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Titel: Ex-Arbeitsminister Clement hat einen weiteren Arbeitsplatz gefunden: Er wird Vorsitzender des neuen ‚‚Adecco Institute’’ zur Erforschung der Arbeit

Datum: 5. Oktober 2006 um 9:59 Uhr
Rubrik: Drehtür Politik und Wirtschaft, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte
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Das von Adecco – dem nach eigenen Angaben „Weltmarktführer für Personaldienstleistungen“ – finanzierte Institut mit Sitz in London soll eine führende Forschungseinrichtung zum Thema Arbeit werden, meldet dpa. Den Vorsitz in diesem neuen Institut soll der ehemalige Arbeitsminister Wolfgang Clement übernehmen. Wie sich der Finanzier des Forschungsinstituts dem Thema Arbeit nähert, kann man aus der Unternehmenstätigkeit von Adecco ablesen: Das Unternehmen handelt mit Arbeitnehmern, vor allem mittels Zeitarbeit, Outcourcing und Personalvermittlung.
„Wir vermitteln weltweit täglich mehr als 700.000 Menschen an mehr als 15.000 Kunden“ heißt es stolz auf der firmeneigenen Hompage.
Man kann sich also vorstellen in welche Richtung die „Erforschung neuer Wege für Arbeit und soziales Leben“ gehen wird. Clement sagte laut Presseagentur: Er freue sich, am Aufbau einer Institution mitwirken zu können, die einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung Europas leisten möchte. „Better work, better life“ – so das Adecco-Motto – mit modernem Menschenhandel?

Dass der ehemalige Superminister Wolfgang Clement ein umtriebiger, ja geradezu ruheloser Mensch ist, hat er in seinen politischen Ämtern bewiesen. Dass er sich nicht auf seiner stattlichen Pension ausruhen würde, war zu erwarten. Seit seinem Ausscheiden aus der Politik hat er mindestens sechs neue Arbeitsplätze gefunden: Aufsichtsratsposten bei der Berliner Dussmann – Gruppe (einem Dienstleistungsunternehmen), bei der Landau-Media AG (einem Anbieter von Medienbeobachtung und Resonanz-Analysen), bei der RWE-Power in Essen (einem der größten Stromproduzenten Europas), bei der Zeitarbeitsfirma DIS. Er ist darüber hinaus „Senior Advisor“ beim Bankenriesen Citigroup und er wurde in den Vorstand Kölner Unternehmensgruppe M. DuMont Schauberg (u.a. Kölner-Stadtanzeiger, Kölnische Rundschau, Express, Mitteldeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, die israelische Zeitung Ha’aretz) berufen.
Politisch neu aktiv wurde er im konservativen „BürgerKonvent“ von Roman Herzog.

Das alles füllt Wolfgang Clement natürlich noch lange nicht aus, er will jetzt auch noch den Vorsitz des neuen ‚‚Adecco Institute’’ zur Erforschung der Arbeit übernehmen.
Nachdem er mit seinen politischen Arbeitsmarktprojekten von Hartz I bis IV gescheitert ist, soll er sich nun „wissenschaftlich“ dem Anliegen der Adecco um eine „Neudefinition der Arbeit“ widmen – also um die Wachstumschancen von Zeitarbeit, von Oursourcing und von kommerzieller Personalvermittlung etwa.
Adecco geht bei dieser „Neudefinition der Arbeit“ beispielhaft voran. Laut “innovationsreport” beschäftigte Adecco 1999 bei einem Umsatz von damals 28 Milliarden DM weltweit 30.000 Mitarbeiter (2006. 33.000) und als „weltweit zweitgrößter privatwirtschaftlicher Arbeitgeber“ 730.000 Zeitarbeitnehmer.

Nach Auffassung von Adecco ist Zeitarbeit „der wesentliche und gesellschaftlich akzeptierte Faktor zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit bei gleichzeitiger Steigerung der Flexibilität.“

Niemand sollte sich also darüber wundern, wenn Clement künftig als „wissenschaftlicher Experte“ und Lobbyist für Zeitarbeit, Oursourcing und kommerzielle Personalvermittlung auftritt. Man kann nur hoffen, dass er in seinem neuen Job genauso erfolglos sein wird, wie als „Arbeits“-Minister und hoffentlich mit weniger Folgen für Millionen von Menschen.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Von mir aus kann Clement jeden Job der Welt machen und so viel Tantiemen verdienen, wie er will.
Es ist aber wohl nicht davon auszugehen, dass Wolfgang Clement sein politisches Bewusstsein mit seinem ausscheiden aus der Politik ausgewechselt hat. Seine neuen Tätigkeiten erhellen somit zu einem guten Stück den Kurs der Politik, für den auch der frühere Ministerpräsident und Superminister eingetreten ist. Die Sozialdemokratie hat diesen Kurs – zwar mit Murren – mitgetragen und es hat nicht den Anschein als gäbe es Kritik oder gar eine Umkehr von diesem Kurs.


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