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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 23. Mai 2014 um 9:03 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Mutiert die Sendung Tagesthemen zur Propagandasendung?
  2. Europawahl
  3. Orwell 2.0
  4. IMK: Investitionsstau bedroht Wachstum – Netto-Investitionen der Euro-Staaten 2013 erstmals im Minus
  5. Hinter verschlossenen Türen
  6. Europäischer Gerichtshof – Deutschland darf EU-Ausländern Hartz-IV verweigern
  7. Debatte über Sozialmissbrauch: Merkel entdeckt den Seehofer in sich
  8. Ein dickes Knie für die Wettbewerbsfähigkeit
  9. Rentenreform beginnt am Arbeitsmarkt
  10. Jedes vierte Kind im Ruhrgebiet ist arm
  11. 1 Million Euro seit der Bundestagswahl: Gauweiler veröffentlicht neue Nebeneinkünfte
  12. Über fünf Millionen Studienanfänger bis 2025 kosten 27 Milliarden Euro extra für die Hochschulen

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mutiert die Sendung Tagesthemen zur Propagandasendung?
    Am 20. Mai 2014 moderierte Tagesthemenmoderatorin Caren Miosga einen Sendebeitrag über die Ukraine an. Zehntausende, so die Moderation, seien einem Aufruf des Oligarchen Achmetow gefolgt, um gegen eine Spaltung der Ukraine zu demonstrieren.
    Von einer Nachrichtensendung eines Öffentlich Rechtlichen Senders darf man ein gewisses Maß an Wahrheit und Klarheit erwarten. Interessant ist, dass der Reporter vor Ort keine Zahl nennt. Warum wohl? Auch der Bildausschnitt auf die Demonstranten ist geschickt gewählt.
    Berichterstattung a la DDR-Fernsehen?
    Sehen Sie selbst. Seriöser Journalismus geht anders.
    Quelle: Aristo Blog

    Anmerkung JB: Der Tagesthemen-Beitrag ist ein handfester Skandal, der eigentlich nicht folgenlos bleiben kann. Abseits von der offensichtlichen Manipulation ist jedoch auch die journalistische Schlagrichtung im Fall Achmetow mehr als bedenklich. Bis vor kurzem gehörte Achmetow für die westlichen Medien – wie selbstverständlich – zu den „bösen Oligarchen“, da er als enger Verbündeter des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch galt. Der Umstand, dass Achmetows wundersamer Aufstieg vom Bergarbeitersohn und Einzelhandelskaufmann zum reichsten Ukrainer von Entwicklungen begleitet war, die selbst für post-sowjetische Verhältnisse fragwürdig sind, spielt da schon keine Rolle mehr. Nun hat Achmetow offenbar Sorge, in der Ostukraine von den Separatisten vom Hof gejagt zu werden und seine milliardenschweren Stahl- und Kohlewerke zu verlieren. Daher spannt er seine Arbeiter als eine Art Privatarmee für seine Interessen ein. Und da seine Interessen in diesem Punkt zum Teil deckungsgleich mit den westlichen Interessen sind, gilt Achmetow in den westlichen Medien plötzlich als „guter Oligarch“. Welch wundersamer Wandel. Dabei eignet sich das Beispiel Achmetow vorzüglich, um den Niedergang der „Euro-Maidan-Revolution“ zu verdeutlichen. Anfangs gingen die Demonstranten für eine transparente Politik, die die Interessen der Bürger und nicht die Interessen der Oligarchen verflogt, auf den Maidan. Nun haben die Oligarchen die Bewegung übernommen und eine fragwürdige Person wie Achmetow, der noch vor wenigen Wochen auf dem Maidan als Ausgeburt der Hölle galt, wird zum Hoffnungsträger aufgebaut. Arme Ukraine, kann man da nur sagen.

  2. Europawahl
    1. Wenn die Parteien im Europa-Wahlkampf „Chancen“ schaffen wollen…
      Derzeit sind die Straßen und Plätze wieder voll mit Wahlplakaten, diesmal zur Europawahl. Wie üblich sind die inhaltlichen Aussagen bescheiden. CDU, SPD und FDP versprechen dort unter anderem „Chancen“ – auf den ersten Blick ein wohlklingender, vermeintlich nichtssagender Begriff wie viele andere auch. Und doch ein Begriff, bei dem ein zweiter Blick lohnt.
      Insgesamt sind es neun Wahlplakate, in denen die Parteien behaupten, den Menschen in Europa „Chancen“ zu verschaffen. Ich verzichte aus Urheberrechtsgründen auf bildliche Darstellungen an dieser Stelle, durch entsprechende Google-Recherchen und auf den Webseiten von CDU, SPD und FDP lassen sich die Plakate aber schnell finden.
      Quelle: masekenfall.de
    2. Die Parteien brauchen mehr Mut für eine Finanzmarktreform
      Angesichts der zentralen Rolle eines gesunden Finanzsystems für die Gesamtwirtschaft bleiben die Parteienvorschläge für Finanzmarktreformen in wichtigen Punkten schwach. Zu diesem Schluss kommen die Stiftung World Future Council (WFC) und die NGO Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED) in einer Auswertung der Europawahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Linken, Grünen, FDP und Piraten.
      Quelle: euractiv.de
    3. Wahlprogramme der Parteien zur Europawahl
      Quelle: abgeordnetenwatch.de
  3. Orwell 2.0
    1. Staat muss Grundrechte sichern
      Der Staat hat die Pflicht, die Bürger vor Verletzungen der Freiheitsrechte durch ausländische Geheimdienste zu schützen und deshalb deren Vorgehen zu unterbinden: Vor dem Untersuchungsausschuss, der den Spähskandal um den US-Nachrichtendienst NSA wegen der massenhaften Überwachung von Bürgern, Unternehmen und Politikern bis hin zu Kanzlerin Angela Merkel durchleuchten soll, erklärte der ehemalige Verfassungsgerichts-Präsident Hans-Jürgen Papier am Donnerstag, der Staat müsse für grundrechtswahrende informationstechnologische Strukturen sorgen.
      Wolfgang Hoffmann-Riem appellierte an die Regierung, in Brüssel das deutsche Interesse an wirksamen Regeln zum Datenschutz, etwa bei Verträgen der EU mit den USA, mit Nachdruck zur Geltung zu bringen. Diplomatische Leisetreterei reiche nicht aus, sagte der Ex-Verfassungsrichter.
      Aus Sicht des Mannheimer Rechtsprofessors Matthias Bäcker wird die Glaubwürdigkeit der Kritik an der NSA dadurch untergraben, dass der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) seinerseits im Ausland die Telekommunikation nahezu schrankenlos überwachen dürfe. Papier, Hoffmann-Riem und Bäcker waren nicht als Zeugen, sondern als Sachverständige geladen, die den NSA-Skandal unter dem Blickwinkel des hiesigen Verfassungsrechts erhellen sollten.
      Unter Verweis auf das Karlsruher Urteil zur Vorratsdatenspeicherung betonte Papier, dass hierzulande das Sammeln und Speichern von Daten ohne konkreten Verdacht auf schwere Straftaten im Einzelfall strikt untersagt sei. Eine Ausnahme gelte nur für die strategische Aufklärung durch den BND. Die Grundrechte der Bürger müssten vom Staat auch gegenüber ausländischen Einrichtungen geschützt werden, die in der Bundesrepublik in Freiheitsrechte eingriffen, erläuterte der Jurist. Ebenso dürften deutsche Stellen Daten, die ihnen von ausländischen Geheimdiensten überlassen werden, nur auf der Grundlage hiesigen Rechts nutzen. Gleiches gelte für die Übermittlung von hierzulande erfassten Daten an ausländische Nachrichtendienste, wobei der Staat dafür Sorge tragen müsse, dass die Nutzung dieser Erkenntnisse im Ausland nach deutschen Standards erfolge.
      Papier plädierte für schärfere Strafvorschriften im Fall von widerrechtlicher Datenausspähung. Sinnvoll wäre auch der Wechsel vom Tatortprinzip zum Schutzprinzip, so dass deutsches Recht auch bei der Verletzung von Grundrechten deutscher Bürger im Ausland greifen würde. Überdies solle man Telekommunikationsunternehmen eine konsequente Datensicherung auferlegen, und zwar auch Firmen mit Sitz im Ausland, die hierzulande tätig sind.
      Hoffmann-Riem unterstrich, dass der einzelne Bürger nicht in der Lage sei, den Schutz seiner freien Kommunikation durchzusetzen und dass es deshalb die Aufgabe des Staats sei, die Integrität informationstechnischer Systeme zu gewährleisten. Deshalb sei der Staat auch gefordert, wenn Ausländer in der Bundesrepublik gegen Gesetze verstießen, schließlich sei Spionage verboten. Beim Datenschutz fehle jedoch bislang die Bereitschaft, beklagte der ehemalige Karlsruher Richter, das Potenzial des Grundgesetzes voll zu nutzen. Aus Sicht des Sachverständigen steht beim Internet der Freiheitsschutz im Vordergrund. Allerdings stammten die entsprechenden Normen noch aus der Postkutschenzeit, nötig sei der Einbau eines globalen Grundrechtsschutzes in die Verfassung. Auf internationaler Ebene werde der Schutz einer freien Kommunikation nicht sehr effizient wahrgenommen, was etwa für Kontrollen durch die Vereinten Nationen gelte. In der EU leiste der britische Geheimdienste Widerstand, obwohl er an die Grundrechtsnormen der EU und des Europarats gebunden sei, monierte Hoffmann-Riem.
      Scharfe Kritik vor allem an der Auslandsaufklärung des BND äußerte Bäcker. Es sei kein erfreulicher Zustand, wenn der NSA das vorgeworfen werde, was dem BND erlaubt sei. Nach Auffassung des Wissenschaftlers ist die weitreichende Überwachung des Datenverkehrs im Ausland durch den deutschen Geheimdienst eigentlich rechtswidrig, da dieses Vorgehen im Prinzip unter deutsche Gesetze falle. Tatsächlich existierten für die Erfassung von Telekommunikationsdaten durch den BND im Ausland aber nahezu keine rechtlichen Hürden. Einschränkungen gebe es nur wegen der begrenzten technischen und personellen Kapazitäten des BND, so Bäcker.
      Quelle: Deutscher Bundestag
    2. Bundesregierung bestätigt Datentauschring von BKA, Europol, Interpol und US-Militär zu “identifizierten ausländischen Terroristen”
      Vor zwei Monaten war bereits berichtet worden, wie das US-Militär mithilfe von Interpol Datensammlungen einrichtet. Verarbeitet werden Informationen über “Aufständische” etwa im Irak und Afghanistan. Auch die EU-Polizeiagentur Europol und das Bundeskriminalamt (BKA) sind in diesen zivil-militärischen Datentausch eingebunden. Zunächst geht es darum, vom Militär gesammelte Informationen an internationale Behörden sowie an Europol zu verteilen. Allerdings werden bei den teilnehmenden Polizeien auch Anfragen vorgenommen, was diese über die Betroffenen gespeichert haben. Wurden etwa bei Europol “Bezüge zu Deutschland festgestellt”, sei jeweils eine Anfrage an das BKA über dort vorhandene, weitere Informationen erfolgt. Dies hatte die Bundesregierung bereits im März geschildert.
      Quelle: netzpolitik.org
    3. Juristen werfen BND Verfassungsbruch vor
      Ohrfeige für die Bundesregierung: Drei hochrangige Juristen – darunter zwei ehemalige Verfassungsrichter – werfen dem Bundesnachrichtendienst vor, gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Neue Gesetze müssten her. Und der Bau einer NSA-Abhörzentrale verhindert werden.
      Quelle: Süddeutsche
  4. IMK: Investitionsstau bedroht Wachstum – Netto-Investitionen der Euro-Staaten 2013 erstmals im Minus
    2013 lagen die öffentlichen Investitionen der Euro-Staaten erstmals niedriger als die Abschreibungen. Europas Staaten zehren also von der Substanz – so wie Deutschland seit 2003. Damit vergeben sie die beste Chance, aus der Krise herauszuwachsen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, das europäische Statistikdaten ausgewertet hat.
    Der übrige Euroraum hat mit Deutschland gleichgezogen – in einer unrühmlichen Hinsicht: Die durchschnittlichen Nettoinvestitionen der Euro-Staaten sind unter die Nulllinie gerutscht. Das geht aus einer aktuellen Berechnung des IMK hervor. Damit sind die anderen Teilnehmer der Währungsunion auf den deutschen Kurs eingeschwenkt, kommentiert Dr. Katja Rietzler, IMK-Expertin für Finanzpolitik.
    In Deutschland reichen die für Infrastruktur bereitgestellten Mittel schon seit 2003 nicht mehr aus, um wenigstens den Verschleiß an Straßen oder Gebäuden auszugleichen. Technisch formuliert: Die Abschreibungen sind höher als die Bruttoinvestitionen, die Nettoinvestitionen also negativ. Seit 2009 geht es nun auch in der restlichen Währungsunion steil bergab. 2013 war der ganze Euroraum, selbst ohne Deutschland, zum ersten Mal im Minus. Im Vergleich zu 2009 sind die Nettoinvestitionen im Euroraum insgesamt um 73 Milliarden Euro zurückgegangen. Dies sei die direkte Folge der nicht zuletzt von der deutschen Regierung eingeforderten Sparprogramme, erklärt Rietzler.
    Dabei beraube sich die Politik des wirkungsvollsten Instruments, Europas Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und die Massenarbeitslosigkeit im Süden zu bekämpfen, sagt die Wissenschaftlerin. Über 100 internationale Untersuchungen hat das IMK kürzlich ausgewertet. Diese ökonomischen Studien zeigten deutlich, wie öffentliche Investitionen das Wachstum anregen: Wenn der Staat einen Euro investiert, steige die Wirtschaftsleistung insgesamt um 1,30 Euro bis 1,80 Euro. Der Effekt von Steuersenkungen ist nach IMK-Expertisen dagegen deutlich geringer.
    Als nicht nur nutzlos, sondern nachweislich schädlich betrachtet Rietzler die von der EU verordnete Austeritätspolitik: “Der brachiale Sparkurs in den europäischen Krisenländern ist gescheitert.” Wenngleich regelmäßig von wachstumsfreundlicher Konsolidierung die Rede sei, fielen die Investitionen der Sparpolitik meist zuerst zum Opfer. Das gelte im übrigen Euroraum wie in Deutschland. Hätte man hierzulande seit 2003 wenigstens den Substanzverlust ausgeglichen, könnte das Bruttoinlandsprodukt heute um 30 bis 50 Milliarden Euro höher liegen.
    Entsprechend urteilt das IMK: “Bei einem ganz zentralen Problem des Landes, nämlich dem in über einem Jahrzehnt aufgelaufenen Investitionsstau”, bleibe auch die schwarz-rote Regierungskoalition bislang eine Lösung schuldig. Mit einem klaren Kurswechsel würde Deutschland nach Ansicht der Wirtschaftsexperten aber nicht nur sich selbst, sondern auch anderen Euro-Ländern einen Dienst erweisen. Und zwar in zweifacher Hinsicht: durch eine Stärkung der europäischen Binnennachfrage sowie als nachahmungswürdiges Vorbild.
    Quelle 1: IMK

    Quelle 2: Infografik zum Download im Böckler Impuls

  5. Hinter verschlossenen Türen
    Geheimniskrämerei – welche Geheimniskrämerei? Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versteht nicht, was die vielen Kritiker der geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada umtreibt. „Die Heimlichkeit ist einer der Mythen, die über die Verhandlungen genährt werden“, betonte Merkels Sprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.
    Wirklich? Vertrauliche Regierungsdokumente, die der Frankfurter Rundschau vorliegen, ergeben ein anderes Bild. Es handelt sich um interne Berichte, in denen die Ständige Vertretung, eine Art Botschaft der Bundesrepublik in Brüssel, über Verhandlungen mit der EU-Kommission und den anderen EU-Ländern berichtet. Und um Anweisungen, die sie von Berlin für diese Verhandlungen erhält. Daraus wird deutlich: Nicht nur die Öffentlichkeit, Nichtregierungsorganisationen und Oppositionsparteien, die Gewerkschaften und Umweltverbände fühlen sich schlecht informiert. Nicht einmal die Bundesregierung weiß Bescheid, was die EU-Kommission so genau treibt. Und hinter verschlossenen Türen beklagt sie das deutlich.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  6. Europäischer Gerichtshof – Deutschland darf EU-Ausländern Hartz-IV verweigern
    Deutschland muss Zuwanderern aus der EU kein Hartz-IV zahlen, wenn sie nur wegen der Sozialleistungen ins Land kommen. Diese Einschätzung eines Gutachters könnte den Prozess am Europäischen Gerichtshof entscheiden… Diese Ansicht hat am Dienstag ein wichtiger Gutachter beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vertreten. Damit könne der Staat Missbrauch und „eine gewisse Form von Sozialtourismus“ verhindern und die Systeme vor Überlastung schützen, schreibt der Generalanwalt des höchsten EU-Gerichts in Luxemburg…
    Zulässig sei dies nach europäischem Recht für EU-Bürger, die ausschließlich nach Deutschland kämen, um Sozialhilfe zu beziehen oder einen Job zu suchen. Der Gutachter bestätigt damit eine zentrale Regel im deutschen Sozialgesetzbuch über den Ausschluss von EU-Zuwanderern von Hartz-IV-Leistungen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung WL: Siehe dazu nochmals Helga Spindler „Warum ist eigentlich die Zuwanderung direkt in ein soziales Fürsorgesystem in Europa und in Deutschland so unklar und missverständlich geregelt?“

  7. Debatte über Sozialmissbrauch: Merkel entdeckt den Seehofer in sich
    Horst Seehofer und seine CSU werden die Worte der Kanzlerin mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. “Die EU ist keine Sozialunion”, sagt Angela Merkel. Das ist so etwas wie die Light-Version dessen, was die Schwesterpartei vor einigen Wochen zum angeblich massenhaften Sozialmissbrauch durch zugewanderte EU-Bürger verbreitete. “Wer betrügt, der fliegt”, so klang das bei der Schwesterpartei.
    Merkel war die Schärfe im Ton damals unangenehm. Kurz vor der Europawahl aber beginnt auch sie zu seehofern – auf ihre Art. Vor einer Woche im “FAZ”-Interview ging das zwischen ziemlich viel Ukraine und Russland noch unter. Also legt die Kanzlerin mit Bedacht nach. “Wir wollen Hartz IV nicht für EU-Bürger zahlen, die sich allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten”, sagt sie der “Passauer Neuen Presse”.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JK: Wo Merkel recht hat, hat sie recht. Dass aus Merkels Perspektive die EU keine Sozialunion ist können die Bürger Spaniens, Portugals und Griechenlands bestimmt sofort unterschreiben. Abgesehen davon geht es politisch natürlich kaum schäbiger. Wieder werden den Bürgern Sündenböcke präsentiert um von den Folgen der “marktkonformen” Demokratie, oder anders ausgedrückt, vor den Folgen eines brutales Lohn- und Sozialdumping zur Stärkung der exportorientierten Industrie, abzulenken, die Merkel ja in der ganzen EU durchsetzen will. So greift die reine Empörung der Opposition und die Unterstellung reinen wahltaktischen Kalküls zu kurz. Merkel wollte nie ein soziales Europa, sondern eine EU in der die Interessen der herrschenden Eliten im Vordergrund stehen. Klugerweise Positioniert sich Merkel nie öffentlich dazu. Hierzu findet man beim Bauchredner der ökonomischen Eliten, Hochwürden Gauck, dann die entsprechenden Statements.

    Anmerkung H.R.: Die Bundeskanzlerin hat “Angst” als Wahlkampfthema erkannt. Missbrauch müsse bekämpft werden; da waren sich auch in der ARD-Sendung “Anne Will” alle einig: Glühbirnen-Verbot und Euro-Rettung – Was hat uns Europa in den vergangenen Jahren gebracht?
    Zurecht wies Frau Wagenknecht (ab ca. 06:30 und ca. 08:10 min) u.a. auf die realen Arbeitsverhältnisse hin, die in der Tat das eigentliche Problem für die Erzeugung von Ängsten darstellen und hat einen passenden Vergleich zum Missbrauch durch Steuerhinterziehung (ca. 160 Milliarden Euro pro Jahr!) angestellt.
    Das verdeutlicht: Ein Missbrauch durch zugewanderte EU-Bürgerinnen und Bürger ist der Rede nicht wert – der durch Steuerhinterziehung existiert jedoch in einem enormen Ausmaß. Leider unternimmt auch diese Merkel-Regierung kaum etwas bzw. nichts zur Bekämpfung von realen, sich finanziell sehr stark auswirkenden Missbrauch.

  8. Ein dickes Knie für die Wettbewerbsfähigkeit
    Der Niedriglohnsektor ist nur die besonders dunkle Seite des deutschen »Arbeitsmarktwunders«. Es gibt auch Arbeitnehmer, die nicht unterhalb des Existenzminimums verdienen und trotzdem arm dran sind.
    Unterhalb des Knies baut sich eine Art zweite Kniescheibe auf. Der Arzt sagte ihm, dass das Knochensubstanz sei, die sich dort absetze. Und er erklärte außerdem, dass man das operieren müsse. Aber mein Vetter sagte »Nein«, momentan gehe es nicht. Er arbeite nämlich seit mehr als einem Jahr über den Umweg eines Leiharbeitgebers in einem großen Automobilwerk und erhofft sich endlich eine Festanstellung. Bislang verlängerte man nur immer seinen Vertrag vierteljährlich. Und bei Krankheit, sagte er mir am Wochenende, geben Leihfirma und Entleiher ihren Arbeitern zwei Wochen. Dauert es länger, erfolgt die Kündigung. Ein Kollege von ihm hatte einen Bandscheibenvorfall und sollte operiert werden. Man hat ihm gleich gesagt, dann müsse er mit der Kündigung rechnen.
    Quelle: Neues Deutschland
  9. Rentenreform beginnt am Arbeitsmarkt
    Die diskutierten Rentenreformen allein werden Altersarmut nicht verhindern können. Um Beschäftigte künftig vor zu niedrigen Renten zu schützen, müssten auch der Arbeitsmarkt neu geordnet und das Rentenniveau neu diskutiert werden.
    Quelle: Böckler-Stiftung
  10. Jedes vierte Kind im Ruhrgebiet ist arm
    Während die Kinderarmut bundesweit in den vergangenen sieben Jahren langsam abgenommen hat, bleibt die Lage im Ruhrgebiet prekär: 2013 lebte jedes vierte Kind in materieller Armut. Die Daten zu diesen Befunden und veranschaulichendes Kartenmaterial stellte Thomas Groos vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum zusammen. Grundlage der Berechnungen sind Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2013.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw)
  11. 1 Million Euro seit der Bundestagswahl: Gauweiler veröffentlicht neue Nebeneinkünfte
    Seit November hat der Abgeordnete Peter Gauweiler an keiner namentlichen Abstimmung teilgenommen, auch sonst ist er im Bundestag wenig aktiv. Um einiges ernster nimmt der CSU-Politiker seine Nebentätigkeit: Bereits in den ersten Monaten der Legislaturperiode hat er als Anwalt rund 1 Million Euro nebenher verdient – wahrscheinlich sogar sehr viel mehr.
    Quelle: abgeordnetenwatch.de
  12. Über fünf Millionen Studienanfänger bis 2025 kosten 27 Milliarden Euro extra für die Hochschulen
    Nach neuen Berechnungen des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) wird die Zahl der Studienanfänger und -anfängerinnen von gut 506.000 im vergangenen Jahr auf 406.500 im Jahr 2025 sinken. „Noch vor wenigen Jahren, 2011, haben die Studienanfängerzahlen in Deutschland ein historisches Hoch erlebt. Nachdem sich auch im vergangenen Jahr über eine halbe Million Erstsemester an den Hochschulen eingeschrieben haben, werden die Zahlen in den kommenden Jahren geringer. In den nächsten rund zehn Jahren sinken die Studienanfängerzahlen um ein Fünftel,“ sagt Dr. Dieter Dohmen, der Direktor des FiBS. „Vergleicht man diese Zahlen mit der Anfang Mai veröffentlichten KMK-Prognose, dann liegen unsere Berechnungen um rund zehn Prozent darunter.“ Der Bildungsökonom ist sich sicher, dass die neuen Erkenntnisse erhebliche Implikationen für den nächsten Hochschulpakt haben. „Bund und Länder müssen jetzt neu verhandeln: Für den laufenden Hochschulpakt müssen einerseits insgesamt über 500.000 zusätzliche Erstsemesterplätze finanziert werden, andererseits benötigen die Hochschulen im Zeitraum bis 2025 über 27 Milliarden Euro extra, wenn die Studienberechtigten auch in den kommenden Jahren gute Möglichkeiten zur Aufnahme und Durchführung eines Studiums haben sollen.“…
    …“ Nach unseren Berechnungen beträgt die fiskalische Rendite eines Hochschulstudiums 26 Prozent. Das heißt, dass Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen erheblich von der hohen Nachfrage nach Studienplätzen und einem erfolgreichen Studienabschluss profitieren. Schließlich ist die Arbeitslosenrate unter Akademikern und Akademikerinnen von 2,4 Prozent extrem niedrig.“
    Einen so genannten Akademisierungswahn erkennt der Bildungsexperte jedoch nicht. Angesichts solcher Diskussionen verweist er vielmehr auf weitere, zeitgleich anstehende Herausforderungen für die Bildungspolitik: „Es gibt Handlungsfelder, wie etwa das Ausbildungssystem, die ebenso angegangen werden sollten. Damit dieser Studien-Boom, der für den Bedarf an Höchstqualifizierten im Arbeitsmarkt wichtig ist, nicht zu Problemen im Ausbildungssystem führt, müssen beispielsweise massive Anstrengungen unternommen werden, das Bildungsniveau insgesamt zu verbessern und unter Anderem die Zahl der funktionalen Analphabeten zu reduzieren. Schließlich verlässt derzeit jeder fünfte Jugendliche in Deutschland die Schule, ohne richtig lesen, schreiben und rechnen zu können, und findet deshalb keinen Ausbildungsplatz. Es wäre ein Armutszeugnis für das Land der Dichter und Denker, für unser Bildungssystem mit den vielen Reformen in den letzten Jahren, wenn es nicht gelänge, diesen Anteil deutlich zu reduzieren und damit die Teilhabe an der Gesellschaft aller zu ermöglichen. Darüber hinaus werden alle jungen Menschen auch als qualifizierte Beschäftigte gebraucht. Zudem sind Unternehmen und Wirtschaftsverbände gefordert, das Ausbildungssystem so weiterzuentwickeln, dass es auch für Abiturientinnen und Abiturienten noch attraktiver wird“.
    Quelle: FiBS


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