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Titel: „Für eine demokratische und soziale Hochschule – Hochschulräte zu Kuratorien“

Datum: 14. November 2013 um 15:01 Uhr
Rubrik: Hochschulen und Wissenschaft, Markt und Staat
Verantwortlich:

Referat von Wolfgang Lieb auf einem Workshop des DGB zum Thema „Für eine demokratische und soziale Hochschule – Hochschulräte zu Kuratorien“ am 14. November 2013 in Berlin.

10 Thesen zur Kritik an Hochschulräten, Vorschläge für eine neue Balance zwischen der institutionellen Autonomie der Hochschulen einerseits und der subjektiven, individuellen Wissenschaftsfreiheit der Hochschulangehörigen andererseits und drittens der demokratischer Verantwortung des Staates im Spannungsfeld der Freiheit von Forschung und Lehre.

Erste Vorbemerkung:

Bis auf Bremen sehen alle Länderhochschulgesetze Hochschulräte vor. Brandenburg hat einen hochschulübergreifenden Landeshochschulrat, Schleswig-Holstein hat einen gemeinsamen Universitätsrat nur für seine Universitäten. Die Organisationsstruktur und die Zusammensetzung der Hochschulräte sind unterschiedlich geregelt und ihre Kompetenzen gehen in den einzelnen Ländern unterschiedlich weit. Ich beziehe mich bei meinen 10 Thesen vor allem auf das sog. „Hochschulfreiheitsgesetzes“ in Nordrhein-Westfalen.

Dies nicht nur deshalb weil ich mich dort als ehemaliger Staatssekretär mit der Entstehungsgeschichte und den gesetzlichen Bestimmungen am besten auskenne, sondern weil der damalige FDP-„Innovationsminister“ Pinkwart, die Blaupause einer „unternehmerischen Hochschule“ aus dem bertelsmannschen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) am konsequentesten umgesetzt hat.

Das den Hochschulräten zugrundeliegende Leitbild der wettbewerbsgesteuerten ist jedoch länderübergreifend, dem neoliberalen Zeitgeist folgend überall das Gleiche.

Zweite Vorbemerkung:

Ich habe angesichts des mir eingeräumten Zeitrahmens versucht meine Kritik in 10 knappe Thesen zusammenzufassen und ich bitte Sie als Auditorium und Frau Fugmann-Heesing um Nachsicht für manche Zuspitzung.

Nach meinen Thesen möchte ich gerne noch ein paar wenige Anmerkungen zu dem Ihnen mitversandten „Positionspapier der Vorsitzenden deutscher Hochschulräte“ machen.

Damit ich nicht nur in der Kritik verharre, möchte ich zum Schluss noch einige Vorschläge andeuten, welche Rolle ich mir für eine – wie dann auch immer genannte – gesellschaftliche Beratungsstruktur für die Hochschulen vorstellen könnte.

  1. 10 Thesen
    Ich kann mich bei meinen Thesen in vielen Punkten an dem Beschluss des DGB Bundesvorstandes „Mehr Demokratie statt „unternehmerischer Hochschulräte!“ vom 16. Mai 2012 orientieren.

    1. These: Paradigmenwechsel

      Im Laufe der zurückliegenden Dekade wurde in Deutschland ein Systemwechsel von der sich selbstverwaltenden Gruppenuniversität zur „unternehmerischen“ Hochschule vollzogen.

      Die Hochschulen wurden statt den „Gesetzen“ des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, den anonymen und angeblich objektiven „Gesetzen“ des Wettbewerbs auf dem Wissenschaftsmarkt (Stichwort: Drittmitteleinwerbung) und der Konkurrenz auf dem Ausbildungsmarkt (das war der Leitgedanke für die Einführung von Studiengebühren) unterstellt. Die Hochschulen sollen auf „Quasi-Märkten agieren“ und ähnliche Organisationsstrukturen wie Profitunternehmen haben (So etwa auch Werner Nienhüser, in Academic Capitalism?, 2012)

      In der neuen „unternehmerischen“ Hochschule soll nicht mehr aufgrund von „Entscheidungen in den Gremien“ (in denen nach einem weitverbreiteten Vorurteil natürlich nur „blockiert“ wurde und „demotivierende Bedingungen“ herrschten, so etwa der frühere Innovationsminister Pinkwart in „Hochschulen auf neuen Wegen“ [PDF – 1.5 MB] gehandelt, sondern es muss nach den Gesetzen des „Wettbewerbs“ und der „Konkurrenz“ auf dem Wissenschafts- und Ausbildungsmarkt entschieden werden.

      Nicht nur die Universität selbst soll „unternehmerisch“ agieren, sondern auch die Lehrenden und Forschenden sollen zu „Unternehmern innerhalb der unternehmerischen Hochschule“ werden.

      Horizontale oder Bottom-up-Strukturen demokratischer oder kooperativer Interessenvertretung mussten in diesem neuen Leitbild der Hochschulen von vertikalen, Top-down-Entscheidungsbefugnissen abgelöst werden.

      Die Hochschulleitungen sollten von der Spitze aus in alle Bereiche des Unternehmens – als „Arbeitgeber und Dienstherr“ des „Personals“ (ehemals Hochschullehrer genannt) und bis hinein in die „Ausbildungsverhältnisse“ (ehemals Studium genannt) – durchentscheiden können. Man braucht dazu sozusagen einen „Chief Executive Officer“ als Präsidenten, gegen dessen Stimme keine Entscheidung getroffen werden kann. (So in § 15 Abs. 2 Ziff. 3 HFG geregelt.)

      Die Qualität einer Hochschule bestimmt sich nicht mehr aus ihrer wissenschaftlichen Anerkennung innerhalb der Scientific Community – also aus ihrem ´kulturellen Kapital` (Pierre Bourdieu) -, sondern in der „unternehmerischen“ Hochschule erweist sich Qualität in der „Konkurrenz mit ihresgleichen“ (Pinkwart a.a.O.). Und die Qualität eines wissenschaftlichen Studiums lässt sich aus den Benchmarks von Hochschulrankings ableiten, die Qualität der Forschung aus der Höhe der Drittmitteleinwerbungen – also aus ganz handfestem Kapital.

      Damit den Gesetzen des Wettbewerbs gefolgt werden kann, müssen – dem Glaubensbekenntnis des Markt- und Wettbewerbsliberalismus entsprechend – der Staat aus dem Marktgeschehen möglichst weitgehend herausgehalten werden.
      Das Parlament ist allenfalls noch der Zahlmeister, der „Zuschüsse“(!) gewährt.

      Durch das nordrhein-westfälische „Hochschulfreiheits“-Gesetz ist die überwiegende Mehrheit der Lehrenden und Studierenden gemessen an ihren früheren Forschungs- und Lernfreiheiten wesentlich „unfreier“ geworden. Die akademische Selbstverwaltung wurde durch eine zentralistische Management- und Aufsichtsratsstruktur (nach dem Leitbild des New Public Managements) ersetzt. und die „unternehmerische“ Hochschule soll – jedenfalls de lege lata – von einem hälftig oder überwiegend mit Externen besetzten, kontrolliert und gesteuert werden.

    2. These: Das Problem der Legitimation

      An Stelle des Ministeriums oder des Parlaments als demokratische legitimierte rahmensetzende Organe wurde in der „unternehmerischen“ Hochschule – wie bei einem in Form einer Aktiengesellschaft konstituierten Wirtschaftsunternehmen – der Hochschulleitung ein frei schwebender Aufsichtsrat als „Fachaufsicht“ mit weitgehenden Kompetenzen vorgesetzt.

      Die Mitglieder des Hochschulrats sind über die gesamte fünfjährige Amtszeit keiner irgendwie demokratisch legitimierten Instanz rechenschaftspflichtig. Sie können selbst bei persönlichen Verfehlungen weder abberufen noch abgewählt werden. Sie können für Ihre oft tiefgreifenden und kostenintensiven Entscheidungen von niemand zur Verantwortung gezogen werden.

      Die Hochschulgesetze billigen dem demokratisch nicht legitimierten, weder parlamentarisch noch gegenüber der Öffentlichkeit rechenschaftspflichtigen und von der Hochschule nicht zur Verantwortung ziehbaren Hochschulrat Kompetenzen und Entscheidungsrechte zu, die sie dem demokratisch gewählten Parlament und der demokratisch legitimierten Regierung entzogen haben. Ja noch mehr: Hochschulräten wurden mehr Kompetenzen („Fachaufsicht“) verliehen als der Staat gegenüber den Hochschulen vor dem Systemwechsel je hatte.

      Wenigstens einige dieser Defizite räumen inzwischen sogar die wichtigsten Protagonisten der Einrichtung von Hochschulräten – nämlich das bertelsmannsche Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft – ein. In einem „Handbuch Hochschulräte“ wird z.B. eine gesetzliche Regelung für eine Abberufung von Hochschulratsmitgliedern verlangt. Es wird weiter zugegeben, dass die Haftung der Mitglieder ungeklärt ist. Die Ehrenamtlichkeit konfligiere mit den zumeist weitreichenden Kompetenzen der Hochschulräte, deshalb sollten Hochschulratsmitglieder für einen „individuellen Versicherungsschutz“ Sorge tragen; etwa in Form einer „Directors and Officers Versicherung“, wie das für das Management von Unternehmen üblich ist. Die Hochschulen sollen die entsprechenden Versicherungsbeiträge übernehmen.

      Und – weil in der neuen Hochschulwelt alles evaluiert werden muss – sollen sich die Hochschulräte einer „externen Evaluation“ stellen. Außerdem soll das Ministerium externen Hochschulratsmitgliedern zu Beginn ihrer Tätigkeit einen Leitfaden „in Form eines „Starter-Kits-für Hochschulräte“ (so wörtlich) zur Verfügung stellen.

      Eine angemessene Vergütung soll die Hochschule den Hochschulratsmitgliedern auch noch anbieten.

      Ich halte – mit Verlaub – diese Korrekturen eher für kabarettreif als für zielführend.

    3. These: Das Problem der Sachkompetenz

      In einem Vergleich von 14 Bundesländern, in denen ein Hochschulrat in den Landesgesetzen vorgegeben ist, stehen den Hochschulräten in NRW (und derzeit noch in Baden-Württemberg) besonders weitreichende Kompetenzen zu (Vgl. Bogumil et. al. Modernisierung der Universitäten, Berlin 2013, S. 87ff.)

      Die tiefgreifendsten Kompetenzen sind:

      • die Wahl der Mitglieder des Präsidiums (nach § 17 Abs. 1 und 2 und ihre Abwahl nach § 17 Abs. 4);
      • die Zustimmung zum Hochschulentwicklungsplan (nach § 16 Abs. 1 Satz 5) und zum Entwurf der Zielvereinbarung (nach § 6 Abs. 2);
      • die Zustimmung zum Wirtschaftsplan, zur unternehmerischen Hochschultätigkeit nach § 5 Abs. 7 und zur einer Übernahme weiterer Aufgaben nach § 3 Abs. 6;
      • und schließlich die Entlastung des Präsidiums.

      (Dazu gehören auch noch die Stellungnahme zum Rechenschaftsbericht des Präsidiums nach § 16 Abs. 3 und zu den Evaluationsberichten nach § 7 Abs. 2 und 3; Stellungnahmen in Angelegenheiten der Forschung, Kunst, Lehre und des Studiums, die die gesamte Hochschule oder zentrale Einrichtungen betreffen oder von grundsätzlicher Bedeutung sind)

      Die Hochschulratsmitglieder mögen zwar viel Engagement und Sympathie für „ihre“ jeweilige Hochschule haben, doch sie müssen keinerlei fachliche oder rechtliche Kenntnisse besitzen, sie müssen noch nicht einmal mit dem Hochschulwesen vertraut sein. Sie sind ehrenamtlich tätig und müssen sich nach den gesetzlichen Vorgaben lediglich vier Mal im Jahr treffen. Nach Macinkowski/ Kohring (Organisation und Öffentlichkeit von Hochschulen, Münster 2013 S. 39 [PDF – 921 KB]) nehmen Hochschulratsvertreter durchschnittlich zwischen 3,7 bis 4,1- mal im Jahr an Sitzungen teil und wenden zwischen 50,9 bis 73,2 Stunden im Jahr für ihre Tätigkeit auf.
      Die Kontakte zu Hochschulvertretern sind relativ selten und finden ganz überwiegend zur Hochschulleitung statt. (Marcinkowski, Frank/ Kohring Matthias a.a.O.).

      In aller Regel haben Hochschulräte keinen eigenen planerischen Unterbau, der ihnen für ihre tiefgreifenden und weitreichenden Entscheidungen zuarbeiten könnte.

      Es bestehen – so auch das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das niedersächsische Modell einer Stiftungshochschule – (wörtlich) „durchgreifende Zweifel“, ob diese Aufsichtsräte die ihnen vom Gesetz übertragenen Kompetenzen fachlich und sachlich ausfüllen können.

      In der Praxis stärken Hochschulräte eher die Durchgriffsmacht der mit den Hochschulreformgesetzen ohnehin massiv gestärkten Hochschulleitungen gegenüber den Hochschulangehörigen und den Gremien der Hochschule.

      Das ist übrigens einer der Gründe für die überwiegend positiven Einstellungen der Hochschulleitung gegenüber der Hochschulrats-Struktur.

      Auf der Basis von Befragungen von Mitgliedern der Hochschulleitungen, von Hochschulratsmitgliedern und Kanzlern kommt eine neuere Studie des bertelsmannschen CHE über das „strategische Management“ [PDF – 1.7 MB] an den Hochschulen zum Ergebnis, dass Hochschulräte zwar kaum „fachlichen Impulse“ geben, aber dafür die Macht hätten, Strategien einzufordern.

      Im Blick auf die fachlichen Impulse ergab sich nach dieser Befragung (so wörtlich) „ein klares negatives Urteil“ (S.90):

      „Die große Mehrheit der Interviewten berichtete, dass die Hochschulräte (hier vor allem die externen Mitglieder) fachlich wenig zur Strategie der Hochschule beitragen (teils wollen, teils) können…Gleichzeitig herrschte weitgehende Einigkeit dahingehend, dass es gar nicht wünschenswert sei, dass die Hochschulräte sich inhaltlich in die Strategieentwicklung einschalten würden. Bei den Vertreter(inne)n aus anderen gesellschaftlichen Feldern bestehe ohnehin nur die Gefahr, dass sie Erfahrungen aus ihrem eigenen Umfeld oder ihrer eigenen Branche überbewerteten… Die hochschulinternen Mitglieder des Hochschulrats wiederum verfügen über den fachlichen Hintergrund, repräsentieren aber ebenfalls nur eine kleine Auswahl von Disziplinen und Bereichen. Daher sollte man auch von ihnen eher erwarten, dass sie sich mit inhaltlichen Beiträgen zur Strategie eher zurückhalten.“

      Auch Bogumil et al. stellen in ihrer 2013 erschienen Studie fest:

      „Relativ gering schätzen sie (die Hochschulräte (WL)) ihren Einfluss hingegen im Hinblick auf die finanziellen Entscheidungen (Haushaltsaufstellung und -führung) und finanzrelevante Instrumente (formelgebundene Mittelvergabe) ein.“

      Anders sehe es jedoch bei der machtpolitischen Dimension aus:

      „Hier gaben die meisten Gesprächspartner(innen), die über einschlägige Erfahrungen mit einem Hochschulrat verfügen, an, dass der Hochschulrat eine wichtige Rolle spielen könne. Dabei geht es darum, dass er die Bedeutung der Strategie für die Hochschule überhaupt unterstreichen kann, indem er eine Strategie einfordert und indem er regelmäßig die Berichte der Hochschulleitung an der Strategie misst und so die Hochschule insgesamt stärker auf die Notwendigkeit eines strategischen Hochschulmanagements einstimmt. Daneben könne der Hochschulrat mitunter auch bei der Durchsetzung der Strategie gegenüber dem Ministerium hilfreich mitwirken.“

      Wenn aber selbst einer der „Erfinder“ der Hochschulräte“, das CHE, zu dem Befund kommt, dass die Hochschulräte zwar viel Macht haben, aber fachlich eher wenig zu einer Hochschulstrategie beitragen (können), dann stellt sich umso mehr die Frage, warum ihnen in den Hochschulgesetzen nach wie vor die Kompetenz eingeräumt bleibt, über die strategische Ausrichtung einer Hochschule zu entscheiden und darüber hinaus die „Fachaufsicht“ wahrzunehmen.

      Dass – wie von Hochschulratsmitgliedern immer wieder betont wird – die gesetzlichen Kompetenzen von den Hochschulräten nicht ausgeschöpft werden, sondern diese ihre Funktion eher als „Berater“ oder „Unterstützer“ verstehen, ändert an der Rechtslage nichts. Im Gegenteil, diese Praxis spricht für eine Änderung der Gesetze.

      Ich bin selbst Mitglied in einem Hochschulrat einer Hochschule und habe so seit über 8 Jahren Erfahrungen mit einem solchen „Aufsichtsrat“ sammeln können:
      Dabei bin ich zur festen Überzeugung gelangt: Ein ehrenamtlicher Hochschulrat ist mit den ihm per Gesetz übertragenen Kompetenzen in aller Regel schlicht überfordert.

      Die jeweiligen Entscheidungen leiten sich allenfalls aus dem jeweils persönlichen Vorurteil oder der „Erfahrung aus ihrem eigenen Umfeld“ ab oder: man folgt lieber gleich dem Vorschlag des Präsidiums der Hochschule.

      In der ganz überwiegenden Zahl der zu treffenden Entscheidungen hat das hauptamtliche Präsidium einen nicht einholbaren Informationsvorsprung und kennt die möglichen Handlungsoptionen erheblich besser als zumindest jedes externe Mitglied des Hochschulrates.

      Etliche Präsidenten haben sich dadurch zu Alleinherrschern bzw. zu patriarchalischen Unternehmerpersönlichkeiten entwickelt.

    4. These: Das Problem der Pluralität

      Hochschulräte arbeiten weder transparent noch sind sie repräsentativ zusammengesetzt.

      Nach der jüngsten Erhebung durch Bogumil et al. ordnen sich 41 % der Befragten Hochschulratsmitglieder dem Bereich Wissenschaft zu. Es könne also angenommen werden, dass eine „Orientierung an den Normen und Interessen des Wissenschaftssystems“ bestehe (S. 93f.), dass damit aber eben nicht gesellschaftliche Perspektiven und Kompetenzen eingebracht werden.

      Die am zweithäufigsten vertretene Gruppe bilden Personen aus der Wirtschaft mit 36%, davon wiederum 78% von Großunternehmen. Aber vor allem: „Führungspersönlichkeiten“ aus der Wirtschaft stellen nahezu die Hälfte aller Hochschulratsvorsitzenden. Arbeitnehmer oder andere Repräsentanten anderer gesellschaftlichen Gruppen sind nur zu einem winzigen Bruchteil vertreten. Der Anteil von Ruheständlern ist hoch. Von einer angemessenen Repräsentanz – wie es so schön heißt – „wichtiger Fürsprecher in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft“ in den Hochschulräten kann also kaum die Rede sein.

      In Abwandlung zur Kritik an US-Hochschul-Boards „white, wealthy, businessmen“ könnte man bei uns sagen die Aufsichtsräte sind überwiegend „old, wealthy, businessmen, masculine“.

    5. These: Wir haben es mit einer „funktionellen Privatisierung“ der Hochschulen zu tun

      Da Wettbewerb und Konkurrenz das entscheidende Steuerungsinstrument sein sollen, steuern vor allem die zusätzlich auf dem Wissenschafts- und Ausbildungsmarkt einzuwerbenden Mittel – also eine die staatliche Grundfinanzierung ergänzende Finanzierung – das nach wie vor ganz überwiegend staatlich finanzierte Unternehmen Hochschule.

      Bei der Hochschulratsstruktur handelt es sich um eine nach dem deutschen öffentlichen Recht singuläre Organisationsform.

      Es geht nicht etwa um eine nach dem Verwaltungsrecht übliche Auslagerung einer öffentlichen Aufgabe in eine mitgliedschaftlich organisierte Selbstverwaltungskörperschaft, sondern um eine im demokratischen Verwaltungsstaat bisher unbekannte „Zerfaserung“ von Staatlichkeit bei einer gleichzeitigen „Erosion der klassischen Verbändebeteiligung“ und einer Verschiebung der „Organisationsverantwortung“ hin zu einigen wenigen „Führungspersönlichkeiten“, die niemand rechenschaftspflichtig sind.

      Und diese Machtverschiebung geht zu Lasten der klassisch-parlamentarischen Repräsentation der gesellschaftlichen Interessen und vor allem auch zu Ungunsten der Selbstverwaltung der Hochschule.
      (So auch Jörg Bogumil, Rolf G. Heinze, Stephan Grohs, Sascha Gerber, Hochschulräte als neues Steuerungsinstrument? Eine empirische Analyse der Mitglieder und Aufgabenbereiche, 2007, Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 481 KB])

      Die einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft nachgebildete Aufsichtsratsstruktur der Hochschulräte kommt einer „funktionellen Privatisierung“ der öffentlichen und staatlich nur noch „bezuschussten“ Hochschulen gleich. Die öffentlichen Hochschulen werden zwar noch staatlich subventioniert, Die „Differenz zwischen staatlicher und privater Hochschulträgerschaft“ verliert an Bedeutung.

      Das meine nicht nur ich, sondern eine Studie des Instituts für Hochschulforschung in Halle und selbst eine Studie von McKinsey für den Stifterverband kommen zu diesem Urteil.

      (Siehe Enrique Fernández Darraz, Gero Lenhardt, Robert D. Reisz, Manfred Stock, Hochschulprivatisierung und akademische Freiheit, hrsg. vom Institut für Hochschulforschung (HoF) 2010; ähnlich auch „Rolle und Zukunft privater Hochschulen in Deutschland“, eine Studie des Stifterverbands in Kooperation mit McKinsey & Company [PDF – 3.7 MB]).

    6. These: Die Umdeutung der Hochschulautonomie auf eine autonome Leitungsstruktur

      Das der „unternehmerischen Hochschule“ zugrunde liegende Hochschul-Autonomie-Verständnis, nämlich der „Stärkung der Hochschule als Organisation“ bezieht die „Autonomie“ im Wesentlichen auf die „Institution“ Hochschule und dabei faktisch vor allem auf die Leitungsebene. Diese Verengung des grundgesetzlichen Autonomiebegriffs auf die Institution tangiert aber das primäre „subjektive“, Freiheitsgrundrecht der Hochschulangehörigen als eigentliche Träger der Wissenschaftsfreiheit und der daraus abgeleiteten Selbstverwaltungsrechte.

      Nach der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes in der Tradition der Aufklärung zum einen jedem, der wissenschaftlich tätig ist (Wissenschaftler) oder werden will (Studierende), ein individuelles Freiheits- und Teilhaberecht. Aus diesem primären individuellen Freiheitsrecht leitet das Bundesverfassungsgericht eine institutionelle Garantie der Hochschule ab. Man spricht auch vom „Doppelcharakter“ der Wissenschaftsfreiheit. Die Hochschule selbst ist wohlgemerkt nicht Grundrechtsträger!

      Damit sich Forschung und Lehre ungehindert in dem Bemühen um Wahrheit entfalten können, ist die (Hochschul-)Wissenschaft zu einem von staatlicher Bevormundung freien Bereich autonomer Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers und damit mittelbar auch der Institution Hochschule erklärt worden. Dem liegt (nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts) der Gedanke zu Grunde, dass “gerade eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen befreite Wissenschaft dem Staat und der Gesellschaft am besten dient” (BVerfGE 47, 327 (370)).

      Die institutionelle Autonomie gegenüber dem Staat hat ihre Begründung darin, dass die staatlich finanzierten Hochschulen einen Ort bieten sollten, an dem sich frei von staatlichen oder politischen Interessen die Gesellschaft selbst zum Gegenstand ihres kritischen Denkens macht. Hochschulen sollten, wie Parsons das ausdrückte, als „Treuhänder der Gesellschaft“ fungieren. Und um das leisten zu können sollten sie von den gesellschaftlichen Verhältnissen und Interessen, die sie ja gerade aufklären sollen, unabhängig sein. Das ist der eigentliche Sinn der Hochschulautonomie.

      Das Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“ wechselt diesen auf die individuelle Wissenschaftsfreiheit und nur mittelbar als „institutionelle Garantie“ auch auf die Hochschule bezogenen Autonomiebegriff und verengt ihn auf die Institution Hochschule, ja noch mehr auf die Hochschulleitung.

      Zugespitzt könnte man sagen: Die Institution Hochschule wurde „autonom“ von Staat und Parlament und heteronom einem Hochschulrat unterstellt.

    7. These: Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit nach dem GG

    8. Ich sehe – jedenfalls im NRW- „Hochschulfreiheitsgesetz“ einen Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit. Ich schließe mich im meinem Urteil weitgehend einem in einer Dissertation niedergelegten Rechtsgutachten von Thomas Horst an, wonach zumindest das NRW-Modell der Hochschulräte den Anforderungen, die nach Art. 5 Abs. 3 S. 1GG an eine wissenschaftsadäquate Teilhabe der betroffenen Hochschulangehörigen zu stellen sind, nicht genügt.

      Dies betrifft vor allem die in § 17 Abs. 3 S. 2 HG NRW normierte Möglichkeit des Hochschulrats, die vom Senat versagte Zustimmung für die Wahl der Hochschulleitung mit 2/3 bzw. 3/4- Mehrheit zu ersetzen.

      Verfassungsrechtlich problematisch ist darüber hinaus die derzeitige Rechtslage zum Abschluss von Zielvereinbarungen. „Sie garantiert der Gruppe der Hochschullehrer beim wissenschaftsrelevanten Prozess zum Abschluss von Zielvereinbarungen (§ 21 Abs. 1 Ziff. 2.) nicht den vom Bundesverfassungsgericht geforderten „hinreichenden Einfluss“ (Thomas Horst, Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des Hochschulgesetzes NRW über den Hochschulrat, Hamburg 2010). Die subjektiven Grundrechtsträger haben dabei keine hinreichende verfahrensbezogene oder inhaltliche Möglichkeit mehr, eine Gefährdung ihrer individuellen Wissenschaftsfreiheit effektiv abzuwehren (Ähnlich auch Bogumil et al. a.a.O. S.63).

    9. These: Verstoß gegen die Selbstverwaltungsgarantie nach der LV NRW

      Das HG NRW verstößt zusätzlich gegen die Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 16 Abs. 1 der LV NRW. Diese Garantie gibt es auch in den meisten anderen Landesverfassungen. Entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 HG NRW ist der Hochschulrat materiell kein Selbstverwaltungsorgan. Es fehlt ihm das Element der „Betroffenenteilnahme“ und es fehlt der legitimatorische Bezug zu den Betroffenen, da insbesondere auch die Amtsbestellung des Hochschulrats nicht (allein) durch die Körperschaft Hochschule selbst erfolgt.

      Sowohl bei hälftiger Besetzung des Hochschulrats und schon gar bei seiner rein hochschulexterner Besetzung (§ 21 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 i.V.m. § 21 Abs. 6 S. 2 HG NRW)
      Es besteht kein „universitäres Gegengewicht“, welches einer Entscheidung der externen Hochschulratsmitglieder gegenübersteht.

    10. These: Die Dienstherrneigenschaft verstößt gegen das Gebot einer funktionsgerechten Organisationsstruktur

      Über die verfassungsrechtliche Problematik der bestehenden Regelungen zum Hochschulrat hinaus verstößt u.a. auch die § 33 Abs. 2 S. 3 HG NRW vorgesehene „Dienstherreneigenschaft“ des Hochschulrats gegen den Grundsatz einer funktionsgerechten Organstruktur.

      Als (ehrenamtlicher) oberster Dienstbehörde kommen dem Hochschulrat Entscheidungen z.B. auch in Bezug auf das Beamtenverhältnis zu – bis hin zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen. Dass dies nicht funktionsgerecht sein kann, ist weitgehend anerkannt.

      Inzwischen haben sogar nahezu alle Hochschulräte versucht (Horst, Zeitschrift für Beamtenrecht 9/2011, S. 289ff.) diese Kompetenzen entgegen dem geltenden Recht auf die Rektorate zu delegieren.

    11. These: Widerspruch zu den „professionskulturellen“ Bedingungen einer freien Wissenschaft

      Was aber für die Sache der Wissenschaft noch wichtiger ist:
      Jenseits der rechtlichen Bewertung widerspricht die „unternehmerische“ Hochschule mit ihrer Aufsichtsratsstruktur den „professionskulturellen“ Bedingungen einer freien Wissenschaft. Sie ist wissenschaftlicher Kreativität nicht förderlich sondern konterkariert eher das vorgegebene Ziel wissenschaftlicher Qualität und läuft Gefahr wissenschaftliche Innovation zu erschweren.

      Das ist auch das Ergebnis einer empirischen Studie von Dörre und Neis an der Friedrich-Schiller-Uni in Jena. Übrigens der bisher einzig mir bekannte empirische Untersuchung, die die ansonsten ständig nur behaupteten Erfolge der neuen Hochschulstruktur in Frage stellt.

      (Klaus Dörre, Matthias Neis, Das Dilemma der unternehmerischen Hochschule, Hochschulen zwischen Wissensproduktion und Marktzwang, edition sigma, 2010)

      Der Bamberger Soziologe Richard Münch (Siehe dazu auch Richard Münch, Unternehmen Universität – Wie die manageriale Revolution die akademische Forschung und Lehre verändert) beschreibt die Ökonomisierung der Wissenschaft in Anlehnung an die in Amerika stattfindende Debatte als Trend zu einem „akademischen Kapitalismus“ wie folgt:

      „Die unternehmerische Universität entmachtet die wissenschaftliche und die akademische Gemeinschaft und die Fachgesellschaften als Treuhänder des Erkenntnisfortschritts im inneren Kern der Wissenschaft und der Wissensvermittlung und in ihrem Außenverhältnis zur Gesellschaft. Die kollektive Suche nach Erkenntnis als Kollektivgut und der kollektive Prozess der Bildung und des Wissenstransfers in die Gesellschaft in der Hand der wissenschaftlichen und der akademischen Gemeinschaft sowie der einzelnen Fachgesellschaften wird von der privatisierten Nutzung des Erkenntnisfortschritts, der Bildung und des Wissenstransfers durch unternehmerische Universitäten im Wettbewerb um Marktanteile abgelöst“.

      Sogar die These, dass die „unternehmerische Hochschule“ unternehmerisch erfolgreich sei, wird in der empirischen Studie von Dörre/Neis (S. 153) in Frage gestellt: Die Studie kommt zum Ergebnis:

      „Einseitig an messbaren Effizienz- und Wettbewerbskriterien ausgerichtete Steuerungssysteme, wie sie den Leitbildern der unternehmerischen Universität und eines academic capitalism entsprechen, laufen Gefahr, das Gegenteil von dem zu produzieren, was sie eigentlich beabsichtigen. Sie können Innovationen erschweren, ja geradezu blockieren.“

      Denn Innovationen entstünden innerhalb der Universität als Ergebnis weitgehend ungeplanter Prozesse in Nischen, die sich einer direkten Kontrolle entzögen. Sie beruhten auf kollektivem Lernen, setzten Vertrauen und gegenseitige Anerkennung voraus. „Das Regime von McKinsey und Co“ beeinträchtige geradezu die Funktionsfähigkeit der „Herzkammer des Kapitalismus“, nämlich sein Innovationssystem.

      Was darüber hinaus häufig übersehen und vernachlässigt wird, ist die nicht zu übersehende Tatsache, dass die Lehre gegenüber der Forschung an Boden verliert. Um mehr Drittmittel einzuwerben, werden z.B. bei Berufungs- und Bleibeverhandlungen immer häufiger deutliche Reduzierungen bei den Lehrdeputaten gewährt. Die erkennbare Gefährdung der Gleichrangigkeit der Lehre hat inzwischen sogar den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Kultusministerkonferenz veranlasst den Wettbewerb „Exzellente Lehre“ auszuloben. Die Dotierung mit gerade einmal zehn Millionen Euro hat allerdings bestenfalls symbolische Bedeutung. Und mit dem ab Wintersemester 2011/2012 gestarteten „Qualitätspakt Lehre“ dürften allenfalls die Lücken gestopft werden, die aus der stark gestiegenen Studierendenzahl aufgetreten sind. (Vgl. Hartmann)

      Im Übrigen: Zwischen den Hochschulleitungen und der Professorenschaft scheint es im Hinblick auf den Wettbewerb um Drittmittel und um Exzellenz deutlich unterschiedliche Wahrnehmungen zu geben: Nach einer Umfrage des „Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung“ in deren Rahmen mehrere tausend Professoren/innen befragt wurden sahen knapp 30 Prozent der Befragten die Exzellenzinitiative als „überhaupt nicht“ und weitere fast 27 Prozent „eher ungeeignet“ an, den Wissenschaftsstandort zu stärken (Vgl. Hartmann a.a.O.)

  2. Kurze Anmerkungen zum „Positionspapier der Vorsitzenden deutscher Hochschulräte“
    In einigen Bundesländern hat in den letzten Jahren ein politischer Wechsel stattgefunden. In Baden-Württemberg, in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsen gibt es auf politischer Ebene Überlegungen, die Hochschulgesetze zu novellieren und die Aufsichtsräte über die „Hochschul-Unternehmen“, wenn nicht abzuschaffen, so doch zumindest ihre Rolle als „Fachaufsicht“ in Frage zu stellen.
    Die NRW-Wissenschaftsministerin hat vorgestern einen Referentenentwurf für ein Hochschulzukunftsgesetz vorgestellt.

    Was liegt also für die Befürworter der Hochschulräte näher, als eine Gegenoffensive zu starten.

    Das Positionspapier wurde zunächst von Hochschulratsvorsitzenden entwickelt und unterzeichnet, die sich im Forum Hochschulräte einer von der Heinz Nixdorf Stiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in Kooperation mit dem bertelsmannschen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) als Plattform zusammengefunden haben. Diese Austauschplattform für Hochschulratsmitglieder wird also von dezidierten Befürwortern der Hochschulratsstruktur getragen und ist insofern parteilich.
    Es wurden also – bildlich gesagt – die Frösche befragt, ob der Sumpf trocken gelegt werden soll.

    Es wäre im Übrigen eine bemerkenswerte und höchst selten zu beobachtende Tatsache, wenn die das „Positionspapier“ unterzeichnenden Vorsitzenden der Hochschulräte ihre eigene Funktion in Frage stellen würden. Es ist vielmehr umgekehrt so, dass dieses Papier eine politische Einlassung voller unkritischem Selbstlob für die eigene Tätigkeit darstellt. Hier spiegelt sich das für einmal eingerichtete Institutionen typische Beharrungsverhalten wider.

    Auffallend ist, dass die Selbsteinschätzung der strategischen Kompetenz durch die Hochschulratsmitglieder erheblich höher liegt als die Einschätzungen durch die Hochschulleitungen und schon gar durch die Hochschullehrer im Senat. Marcinkowski/Kohring (a.a.O) schreiben: „Statistisch gesehen scheint in erster Linie ein Effekt einer besonders hohen Selbstwertschätzung des Hochschulrats vorzuliegen.“ (Ebd. S. 46)

    Es ist auch nur zu selbstverständlich, dass die Hochschulleitungen, die im Hochschulgesetz verankerte Managementstruktur verteidigen. Wer würde schon eine einmal durch Gesetz eingeräumte Machtstellung gerne wieder in Frage stellen lassen wollen.

    Es ist deshalb nicht weiter erstaunlich, dass die Hochschulratsvorsitzenden von „einem durchaus erfolgreichen Organisationsmodell sprechen, das dazu beiträgt, die Hochschullandschaft positiv zu verändern. Aus den Modellen und Praxiserfahrungen der letzten Jahre lassen sich inzwischen erste konkrete Erfolgsfaktoren identifizieren“.
    Die Behauptung vom Erfolg der Hochschulratsstruktur, wird nicht dadurch richtiger, dass sie ständig wiederholt wird.

    Wie üblich bei den Anhängern der „unternehmerischen Hochschule“ wird deren „Qualität“ und „Erfolg“ einfach so in den Raum gestellt. Das, obwohl es bisher keinen einzigen begründeten Nachweis für eine solche Qualitätssteigerung gibt. Befunde, die das Gegenteil anzeigen habe ich schon erwähnt.

    Für NRW habe ich mir die angeblichen Erfolge genauer angesehen, ich kann an dieser Stelle nur mein Fazit zusammenfassen:

    Weder das Förder-Ranking der DFG, also der Vergleich der Bewilligungsvolumen für die Forschung an den NRW-Hochschulen ((Vgl. z.B. Tabelle 3-1 des Förder-Rankings 2009 der Deutschen Forschungsgemeinschaft [PDF – 32 MB]), noch die Exzellenzinitiative können als eindeutiger Beleg für die Behauptung einer generellen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der NRW-Hochschulen dienen. Die Ergebnisse der Exzellenzinitiative bei der die RWTH Aachen ihren Exzellenzstatus behaupten und die Universität Köln hinzugekommen ist, und wonach drei Exzellenzcluster in NRW mehr eingeworben wurden, sind zwar erfreulich, sie bestätigten allerdings nur den allgemeinen Trend zur „Eliteförderung“, der das prinzipiell auf interner Gleichheit beruhende traditionelle Universitätssystem in Richtung auf eine deutliche vertikale Differenzierung aufzubrechen droht. Dadurch wurden die bestehenden Unterschiede zwischen den Universitäten entscheidend verschärft und eine „symbolische Hierarchisierung“ der Hochschullandschaft vorangetrieben. (Siehe dazu Michael Hartmann, Die Exzellenzinitiative und die Hierarchisierung des deutschen Hochschulsystems)

    Entgegen der allgemeinen Darstellung, wonach es nur „Gewinner“ gebe, gibt es unübersehbar auch klare Verlierer, bei einer gleichzeitigen Konzentration der Forschungsmittelvergabe auf einige wenige sog. „führende“ Hochschulen. (Allein von 2009 auf 2010 konnten die Drittmitteleinnahmen der RWTH noch einmal um 13,6 Prozent auf nun 258 Mio. Euro gesteigert werden.)

    Wenn der Trend mit „symbolischen Gewinnern“ und einer umgekehrten „Verliererdynamik“ anhält, wird man im Ergebnis in peripheren Regionen eben vornehmlich auch periphere Universitäten finden (Klaus Dörre, Matthias Neis, Das Dilemma der unternehmerischen Hochschule, Hochschulen zwischen Wissensproduktion und Marktzwang, edition sigma, 2010, S. 148.)

    Gestatten Sie mir noch einige weitere kritische Anmerkungen zu diesem „Positionspapier“:

    Es ist höchst bemerkenswert, dass gerade diejenigen, denen der Umbruch der Hochschulen bisher nicht schnell genug vor sich gehen konnten, plötzlich „stabile Rahmenbedingungen“ für die Hochschulen und die Verstetigung „guter Praxis“ verlangen. Zyklische Veränderungen, je nach politischer Mehrheit, schadeten der „kontinuierlichen Qualitätsentwicklung in Forschung und Lehre“. Nachdem nun im Hau-Ruck-Verfahren eine Reform nach der anderen den Hochschulen von außen übergestülpt worden ist, verweigert man nunmehr jede Korrektur.

    „Hochschulräte sind unabdingbare Organe einer autonomen Hochschule“, wird hier sozusagen als absolute Wahrheit und keinen Widerspruch duldend in den Raum gestellt. Man fragt sich, ob es in früheren Zeiten etwa keine Wissenschaftsfreiheit und keine autonome Wissenschaft gegeben hat. Es ist bezeichnend, dass das subjektive Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit für die Hochschulwissenschaftler, das erst mittelbar eine institutionelle Autonomie der Hochschule begründet, im gesamten Text nicht vorkommt. Es geht den Hochschulratsvorsitzenden erkennbar auch nicht um Forschung und Lehre, es geht um die Verteidigung von Machtstrukturen. Der Begriff der „Autonomie“ wird von der Wissenschaft abgelöst und umgedeutet auf ein im Wettbewerb agierendes Unternehmen Hochschule, das von Unternehmensaufsichtsräten gesteuert wird, die noch nicht einmal als Share-Holder ein Risiko tragen.

    Es gibt offenbar nichts Schöneres für die sich selbst für „kompetent“ und „erfahren“ erachtenden Hochschulratsvorsitzenden meist nach Beendigung ihrer beruflichen Karriere noch einmal ohne jedes Risiko über Steuermittel entscheiden zu können. Die Hochschule wird so zur Beschäftigungstherapie von im Ruhestand befindlichen oder im Ehrenamt tätigen Ersatz-Aufsichtsbeamten.

    Nur einen Punkt möchte ich noch aufgreifen.
    Es heißt z.B. in dem Positionspapier:
    „Mit von Partikularinteressen unabhängigem Blick können Hochschulräte die Eigenverantwortung, Strategieorientierung und Entscheidungsfähigkeit der Hochschulen nach innen wie außen unterstützen.“

    Die Hochschulratsvorsitzenden erklären sich sozusagen unabhängig von „Partikularinteressen“, sie erheben sich zu objektiven, interessensneutralen Übermenschen.

    „Mitglieder eines Hochschulrats sind alleine der Hochschule und nicht einzelnen Interessen verpflichtet.“ Die Unterzeichner des Positionspapiers halten sich also jenseits von einzelnen Interessen stehend. Sie haben sich auf wundersame Weise losgelöst von ihren politischen Einstellungen, ihrer beruflichen Prägung oder den Institutionen, denen sie noch beruflich verpflichtet sind. Ja sie wollen sogar „proaktiv“ gegen jede „Befangenheit“ und „jede Art von Loyalitätskonflikten“ angehen.

    „Gruppenrepräsentanz“ oder pluralistische „Proporzvorgaben“ politisierten nur unnötig und lähmten, meinen die Hochschulratsvorsitzenden. Sie merken gar nicht, dass sie mit solchen Aussagen nicht nur hinter vordemokratisches ständestaatliches Denken zurückfallen. Es soll wohl gelten: Ich kenne keine Gruppen mehr, ich kenne keine unterschiedlichen Interessen mehr, ich kenne nur noch „die Hochschule als Ganzes“.

    Solche Übermenschen nehmen für sich in Anspruch „autonome Entscheidungen der Hochschulen zu legitimieren“. Wer legitimiert aber die Hochschulräte und vor allem, gegenüber wem müssen sie selbst legitimieren?

    Einzig auf die „Dienstherrenfunktion“ für deren Wahrnehmung sie von den Betroffenen auch verklagt werden könnten, möchten die Hochschulratsvorsitzenden nicht mehr wahrnehmen. Da könnte es nämlich ernst und gefährlich für sie werden.

    Auch die Wahl der Hochschulleitung durch Senat und Hochschulrat habe sich bewährt. Über die Konflikte in der Vergangenheit geht man natürlich hinweg und die Frage, ob das Letztentscheidungsrecht über die Hochschulleitung verfassungsrechtlich haltbar ist, stellt man sich besser erst gar nicht.

    Geradezu patriarchalisch muten dementsprechend auch die „Selbstverpflichtungen“ an:
    Die Hochschulräte wollen ihre eigenen Kompetenzen und Erfahrungen gegenüber „der spezifischen Organisationsform der Hochschule und deren Kultur“ großzügigerweise „reflektieren“. Im gesamten Papier ist aber von dieser Reflektion nichts zu erkennen.

    Sie wollen „vertrauensvoll mit der Hochschulleitung zusammenarbeiten“. Das sagen diejenigen, die einmal an die Macht gekommen sind, gegenüber denjenigen, die ihrer Macht ausgesetzt sind, schon immer.

    Laut Positionspapier wollen die Hochschulratsvorsitzenden „größtmögliche Transparenz“ herstellen. Aber öffentliche Sitzungen wollen sie nicht zulassen. Sie wissen wohl warum. Zu rasch würde erkennbar, dass der Kaiser gar keine Kleider anhat.

    Hochschulräte seien den durch die Hochschule „zu erfüllenden gesellschaftlichen Aufgaben verpflichtet“. Diese gesellschaftlichen Aufgaben kennen selbstverständlich die Übermenschen in den Hochschulräten am besten. Wie beschreibt doch Archilochos schon im 7. Jahrhundert v. Chr. den „guten Tyrannen“: „Mich lockt der Schatz des goldumstrahlten Gyges nicht, mich packte Neid noch nie, mich reizt nicht Götterwerk, ich strebe nicht nach einer weiten Herrschermacht: All diese Dinge liegen meinen Augen fern.“

  3. Wie könnte ein gesellschaftliche Beratungsstruktur für die Hochschulen aussehen

    Die zu lösenden Aufgabe besteht darin, eine neue Balance zwischen der institutionellen Autonomie der Hochschulen einerseits und der subjektiven, individuellen Wissenschaftsfreiheit der Hochschulangehörigen andererseits und drittens der demokratischer Verantwortung des Staates herzustellen.
    Auch hier kann ich mich weitgehende dem Bundesvorstandsbeschluss anschließen.

    Entscheidend für eine Novellierung der Hochschulgesetze wäre, dass dem Leitbild der wettbewerbsgesteuerten „unternehmerischen Hochschule“ ein alternatives Leitbild in Richtung auf eine demokratische und soziale Hochschule entgegengesetzt, wie es etwa im vor einem Jahr verabschiedeten „Hochschulpolitischen Programm für eine demokratische und soziale Hochschule“ entwickelt worden ist.

    Leider ist dieses alternative Leitbild der Gewerkschaften aus der öffentlichen und schon gar aus der hochschulpolitischen Debatte weitgehend ausgegrenzt und verschwiegen worden.

    Die Rolle und Verantwortung des Staates gegenüber den öffentlichen Hochschulen kann unmittelbar aus dem Grundgesetz und der kontinuierlichen Verfassungsrechtsprechung abgeleitet werden. Wie ich das bei der Frage nach dem verfassungsrechtlich Verständnis von Hochschulautonomie schon skizziert habe.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes zum einen jedem, der wissenschaftlich tätig ist oder tätig werden will – also auch Studierenden – primär ein subjektives, individuelles Freiheitsrecht. Zum anderen leitet das Gericht aus diesem subjektiven Grundrecht mittelbar eine „institutionelle Garantie“ der Hochschule ab. Damit sich Forschung und Lehre ungehindert in dem Bemühen um Wahrheit entfalten können, ist die Wissenschaft selbst – wie es das Bundesverfassungsgericht formulierte – zu einem von staatlicher Bevormundung freien Bereich autonomer Verantwortung der einzelnen Wissenschaftler und der in ihr tätigen Universität erklärt worden. Diesem „Doppelcharakter“ der Wissenschaftsfreiheit liegt der Gedanke zu Grunde, dass “gerade eine von gesellschaftlichen Nützlichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen befreite Wissenschaft dem Staat und der Gesellschaft am besten dient” (BVerfGE 47, 327 (370)).

    Die institutionelle Autonomie gegenüber dem Staat hat ihre Begründung darin, dass die staatlich finanzierten Hochschulen einen Ort bieten sollten, an dem sich frei von staatlichen oder politischen Interessen die Gesellschaft selbst zum Gegenstand ihres kritischen Denkens macht. Hochschulen sollten, wie Parsons das ausdrückte, als „Treuhänder der Gesellschaft“ fungieren. Und um das leisten zu können, sollten sie von den Verhältnissen und Interessen, die sie ja gerade aufklären sollen, unabhängig sein. Das ist der eigentliche Sinn der Hochschulautonomie.

    Der Freiraum der Hochschul-Autonomie ist nach der Wertung des Grundgesetzes weder für eine vom Staat und der Gesellschaft nischenhaft (in „Einsamkeit und Freiheit“) abgekapselte noch für eine vom Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuerte, sondern für (Zitat Bundesverfassungsgericht) „eine letztlich dem Wohle des einzelnen und der ganzen Gesellschaft dienende Wissenschaft verfassungsrechtlich garantiert“ (BVerfG a.a.O.). Der (Kultur-) Staat hat eine Förder- und Schutzaufgabe, ihm ist deshalb auf dem Feld der Hochschulen weder Untätigkeit gestattet, noch darf er sich damit begnügen, sie zu finanzieren und sie im Übrigen sich selbst zu überlassen oder sie gar gesellschaftlichen Einzelinteressen auszuliefern.

    „Autonomie“ der Hochschule bedeutet deshalb nicht den Rückzug der staatlichen Verantwortung zugunsten einer unternehmerischen Autonomie der Hochschule im Sinne einer funktionellen Privatisierung und zugunsten einer der einzelunternehmerischen Wettbewerbslogik unterworfenen autokratischen Leitungsstruktur. Autonomie heißt vielmehr die gesetzliche Gewährleistung der Freiheit der Wissenschaft in einer demokratischen Hochschule zum Nutzen und Fortschritt der gesamten Gesellschaft und nicht nur von wirtschaftlichen Einzelinteressen. (Siehe dazu „Das Leitbild Demokratische und Soziale Hochschule, Hans-Böckler-Stiftung S. 11 [PDF – 788 KB])

    Geboten wäre somit ein demokratisch anschlussfähiges Autonomieverständnis, das die Selbstbestimmung der Grundrechtsträger der Wissenschaftsfreiheit und die gesellschaftliche Verantwortung der Hochschule miteinander vermittelt. Mitbestimmung und Partizipation der Wissenschaftler (und auch der Studierenden) als Grundrechtsträger ist aus dieser Sicht ein unverzichtbarer Bestandteil einer autonomen Hochschule (Siehe auch „Für eine demokratische und soziale Hochschule, Das hochschulpolitische Programm des Deutschen Gewerkschaftsbundes”, S. 18f.)

    Gerade die staatliche gewährte Freiheitsgarantie und nicht zuletzt die ganz überwiegende Finanzierung durch die Allgemeinheit begründen nicht nur die Verantwortung der Hochschulen gegenüber der Gesellschaft, sondern auch eine Pflicht der Wissenschaftler über die Ziele, Inhalte, Ergebnisse und die Folgen von Forschung und Lehre selbstkritisch gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Die Hochschule in der Demokratie ist zu Transparenz und Kommunikation verpflichtet (Stichworte: „Open Access“, Wissenstransfer). Dies schon deshalb, um in den verteilungspolitischen Auseinandersetzungen bei knappen öffentlichen Haushalten erfolgreich sein zu können.

    Zu einem demokratisch anschlussfähigen Autonomieverständnis gehört selbstverständlich auch, dass das Parlament und die parlamentarisch kontrollierte Exekutive „eine für die gesamte Hochschullandschaft verbindliche, strategische Planung des Landes (Stichwort Landeshochschulentwicklungsplan) vorgeben und „Rahmenvorgaben im Bereich der Haushalts- und Wirtschaftsangelegenheiten sowie der Personalverwaltung (etwa Sicherung „Guter Arbeit“, „European Charter for Researchers“) geben können, wie das etwa die NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze mit den „Eckpunkten zum Entwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes“ in den dortigen Dialogprozess eingebracht wurde [PDF – 17.4 KB]. Der Staat hat damit auch für eine aufgabengerechte Finanzierung der Hochschulen Sorge zu tragen und der Haushaltsgesetzgeber hat ein Recht auf ein angemessenes „Finanzcontrolling“ der Hochschulen.

    Die staatliche Verantwortung gegenüber dem Hochschulwesen ergibt sich – was in der Autonomiedebatte vielfach in Vergessenheit geraten ist – auch daraus, dass die Hochschulen ein wichtiger Teil des Bildungssystems sind und Wirtschaft und Gesellschaft ein massives Interesse an wissenschaftlicher Qualifizierung haben. Mehr als ein Fünftel aller Arbeitskräfte werden derzeit an den Hochschulen ausgebildet. Gesellschaftlicher Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung hängen wesentlich von der Qualität des Bildungs- und Wissenschaftsbereich ab. Um das zu gewährleisten reicht die „einzelbetriebliche Perspektive“ der Hochschulen nicht aus. Das erfordert einen ständigen Dialog und eine Kooperation zwischen den Bildungsbereichen, die Gewährleistung der Durchlässigkeit im Tertiären Bildungssektor oder auch eine Ausrichtung der an den Hochschulen vermittelten Qualifikationen an der Beschäftigungsfähigkeit und eine Steuerung der (Ausbildungs-) Ressourcen am gesellschaftlichen Bedarf.

    Viele andere hier nicht genannten Aspekte mehr belegen eine staatliche Gesamtverantwortung für das Hochschulwesen, die gegenüber der Verantwortung der „entfesselten Hochschulen“ (Detlef Müller-Böling) in eine neue Balance zu bringen ist bzw. die eine „Verantwortungspartnerschaft“ zwischen Parlament und Exekutive einerseits und den sich selbstverwaltenden Hochschulen andererseits begründet. Wer diese staatliche Gesamtverantwortung als Volksvertreter nicht anzunehmen bereit ist, leistet in der Tat, wie es in dem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heißt, einen hochschulpolitischen „Offenbarungseid“.

    Die Verantwortung der staatlichen Hochschulen gegenüber der sie tragenden Gesellschaft sollte durchaus durch eine neue Organisationsstruktur (also Hochschulbeiräte, Gesellschaftsräte oder Kuratorien oder wie man sie auch immer nennen mag) gesetzlich verankert werden. Die Beratungsstruktur sollte jedoch im Gesetz differenziert ausgeführt werden und nicht nur den einzelnen Hochschule überlassen bleiben.

    So sollte – anders als das bei den Hochschulräten faktisch der Fall ist – Wert darauf gelegt werden, dass in den „Beiräten“ unterschiedliche gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert sind (Z.B. auch eine Frauenquote). Es sollte im Gesetz weiter eine klare Aufgabenbeschreibung der „Beiräte“ vorgegeben werden, etwa dass diese die Hochschulen bei ihrer strategischen Entwicklung, aber auch im Hinblick auf ihre regionale Einbindung beraten und unterstützen sollen.

    Die Hochschulen könnten sogar solchen „Beiräten“ gegenüber rechenschaftspflichtig sein. Diese Rechenschaftspflicht könnte aus meiner Sicht sogar bis hin zur Herstellung eines (rechtlichen) Benehmens zwischen den Hochschulen und einer solchen Beiratskonstruktion reichen, etwa hinsichtlich des Abschlusses von Zielvereinbarungen, bei der Verabschiedung des Hochschulentwicklungs- oder des Wirtschaftsplanes.
    Entscheidend ist aber: Diese „Beiräte“ sollten – anders als die Hochschulräte – keine Letzt-Entscheidungskompetenzen haben.

    In Gesetzesnovellen sollten darüber hinaus auch Vorgaben zur Stärkung der Mitbestimmungsrechte und moderner informeller Partizipations- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Hochschulangehörigen gemacht werden, so etwa zur Zusammensetzung der Senate, zu Beauftragten für benachteiligte Gruppen oder auch zu einem Ausbau der Mitbestimmungsrechte der Personalvertretungen (Siehe etwa Gerd Köhler, Partizipation und Innovation, Universität Hamburg – Zentrum für Wissenschaftsmanagement Speyer „Partizipation als Element der Governance von Hochschulen“, Hamburg, 12./13. Oktober 2011).

    Grundsätzlich sollten alle vier Mitgliedsgruppen an den Hochschulen paritätische Mitentscheidungsrechte in den Gremien haben. Keine Gruppe sollte gegen alle anderen entscheiden können. Darüber hinaus sollten moderne informeller Partizipations- und Mitwirkungsmöglichkeiten geschaffen werden.

    Außerdem sollten die Informationsrechte der Hochschulmitglieder gestärkt und Transparenz etwa bei Kooperationsvereinbarungen der Hochschule mit außeruniversitären Partnern oder bei der Auftragsforschung gewährleistet werden.

    Politisch müsste außerdem darüber entschieden werden, ob die Hochschulen verpflichtet werden sollten, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen („Zivilklausel“).

    Gesetzesnovellen, die ausschließlich die Hochschulräte abschaffen würde, wäre aus meiner Sicht eine vertane Chance.


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