitsmärkte zu flexibilisieren, die Wirtschaften zu öffnen und sich mit Staatsausgaben zurückzuhalten. Doch im neuen Konjunkturausblick der Organisation herrscht ein anderer Ton: Die USA und Japan werden wegen ihrer staatlichen Konjunkturförderung gelobt. Der Euro-Zone wird empfohlen, die Zinsen weiter zu senken und nicht übermäßig zu sparen. Sollten die Regierungen dadurch mehr Schulden machen als geplant, dann sei das eben nötig.
      Quelle 1: FR
      Quelle 2: OECD: Global economy is improving but Europe lags behind

      Anmerkung JK: Die Vorschläge der OECD sind bemerkenswert, vor allem wenn man bedenkt, dass die OECD bisher ebenfalls mehr markradikale Positionen vertreten hat. Man darf aber sicher sein, dass diese in Berlin auf taube Ohren stoßen wird.

  3. Drei Viertel des Bundestags verstehen die Krise nicht
    Trotz der Krise kann sich die Linke nicht als Alternative profilieren. Ihr Finanzexperte Axel Troost sagt nun, die Euro-Rettungspakete beruhten auf falschen Annahmen…
    Ich würde sagen, dass parteiübergreifend drei Viertel der Bundestagsabgeordneten die Krise nicht verstehen, weil sie sie fälschlicherweise für eine Staatsschuldenkrise halten. Aber selbst wenn die Staaten sich überhaupt nicht mehr neu verschulden würden, hätten sie die aktuellen Probleme…
    Der europäische Weg mit Schuldenbremse, Fiskalpakt und Austeritätspolitik vernachlässigt immer noch das Wirtschaftswachstum. All die Hilfen der EU, die manchen wie Geschenke erscheinen, sind in Wahrheit mit vergifteten Auflagen versehen.
    Quelle: Die Zeit Online
  4. Flassbeck: Ohne systematische Lösung zerstört man den Euro
    Die EU müsse sich darauf konzentrieren, wie alle Unionsländer gemeinsam wieder normal wirtschaften können, sagt Heiner Flassbeck. Der frühere Volkswirt der UN-Organisation für Welthandel und Entwicklung kritisiert, dass man nur von Fall zu Fall über jedes Krisenland entscheide. Das werde auf Dauer so nicht gehen. (…)

    Zurheide: Jetzt kommen wir mal zu der Grundfrage, die ich vorhin stellte: Wir alle haben gesagt, na ja, eigentlich müssen die Verursacher beteiligt werden der Krise – da wird jeder im Volk sagen, ja, das ist so, nicht unbedingt der Steuerzahler. Wie kann man denn Verursacher so beteiligen, dass es nicht zu den negativen Effekten kommt, die Sie gerade zu Recht beschrieben haben, dass da jemand auf der einen Seite Guthaben und dann aber wieder Schulden hat?

    Flassbeck: Na ja, wer sind die Verursacher der Krise? Da muss man natürlich tief bohren, und das ist eben nicht so einfach, und Sie kennen ja sicherlich meine These, dass Deutschland auch einen erheblichen Anteil an der Krise hat, nämlich mit dem Lohn, mit der Lohnmoderation der 2000er-Jahre hat man einen Keil sozusagen in die Währungsunion getrieben, der jetzt auf der einen Seite sich in den hohen Schulden dieser Defizitländer, auch hier in Zypern zeigt, und den hohen Forderungen des Gläubigerlandes, Deutschland vor allem, und an diese Frage geht niemand ran. Man geht an ganz viele Einzelfragen ran, und das ist das eigentliche Problem der Rettung im Moment, oder der sogenannten Rettung, dass man an dieses Grundproblem – wie kriegen wir diesen Keil aus der Währungsunion heraus, diese riesige Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Ländern, wo Deutschland etwas getan hat, was auch nicht gerechtfertigt war…, weil Deutschland hat gegen das Inflationsziel, das man gemeinsam beschlossen hat, verstoßen. Wie kriegen wir das wieder raus, und wie kommen wir hin zu einer Situation, wo alle Länder wieder normal wirtschaften können? Diese Frage wird leider nicht behandelt, sondern es wird immer nur von Fall zu Fall, wird ein Land vorgenommen, das wird angeguckt, und dann sagt man: Ja, da ist vieles im Argen und da schlagen wir jetzt mal drauf. Das ist aber keine systematische Lösung, und so wird es nicht gehen, so zerstört man den Euro. Hier denken die Leute ganz offen darüber nach, wie können wir aussteigen, gibt es eine Möglichkeit zum Aussteigen.

    Zurheide: Auf der anderen Seite, in der Tat, wenn diese Ungleichgewichte, die Sie da beschreiben, da sind, dann ist eigentlich der letztübrig bleibende Weg, dann muss man aus einer Währungsunion aussteigen, weil sie die Gleichheit der Lebensverhältnisse nicht wird herstellen können.
    Flassbeck: Na ja, es ist nicht nur Gleichheit der Lebensverhältnisse, es ist Anpassung an die eigenen Lebensverhältnisse. Gleichheit der Lebensverhältnisse ist nicht verlangt in der Währungsunion. Und Währungsunion, man muss sich nur anpassen an seine Produktivität. Und das heißt, man darf auch nicht unter seinen Verhältnissen leben. Man darf nicht über seinen Verhältnissen und man darf aber auch nicht, wie Deutschland, systematisch unter seinen Verhältnissen leben, das kann auch nicht funktionieren, und diese Anpassung muss man zustande bringen. Die Lebensverhältnisse wird man nicht so schnell anpassen, aber wir kriegen ja nicht mal diese Anpassung, dass jeder sich an seiner Produktivität orientiert, das kriegen wir nicht mal hin…
    Quelle: dradio

  5. „Wiedereinführung der D-Mark wäre Katastrophe“
    Die Rückkehr der D-Mark wäre nach Ansicht führender Ökonomen eine wirtschaftliche Katastrophe. Nicht nur die Exporte würden zurückgehen, auch der Mittelstand würde verschwinden, so die Prognose.
    Führende Ökonomen rechnen für den theoretischen Fall einer D-Mark-Wiedereinführung mit einer wirtschaftlichen Katastrophe. „Die Exporte würden innerhalb weniger Monate deutlich abstürzen“, sagte Gustav Horn, der Wissenschaftliche Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, der „Welt am Sonntag“.
    Horn erwartet, dass eine wieder eingeführte D-Mark gegenüber dem Dollar und anderen europäischen Währungen stark an Wert zulegen würde, ähnlich wie dies zuletzt beim Schweizer Franken passiert ist: „Bei einer Aufwertung von nur zehn Prozent würden die Exporte auf Dauer um vier bis fünf Prozent zurückgehen. Die zu erwartende Aufwertung würde aber wohl ein Vielfaches dessen sein. Das wäre dann eine wirtschaftliche Katastrophe“, erklärte Horn.
    Ähnliches erwartet Michael Burda, Ökonom an der Berlin Humboldt Universität: „Die wieder eingeführte D-Mark könnte innerhalb weniger Monate um 50 Prozent aufwerten“, sagte er der Zeitung. „Das würde den deutschen Mittelstand mit einem Schlag auslöschen.“
    Quelle: Handelsblatt
  6. Europas pathologischer Lernprozess
    Bisher ist die noch junge Geschichte der Eurowährung die Geschichte ihrer immer dramatischer ausfallenden Rettung. Daran wird sich auch nach dem Kompromiss für Zypern mit dem Ziel, den überdimensionierten Bankensektor abzuschmelzen, nichts ändern.
    Die Krisendynamik hat in den schweren Gründungsfehlern dieses Währungsraums ihre Ursachen. Der Ende 1990 verhandelte Maastrichter Vertrag konzentrierte sich ausschließlich auf die monetäre Integration mit dem Epizentrum Europäische Zentralbank. Auf Regelungen zum parallelen Ausbau zu einer Fiskal- und Wirtschaftsunion verzichtet dieses Vertragswerk komplett.
    Den Fall, dass Länder vor allem unter dem Druck Deutschlands ökonomisch und fiskalisch nicht mithalten können, schloss das Vertragswerk autoritär aus. Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf, dann sind auch solidarische Hilfen der Gemeinschaft unzulässig. Dafür steht die berühmt-berüchtigte No-Bail-out-Klausel.
    Die Realität der ökonomischen Spaltung zwischen den Mitgliedsländern, auch durch die aggressive Exportpolitik Deutschlands vorangetrieben, hat diese Gründungsignoranz zu Fall gebracht. Unter dem massiven Druck setzte viel zu spät ein Lernprozess ein. Die Schlagworte sind: Rettungspakete, Europäischer Rettungsfonds, den Krisenländern verordnete Austeritätsprogramme, aber auch der Schuldenschnitt in Griechenland, d. h. eine Teilenteignung der Gläubiger.
    Quelle: taz
  7. Deutschlands strittiges Rezept für den Süden
    Wenn Angela Merkel irgendetwas aus der Eurokrise gelernt hat, dann ist es wohl die Macht waghalsiger Politik. Immer und immer wieder hat die Bundeskanzlerin politische Widerstände in Südeuropa gebrochen, indem sie zuließ, dass ihre Gesprächspartner langsam aber sicher unter Druck gerieten – sei es vom Volk auf der Straße oder von den Finanzmärkten. (…)
    Noch sieht Deutschland wenig Anlass für eine Kursänderung. Im Februar haben die Umsätze im deutschen Einzelhandel den zweiten Monat in Folge zugelegt. Deutschlands Arbeitslosenrate lag nach Angaben des Arbeitsministeriums im März stabil bei 6,9 Prozent und damit fast auf einem Rekordtief. Und am Donnerstag meldete die Industrieländerorganisation OECD, dass Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Quartal annualisiert wohl um 2,3 Prozent und im Frühlingsquartal um 2,6 Prozent wachsen wird.
    Südeuropa hingegen steckt in der Rezession fest. Italiens Wirtschaft dürfte nach OECD-Berechnungen im ersten Halbjahr 2013 um mehr als ein Prozent schrumpfen. Die spanische Wirtschaftsleistung sinkt seit sechs Quartalen in Folge und diese Woche erst kündigte die spanische Zentralbank an, dass Spaniens BIP in diesem Jahr erneut um 1,5 Prozent sinken werde. Auch die französische Wirtschaft soll im aktuellen Quartal schrumpfen.
    Der Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen, den Deutschland als Gegenleistung für Finanzhilfe fordert, wird es diesen südeuropäischen Ländern aus Sicht von Analysten noch schwerer machen, ihre Schulden loszuwerden. Spanien erklärte am Mittwoch, dass seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr bei sieben Prozent lag und damit höher als vorausgesagt. Und die portugiesische Regierung teilte am Donnerstag mit, dass sich ihr Haushaltsdefizit trotz der 2011 begonnenen Einschnitte im vergangenen Jahr von 4,4 Prozent auf 6,4 Prozent des BIP erhöhte hat. Damals erhielt Portugal Rettungshilfen von 78 Milliarden Euro.
    Es gebe eine Überfülle an Daten, die nahelegten, dass Berlins Strategie nicht zu einer Genesung in Südeuropa führe, sagt Berenberg-Analyst Schulz. Trotzdem halte die deutsche Regierung an ihrer Blaupause zur Lösung der Schuldenkrise fest: Sie poche auf einen Schuldenabbau und sinkende Defizite, und Schulz kann nicht erkennen, „dass sie das aufgeben werde”.
    Quelle: wallstreetjournal.de
  8. Ulrike Herrmann: Die Welt von McKinsey
    Die Beraterfirma McKinsey stellt sich Deutschlands Zukunft golden vor. Millionen neuer Arbeitsplätze sollen bis 2025 entstehen, das Wachstum soll jährlich 2,1 Prozent betragen, und die Exporte sollen gar um 80 Prozent steigen…
    Die Stimmung erinnert an den Sommer 2007, als die Finanzkrise schon durchschlug – aber immer noch geglaubt wurde, jeder Bankzusammenbruch sei ein Einzelereignis…
    … es bleibt der irritierende Verdacht, dass Eliten wie Lemminge sind, die munter in den eigenen Untergang springen – und ihre Wähler dabei ebenfalls in den Abgrund reißen. Bei der Eurokrise ist nur noch die Frage, wann dieser „Lehman-Moment“ erneut eintritt…
    Die Wahrscheinlichkeit ist recht groß, dass wir ihn mit der verkorksten „Rettung“ von Zypern gerade schon erlebt haben.
    Die „Exklusivstudie“ von McKinsey ist eine traurige Lektüre, weil sie zeigt, dass Selbstzufriedenheit in Deutschland als höhere Erkenntnis gilt. Der Crash rückt näher.
    Quelle: taz
  9. Grüne wollen Ende der Minijobs
    Mit Niedriglöhnen machen Unternehmen ein Bombengeschäft, weil sie nicht sozialversicherungspflichtig sind. Zahlreiche Firmen arbeiten fast ausschließlich mit Minijobbern, die häufig nicht ausreichend fürs Alter vorsorgen können. Die Grünen wollen das nun ändern.
    Seit Monaten erscheinen fast im Wochentakt Studien, die vor allem eines belegen: Die Verbreitung von Minijobs hat inflationäre Ausmaße angenommen. Weit über sieben Millionen Menschen – vor allem Frauen – sind von solchen schlecht bezahlten Jobs abhängig. Für über fünf Millionen sind sie die Haupterwerbsquelle. Die allermeisten von ihnen zahlen nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Dafür reicht das Geld einfach nicht. Die Folge: Die Altersarmut steigt.
    Die Grünen wollen deshalb den Niedriglohnsektor neu organisieren. Ein Bestandteil ist die faktische Abschaffung der Minijobs. Sozialversicherungsfrei sollen lediglich Monatsverdienste bis 100 Euro sein, kündigte Göring-Eckardt jetzt in der Rheinischen Post an.
    Quelle: SZ

    Dazu prompt die Reaktion der Regierungskoalition: Koalition verteidigt Minijobs gegen Reformpläne
    Das Bundesarbeitsministerium hat sich in die Debatte über eine grundlegende Neugestaltung der Minijobs in Deutschland eingeschaltet. Mit dem Hinweis auf die jüngsten Reformen lehnte es den Vorschlag der Grünen ab, dass Beschäftigte im Monat nur noch 100 Euro abgabenfrei hinzuverdienen dürfen sollten. Die CDU-Mittelstandsvereinigung nannte den Vorstoß „populistisch“, der FDP-Arbeitsmarktfachmann Johannes Vogel sprach von einer „Politik gegen die Interessen der Mitte unserer Gesellschaft“.
    Die FDP warf den Grünen vor, die Bedeutung dieser Beschäftigungsform für den Arbeitsmarkt zu ignorieren. „Die Grünen werden mit ihrem Vorschlag, Minijobs abgaben- und steuerpflichtig zu machen, vielen Menschen ihre Einstiegsleiter in den Arbeitsmarkt wegtreten“, sagte der FDP-Sozialexperte Pascal Kober der F.A.Z.. Kober, Obmann im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, plädierte dafür, den Übergang von Minijobs in Vollzeitarbeit zusätzlich zu erleichtern.
    Quelle: faz.net

  10. Mindestlohn im Schlaf verdient
    Gehört Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit dazu? Ein Gericht entschied jetzt: ja. Damit bekommt eine Altenpflegerin 1000 Euro mehr Gehalt. Der Gesetzgeber muss einschreiten, fordert Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer, sonst wird Pflege unbezahlbar.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn mies bezahlte Arbeitskräfte den vollen Lohn für ihre Tätigkeit einfordern, dann ist das so “problematisch”, dass “der Gesetzgeber einschreiten muss”.

    Anmerkung JK: Vorgestellt wir der Verfasser als einer der führenden Arbeitsrechtler in Deutschland. Da fällt einem wirklich nichts mehr ein.

    Passend dazu: Wirtschaftsweiser Schmidt warnt vor gesetzlichem Mindestlohn
    Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt hat vor der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gewarnt. Jeder Arbeitsplatz müsse sich wirtschaftlich tragen, sonst falle er weg, schrieb der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in einem Gastbeitrag für die Zeitung Bild am Sonntag.
    “Daher muss der Mindestlohn niedrig angesetzt werden. 8,50 Euro ist entschieden zu hoch”, schrieb Schmidt dem Vorabbericht zufolge. Der Essener Wirtschaftsprofessor räumte ein, dass in Deutschland manche Arbeitnehmer nicht von ihrer Arbeit leben könnten. Dafür sei aber “vor allem die erhöhte Bedürftigkeit von Haushalten mit Alleinerziehenden, einem arbeitslosen Partner oder vielen Kindern” verantwortlich.
    Quelle: SZ

    Anmerkung JK: Schmidt gibt wieder eine schöne Kostprobe des dumpfen, dogmatischen, marktradikalen Glaubens, der bei den sogenannten „Wirtschaftsweisen“ vorherrscht. Dagegen erscheint die Glaubenskongregation der katholischen Kirche geradezu als eine Vereinigung von Freidenkern.
    Eigentlich müsste Schmidt nur einen Taschenrechner bemühen, um zu erkennen, dass ein Mindestlohn von 8,50 € bei einem normalen Arbeitsverhältnis einen Monatslohn von 1350 € ergibt. Das ist für Herren Schmidt also „entschieden zu hoch”. Seine eigenen Bezüge dürfte Herr Schmidt vermutlich nicht als „entschieden zu hoch” betrachten.

  11. Gesundheitswesen: Ärztliche Hilfe als Geschäftsmodell?
    Wir leben in einer Zeit, in der die Medizin von Grund auf transformiert wird. Aus einer genuin sozialen Praxis soll die Medizin in einen Gesundheitsmarkt verwandelt werden. Konzepte, die eigentlich nur für die Industrie gedacht waren, werden zunehmend über alle Bereiche der Gesellschaft gestülpt. Längst hat vor allem in den Kliniken ein Denken eingesetzt, das stärker vom Managementdenken als vom medizinischen Denken geprägt ist. Aber worin besteht eigentlich der Unterschied? Wie verändern die ökonomischen Leitkategorien das Denken in der Medizin?
    Quelle: aerzteblatt.de
  12. Sozialverbände: Armutsrisiko in Deutschland zu hoch
    Das Armutsrisiko in Deutschland ist nach Einschätzung der großen Sozialverbände zu hoch. Die Bundesrepublik schneide im europäischen Vergleich zwar überdurchschnittlich gut ab.
    Angesichts der guten Konjunktur und mit Blick auf die direkten Nachbarn sei das aber nicht gut genug, kritisierten Vertreter von Paritätischem Wohlfahrtsverband, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt (AWO) und Sozialverband VdK. “Wir haben eine Rekordarmutsgefährdung bei sinkenden Arbeitslosenzahlen. Das ist schon bedenklich”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen, Ulrich Schneider.
    Etwa jeder sechste Einwohner Deutschlands (15,8 Prozent) galt im Jahr 2010 als armutsgefährdet, so die am Mittwoch in Wiesbaden veröffentlichte EU-Statistik. Das waren 1,1 Prozentpunkte weniger als der EU-Mittelwert. Das Einkommen des obersten Fünftels der Menschen in Deutschland war 4,5 Mal so hoch wie das des untersten Fünftels (EU-Durchschnitt: 5,1).
    Quelle: VdK Sozialverband
  13. Eine ostdeutsche Umfrage zu Arm und Reich
    In einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage hat das Institut für Marktforschung Leipzig (IM Leipzig) 1.001 Personen in Ostdeutschland befragt. Eine ganz simple Frage: Stimmen Sie der Aussage zu, “In Deutschland werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer”? 85 Prozent der Befragten ab 18 Jahren stimmten zu. Und Janine Andrä vom IM Leipzig weist noch auf eine erstaunliche Bilanz hin: “Auffällig dabei ist, dass sich hierzu die Meinung in den einzelnen Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel nach Alter, Geschlecht und formaler Bildung, nur wenig unterscheidet.”…
    So stimmen CDU- und FDP-Anhänger zwar „nur“ zu 78 beziehungsweise 79 Prozent dieser Aussage zu, unter den Anhängern der Linken sind es dagegen 91 Prozent. Aber das sind Werte, die auch in den Führungsgremien von CDU und FDP ein Nachdenken auslösen sollten…
    Quelle: Leipziger Internet Zeitung

    Dazu: Arm und Reich – Wie geteilt ist Deutschland
    Quelle: ZDF

  14. Gerechtigkeit – Vom Wertewandel eines Wortes
    “Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein.”
    Dieser Programmauszug stammt nicht aus einer zeitgenössischen linken Feder auf der Höhe der europäischen Banken- und Schuldenkrise, sondern von christlichen Sozialisten aus der Gründerzeit der alten Bundesrepublik. Wir schreiben das Jahr 1947 mit dem “Ahlener Programm” der CDU.
    Quelle: dradio

    Weitere Sendungen des sehr interessanten Features.

  15. Grundsatzurteil: Pharmariese Novartis verliert Patentklage in Indien
    Sieben Jahre lang hat der Schweizer Pharmakonzern Novartis in Indien für die Patentierung seines Krebsmittels Glivec gekämpft. Nun hat das Oberste Gericht in Neu-Delhi die Klage abgewiesen. Das Grundsatzurteil stärkt die Rechte armer Patienten, die auf günstige Generika angewiesen sind.
    Neu-Delhi – Indiens Oberster Gerichtshof hat mit einer Grundsatzentscheidung die Rechte armer Patienten gestärkt. Die Richter in Neu-Delhi wiesen am Montag eine Klage des Schweizer Pharmakonzerns Novartis ab, der seit 2006 für die Patentierung seines Krebsmittels Glivec stritt. Die indischen Behörden hatten dies mit der Begründung verweigert, dass das Mittel nur eine leicht veränderte Version eines älteren Wirkstoffs sei.
    Novartis hatte argumentiert, man brauche das Patent, um Investitionen zu sichern, die in die Entwicklung des Medikaments geflossen sind. In 40 anderen Staaten, darunter den USA, ist die neue Glivec-Version patentiert worden. Die Gegenseite warf dem Pharmariesen vor, lediglich Gesetzeslücken ausnutzen zu wollen, um den Profit aus Arzneimitteln zu maximieren, deren Patent abgelaufen ist. Im vergangenen Jahr hatte Indiens Oberstes Gericht bereits dem Krebspräparat Sutent und dem Hepatitis-C-Mittel Pegasys mit einer ähnlichen Begründung ein Patent verwehrt. (…)
    Glivec, ein Mittel, das gegen Leukämie und andere Krebsarten eingesetzt werden kann, kostet in Indien pro Monat umgerechnet etwa 2000 Euro. Das Nachahmermittel ist bereits für weniger als 140 Euro zu bekommen.
    Quelle: spiegel
  16. Gespräch mit Mollath: “Man fühlt sich wie der letzte Dreck”
    Wird dem gerade beantragten Wiederaufnahmeantrag stattgegeben, käme Gustl Mollath tatsächlich umgehend frei. Mit der SZ hat er über diese neue Situation und seine Erfahrungen in der Psychiatrie gesprochen. Wie geht er damit um, niemals ungestört telefonieren zu können, Nacht für Nacht mehrmals geweckt zu werden und sein Wahlrecht verloren zu haben?
    Quelle: SZ

    Anmerkung C.R.: Der “Fall Mollath” scheint ein wahrlich drastischer Fall von Fehlern und Einseitigkeiten seitens zuständiger Gerichte in Deutschland zu sein.
    Dieser Fall ist offensichtlich jedoch leider kein Einzelfall. Verwiesen sei beispielshaft auf den Fall Andreas Kühn, über den der WDR berichtete:
    DOK 5 – Das Feature: 30.12.2012
    Im Zweifel für den Angeklagten – Justizopfer in Deutschland: Der Fall Andreas Kühn [PDF – 264 KB]
    Auch im Familienrecht sind ähnliche, vergleichbare Fälle bekannt. In der Rechtssache Kutzner versus Bundesrepublik Deutschland hatte beispielsweise erst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nach jahrelangem Rechtsstreit den leiblichen Eltern Recht zugesprochen. Deutsche Gerichte hatten sie zuvor von ihren Kindern getrennt.

  17. Christoph Butterwegge – Mit Peer wird’s schwer
    Soziale Gerechtigkeit ist für die SPD das zentrale Wahlkampfthema. Schade nur, dass ihr Spitzenkandidat Peer Steinbrück ganz anders darüber denkt […]
    Indem Steinbrück, aber auch Parteichef Sigmar Gabriel, die Linke für nicht koalitionsfähig erklärt, verstellt sich die SPD nicht nur die einzige Perspektive auf eine Kanzlermehrheit, sondern die Partei verbannt damit auch die einzige Konstellation, mit der ein grundlegender Kurswechsel möglich wäre, ins Wolkenkuckucksheim. Darüber hinaus schadet Steinbrück mit der politischen Quarantäne für die Linkspartei der Demokratie: Gerade junge Menschen wenden sich von der Politik ab, weil sie das Gefühl haben, trotz großen Engagements und guter Argumente gegen die etablierten Politiker nichts durchsetzen oder gar verändern zu können.
    Quelle: Der Freitag

    Anmerkung C.R.: Auch mit dieser Analyse trifft Butterwegge den „Nagel auf den Kopf“.
    Vielleicht orientiert sich Peer Steinbrück an Gerhard Schröder. Auch ihn interessierte die SPD-Programmatik offenbar sehr wenig; während der rot-grünen Schröder-Fischer-Regierung galt das Berliner Grundsatzprogramm: „Leiharbeit ist zu verbieten“, „In der gesetzlichen Krankenversicherung lehnen wir eine Kostenbeteiligung der Versicherten über die Beiträge hinaus ab.“ und „Unser Ziel ist es, den Export von Waffen und Rüstungsgütern zu vermindern.“ waren markante Sätze, an die sich SPD-Mitglieder wie Sigmar Gabriel, Andrea Nahles, Thomas Oppermann, Gerhard Schröder und Frank-Walter Steinmeier vermutlich kaum noch erinnern.
    Mehr dazu u.a. hier: Wie sozial und demokratisch ist die SPD?

  18. Berliner SPD-Chef offen für rot-grüne Minderheitsregierung im Bund
    Der Berliner Parteichef Jan Stöß hat sich offen für eine rot-grüne Minderheitsregierung im Bund gezeigt. Wenn SPD und Grüne bei der Bundestagswahl am 22. September mehr Stimmen bekämen als Union und FDP, sollten sie “diese Gestaltungsmehrheit nutzen”, sagte Stöß dem Magazin Spiegel. “Dann sollte sich Peer Steinbrück zum Kanzler wählen lassen – notfalls auch im dritten Wahlgang.”…
    Gabriel hatte Ende Februar eine “unsichere Regierungssituation per Tolerierung” abgelehnt. Damals hatte Linkspartei-Chef Bernd Riexinger gesagt, seine Partei könnte eine rot-grüne Minderheitsregierung dulden und einen SPD-Kanzler mitwählen. (…)
    Quelle: zeit.de

    Anmerkung unseres Lesers B.-B.: Dabei kann der Berliner SPD-Chef Jan Stöß eigentlich – als einziger? – noch klar denken. Denn mit Blick auf die auch jetzt noch hilflose Situation auf eine Mehrheit für die SPD bzw. Rot-Grün hatte Albrecht von Lucke gegen Ende des letzten Jahres der SPD ihren nur scheinbaren Kampf für eine Mehrheit jenseits von “Schwarz-Gelb” vorgehalten – und das Gedöns ( hier ist es einmal richtig angebracht ) von Steinbrück als “Nulloption” für die SPD gekennzeichnet, weil die SPD mit Steinbrück in der “Alles-oder-Nichts-Falle” sitze – zu der es eben Alternativen gebe.
    (vgl. Albrecht von Lucke,“Peer Steinbrück und die Null Option“)

  19. Frank Schirrmacher: Spieltheorie – Versprechen oder Bluff?
    Menschliches Handeln wird von digitalen Systemen vermehrt spieltheoretisch modelliert … Vor wenigen Tagen erläuterte Markus Morgenroth von der Firma Cataphora in der F.A.Z., dass die von seiner Firma vorgenommene Tiefenanalyse nach spieltheoretischen Modellen erfolgt: Auf diese Weise sollen die „wahren Absichten“ der Einzelnen in den E-Mails und in der digitalen sozialen Kommunikation in den Systemen der Kunden aufgedeckt werden. Doch nicht nur bei der Analyse sozialen Verhaltens in Unternehmen finden diese Modelle Anwendung, sondern auch in automatisierten Finanzmärkten …
    Das Problem solcher Modelle in Finanzmärkten liegt darin, dass sie produzieren können, was sie beschreiben. Ariel Rubinstein hat die Anwendung des Modells für strategische und ökonomische Entscheidungen stets kritisiert. Ihr Preis sei endemisches Misstrauen. Wie sehr er recht behalten hat, zeigt gerade die Zypern-Krise, in der wie so oft seit Ausbruch der Krise wie im „chicken game“ zwei Autos aufeinander zurasten, bis eines, jenes der Zyprer, auswich …
    Der Preis ist permanentes Misstrauen, ein fast kafkaeskes Hineinversetzen in das strategische Denkens des anderen: „Was tut er, wenn er weiß, dass ich weiß, dass meine Sparguthaben bedroht sein könnten?“ Es bewirkt ferner eine Veränderung des politischen Diskurses: Kooperation wird durch ökonomische Drohungen und das „Gleichgewicht des Schreckens“ erzwungen, aber politisch nicht gestaltet.
    Der Preis des Spiels könnte der Zerfall der europäischen Idee sei.
    Quelle: FAZ Net
  20. Klappe, die erste! Finanzkasino!
    Erste Sendung von stoersender.tv
    Quelle: stoersender.tv

    Anmerkung WL: Besonders das Märchen über Asmussen von HG. Butzko ist sehr empfehlenswert.

    dazu: Neues Projekt für alten Störenfried
    Mit seinem Web-Format “Stoersender.tv” erfindet Dieter Hildebrandt das politische Kabarett noch einmal neu.
    Dieter Hildebrandt ist zurück auf der Mattscheibe. Aber nicht im Fernsehen – der 85-jährige Kabarettist sendet jetzt im Internet. Über Crowdfunding hat er über 150.000 Euro von Fans eingesammelt. Nun hat er die erste Sendung ins Netz gestellt. Und Deutschlands Kabarettisten stehen bereits Schlange.
    Quelle: Deutschlandrdio Kultur

  21. Zu guter Letzt
    1. Unterhaltung am Wochenende
      Hart an der Grenze aus Goch-Kessel mit Volker Pispers, René Steinberg und Maybebop
      Wilfried Schmickler, das alleine ist schon ein sicherer Garant für ausgezeichnetes Kabarett, dass immer hochpolitisch ist und Spaß macht. “Hart an der Grenze” heißt Wilfried Schmicklers erfolgreiche Radio-Show aus der Viller Mühle in Goch-Kessel und diesmal wird er unterstützt von Volker Pispers. Kabarett der Spitzenklasse in Goch und exklusiv in der Unterhaltung am Wochenende auf WDR 5 also. Außerdem dabei: Radio-Comedian René Steinberg, besser bekannt als Erfinder der Radio-Satire “Die von der Leyens”. Für die Musik und die entsprechend wahnsinnigen Texte sorgt die Vocalband Maybebop aus Hannover. Und ebenfalls dabei, der menschgewordene Ärmelschoner Steuerinspektor Heuser alias Gernot Voltz. Er liefert neue Erkenntnisse aus dem schweren Leben eines Beamten, immer hart am Limit des Möglichen.
      Quelle: wdr
    2. Warum ist Mutti so beliebt?
      Es ist nicht ganz klar! Der Störsender ist etwas ratlos, da es eine Reihe von Dingen gibt, die “Mutti” tut und unterlässt, die nichts mit Demokratie zu tun haben. Was für Dinge?
      Wir wollen für die Flugblatt-Aktion von Ihnen wissen, was sie tut. Schreiben Sie an [email protected].
      Nicht zu lang, es soll auf die Rückseite des Flyers – siehe rechts – passen. Die Abonnenten stimmen ab, die besten Störschläge drucken und verschicken wir an alle, die hier etwas Klarheit schaffen wollen!


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