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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 3. März 2014 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Krim-Konflikt
  2. Hans Magnus Enzensberger – Wehrt Euch!
  3. Rudolf Hickel – EU-Kommissar Barnier schont Zocker- und Schattenbanken
  4. Paul Krugman: No Big Deal – Kein Drama
  5. Wie schlimm sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich?
  6. Leiharbeit auf dem Vormarsch
  7. Neue Runde für Hartz-IV-Kritikerin
  8. Der Arbeitsmarkt im Fokus
  9. Streikverbot vor dem Bundesverwaltungsgericht: Auf dem Weg zur supranationalen EMRK?
  10. Mappus forderte offenbar harten Polizeieinsatz
  11. Herr Sarrazin fühlt sich verfolgt
  12. Gewerkschaften und Europawahlen im Mai 2014
  13. Das Allerletzte: Kerry macht sich lächerlich

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Krim-Konflikt
    1. Lehrstück der Realpolitik
      Die Hektik, die sich nach der russischen Ankündigung einer Intervention in der Ukraine am Samstag auf allen diplomatischen Kanälen ausbreitete, war erwartbar. Für den politischen Beobachter ist lediglich die internationale Überraschung überraschend: Zu absehbar sind bei dem Machtspiel in der Ukraine Aktion und Reaktion, als dass irgendjemand über die Ereignisse erstaunt sein sollte.
      Doch zumindest im Falle der EU dürfte die Ratlosigkeit glaubhaft sein, wurde doch von Brüssel und den Mitgliedsstaaten sowohl die Situation in der Ukraine als auch die Rolle Russlands von Beginn an gründlich missverstanden.
      Anders ist die bedingungs- und kritiklose Unterstützung der EU für eine Opposition mit zweifelhafter Zusammensetzung und unklarer Orientierung gegen eine gewählte Regierung nicht erklärbar.
      Da kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die neue Führung in Kiew einen baldigen EU-Beitritt als Ziel nennt (ganz abgesehen davon, dass ein solcher völlig unrealistisch ist). Die ukrainische Maidan-Bewegung besteht nicht nur aus der Timoschenko-Partei “Vaterland” und Vitali Klitschkos “Udar” […] sondern stützt sich vielmehr auf einen Strauß von rechtsextremen, ultranationalistischen, holocaustleugnenden, antisemitischen und antirussischen Gruppierungen.
      Gerade die Besetzung des Zentrums der Hauptstadt Kiew, ohne die der Umsturz nicht möglich gewesen wäre, wurde maßgeblich von der rechtsextremen Svoboda-Bewegung organisiert und auch die Schlägertrupps “Rechter Sektor” und UNA-UNSO waren willkommene Mitstreiter des von der EU hoffnungsfroh unterstützten Bündnisses. Die Erledigung der schmutzigen Arbeit lassen sich diese Gruppen klarerweise nun belohnen, und so erhielt “Svoboda” mehrere wichtige Ämter in der neuen Staatsführung, bis hin zum Posten des Generalstaatsanwaltes und des stellvertretenden Regierungschefs.
      Gesetze zum Schutz der Minderheiten sind in dieser neuen Machtkonstellation natürlich Makulatur, und somit wird Moskau die Möglichkeit gegeben, die Karte der Schutzmacht für die russischsprachige Bevölkerung zu spielen.
      Quelle: derStandard.at
    2. Der Krim-Konflikt
      Die deutsche Kriegsmarine entsendet parallel zur Eskalation der Krise um die Krim ein Spionageschiff in Richtung Mittelmeer. Berichten zufolge hat die “Alster”, die bereits das syrische Kriegsgebiet ausspionierte, ihren Heimathafen verlassen; ob sie ihre Fahrt durch das Mittelmeer weiter ins Schwarze Meer fortsetzen wird, hält die Bundeswehr geheim. Mit den Auseinandersetzungen um die Krim erreicht der Machtkampf um die Ukraine ein Gebiet von immenser geostrategischer Bedeutung für Moskau. Auf der Halbinsel ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert; die Krim gilt dabei als “Sprungbrett ins Mittelmeer”, wo Russland seit 2013 wieder stärkere Aktivitäten entfalten und ein Gegengewicht zu den USA bilden will. Die prowestliche Umsturzregierung in Kiew könne das Stationierungsabkommen kündigen und damit der russischen Stellung eine zentrale Grundlage entziehen, ist zu hören. Moskau hat ohnehin seit dem Kollaps der Sowjetunion 1991 ansehen müssen, wie die NATO ihre Stellung im Schwarzen Meer immer stärker ausgebaut hat – auf russische Kosten und unter Beteiligung der Bundeswehr. Die geostrategische Bedeutung der Krim erklärt, wieso die Bundesrepublik – anders als etwa im Falle des ehemaligen Jugoslawien – versucht, die Abspaltung der Halbinsel und ihre politische Annäherung an Russland mit allen Mitteln zu verhindern.
      Quelle: German Foreign Policy
    3. Russlands Strategie auf der Krim: “Was der Westen denkt, ist Putin inzwischen egal”
      Moskau handelt auf der Krim schnell, hart und ohne Rücksicht auf den Westen. Putin wolle Fakten schaffen, sagt Dmitrij Trenin vom Moskauer Carnegie-Center. Zur Ukraine habe Putin kein Vertrauen mehr – und sein Image in Europa sei ihm egal. […]
      SPIEGEL ONLINE: Ist dem Kreml die Reaktion des Westens egal?
      Trenin: Russland glaubt, dass die EU Wiktor Janukowitsch Hand in Hand mit der Opposition aus dem Amt gedrängt hat. Europa habe auch geschwiegen, als die Übereinkunft mit dem Präsidenten vor einer Woche verletzt wurde, auf Druck des Maidan. Ja, Empörung in der westlichen Öffentlichkeit ist dem Kreml egal, inzwischen zumindest. Putin und Russland sind in den vergangenen Monaten im Westen so gründlich dämonisiert worden, dass Putin heute nicht glaubt, dass es noch schlimmer für ihn kommen kann. […]
      SPIEGEL ONLINE: Die Nationalisten sprechen von einer “nationalen Revolution”…
      Trenin: Der Maidan hat leider die Chance verpasst, sich zu einem Aufstand gegen die Korruption zu wandeln. Alle ukrainischen Machthaber der vergangenen Jahre waren korrupt, wenn es auch selten so offensichtlich und so widerlich war wie bei Janukowitsch. Der Kampf gegen das korrupte System hätte die Menschen einen können in Ost und West. Aber die Nationalisten haben die Revolution gekapert und gestohlen.
      Quelle: SPIEGEL Online

      Anmerkung JB: Dafür das Trenin Chef des Carnegie-Centers in Moskau ist, sind seine Aussagen erfrischend offen und ehrlich.

    4. Staatsstreich als Strafe für Nein-Sager
      Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch wurde für sein Nein gegenüber dem Westen bestraft, wie andere vor ihm. Der Westen fordert von den Putschisten nun “Reformen” (…)
      Dem ukrainischen Präsidenten wurde neben den enttäuschten Hoffnungen der Ukrainer zum Verhängnis, dass er sich den westlichen Interessen verweigerte, als er im November 2013 das Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis legte. Janukowitsch meinte, das Land sei „wirtschaftlich noch nicht reif für eine Partnerschaft mit der Europäischen Union“. Das hörten nicht nur jene in der Ukraine mit Schrecken, die sich ausgerechnet von der EU erhoffen, dass diese ihre Lage bessert. Während sie auf dem Kiewer Maidan-Platz protestieren gingen, wurden im Westen die Regimewechsler aktiv. Janukowitsch hatte sich auch erlaubt zu sagen, dass das Abkommen mit der EU erst unterzeichnet werde, „wenn es unseren Interessen entspricht, wenn wir unter normalen Bedingungen verhandeln können“. Dazu bezeichnete er auch noch das Verhalten des Internationalen Währungsfonds als „erniedrigend“. Das rief jene auf den Plan, die seit vielen Jahren die Ukraine als Bollwerk gegen den „russischen Imperialismus“ sehen, um die eigene Vorherrschaft zu sichern. […]
      Hofbauer bezeichnete in der österreichischen Zeitung Die Presse das ukrainische Nein nicht nur als „ökonomisch vernünftig“. In Neues Deutschland bezifferte er auch den Preis, den Janukowitsch von der EU für ein Ja erwartete: „Er will von Brüssel 160 Milliarden Euro für den Fall, dass er doch noch unterschreiben sollte – und zwar als Kompensation für zu erwartende Ausfälle im Ostgeschäft.“ Damit dürfte er endgültig zu weit gegangen sein und den Westen gegen sich aufgebracht haben. Dass dessen Regimewechsler auch in Kiew aktiv wurden, davon zeugen nicht nur die vielen Politiker und Berater aus dem Westen, die sich nicht nur an den Feuern der Demonstranten auf dem Maidan-Platz wärmten. Am 30. November erklärte das US-Aussenministerium: „Wir werden weiter die Bestrebungen des ukrainischen Volkes unterstützen, eine wohlhabende europäische Demokratie zu werden. Die europäische Integration ist der sicherste Kurs für Wirtschaftswachstum und um die ukrainische Demokratie zu stärken.“ Das ist die Linie, die Zbigniew Brezinski schon 1997 in seinem Buch „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ beschrieb. Die für Europa und Eurasien zuständige Abteilungsleiterin des US-Außenministeriums Victoria Nuland flog kurz darauf nach zu einer OSZE-Konferenz in Kiew, wo sie sich am 6. Dezember 2013 mit „Oppositionsführer“ Witali Klitschko traf.
      Quelle: Der Freitag
    5. Putin nimmt sich, was er will
      Russlands Präsident Wladimir Putin hat eine Woche nach dem Umsturz in Kiew seine Antwort auf die Revolution formuliert: Er will die Gegenrevolution. Putin will die Verhältnisse in der Ukraine wieder ändern – und offenbar ist er bereit, das größtmögliche Risiko dafür einzugehen: Krieg.
      Diese Kaltblütigkeit lässt frösteln. Nie zuvor, auch nicht während des Georgien-Krieges 2008, hat man die Entrücktheit und Härte des russischen Präsidenten so klar erkennen können. Nicht nur die Krim, sondern die gesamte Ukraine ist für ihn der casus belli. Er ignoriert das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes und die Souveränität der Ukraine. Putin sieht den Nachbarstaat als Vasallen – und behandelt ihn entsprechend.
      Faktisch hat Russland die Krim bereits besetzt, noch bevor das Parlament in Moskau der Entsendung von Truppen zugestimmt hat. Jetzt gilt ein umfassenderes Mandat: Der Föderationsrat und Putin haben sich eine Option zur militärischen Intervention in der gesamten Ukraine geschaffen. Putin spielt dabei mit geringem Risiko. Er ist nicht nur zum Militäreinsatz entschlossen, er hat auf der Krim Fakten geschaffen, ehe eine andere bewaffnete Macht ihm zuvor kommen konnte. Und er weiß, dass niemand in der Ukraine und geschweige denn im Westen diese Intervention mit Militärgewalt zurückdrängen kann. Es siegt die nackte Gewalt.
      Für diese Unverfrorenheit des Präsidenten gibt es keinen Vergleich. Der Mann, der über Monate hinweg selbst jede humanitäre Intervention in Syrien unter Verweis auf die staatliche Souveränität verhinderte, bricht das Völkerrecht und lässt die Krim militärisch besetzen.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung

      Anmerkung C.R.: Die deutschen Mainstreammedien, zu denen auch Kommentator Kornelius gehört, stellen den Sachverhalt teilweise auf drastische Weise auf den Kopf; siehe z.B. auch das „ZDF-spezial“ vom letzten Samstag, in dem Russland unterstellt wird, es betreibe einen „Kalten Krieg“. Besser hätte es vermutlich auch George Orwell („1984“) nicht formulieren können.
      Mit China unterstellte bereits vor einigen Tagen ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat dem Westen im Umgang mit Rußland bezüglich des Ukraine-Konflikts die Mentalität des Kalten Krieges; mehr dazu hier: Streit um Ukraine: China unterstellt Westen Kalter-Kriegs-Mentalität.

      Ergänzende Anmerkung JB: Die Berichterstattung zur Krim-Krise ist in den großen deutschen Medien wirklich unterirdisch schlecht. Was hatten die Großstrategen in den Redaktionen denn gedacht? Natürlich kann man Putins forsches Vorgehen kritisieren. Aber dann sollte man bitte nicht so tun, als sei Russland das einzige Land, dass in den letzten Jahrzehnten das Völkerrecht mit Füßen getreten hätte. Was war denn mit dem Irak? Was war mit Afghanistan? Und auch das so fürchterlich mustergültige Deutschland hat sich mit seiner Teilnahme am Kosovo-Krieg, der ebenfalls nicht durch ein UN-Mandat gedeckt war, an einem völkerrechtswidrigen Krieg beteiligt. Es ist auch noch gar nicht so lange her, da ließen Russland und China die westlichen Staaten ein Flugverbotszone über Libyen einrichten, die dann zu einer militärischen Intervention genutzt wurde, die nicht durch das Völkerrecht gedeckt war. Wäre man nun zynisch, könnte man sagen, „Putin hat vom Westen gelernt“. Leider lassen jedoch sämtliche Kommentare in den großen Zeitungen jeden Hauch von Selbstkritik vermissen. Wieder einmal wird die Welt ohne Sinn und Verstand und ohne sachliche Gründe in gut und böse aufgeteilt. Wir sind die Guten und müssen uns daher auch nicht an Regeln oder gar das Völkerrecht halten. Doch was dem Herrn geziemt, geziemt noch lange nicht dem Knecht.

  2. Hans Magnus Enzensberger – Wehrt Euch!
    Wer sich nicht dauernd mit den digitalen Nachstellungen von Unternehmen und Geheimdiensten herumschlagen will, muss nur ein paar einfache Regeln befolgen. Zehn sind es an der Zahl, die Hans Magnus Enzensberger bündig formuliert.
    Für Leute, die keine Nerds, Hacker oder Kryptographen sind und die Besseres zu tun haben, als sich stündlich mit den Fallgruben der Digitalisierung zu befassen, gibt es zehn einfache Regeln, wie sie sich ihrer Ausbeutung und Überwachung widersetzen können:

    1. Wer ein Mobiltelefon besitzt, werfe es weg. Es hat ein Leben vor diesem Gerät gegeben, und die Spezies wird auch weiter existieren, wenn es wieder verschwunden ist. Der abergläubischen Verehrung, die ihm zuteil wird, sollte man nichts abgewinnen. Smart sind nicht diese Geräte oder die sie benutzen, sondern die sie uns anpreisen, um unermessliche Reichtümer anzuhäufen und gewöhnliche Menschen zu kontrollieren.
    2. Wer immer einem ein kostenloses Angebot macht, ist verdächtig. Man sollte unbedingt alles ausschlagen, was sich als Schnäppchen, Prämie oder Gratisgeschenk ausgibt. Das ist immer gelogen. Der Betrogene zahlt mit seinem Privatleben, mit seinen Daten und oft genug mit seinem Geld.
    3. Online-Banking ist ein Segen, aber nur für Geheimdienste und für Kriminelle.
    4. Regierungen und Industrien möchten das Bargeld abschaffen. Ein gesetzliches Zahlungsmittel, das jeder einlösen kann, soll es nicht mehr geben. Münzen und Scheine sind Banken, Händlern, Sicherheitsbehörden und Finanzämtern lästig. Plastikkarten sind nicht nur billiger herzustellen. Sie sind auch unseren Aufpassern lieber, denn sie erlauben es, jede beliebige Transaktion zurückzuverfolgen. Deshalb tut jeder gut daran, Kredit-, Debit- und Kundenkarten zu meiden. Diese ständigen Begleiter sind lästig und gefährlich.

    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung JB: Was für ein Unsinn. Ein Philosophen-Millionär wie Enzensberger kann es sich natürlich leisten, sein Handy „wegzuwerfen, während Otto Normalverbraucher keine Sekretärin hat, die ihm wichtige Nachrichten in der Droschke hinterherschickt. Otto Normalverbraucher hat auch nicht den Luxus, sich die Zeit zu nehmen, für jede kleine Überweisung zur Bank zu laufen und auf das Online-Banking zu verzichten. Enzenberges Vorschläge kommen mitten aus dem Elefenbeinturm und haben zudem eine verheerende Botschaft. Der mündige Verbraucher muss dafür sorgen, dass wir die moderne Technik ohne Gefahren und ohne Gängelungen nutzen können. Ein Verzicht auf diese Technik spielt – da komplett unrealistisch – nur denen in die Karten, die diese Techniken missbrauchen. Herr Enzensberger hätte ja beispielsweise einmal auf die Open-Source-Bewegung hinweisen können, deren Produkte übrigens in vielen Fällen auch kostenlos sind. Aber nein, was „kostenlos“ ist, ist ja laut Enzensberger des Teufels. Ist es zu viel verlangt, von einem Philosophen zu erwarten, dass er sich zunächst einmal mit den Themen zu beschäftigen, zu denen er gewichtig klingende Aufsätze im Feuilleton der FAZ schreibt?

  3. Rudolf Hickel – EU-Kommissar Barnier schont Zocker- und Schattenbanken
    Erst durch die Verortung der Ursache der Finanzmarktkrise lässt sich seriös die Frage beantworten, wie künftig solche Zusammenbrüche mit Folgen für die Weltwirtschaft zu vermeiden sind. Historisch ist der Start in den Boom und Absturz der Finanzmärkte eindeutig: Am 27. Ok-tober 1986 hatte Maggy Thatcher mit dem „Big Bang“ über Nacht schützende Regeln für die Geschäfte am Finanzplatz London aufgeho-ben. Im heißen Klima der Neoliberalismus folgten die USA mit der Auf-hebung des Trennbankensystems und einer Explosion hochgradig spe-kulativer, von der realen Wertschöpfung entkoppelter Finanzmarktpro-dukte. Deutschland verschaffte mit einigen Maßnahmen vor allem in der Phase der rot-grünen Bundesregierung den entfesselten Märkten Spielraum. Das Ende dieses sich weltweit verbreitenden Kasinokapita-lismus ist schnell erzählt. Nachdem sich die Finanzmärkte gegenüber der realen Wertschöpfung immer mehr entkoppelten, kam es sichtbar ab 2007 zum Absturz. Spekulativ hochgetriebene, strukturierte Wert-papiere erwiesen sich als wertlos, als toxische Produkte. Banken muss-ten ihren Schrott in „Bad Banks“ auslagern, die reale Produktionswirt-schaft geriet in Mitleidenschaft und schließlich hat der Reparaturbe-trieb Staat seine Steuerzahlerinnen und Steuerzahler belastet.
    Im jetzt achten Jahr der Finanzmarktkrise muss immer noch die bange Frage gestellt werden, ob ein erneuter Zusammenbruch des fragilen Systems der Investmentspekulationen droht. Die weltweit große Zahl von Aktivitäten zur Regulierung und Kontrolle scheinen gegen einen weiteren Handlungsbedarf zu sprechen. Dazu zählen Maßnahmen zur Ausstattung der Banken mit Eigenkapital gegen Geschäftsrisiken, zum Verbot des krisenanfälligen Eigenhandels mit spekulativen Finanz-produkten durch die Banken, zur Trennung des Kundengeschäfts vom Investmentbanking, zu Haftungs- und Bonifragen sowie zur Einschrän-kung des Turbohandels an den Börsen. Jedoch zeigt sich, dass die Wirksamkeitsschwelle der vielen Regulierungen insgesamt viel zu ge-ring ausfällt. Der Bankenlobby ist es wieder einmal gelungen, die Ma-növer der Politik unter dem Druck einer tief frustrierten Öffentlichkeit zu verwässern. Dies gilt auch für die vielen Aktivitäten der EU-Kommis-sion, die weitergehende, kluge Vorschläge des Europäischen Parla-ments nicht aufgenommen hat. Noch Anfang des Jahres hat der zu-ständige EU- Kommissar Michel Barnier zur Trennung von normalem Kundengeschäft gegenüber den Handelsaktivitäten mit spekulativen Finanzprodukten eine Mogelpackung vorgelegt. Das „Wallstreet Jour-nal“ schrieb vom Triumph der Lobbyisten. Den Zockerbanken wurde auch künftig ausreichender Spielraum zugesichert.
    Quelle: Rudolf Hickel [PDF – 53 KB]
  4. Paul Krugman: No Big Deal – Kein Drama
    Wie allgemein bekannt, liegt das wirtschaftspolitische Programm der Obama-Administration angesichts der bedingungslosen Opposition der Rebublikaner auf Eis. Und das ist nicht gut: Die amerikanische Wirtschaft stände viel besser da, wenn Vorschläge der Administration wie etwa der American Jobs Act Gesetz geworden wären.
    Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die internationale wirtschaftspolitische Agenda der Administration auch festgefahren ist, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Besonders bei dem Kernstück diser Agenda – der vorgeschlagenen Trans-Pazifischen Partnerschaft oder TPP – scheint es nicht viel Fortschritt zu geben, und das liegt an einer Kombination von Verhandlungsschwierigkeiten im Ausland und parteiübergreifender Skepsis im Inland.
    Und wissen Sie was? Das ist gut so. Es ist nämlich überhaupt nicht sicher, dass die TPP eine gute Idee ist. Und noch mehr kann man anzweifeln, ob Präsident Obama da so viel politisches Kapital einsetzen sollte. Ich bin ja im Allgemeinen ein Vertreter des Freihandels, aber ich wäre nicht traurig und eigentlich sogar ein bisschen erleichtert, wenn die TPP einfach in der Versenkung verschwinden würde.
    Quelle: New York Times
  5. Wie schlimm sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich?
    In einer neuen Studie kommt der IWF zum Schluss, dass eine ungleiche Vermögensverteilung das wirtschaftliche Wachstum hemmt. In die gleiche Richtung geht die Argumentation des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), wobei die Studie in Zusammenarbeit mit der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erstellt wurde und das DIW schon vor einiger Zeit ein Modell einer Vermögensabgabe für die Grünen erarbeitet hat.
    Die FAZ fasst die Studienergebnisse sehr schön zusammen, weißt allerdings auf den wichtigen Punkt hin, dass in Deutschland schon erhebliche Umverteilung erfolgt. Mehr Umverteilung würde folglich wenig für das Wirtschaftswachstum bringen. Das stimmt vermutlich. Wobei sich die Umverteilung vor allem an den Einkommen orientiert. Hier wäre zu prüfen, ob die wahre Umverteilung sich eher an den Vermögen orientieren sollte – im Gegenzug aber mit weniger Umverteilung von Einkommen. Nicht zusätzlich!
    Es ist interessant, dass nun erneut das Thema Vermögen thematisiert wird. Da werden Vermögensabgaben zur Lösung der Schuldenkrise vom IWF angeregt, dann kommen die Krisenprofessoren Reinhart und Rogoff zum Schluss, dass wir eine Schuldenrestrukturierung in Europa brauchen, gefolgt von der Bundesbank, die Vermögensabgaben (natürlich nur in den Krisenländern….) fordert. Und nun wird noch bewiesen, dass Umverteilung das Wachstum stärkt.
    Quelle: beyond the obvious

    Passend dazu: The Real Job Killers
    House Speaker John Boehner says raising the minimum wage is “bad policy” because it will cause job losses.
    The U.S. Chamber of Commerce says a minimum wage increase would be a job killer. Republicans and the Chamber also say unions are job killers, workplace safety regulations are job killers, environmental regulations are job killers, and the Affordable Care Act is a job killer. The California Chamber of Commerce even publishes an annual list of “job killers,” including almost any measures that lift wages or protect workers and the environment.
    Most of this is bunk.
    When in 1996 I recommended the minimum wage be raised, Republicans and the Chamber screamed it would “kill jobs.” In fact, in the four years after it was raised, the U.S. economy created more jobs than were ever created in any four-year period. (…)
    Finally, it’s important to remember the real source of job creation. Businesses hire more workers only when they have more customers. When they have fewer customers, they lay off workers. So the real job creators are consumers with enough money to buy.
    Even Walmart may be starting to understand this. The company is “looking at” whether to support a minimum wage increase. David Tovar, a Walmart spokesman, noted that such a move would increase the company’s payroll costs but would also put more money in the pockets of some of Walmart’s customers.
    In other words, forget what you’re hearing from the Republicans and the Chamber of Commerce. The real job killers in America are lousy jobs at lousy wages.
    Quelle: Robert Reich

    Anmerkung C.R.: Ein Vergleich mit der Situation in Deutschland ist nicht abwegig. In Anlehnung an Reich könnte hinzugefügt werden: Vergessen Sie, was sie von Neoliberalen z.B. aus FDP, CDU/CSU oder wirtschaftsnahen Ökonomieinstituten hören. Es ist an der Zeit, die Binnenkonjunktur maßgeblich in Schwung zu bringen und dafür ist der gesetzliche, flächendeckende und nicht zu tief ansetzende Mindestlohn ein Instrument.

  6. Leiharbeit auf dem Vormarsch
    Die Leiharbeitsbranche boomt weiter. Wie aus einer Unterrichtung der Bundesregierung (18/673) zur Entwicklung der Arbeitnehmerüberlassung im Zeitraum 2009 bis 2012 hervorgeht, ist sowohl die Zahl der Verleihfirmen als auch die Anzahl der verliehenen Mitarbeiter in den Jahren deutlich gestiegen. So wurden im zweiten Halbjahr 2012 bundesweit 18.024 Verleihbetriebe mit mindestens einer Leiharbeitskraft registriert. Im zweiten Halbjahr 2008, zum Ende des vorangegangenen Berichtszeitraums, waren es noch 15.581 Betriebe. Das entspricht einem Anstieg um rund 16 Prozent.
    Den Angaben zufolge waren im zweiten Halbjahr 2012 insgesamt 11.218 Unternehmen ausschließlich oder überwiegend als Verleihbetriebe aktiv im Vergleich zu 10.085 im zweiten Halbjahr 2008. Das entspricht einer Steigerung um rund elf Prozent. Die Zahl der Mischbetriebe, die nicht nur im Verleih, sondern überwiegend in anderen Branchen tätig sind, stieg um rund 24 Prozent, von 5.496 im Jahre 2008 auf 6.806 im Jahre 2012.
    Im Jahresdurchschnitt stieg die Zahl der Leiharbeiter im Berichtszeitraum von 625.411 im Jahre 2009 auf 877.599 im Jahre 2012. Zwischenzeitlich lag die Zahl der Leiharbeiter im Jahre 2011 mit 881.728 sogar noch höher. Der absolute Höchststand wurde im August 2011 mit 927.103 Leiharbeitern erreicht.
    Der Anteil der Frauen an der Leiharbeit kletterte von 28 Prozent im Dezember 2008 auf 30 Prozent im Dezember 2012. Die Leiharbeit sei weiter von Männern dominiert, heißt es in dem Bericht, wenn auch ihr Anteil seit 2002 kontinuierlich zurückgehe. In der Zeitarbeit gewännen inzwischen Bereiche wie Gesundheit, Soziales, Lehre oder Erziehung an Bedeutung, in denen überwiegend Frauen in den Kundenunternehmen tätig seien.
    Auch die Zahl der ausländischen Leiharbeiter wächst weiter. Waren im Dezember 2008 noch 13 Prozent Ausländer in der Branche registriert, stieg ihr Anteil auf 17 Prozent im Dezember 2012.
    Quelle: Deutscher Bundestag
  7. Neue Runde für Hartz-IV-Kritikerin
    Klage von Inge Hannemann auf Weiterbeschäftigung im Jobcenter abgewiesen
    Die Hartz-IV-Kritikerin Inge Hannemann kann vorerst nicht an ihren alten Arbeitsplatz im Jobcenter Hamburg-Altona zurückkehren. Das Arbeitsgericht der Hansestadt hat am Freitag nachmittag ihre Klage auf Weiterbeschäftigung als Arbeitsvermittlerin für Jugendliche abgewiesen. Wie Gerichtssprecher Esko Horn auf Nachfrage von jW mitteilte, habe die Klägerin einen entsprechenden Antrag zu spät gestellt. »Wenn sie innerhalb einer Woche Einspruch einlegt, geht das Verfahren von vorn los.« Horn vermutet dahinter »einen taktischen Zug« der früheren Jobcenterangestellten. Ihr Anwalt zeigte sich nach der Verhandlung zufrieden. Jetzt sei es möglich, einen Neubeginn des Verfahrens in erster Instanz zu erreichen. Gegenüber jW hatte Hannemann bereits angekündigt, notfalls bis vor das Bundesarbeitsgericht zu ziehen.
    Quelle: junge Welt
  8. Der Arbeitsmarkt im Fokus
    Die Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ist sehr angespannt. Eine neue Ausgabe der AK-Analyse „Arbeitsmarkt im Fokus“ zeigt dabei einige Probleme auf, die Handlungsbedarf erzeugen: die Beschäftigung wächst überwiegend in Teilzeit, Arbeitslosigkeit ist längst kein Randphänomen mehr und die Zahl der Notstandshilfe-BezieherInnen steigt. Was am Arbeitsmarkt los ist und wo die wichtigsten Ansatzpunkte liegen.
    Trotz wachsender Beschäftigung und niedrigster Arbeitslosenquote im EU-Vergleich gibt es eine Reihe struktureller Arbeitsmarktprobleme, hier einige der wichtigsten Aspekte. (…)
    Immer mehr Menschen sind auf Notstandshilfe angewiesen
    Für die Menschen bedeutet Arbeitslosigkeit neben der sozialen Stigmatisierung vor allem auch ein existenzielles Problem, da sich das Einkommen der Betroffenen innerhalb kürzester Zeit halbiert. Jene, die länger arbeitslos sind, können nach 20 bis 52 Wochen (je nach Alter und Dauer der arbeitslosversicherungspflichtigen Beschäftigung) kein Arbeitslosengeld mehr beziehen. Sie sind auf die oft deutlich niedrigere Notstandshilfe angewiesen (2013: durchschnittlich 690 Euro monatlich). Die Anzahl der BezieherInnen von Notstandshilfe ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen (rund 15 Prozent). Dazu kommen noch viele Menschen, überwiegend Frauen, die aufgrund der Anrechnung des PartnerInneneinkommens gar keine Notstandshilfe beziehen.
    Wo könnte man unter anderem ansetzen?

    • Stärkere Regulierung des Arbeitskräfteangebots, beispielsweise über eine Sanktionierung von ArbeitgeberInnen, die systematisch ihren MitarbeiterInnen die Bezahlung von Mehr- bzw. Überstunden vorenthalten.
    • Eine antizyklische Wirtschaftspolitik durch mehr Investitionen in Zukunftsbranchen (v.a. soziale Dienstleistungen) und einen Ausbau des öffentlichen Wohnbaus, um mehr Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.
    • Bessere Arbeitsmarktchancen für Ältere durch ein Bonus-Malus-System, welches jene Betriebe sanktionieren soll, die älteren ArbeitnehmerInnen keine Chance geben.
    • Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld und Anhebung der Höhe des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Ein Entfall der PartnerInneneinkommensanrechnung bei der Notstandshilfe, die insbesondere Frauen benachteiligt und die Verbesserung der Rechtssicherheit für Arbeitslose bei Leistungsstreitigkeiten.
    • Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung in Richtung „Beschäftigungsversicherung“. Das bedeutet auch einen Ausbau von hochwertigen Ausbildungsmöglichkeiten mit Rechtsanspruch, wie etwa dem Fachkräftestipendium (erleichterter Zugang und Sicherstellung der Finanzierung).

    Quelle: Arbeit&Wirtschaft

    Anmerkung C.R.: Boomender Teilzeitsektor, steigende Zahl der Inanspruchnahmen von öffentlichen Hilfsleistungen sind für die Leserschaft der NachDenkSeiten keine Fremdwörter. Auch hierzulande ist Arbeits- bzw. Erwerbslosigkeit längst keine Randerscheinung mehr. Die genannten Ansatzpunkte zur Verbesserung der Arbeitssituation könnten und sollten auch in Deutschland gefordert werden.

  9. Streikverbot vor dem Bundesverwaltungsgericht: Auf dem Weg zur supranationalen EMRK?
    Beamte dürfen nur noch für eine Übergangszeit generell vom Streikrecht ausgeschlossen werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27.02.2014 unter Berufung auf die EMRK und die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) entschieden (Az. 2 C 1.13). Damit wird eine über hundertjährige Tradition in Deutschland gekippt.
    Doch damit nicht genug: Was vor allem aufhorchen lässt an diesem Urteil, ist sein Rechtsfolgenausspruch. Auch wenn bislang nur die Pressemitteilung vorliegt, wird doch deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil einen Gesetzgebungsauftrag an die Adresse der Legislative formuliert und die bestehende Rechtslage nur für eine Übergangszeit hinnimmt. Man fragt sich verwundert: das Bundesverwaltungsgericht? Ist nicht allein das Bundesverfassungsgericht der Gesprächspartner „auf Augenhöhe“ des Gesetzgebers?
    Das Urteil aus Leipzig dokumentiert einen Bedeutungsverlust des Bundesverfassungsgerichts, der den Richtern in Karlsruhe alles andere als gleichgültig sein dürfte. Sie sind – aus Gründen, die im Einzelnen noch erläutert werden müssen – im konkreten Fall die eigentlichen Verlierer im institutionellen Dreiecksverhältnis zwischen Leipzig, Karlsruhe und Straßburg.
    Quelle: Verfassungsblog
  10. Mappus forderte offenbar harten Polizeieinsatz
    Hat Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Mappus ein hartes Vorgehen gegen Stuttgart-21-Gegner angeordnet? Notizen leitender Beamter deuten daraufhin, dass der CDU-Politiker Einfluss auf den Einsatz mit Wasserwerfern an der Baustelle des Tiefbahnhofs genommen hat – mit schließlich 164 Verletzten.
    Aus einem Bericht des Innenministeriums, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, geht hervor, “die oberste politische Ebene” habe den Beamten rigide Vorgaben gemacht. Damit gibt es erstmals klare Hinweise aus der Polizeiführung, dass Stefan Mappus den umstrittenen Einsatz am 30. September 2010 beeinflusst hat. Mappus und der damalige Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf hatten stets erklärt, es habe keine politische Einflussnahme gegeben.
    In dem Bericht werden vor allem Notizen mehrerer Beamter nach einer “Tagung Polizeilicher Aufgaben” am 10. September zitiert. Bei der Tagung handelt es sich um regelmäßige Besprechungen der obersten operativen Führungsebene der Polizei. Das Ministerium bilanziert: “Während das offizielle Protokoll keinen Rückschluss auf irgendeine Form der politischen Einflussnahme zulässt, legen die Notizen einzelner Besprechungsteilnehmer die Annahme nahe, dass Polizeipräsident a.D. Stumpf auf der Tagung von solch einer Einflussnahme berichtet hat.” (…)
    In Notizen zu einer Führungstagung der Bereitschaftspolizei findet sich der Hinweis, dass die Politik die Vorgabe gemacht habe, dass bei massiven Auseinandersetzungen auch Wasserwerfer eingesetzt werden sollten. Ein “Softkurs” sei nicht anzustreben, heißt es darin. Das Ministerium folgert: “Die genannten Notizen könnten als Anhaltspunkte für eine mögliche politische Einflussnahme oder Einflussnahmeversuche auf den Polizeieinsatz gewertet werden.” Bei dem Einsatz zur Räumung des Schlossgartens für die Baustelle des Tiefbahnhofs waren nach Angaben des Innenministeriums 130 Demonstranten und 34 Polizisten verletzt worden
    Quelle: Deutschlandfunk

    Passend dazu: Mappus und Stuttgart 21: “Bringen Sie den Bagger rein!”
    Ein Bericht des Stuttgarter Innenministeriums belastet Stefan Mappus. Als Ministerpräsident soll er der Polizei einen harten Kurs gegen Stuttgart-21-Demonstranten vorgegeben haben. Auch beim Abriss des Nordflügels preschte er gegen den Willen der Polizei vor.
    Baden-Württembergs früherer Ministerpräsident Stefan Mappus hat nach Darstellung leitender Polizisten beim harten Einsatz gegen Stuttgart-21-Gegner 2010 die Marschroute vorgegeben. Das geht nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus einem Bericht des Innenministeriums hervor.
    Demnach hat den Beamten zufolge “die oberste politische Ebene” rigide Vorgaben gemacht. Damit würde es erstmals klare Hinweise aus der Polizeiführung geben, dass der CDU-Politiker Mappus den umstrittenen Einsatz am 30. September 2010 beeinflusst hat – sogar die Vorgabe zum Einsatz der Wasserwerfer soll aus der Politik gekommen sein.
    Quelle: Spiegel Online

  11. Herr Sarrazin fühlt sich verfolgt
    Alle sind sie hinter ihm her. Alle grenzen sie ihn aus und schweigen ihn tot. Meint Thilo Sarrazin. Aus diesem diffusen Gefühl hat er ein Buch gemacht (siehe Rezension) und er posaunt es weitgehend unwidersprochen in Talkshows und Interviews hinaus. Christoph Baumgarten wagt einen persönlichen Blick in die Untiefen des Sarrazinschen Geistes.
    Thilo Sarrazin hetzt sich von Talkshow zu Podiumsdiskussion zu Talkshow, hat einen Interviewtermin nach dem anderen, Tageszeitungen wie die FAZ widmen ihm ihre Titelseiten, Spiegel Online mehrere Kolumnen.
    Nebenbei hat sein erstes Buch die Schwelle von 1,5 Millionen verkauften Exemplaren überschritten und ist der erfolgreichste politische Titel im deutschsprachigen Raum nach “Mein Kampf”. Sein neuestes Werk über den angeblichen Tugendterror hat eine Startauflage von 100.000 Stück.
    So totgeschwiegen, ausgegrenzt, tugendterrorisiert und den Mund verboten bekommen wie der Mann möchte ich einmal werden. Er hat mein vollstes Mitgefühl. (…)
    Der Herr kann offenbar besser austeilen als einstecken.
    Dass er daraus ein neues Buch macht und sich zum Opfer dunkler Machenschaften stilisiert und nicht des eigenen – wenn auch vorhersehbaren – intellektuellen Versagens, dass er seine Wehleidigkeit in Stammtischparolen kleidet, die er noch für Produkte seines eigenen Geistes hält, das ist ein Verbrechen am An- und Verstand.
    Der Sozialschmarotzer auf hohem Niveau
    Um es in den Stammtischparolen zu sagen, derer er sich befleißigt: Thilo Sarrazin ist ein geistiger Minderleister und war Zeit seines Lebens Sozialschmarotzer auf hohem Niveau, ein Parteibonze, wie er im Buche steht und hält das alles für seine eigene Leistung. Er ist eine lächerliche und widerliche Figur, die allen, die nicht seiner Meinung sind, den Mund verbieten will.
    Das wird man doch noch sagen dürfen.
    Quelle: Humanistischer Pressedienst

    Anmerkung unseres Lesers B.H.: Das Bild ist interessant, Sarrazin ist also auch bei der ehemaligen Haider-Partei FPÖ in Österreich ein gern gesehener Redner – man glaubt es nicht, aber das Bild lügt wohl nicht… .

    Ergänzende Anmerkung C.R.: Das Foto erinnert an die FDP-Sympathien des ehemaligen SPD-Mitglieds Clement. Sind FPÖ-Auftritte mit einer SPD-Mitgliedschaft vereinbar sowie moralisch-korrekt und passend zur Haltung der SPD? Insbesondere die SPD-Spitze möge sich angeregt fühlen, erneut ein Parteiausschlußverfahren gegen Sarrazin einzuleiten.

  12. Gewerkschaften und Europawahlen im Mai 2014
    Ein neuer Weg für Europa – für gute Arbeit, Investitionen und Gleichheit kämpfen. Europäische Demonstration in Brüssel – Aktionstag – Freitag 04.04.14 / Die EGB-Kampagne “A New Path for Europe” / Gewerkschaftsaufrufe zur Wahl

    • Ein neuer Weg für Europa – für gute Arbeit, Investitionen und Gleichheit kämpfen. Europäische Demonstration in Brüssel – Aktionstag – Freitag 04.04.14
      “Im Vorfeld der Europawahlen ruft der Europäische Gewerkschaftsbund zu einer europäischen Demonstration in Brüssel auf. Als Gewerkschaften fordern wir einen Investitionsplan für Wachstum und Beschäftigung um insbesondere die dramatisch hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Nachbarländern zu beseitigen. Es geht aber auch um unsere Freiheit. Nationalistische Parteien nutzen die aktuelle Finanzkrise, um das Vertrauen in die Gemeinschaft Europas zu schwächen. Damit versuchen sie von den eigentlichen Ursachen einer fehlgeleiteten Sparpolitik abzulenken. Mit der Vorstellung, dass die „eigene“ Nation an erster Stelle stehen sollte, schaden sie dem Solidaritätsgedanken einer Staatengemeinschaft. Gemeinsam mit unseren europäischen Kolleg_innen werden wir ein Zeichen für ein demokratisches und soziales Europa setzen!” Siehe dazu:

      • Crisis cannot be solved without sound social basis – ETUC announces European demonstration for 4 April
        ETUC-Aufruf vom 18.12.2013
      • Ein neuer Weg für Europa: Investieren statt Kaputtsparen. Perspektiven für gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit in ganz Europa. DGB-Aufruf zur Demonstration des Europäischen Gewerkschaftsbundes am 4. April 2014 in Brüssel
        Die Europawahl steht vor der Tür. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) ruft deshalb wenige Tage vor der letzten Sitzung des Parlaments in Brüssel zu einer Demonstration für einen Kurswechsel in Europa auf: Für ein soziales Europa, Vollbeschäftigung und eine sichere Zukunft für Jung und Alt. Die Europawahl wird mit darüber entscheiden, ob in Europa künftig eine Politik für gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit gemacht wird. Wir fordern: Investitionen und Gute Arbeit…” Aufruf beim DGB vom 26.02.2014 externer Link. Aus dem Text: “… Wir brauchen im Europäischen Parlament Abgeordnete, die das Europäische Projekt für sozialen Fortschritt gestalten, um die ungerechte Sparpolitik, Arbeitslosigkeit, Armut, Ungleichheit sowie Lohn- und Steuerdumping zu überwinden. Sie sollen eintreten für ein Europa, das die Menschen und nicht die Märkte in den Mittelpunkt stellt. Ein soziales Europa ist möglich! Der Europäische Gewerkschaftsbund, die Stimme der europäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ruft die Beschäftigten auf, an den Wahlen zum Europaparlament teilzunehmen und am 4. April in Brüssel für das soziale Europa zu demonstrieren. Europa hat das Potential, um die Krise zu überwinden…”
      • Gewerkschaften rufen auf nach Brüssel
        “Die Krise in Europa ist noch lange nicht überwunden. Arbeitslosigkeit und Armut sind in vielen Ländern dramatisch gewachsen. Arbeitnehmerrechte werden abgebaut, Grundrechte missachtet. Im Vorfeld der Europawahl ruft der Europäische Gewerkschaftsbund am 4. April zu einer Demonstration nach Brüssel auf…” Aufruf der GEW vom 24.02.2014

    Quelle: LabourNet Germany

  13. Das Allerletzte: Kerry macht sich lächerlich
    Im Ticker von standard.at lief gestern folgende Meldung: „Russland verhalte sich wie im 19. Jahrhundert und marschiere in andere Länder unter Verweis auf frei erfundene Gründe ein, sagte der US-Außenminister am Sonntag.“

    Anmerkung JB: Dazu fällt noch nicht einmal mir etwas ein. Manchmal ist die Grenze zwischen Politik und Satire fließend.


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