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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 11. Oktober 2013 um 9:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nach der Wahl
  2. Deutsche Ausgabe: “Huffington Post” startet mit Unions-Bloggern
  3. Lampedusa
  4. Die Logik der Vertreibung – Finanzkrise, Land Grabbing und Totalüberwachung
  5. Austerity pushing Europe into social and economic decline, says Red Cross
  6. Making the Economy ‘Scream’
  7. Jede fünfte Neueinstellung erfolgt in Teilzeit
  8. Arbeitswahn: “Bleibst du auf der Strecke, liegt es nur an dir!”
  9. Reiche Rentner leben länger
  10. Maria Ott-Hinüber im Gespräch mit Jean Ziegler
  11. In der unmittelbaren Umgebung des japanischen Unglückskraftwerkes Fukushima steigt die atomare Strahlung drastisch an
  12. Vattenfall schreibt sich selbst seine Jubelartikel
  13. Kurt Beck berät künftig Boehringer Ingelheim
  14. Sicherheitspolitischer Workshop des DGB: Ein Schlag ins Gesicht der Friedens- und Antikriegsbewegung
  15. Die verbriefte Reisefreiheit innerhalb der EU ist Geschichte
  16. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft – DGB-Analyse zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung
  17. Super-Mario soll es richten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nach der Wahl
    1. Wolfgang Münchau – Koalitionsverhandlungen: Trüffel gegen Zitronen getauscht
      Die SPD hat sich schon einmal von Angela Merkel übertölpeln lassen. Bei den jetzt anstehenden Koalitionsverhandlungen müssen es die Sozialdemokraten besser machen: Sie sollten auf dem Finanzministerium bestehen und sich in der Euro-Politik nicht auf faule Kompromisse einlassen […]
      Aus dieser inhaltlichen Positionierung ergibt sich fast automatisch die Ämteraufteilung. Die SPD sollte unbedingt auf dem Amt des Finanzministers bestehen. Wichtig ist nicht das eher theoretische Vetorecht des Finanzministers, sondern dessen gestalterische Arbeit im Rat der Euro-Finanzminister. Die Euro-Gruppe bereitet alle wichtigen Entscheidungen für den Europäischen Rat vor. Die Staats-und Regierungschefs machen den Rest. Wenn die SPD auf das Amt des Finanzministers verzichtet, dann werden Merkel und Schäuble auch weiterhin ihren Koalitionspartner austricksen, so wie sie das mit der FDP gemacht haben.
      Auf keinen Fall aber sollte die SPD das Finanzministerium für das Arbeitsministerium tauschen. Das wäre dann wieder so einer von den eingangs beschriebenen FTS-Kompromissen, wo die Union alle Trüffel gewinnt und die SPD sich mit saurem Obst abspeisen lässt.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: In seiner aktuellen Kolumne wirkt Münchau seltsam naiv. Aus nicht näher erklärbaren Gründen geht er offenbar davon aus, dass ein SPD-Finanzminister tatsächlich ein Interesse daran hätte, eine sinnvolle Eurokrisen-Politik durchzusetzen. Ein solches Szenario könnte eintreffen, es könnte jedoch auch ganz anders kommen. Es ist ja schon erstaunlich, dass gerade Johannes Kahrs, Sprecher des rechten Flügels der SPD, des Seeheimer Kreises, derart darauf pocht, dass die SPD das Finanzministerium bekommt. Intern spekulieren die Seeheimer sicher bereits darauf, dass der Seeheimer Carsten Schneider das Amt übernimmt. Ein durch und durch neoliberaler Finanzminister Schneider wäre jedoch für Deutschland und Europa eine einzige Katastrophe. Müsste ich zwischen Schäuble und Schneider wählen, bräuchte ich keine Sekunde Bedenkzeit um mich für Schäuble zu entscheiden … und das will was heißen.

    2. Bescheidene Zeiten des Stillstands
      Alles sondiert, keiner regiert. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten
      Alles sondiert, keiner regiert. Viele sorgen sich deshalb. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten: Vielleicht bringt uns dieser Stillstand tatsächlich nicht voran – aber er wirft uns auch nicht zurück. […]
      Ich sagte meinem verängstigten Mitmenschen, dass man diesen Stillstand durchaus als Fortschritt betrachten könne. Solange die politischen Funktionseliten des Kapitals mit sich selbst beschäftigt seien, beschäftigen sie uns nicht mit neuen Schreckensmeldungen. Das mit dem Fortschritt war dabei natürlich weit übertrieben. Denn wer steht, der schreitet nicht fort. Aber immerhin wirft uns diese Zeit zwischen den Regierungsmehrheiten auch nicht wesentlich zurück.
      In einer Epoche voller Hiobsbotschaften von zusammenbrechenden Volkswirtschaften und Spardiktaten, von Shutdowns und dem Niedergang des Sozialstaats, privatisierten Profiten und sozialisierten Verlusten, ist das gar nicht wenig.
      Quelle: Neues Deutschland

      Anmerkung JB: Belgien hatte von 2010 bis 2011 für 541 Tage gar keine gewählte Regierung und Spötter sagen, dass dem Land damals nicht besseres hätte passieren können. Kaum war wieder eine neue Regierung im Amt, wurde ein „Sparpaket“ verabschiedet und es ging bergab.

    3. “Vermögen besteuern statt Versprechen brechen”: Kampf um Ministersessel vor Sondierungsgesprächen von CDU/CSU und Grünen
      Großen Reichtum besteuern – das hat am Donnerstag in Berlin das Bündnis “Umfairteilen” von Union und Grünen anlässlich ihrer Sondierung einer möglichen Koalition gefordert. Bei der Aktion vor der Parlamentarischen Gesellschaft bot eine Merkel-Puppe einer Trittin-Puppe einen Ministersessel an – im Gegenzug zum Verzicht auf höhere Steuern. Die Demonstranten erinnerten an das grüne Wahlprogramm, in dem es heißt: “Wer mit uns regieren will, muss (…) mit uns die Unterfinanzierung des Staates in Bund, Ländern und Kommunen durch höhere Steuern auf große Einkommen und Vermögen beenden.”
      “Die Grünen wurden nicht trotz, sondern wegen ihrer Courage gewählt, Reichtum endlich konsequent zu besteuern. Jetzt dürfen sie nicht einknicken. Die Einkünfte aus höheren Steuern für große Vermögen und Spitzeneinkommen werden dringend gebraucht – etwa für bessere Bildung, eine menschenwürdige Pflegesystem und einen modernen Nahverkehr”, forderte Christoph Bautz von Campact.
      “Seit bald 20 Jahren ist Deutschland eine Steueroase für Vermögende – mit dem Ergebnis, dass immer mehr Städte und Gemeinden pleite sind. In keinem anderen Industrieland hat die soziale Ungleichheit so stark zugenommen wie in Deutschland. Der grüne Plan für eine Vermögensabgabe nimmt bereits große Rücksicht auf die Bedürfnisse von Unternehmen. Mehr Wirtschaftsfreundlichkeit geht nicht – denn ohne Vermögensbesteuerung wird die öffentliche Infrastruktur weiter erodieren, und das zieht auch die Privatwirtschaft in Mitleidenschaft”, sagte Jutta Sundermann von Attac.
      Dem Bündnis “Umfairteilen – Reichtum besteuern” gehören 24 bundesweite zivilgesellschaftliche Organisationen an, darunter die großen Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Jugendverbände, christliche und migrantische Organsationen. Über 130.000 Menschen haben den Appell des Bündnisses zur Wiedereinführung der Vermögensteuer bisher unterzeichnet, Zigtausende sind in über 100 Städten mit dieser Forderung auf die Straße gegangen. 45 Städte, Gemeinden und Landkreise haben sich der Initiative “Vermögensteuer jetzt!” angeschlossen.
      Quelle: Pressemitteilung Bündnis “Umfairteilen”, Berlin, 10. Oktober 2013
  2. Deutsche Ausgabe: “Huffington Post” startet mit Unions-Bloggern
    Die “Huffington Post” gilt in den USA als linksliberales Gegengewicht zu Medien wie “Fox News”. Die am Donnerstag gestartete deutsche Ausgabe zeichnet sich bislang eher durch eine gewisse Nähe zur Union aus. […]
    Zu den Gastautoren, die unentgeltlich Meinungsbeiträge für die deutsche “Huffington Post” schreiben sollen, gehören zum Start der scheidende Telekom-Chef René Obermann und Kasper Rorsted, der Vorstandsvorsitzende der Henkel AG, der Karstadt-Investor Nicolas Berggruen und der Unternehmer und Metro-Aufsichtsratsvorsitzende Franz Haniel.
    Außerdem sollen die Schauspielerinnen Miriam Pielhau, Jutta Speidel und Uschi Glas für die “Huffington Post” schreiben, ebenso wie Nikolaus Schneider, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Robert Zollitsch, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz. Auch einige Politiker konnten Markengründerin Arianna Huffington, “Huffington Post”-Mitbesitzer Hubert Burda, der designierte Chefredakteur Sebastian Matthes und der “Anchorman” Cherno Jobatey als Gastblogger gewinnen: die Unionspolitikerinnen Ursula von der Leyen, derzeit Familienministerin, und die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Wunderbar! Nun dürfen die CEOs internationaler Unternehmen endlich die PR-Texte ihres Mitarbeiterstabs unter eigenem Namen veröffentlichen. Das erspart den Umweg über Handelsblatt, Wirtschaftswoche und Co. Stellt sich nur die Frage, was das alles mit einem „Blog“ zu tun haben soll? Man muss wohl kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass die deutsche Ausgabe der HuPo ein gigantischer Flop wird … und das ist auch gut so, denn ein Geschäftsmodell, das sich einzig und allein darauf gründet, mit unbezahltem Content Renditen zu erwirtschaften, hat keinen Erfolg verdient.

  3. Lampedusa
    1. Katastrophe von Lampedusa: Flüchtlinge sind Opfer der Weltwirtschaftsstruktur
      Nach längerer Zeit schafft es der Tod von Flüchtlingen in Lampedusa mal wieder in die Schlagzeilen. Die Versprechen der Politik, jetzt endlich mehr für die Menschen und gegen das Schleppertum zu tun, greifen aber zu kurz.
      Quelle: Deutsch-türkisches Journal
    2. Grenzen dicht!
      Trotz der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa weist Berlin sämtliche Forderungen nach einer Milderung der EU-Asylbestimmungen kategorisch zurück. Die derzeit gültigen Regelungen blieben “selbstverständlich” unangetastet, verkündet der Bundesinnenminister. Einige EU-Staaten hatten darauf gedrungen, wenigstens die “Dublin II-Verordnung” zu modifizieren; aus Berliner Perspektive ist sie eine zentrale Säule des europäischen Migrationsregimes, weil sie die Bearbeitung von Asylanträgen schwerpunktmäßig den Ländern an den EU-Außengrenzen aufträgt. Keinerlei Einwände hat Berlin gegen die weitere Hochrüstung der EU-Außengrenzen. Neue Maßnahmen zum Aufspüren unerwünschter Flüchtlinge werden als Schritte zur Rettung von Schiffen in Seenot angepriesen, darunter auch das neue System “Eurosur”, das die Grenzabschottung weiter vervollkommnen soll und in US-Medien als “Traum von Security-Hardlinern und der weltweiten Waffenindustrie” beurteilt wird. Während SPD-Politiker öffentlich gegen die Berliner Flüchtlingsabwehr Position beziehen, hat ihre Partei in ihrer Regierungszeit bewiesen, dass sie bei Bedarf die Abschottung der EU ebenfalls zuverlässig forciert.
      Quelle: German Foreign Policy

      Und: Grenzen dicht! II
      Nach dem gestrigen Beschluss über den Aufbau eines neuen Abwehrsystems gegen Flüchtlinge von außerhalb Europas (“Eurosur”) fordert die Bundesregierung neue Möglichkeiten zur Abschottung gegen unerwünschte Einwanderer aus Südosteuropa. Dabei geht es vor allem um Wege, Bürger Bulgariens und Rumäniens nach dem Schengen-Beitritt beider Länder bei Bedarf von Deutschland fernhalten zu können. Im Kern richtet sich das Berliner Begehren gegen die Minderheit der Roma. Berlin und Brüssel üben bereits seit 2010 massiv Druck auf die fünf Nicht-EU-Staaten Südosteuropas aus, Roma an der Einreise in die EU und nach Deutschland zu hindern, obwohl diese ihnen nach Einführung der Visafreiheit formal offensteht. Unter heftigem Druck aus Westeuropa haben insbesondere Mazedonien und Serbien Gesetze eingeführt, die es ihnen ermöglichen, Roma willkürlich an der Ausreise zu hindern; der Menschenrechtskommissar des Europarats läuft ebenso wie sein Amtsvorgänger und diverse Menschenrechtsorganisationen dagegen Sturm. Mit den Willkürgesetzen hat etwa Mazedonien innerhalb von nur 18 Monaten ungefähr 6.500 seiner Bürger an der Ausreise gehindert und damit – maßgeblich auf deutschen Druck – die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gebrochen.
      Quelle: German Foreign Policy

  4. Die Logik der Vertreibung – Finanzkrise, Land Grabbing und Totalüberwachung
    Wir befinden uns, so Saskia Sassen, in einer globalen Phase des Ausschlusses und der Vertreibung. Immer mehr Menschen würden im Wirtschaftssystem nicht mehr gebraucht und daher dauerhaft ausgeschlossen. Das beträfe sowohl große Teile der Bevölkerung in Griechenland und Spanien, die in Folge der Kürzungspolitik aus dem System herausfallen, als auch die mehr als zwei Millionen Gefängnisinsassen in den USA. Um für Investoren die Lage schönzurechnen, würden einfach die Grenzen des Systems neu definiert. So fallen etwa Langzeitarbeitslose vollständig aus den Statistiken heraus. Auch die etwa 30 Millionen Menschen, die in den USA seit 2007 zwangsgeräumt wurden, blieben in der Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar. Eine andere Form von Vertreibung und Ausschluss ist das sogenannte Land Grabbing: der Aufkauf riesiger Landflächen weltweit, vor allem für Agrartreibstoffe. Die Player sind oft die gleichen, die auch die Immobilienkrise auslösten: Hedge Fonds und Großbanken wie Goldman Sachs und J.P. Morgan. In diesem Zusammenhang sei auch die Ausweitung des Überwachungsstaates als eine Form des Ausschlusses zu sehen: Bürger würden von elementaren Rechten ausgeschlossen und zu bloßen Objekten. Profiteur der Überwachung sei vor allem die Sicherheitsindustrie, die Milliardenumsätze macht. Die USA seien zwar noch kein faschistisches Land, aber es gebe eine Reihe von „räuberischen Formationen”, die sich zu einem „schlüsselfertigen Staat” zusammensetzen ließen.
    Der Beitrag gliedert sich in vier Teile:

    1. Von der Eurokrise bis zum US-Gefängnissystem: Wie immer mehr Menschen auf Dauer aus dem Wirtschaftssystem ausgeschlossen werden.
    2. Land Grabbing und Biosprit vertreiben Millionen Menschen / Banken und Hedge Fonds beteiligt.
    3. USA: 30 Millionen Menschen zwangsgeräumt / Eine Million in Ungarn / Vertreibung auch in Deutschland.
    4. Der „schlüsselfertige Staat“: NSA und Überwachungsindustrie als Vorstufen eines faschistischen Systems in den USA.

    Quelle: Kontext TV

  5. Austerity pushing Europe into social and economic decline, says Red Cross
    Critique of response to EU debt crisis highlights unemployment, widening poverty gap, and growing risk of social unrest.
    Quelle: The Guardian

    Anmerkung unseres Lesers D.F.: So allmählich wird denn auch andereswo bekannt, wovor die Nachdenkseiten seit Langem warnen!

  6. Making the Economy ‘Scream’
    In the past when the CIA targeted a troublesome government, a key part of the strategy was to make the economy “scream” to get the people ready for regime change. This tactic now appears to have come home to roost in the Right’s efforts to destabilize President Obama’s government, writes Robert Parry.
    Quelle: consortiumnews.com
  7. Jede fünfte Neueinstellung erfolgt in Teilzeit
    Jede fünfte Stelle, die 2012 neu besetzt wurde, war eine Teilzeitstelle. Drei Viertel dieser Teilzeitstellen wurden mit einer Frau besetzt. Das berichtete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
    Quelle 1: Informationsdienst Wissenschaft
    Quelle 2: IAB-Kurzbericht [PDF – 635 KB]
  8. Arbeitswahn: “Bleibst du auf der Strecke, liegt es nur an dir!”
    E-Mails um Mitternacht, Berge von Überstunden: Für immer mehr Menschen hört die Arbeit nie auf, hat Karrierecoach Martin Wehrle beobachtet. Der Frühkapitalismus kehrt zurück, und die Globalisierung ist die perfekte Ausrede.
    Quelle: SPIEGEL Online
  9. Reiche Rentner leben länger
    Wer reich ist, mag vielleicht nicht glücklicher sein als ein armer Mensch, aber er kann sich nicht nur mehr leisten und leichter vielen seiner Wünsche nachgehen, er lebt normalerweise auch gesünder, sorgloser und vor allem länger. Das haben nun Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung für Deutsche anhand von Daten der Rentenversicherung erneut in einer im Journal of Epidemiology and Community Health veröffentlichten Studie bestätigt.
    Quelle: Telepolis

    Hinweis unserer Leserin J.O.: Die TAZ schrieb im Jahr 2011 über dieses Thema, allerdings kann man dort lesen, dass der Abstand in der Lebenserwartung sich eben nicht nur vergrößert, weil Besserverdienende länger leben, sondern weil die Lebenserwartung bei Geringverdienern sinkt. Auch finden sich dort andere Zahlen für den Abstand in der Lebenserwartung. So kann man in der TAZ lesen: “Die Lebenserwartung von Geringverdienern ist entgegen aller Trends in den letzten zehn Jahren deutlich gesunken. […] Für Rolf Rosenbrock, Gesundheitsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin, sind die Zahlen alarmierend – und völlig neu: ‘Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die Lebenserwartung bei einer Bevölkerungsgruppe sinkt. So etwas hatten wir in Europa in den 1990ern nur einige Jahre in Großbritannien als Auswirkung der radikalen Reformen unter Margret Thatcher.‘“ Und weiter: “So lebten Männer, die nur bis zu 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienten, nicht nur mehr als zehn Jahre kürzer als Besserverdiener. Sie litten auch vier Jahre früher an chronisch-degenerativen Erkrankungen, berichtet Rosenbrock.”

  10. Maria Ott-Hinüber im Gespräch mit Jean Ziegler
    „Wir leben in einer kannibalischen Weltordnung, die beherrscht ist von struktureller Gewalt”, sagt der 78-jährige Soziologe, Politiker und Sachbuchautor Jean Ziegler, dessen Glaube an die Gerechtigkeit ungebrochen ist. Jean Ziegler hat die Welt aus vielen verschiedenen Blickwinkeln kennen gelernt: als Universitätslehrer, als Abgeordneter im Schweizer Nationalrat, als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung; heute ist er Vizepräsident des beratenden Ausschusses des UN-Menschenrechtsrats. Die Mischung aus Erkenntnis und persönlicher Erfahrung in vielen Teilen der Welt lässt ihn deutliche Worte wählen, wenn es darum geht, die Zusammenhänge zwischen unserem Leben hier und dem Hunger in der Welt zu benennen.
    Quelle: WDR5
  11. In der unmittelbaren Umgebung des japanischen Unglückskraftwerkes Fukushima steigt die atomare Strahlung drastisch an
    In Meerwasser vor einem der beschädigten Reaktoren wurden die höchsten Werte seit zwei Jahren gemessen, wie die Betreibergesellschaft Tokyo Electric Power am Donnerstag mitteilte. Die Werte für Cäsium-134 und Cäsium-137 schnellten um das 13-fache in die Höhe und weit über den Grenzwerten.
    Quelle: Reuters
  12. Vattenfall schreibt sich selbst seine Jubelartikel
    Vattenfall kämpft um sein Image und seine Stromnetze. Nachdem sich vor Kurzem bereits die Bürger von Hamburg für einen Rückkauf des Netzes durch die Stadt ausgesprochen haben, steht am 3. November ein ähnlicher Volksentscheid in Berlin an. Nur zwölf Minuten im Jahr seien die Einwohner der Hauptstadt ohne Strom, heißt es in einem Text auf der Webseite der Berliner Zeitung. “Dass die meisten davon nichts mitbekommen, liegt auch an der Umsicht der Mitarbeiter in der Netzleitstelle.”
    Was wie ein gewöhnlicher redaktioneller Text aussieht, ist in Wirklichkeit eine Anzeige. Darauf deutet der ungewöhnliche Autor hin: Vattenfall GmbH. Dass es sich um Werbung handelt, erfährt der Leser nicht. Mehrere ähnliche Texte hat zuletzt auch die B. Z. veröffentlicht. Dort heißen die Beiträge “Sonderveröffentlichung” und es ist nicht erkennbar, dass es um bezahlte Werbung geht.
    Quelle: taz
  13. Kurt Beck berät künftig Boehringer Ingelheim
    Schon wieder wird ein früherer Politiker zum Wirtschaftsberater. Ausgerechnet Kurt Beck wechselt die Seiten und steht künftig der Konzernspitze des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim zur Seite. […]
    Der Seitenwechsel des SPD-Politikers wird auch deshalb als besonders delikat empfunden, weil sich ausgerechnet Boehringer Ingelheim in der Vergangenheit mit mehreren Anschuldigungen auseinandersetzen musste. So wird dem Pharmariesen etwa vorgeworfen, dass eines seiner Blutgerinnungsmittel zum Tod mehrerer Menschen geführt haben soll. In Frankreich beschäftigt der Streit mittlerweile die Gerichte. Nach entsprechenden Medienberichten sah sich der Pharmakonzern zudem dem Vorwurf ausgesetzt, Medikamente an nicht informierten Patienten in Indien getestet zu haben.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Orlando Pascheit: Instinktsicher unterläuft ein SPD-Spitzenpolitiker wieder einmal die eigenen Ansprüche. Hatten SPD und Grüne noch im Frühjahr im Zusammenhang mit dem Wechsel Eckart von Klaedens (CDU) zu Daimler eine Karenzzeit für Regierungsmitglieder gefordert, bevor sie eine Stelle in der Wirtschaft annehmen: Die SPD 18 Monate, den Grünen drei Jahre. – “Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.” (Heine)

  14. Sicherheitspolitischer Workshop des DGB: Ein Schlag ins Gesicht der Friedens- und Antikriegsbewegung
    Im Februar 2013 kam es zu einem „denkwürdigen“ Treffen zwischen DGB-Chef Michael Sommer und Verteidigungsminister Thomas de Maiziere, das von vielen Seiten heftig kritisiert wurde, weil dort eine engere Kooperation beider Institutionen vereinbart wurde. Zunächst hatte es daraufhin den Anschein, als würde die DGB-Spitze aufgrund der mannigfaltigen Kritik von ihrem Kuschelkurs gegenüber der Bundeswehr wieder abrücken. Dass dem nicht der Fall ist, zeigt jedoch ein prominent angekündigter „Sicherheitspolitischer Workshop“, der am 30. Oktober 2013 in Berlin stattfinden wird. Das Programm kann nicht nur getrost als ein Schlag ins Gesicht der Friedens- und Antikriegsbewegung gewertet werden, es zeigt auch, dass jetzt Widerstand gegen diese Entwicklung dringend notwendig ist.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung
  15. Die verbriefte Reisefreiheit innerhalb der EU ist Geschichte
    Der deutsche Innenminister setzt sich mit der Änderung des “Schengen-Governance-Pakets” durch. Eine Regierung darf ihre Binnengrenzen jetzt nach Gutdünken wieder kontrollieren.
    Quelle: Telepolis
  16. Die Zwei-Klassen-Gesellschaft – DGB-Analyse zur sozialen Spaltung in der Weiterbildung
    Es ist längst gesellschaftlicher Konsens: Die steigenden Anforderungen am Arbeitsplatz, die zunehmend geringere Halbwertszeit von Wissen, der drohende Fachkräfteengpass in eini-gen Branchen und Regionen – all diese Entwicklungen machen eine kontinuierliche Qualifi-zierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer notwendig. Dieser Konsens ist eingeflos-sen in zahlreichen politischen Bekundungen und Zielvereinbarungen:

    • Bereits im Jahr 2003 hat der Rat der Europäischen Union (EU) vereinbart, dass bis zum Jahr 2010 jährlich 12,5 Prozent der Menschen im Alter von 25 bis 64 Jahren an Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen sollen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Dennoch hat die EU diese Benchmark für 2020 auf 15 Prozent erhöht.
    • Beim Dresdner Bildungsgipfel im Jahr 2008 haben sich die Ministerpräsidenten der Län-der und die Bundeskanzlerin darauf geeinigt, dass die Weiterbildungsbeteiligung im Jahr 2015 bei 50 Prozent liegen soll.
    • In ihrem Koalitionsvertrag von 2009 versprachen CDU, CSU und FDP, dass sie dafür gemeinsam mit Sozialpartnern, Ländern, der Bundesagentur für Arbeit und den Weiter-bildungsverbänden eine Weiterbildungsallianz schmieden wolle. Über die Beteiligung an einer Weiterbildungsallianz hat es zumindest mit den Gewerkschaften nach Abschluss des Koalitionsvertrages keine Verhandlungen gegeben. Bis heute gibt es eine solche Weiterbildungsallianz nicht.

    Im Kern formulieren diese Vereinbarung vor allem quantitative Ziele. Anspruchsvolle Vorga-ben zum Abbau sozialer Disparitäten beim Zugang zur Weiterbildung, zur Qualität der Ange-bote, zu den Arbeitsbedingungen in der Weiterbildungsbranche und zur Struktur des Weiter-bildungsmarktes fehlen hingegen völlig.
    Quelle: DGB [PDF – 218.8 KB]

  17. Super-Mario soll es richten
    Nun also Mario Barth. Nachdem die Bild-Zeitung die “Leser-Reporter” für ihre Zwecke entdeckt und der Bürger- und Blogger-Journalismus sich im Netz entfaltet hat, wundert es kaum noch jemanden, wenn RTL am Mittwochabend Mario Barth ernsthaft als “investigativen Comedian” verkauft. Mario Barth deckt auf, heißt folgerichtig, aber leider falsch, seine neue Show.
    Über die größten Steuerverschwendungen seitens der Politik soll Barth sein Publikum informieren. Das erste Problem ist: Die Steuerverschwendungen hat er natürlich nicht selbst aufgedeckt. Sondern der Bund der Steuerzahler in seinem jährlichen Schwarzbuch und viele Medien zuvor
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung JB: Nun hat der Bund der Steuerzahler sogar schon seine eigene Gaga-Show auf RTL. Wäre es nicht so traurig, man könnte darüber lachen, wie tief die neoliberale PR-Maschinerie schon gesunken ist. Der Bund des Steuerzahler hat übrigens nichts mit dem Bundesrechnungshof zu tun, der Misswirtschaft der Öffentlichen Hand seriös anprangert. Der Bund der Steuerzahler ist vielmehr eine ziemlich dubiose Lobbyorganisation mit neoliberaler Agenda, deren Anspruch schon ganz gut zum Gaga-Komiker Barth und zu RTL passt. Insofern ist nun am Ende zusammengekommen, was zusammen gehört.

    Anmerkung unserer Leserin M.G.: Es gibt wohl kaum eine Institution, die so schamlos – aber leider auch so erfolgreich – mit ihrem Namen Etikettenschwindel betreibt. Der Bund der Steuerzahler ist im Grunde eine Tarnorganisation, die knallharte neoliberale Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit im Interesse von mittelständischen Unternehmen und besser Verdienenden betreibt. Auch scheint der Steuerzahlerbund – um es vorsichtig ausdrücken – ein ziemlich unreflektiertes Verhältnis zur braunen Vergangenheit ihres Gründers zu haben. Viele gute Gründe, um den Bund der Steuerzahler und seine politischen Motive bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins wahre Licht zu rücken. Dazu auf den Nachdenkseiten: „Wessen Interessen vertritt der Bund der Steuerzahler?“.


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