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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 31. Oktober 2014 um 9:05 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/WL/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Arbeitskampf/Tarifeinheit
  2. Chronik eines angekündigten Exzesses
  3. Neue Militärdoktrin: Russland pumpt sich auf
  4. Bankenabwicklung: Mehr Wunsch als Wirklichkeit
  5. Abkommen gegen Steuerhinterziehung: „Vermögen verbergen ist leicht“
  6. Weiter steigende Erwerbstätigkeit im September 2014
  7. Transatlantischer Sozialabbau
  8. Revidierte Beschäftigungsstatistik und Rente -»Jo-Jo-Effekt« beim Anpassungssatz
  9. Sozialgericht erweitert Anspruch auf Hartz IV
  10. Scharfe Kritik an Dobrindts Maut-Gesetz “Ökonomisch und ökologisch sinnlos”
  11. „Kosteneffizient bleiben?“ Erster Kommentar zum Grünbuch des BMWi
  12. Deutschland verweigert Zustimmung zu UN-Resolution über Uranmunition
  13. Mythos Trümmerfrau: Den Kriegsschutt räumten andere weg
  14. On Realism, Old and New
  15. 12. Studierendensurvey veröffentlicht
  16. Wo sind die festen Stellen?
  17. ABS-Gutachten: Studiengebühren für ausländische Studierende rechtswidrig

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Arbeitskampf/Tarifeinheit
    1. Arbeitgeber loben Nahles’ Gesetzentwurf
      Die deutschen Arbeitgeber begrüßen den Gesetz-Entwurf von Arbeitsministerin Nahles zur Tarifeinheit. „Das Risiko, jederzeit einem Arbeitskampf durch kleine Gewerkschaften ausgesetzt zu sein, würde langfristig die Tarifautonomie gefährden“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeber, Ingo Kramer. Auch die Metall-Arbeitgeber sprachen von einem „wichtigen Schritt zur Sicherung der Tarifautonomie“. Die BDA war mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund an der Ausarbeitung des Gesetzes beteiligt.
      Der Deutsche Beamtenbund (dbb) wirft Arbeitsministerin Andrea Nahles vor, das Streikrecht einschränken zu wollen. Der von Nahles vorgelegte Gesetzentwurf zur „Tarifeinheit“ verlagere alle problematischen Fragen von der Gesetzgebung auf die Rechtsprechung, erklärte der dbb-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt: „Wenn man die wahren Absichten, Streikrechte zu begrenzen und Organisationsfreiheit aller Berufe zugunsten von Einheitsgewerkschaften einzuengen, hinter Formalitäts-Regelungen verbirgt, zeugt das von politischer Feigheit.“ Die Koalition „kneift vor den unerlässlichen Konkretisierungen“, was Betrieb und Mitgliederstärke bedeuteten.
      Nahles Gesetzentwurf, über den die Frankfurter Allgemeine Zeitung zuerst berichtet hat, sieht eine neue Mehrheitsregel vor, die stärkere Anreize für eine friedliche Lösung von Streitigkeiten zwischen konkurrierenden Gewerkschaften schaffen soll. Mit dem Entwurf soll sich das Bundeskabinett am 3. Dezember befassen.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung JK: Es gibt ja das aus dem griechischen stammende Sprichwort, Zeige mir deine Freunde und ich sage dir wer du bist. Dieses wurde angesichts obiger Schlagzeile offenbar für Nahles und die SPD erfunden. Oder anders gefragt: Macht Nahles durch die Einschränkung des Streikrechtes den Noske? Wer mit dem Sozialdemokraten Gustav Noske nichts anfangen kann, das war der Mann, der im Verlauf der Novemberrevolution am Ende des 1. Weltkrieges, die revolutionäre Arbeiterschaft durch rechte Freikorps massakrieren lies. Die Morde an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gehen so auch auf das Konto von Noske und der SPD. Im historischen Kontext war das der Verrat der Revolution an die alten Eliten des Kaisserreiches durch die SPD. Spätestens nach dem kompletten Verrat ihrer Ideale durch die Agenda 2010 hat die SPD offenbar ihre Bestimmung als Erfüllungsgehilfin der herrschenden Eliten gefunden. Da ist die Gesetzesinitiative zur Einschränkung des Streikrechtes nur konsequent.

    2. Kleingewerkschaften kommen an die Kette
      Ein kurzes Statement, keine Nachfragen möglich. So präsentierte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihr “Tarifeinheitsgesetz”. Wobei “präsentiert” nicht unbedingt das richtige Wort ist. Die Sozialdemokratin warb zwar am Dienstag für ihren Entwurf, der am 3. Dezember vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Aber sie legte ihn nicht vor. Ein klassischer Cliffhanger.
      Man verstehe durchaus das Interesse, allerdings sei “der von der Ministerin angekündigte Referentenentwurf nicht öffentlich”, beschied eine Ministeriumssprecherin die taz. “Wir können Ihnen den Entwurf zum jetzigen Zeitpunkt daher auch nicht zur Verfügung stellen.” Wohl aus gutem Grund, wie die Lektüre des Papiers zeigt, das der taz inzwischen trotz der Verweigerung des Arbeitsministeriums vorliegt. Denn anders als von Nahles behauptet dient ihr Entwurf keineswegs der “Verabredungskultur” und gibt alles andere als “Anreize” zu einer gütlichen Einigung zwischen konkurrierenden Gewerkschaften – zumindest nicht für die größere.
      Quelle: taz
    3. Arbeitskampf der Piloten: Streiks kosten Lufthansa 170 Millionen Euro
      Der Dauerstreit mit den Piloten kommt die Lufthansa teuer zu stehen. Laut Konzern liegen die Kosten für Streiks bisher bei 170 Millionen Euro. Auch die schwache Konjunktur macht dem Unternehmen zu schaffen.
      Teure Pilotenstreiks und eine schwächelnde Weltwirtschaft machen der Lufthansa die Geschäfte schwer. Für das laufende Jahr seien bisher Streikkosten von 170 Millionen Euro angefallen, gab der Konzern bei Veröffentlichung seiner Geschäftserbnisse bekannt.
      Trotzdem peilt die Lufthansa für das Gesamtjahr weiter einen operativen Gewinn von rund einer Milliarde Euro an – allerdings unter der optimistischen Annahme, dass es keine weiteren Streiks bis zum Jahresende gibt. Falls noch weiter gestreikt würde, hätte das Einfluss auf die Prognose für dieses Jahr, sagte Finanzchefin Simone Menne. 849 Millionen Euro hat das Unternehmen bereits in den ersten neun Monaten verdient. […]
      Doch nicht nur die Arbeitsniederlegungen machen der Lufthansa zu schaffen. Auch die schwache Wirtschaftsentwicklung trübt den Ausblick. Für das kommende Jahr musste das Unternehmen deshalb schon zum zweiten Mal seine Gewinnprognose senken. Statt bis zu zwei Milliarden Euro operativen Gewinn werde neu für 2015 nur noch ein Ergebnis “deutlich über dem diesjährigen” erwartet, teilte der Konzern mit.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Mir kommen die Tränen: nur eine knappe Milliarde Euro operativer Gewinn in diesem und über eine Milliarde Euro im nächsten Jahr – das wird doch hoffentlich die Boni der Vorstände nicht negativ beeinflussen? Die 170 Millionen Euro Kosten für den Pilotenstreik hat sich die Lufthansa selbst eingebrockt, indem sie den Tarifvertrag zum vorgezogenen Ruhestand einseitig gekündigt hat – wie man an den Gewinnprognosen sieht, ohne jede Not. Im Übrigen sind auch alle “Sonderopfer”, die den anderen Lufthansa-Beschäftigten abgepresst wurden, nicht einmal betriebswirtschaftlich notwendig, sondern lediglich der Gier der Aktionäre und/oder des Managements geschuldet. Die Begründung für die deutlich gesenkte Gewinnprognose für 2015 ist übrigens interessant: “die schwache Konjunktur”. Ja, woher kann die nur kommen? Mit zu wenig Nachfrage wegen der zu niedrigen Löhne und Sozialleistungen hat das natürlich nichts zu tun…

    4. Wut in der GDL – Weselsky “will nur sein Ego befriedigen”
      […] Olaf Schulz-Arimond gehört zu jenen Weselsky-Kritikern, die die Amtsführung ihres Chefs rundweg ablehnen. „Es tut mir in der Seele weh, wie wir Lokführer zu Buhmännern der Nation werden“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. „Gehen Sie mal in Dienstkleidung über den Bahnsteig, was Sie da zu hören bekommen von den Reisenden, das haben wir nicht verdient.“ Schuld daran trage die kompromisslose Haltung der GDL-Spitze.
      Quelle: WAZ

      Anmerkung JB: Die Medienkampagne gegen die GDL wirkt. Schuld an der mangelnden Solidarität der Bahnreisenden ist doch wohl nicht die GDL-Spitze, sondern die beispiellose Kampagne der Medien. Sollte Weselsky nun über diese Kampagne stürzen, dürfte dies für das mediale „Union-Busting“ eine echte Erfolgsmeldung sein, die sicher zur Nachahmung in kommenden Arbeitskämpfen animiert.

    5. Tarifeinheit in Deutschland – Weselsky hat es übertrieben
      Wäre nicht Claus Weselsky gewesen, das Gesetz zur Tarifeinheit wäre jetzt womöglich nicht gekommen. Zu schwer tun sich Gewerkschaften und Politik damit, zu sehr wird mindestens indirekt das Streikrecht eingeschränkt. […]
      Gewerkschaften in Deutschland waren und sind grundsätzlich kooperativ, die Arbeitgeber auch. Aber Lokführer […] könnten es jederzeit anders handhaben. Der Missbrauchsmöglichkeit wird nun ein gewisser Riegel vorgeschoben.
      Quelle: Lausitzer Rundschau via „fuldainfo“

      Anmerkung JB: Claus Weselsky ist also daran schuld, dass die Große Koalition nun den kleinen Gewerkschaften das Genick brechen will? Das erinnert mich irgendwie an die Argumentation, dass eine Frau im Minirock doch selbst daran schuld sei, dass sie vergewaltigt würde. Geht es noch unredlicher?

  2. Chronik eines angekündigten Exzesses
    Auf den Gewaltexzess von Hooligans aus ganz Deutschland am vergangenen Sonntag war die Polizei nicht ausreichend vorbereitet. Sie hat die radikale Szene unterschätzt – und Hinweise auf Ausschreitungen offenbar ignoriert.
    Schon seit längerer Zeit hatten sich die aus ganz Deutschland angereisten Hooligans über das Internet organisiert – mit dem Ziel, „etwas gegen Salafisten zu tun“. Zunächst geschah dies in einem nichtöffentlichen Internetforum mit dem Titel: „Deutsche, die sich was trauen“. Rund 120 Teilnehmer hetzten dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen alles Muslimische in Deutschland. Als das Internetforum Anfang des Jahres von Unbekannten gehackt und Inhalte daraus veröffentlicht wurden, flogen die Initiatoren der Gruppe auf: Sie kamen aus dem Hooliganmilieu in Baden-Württemberg, von wo aus am Sonntag viele Gewalttäter nach Köln gereist waren.
    Erst nachdem das Hooligan-Netzwerk öffentlich wurde, entschlossen sich deren Teilnehmer als Initiative „Hooligans gegen Salafisten“ auf die Straße zu gehen – in Essen, Mannheim und Frankfurt. In Dortmund demonstrierten Ende September schließlich 350 Hooligans und wurden von der Polizei eher mit Gelassenheit beobachtet. Für die Hooligans waren die Treffen eine Form der Selbstvergewisserung – eine Antwort auf die Frage, ob die Zusammenkunft von gewaltgeneigten Fans aus ursprünglich verfeindeten Lagern gelingen kann. Schon bei diesen Treffen war klar, dass die Hooligans mehr wollten. Das sprachen einige der Hooligans in Dortmund laut aus, später auch im Internet, für jedermann lesbar.
    Bis zu den Ausschreitungen in Köln bekannten sich allein in dem sozialen Netzwerk Facebook rund 40.000 Nutzer zu der Initiative, 7000 Nutzer zeigten Interesse, an der Demonstration in Köln teilzunehmen. Am Donnerstag vor der Demonstration wurde die Gruppe von Facebook geschlossen. Über interne Foren läuft die Kommunikation seither trotzdem weiter. Die für gewöhnlich gut informierten Antifa-Gruppen warnten, dass Köln vor dem seit Jahren größten Aufmarsch von Rechtsextremen in Westdeutschland stehe.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Tja, das hörte sich beim NRW-Verfassungsschutzchef Burkhard Freier aber ganz anders an:

    WDR: Die Polizei scheint richtig überrascht worden zu sein von der Masse dieser jungen Männer und auch von der Massivität der Gewalt. Sie auch?
    Freier: Nein, weder ich noch die Polizei waren überrascht, so kann man das nicht sagen, wir hatten die Erkenntnisse vorher, sowohl die Polizei als auch der Verfassungsschutz, (…)

    Eigentlich gibt es nur zwei Erklärungen und beide sind nicht besonders schmeichelhaft für den Verfassungsschutz. Entweder der Verfassungsschutz wurde wirklich überrascht, dann muss man sich fragen für was Freier und Kollegen unsere Steuergelder bekommen? Oder man hat die Warnungen bewusst ignoriert, dann ist Freier in einem demokratischen Rechtsstaat nicht mehr tragbar.

    passend dazu: Wer die Rechten beim falschen Namen nennt …
    Die Neonazis und Rechtsextremen, die am Wochenende gegen den Salafismus wüteten, fanden in den Medien lediglich als »Hooligans« statt. Klar, diese Kundgebung fand unter diesem Namen statt. Aber muss man das kopieren? Von der NPD spricht doch auch keine Sau von »Nationaldemokraten«.
    Quelle: Neues Deutschland

  3. Neue Militärdoktrin: Russland pumpt sich auf
    Moskau provoziert wie im Kalten Krieg: mit Kampfbombern und Interkontinentalraketen. So stimmt Russland die Welt auf seine neue Militärdoktrin ein – wie zu Sowjetzeiten werden USA und Nato als strategische Gegner benannt.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung JB: Keine Frage, das Manöver der russischen Streitkräfte war ein unfreundlicher Akt. Aber wie freundlich waren eigentlich die NATO-Manöver, die in diesem Jahr in der Ukraine abgehalten wurden? Wie freundlich war das Seemanöver der USA und anderer Staaten im Schwarzen Meer, als die Krim-Krise gerade kochte? Wie freundlich war es, dass die USA während der Olympischen Winterspiele in Sotschi einen Marineverband im Schwarzen Meer „parkten“ – angeblich, um die amerikanischen Olympioniken zu beschützen? Es hat übrigens auch schon weitaus brisantere „Übungen“ von Drittstaaten gegeben, bei denen auch deutsche Truppen „zu Übungszwecken“ ins Visier genommen wurden – beispielsweise 2006, als israelische Kampflugzeuge mit scharfer Munition an deutschen Marineeinheiten „übten“. Die Aufregung der Medien hielt sich damals jedoch in Grenzen.

  4. Bankenabwicklung: Mehr Wunsch als Wirklichkeit
    Europas Regierungen wollen Banken abwickeln, scheuen sich aber vor den Konsequenzen. Das neue System wird daher nicht funktionieren.
    Glaubt man der Bundesregierung, wird in Zukunft alles anders: Banken, die bisher mit Geldern aus der Staatskasse gerettet wurden, sollen zukünftig zulasten der Eigentümer und Gläubiger abgewickelt werden. Zur Not soll ein bankenfinanzierter Rettungsfonds einspringen. Was in der Theorie gut klingt, hat in Wahrheit ziemliche Schwächen.
    Wäre es so einfach Eigentümer und Gläubiger für eine Bankpleite heranzuziehen, bräuchte man keine besondere Regelung. Denn Banken sind Unternehmen und für Unternehmen gibt es längst ein entsprechendes Insolvenzrecht. Tatsächlich sind Banken besondere Unternehmen, denn sie leben vom Vertrauen und sind an sich instabil. Sobald eine Bank dieses Vertrauen verliert, werden ihre Geldgeber in Scharen davonlaufen und die Bank kann zumachen. Umso größer die Bank war, umso größere Verluste stehen plötzlich im Raum und Panik greift um sich. Weil nur die Regierung oder die Zentralbank letztlich den Zusammenbruch des Finanzsystems verhindern kann, werden diese erpressbar und eher zu früh als zu spät zu teuren Bankenrettungsmaßnahmen genötigt.

    • Erster Konstruktionsfehler: Die Banken sind nach wie vor zu groß, zu komplex und zu vernetzt
    • Zweiter Konstruktionsfehler: Es fehlt an verbindlicher internationaler Kooperation
    • Dritter Konstruktionsfehler: Umständliche Entscheidungsmechanismen
    • Vierter Konstruktionsfehler: Der Abwicklungsfonds melkt deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken

    Quelle: Axel Troost

  5. Abkommen gegen Steuerhinterziehung: „Vermögen verbergen ist leicht“
    taz: Mehr als 50 Staaten haben ein Abkommen gegen Steuerhinterziehung unterschrieben. Sie wollen jährlich Daten über Auslandskonten ihrer Staatsbürger austauschen. Haben Millionäre dann immer noch die Möglichkeit, Kapital vor den heimischen Finanzämtern zu verstecken?
    Markus Meinzer: Ja. Beispielsweise Kapitalbesitzer aus Entwicklungs- und Schwellenländern werden auch weiterhin auf der sicheren Seite sein. Denn diese Staaten dürfen teilweise nicht am Datenaustausch teilnehmen. Ihre Steuerbehörden sind nicht effektiv genug, um ausländischen Finanzämtern ausreichende Informationen zur Verfügung zu stellen. Deshalb bekommen sie selbst keine – wegen des Prinzips der Gegenseitigkeit. Etwa Bürger Tansanias können also in der Schweiz weiterhin ihr Geld bunkern.
    taz: Aber reiche Deutsche, Franzosen und Briten müssen ihre Einnahmen künftig legal versteuern?
    Markus Meinzer: Die können Schlupflöcher im Abkommen nutzen. Denn unter den Datenaustausch fallen nur sogenannte passive Briefkastenfirmen, Stiftungen und Trusts, die keine aktive Geschäftstätigkeit nachweisen. Es ist aber nicht schwer, irgendwelche Beratungstätigkeiten zu fingieren und dadurch weiterhin Vermögen vor dem heimischen Finanzamt zu verbergen. Außerdem müssen die Staaten nur über solche Firmen berichten, bei denen ein Eigentümer mehr als 25 Prozent der Anteile besitzt. Teilt also eine Familie ihr hinterzogenes Kapital auf vier Personen auf, fliegt sie unter dem Radar des Abkommens durch.
    Quelle: taz
  6. Weiter steigende Erwerbstätigkeit im September 2014
    Im September 2014 waren nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 42,9 Millionen Personen mit Wohnort in Deutschland erwerbstätig. Gegenüber September 2013 erhöhte sich die Zahl der Erwerbstätigen um 387 000 Personen. Damit blieb die Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr wie in den Monaten Mai bis August stabil bei 0,9 %. Erwerbslos waren im September 2014 rund 2,09 Millionen Personen, 108 000 weniger als ein Jahr zuvor.
    Nach vorläufigen Ergebnissen der Erwerbstätigenrechnung erhöhte sich die Zahl der Erwerbstätigen im September 2014 gegenüber dem Vormonat August 2014 infolge der beginnenden Herbstbelebung um 191 000 Personen oder 0,4 %. Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre war der Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen im September im entsprechenden Vormonatsvergleich mit 212 000 Personen etwas höher gewesen. Saisonbereinigt, das heißt nach rechnerischer Ausschaltung der üblichen jahreszeitlich bedingten Schwankungen, nahm die Erwerbstätigenzahl im September 2014 gegenüber dem Vormonat geringfügig um 19 000 Personen zu.
    Neben der Erstberechnung der Erwerbstätigenzahl für den Berichtsmonat September 2014 wurden auch die vorläufigen monatlichen Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit für das Jahr 2014 neu berechnet. Hierbei wurden alle zum jetzigen Berechnungszeitpunkt zusätzlich verfügbaren erwerbsstatistischen Quellen einbezogen. Aus der Neuberechnung resultierten für die monatlichen Erwerbstätigenzahlen Vorjahresveränderungsraten, die maximal um 0,2 Prozentpunkte von den bisher veröffentlichten Ergebnissen nach oben abweichen.
    Nach Ergebnissen der Arbeitskräfteerhebung lag die Zahl der Erwerbslosen im September 2014 bei 2,09 Millionen Personen. Im Vergleich zum September 2013 nahm sie um 108 000 Personen oder 5,0 % ab. Bereinigt um saisonale und irreguläre Einflüsse, betrug die Zahl der Erwerbslosen 2,14 Millionen Personen. Die bereinigte Erwerbslosenquote betrug 5,0 %.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Anmerkung WL: Regelmäßig „erfreut“ uns das Statistische Beschönigungsamt mit neuen Rekordzahlen über die Erwerbstätigkeit in Deutschland. Interessanter wäre allerdings die Entwicklung des Arbeitsvolumens und wie die Arbeit auf die Erwerbstätigen verteilt ist. In der Tabelle von Anfang dieses Jahres zeigt sich in der langen Zeitreihe, dass das Arbeitsvolumen der beschäftigten Arbeitnehmer (also der nicht selbstständig Erwerbstätigen) seit 1991 von 51,768 Millionen Stunden auf 48.779 Millionen Stunden im Jahre 2012 verringert hat. Das Arbeitsvolumen der Vollzeitbeschäftigten hat sich im gleichen Zeitraum von 47.635 Millionen Stunden auf 39.974 Millionen Stunden verringert, während sich das Arbeitsvolumen der Beschäftigten in Teilzeit von 3.818 auf 8.093 Millionen Stunden erhöht hat. Das heißt in der Tendenz, dass sich das Arbeitsvolumen auf mehr Köpfe verteilt hat und vor allem die Teilzeitarbeit erheblich angestiegen ist. (Siehe die lange Zeitreihe ab 1991)

    passend dazu: Arbeitsmarkt im Oktober 2014

    • 5,014 Millionen “Arbeitslosengeld-Empfänger/innen” (SGB III und SGB II)
    • 4,314 Millionen Arbeitslosengeld II-Empfänger/innen – 51.000 (1,2%) weniger als im Oktober 2013
    • 2,733 Millionen registrierte Arbeitslose – 68.000 (2,4%) weniger als im Oktober 2013
      Veränderungsraten (registrierte Arbeitslose) in den Ländern (Oktober 2013 – Oktober 2014):

      • Männer und Frauen: –8,5% in Mecklenburg-Vorpommern bis +0,7% in Bremen
      • Frauen –8,2% in Mecklenburg-Vorpommern bis +1,4% in Hamburg (Bund: -2,5%)
      • Männer: -8,7% in Mecklenburg-Vorpommern bis +0,8% in Bremen (Bund: -2,4%)
      • unter 25 Jahre: -25,1% in Brandenburg bis +1,0% in Hamburg (Bund: -7,7%)
    • Von den 2,733 Millionen Arbeitslosen waren 836.000 (30,6%) im Rechtskreis SGB III (bei den 156 Arbeitsagenturen!) und 1,896 Millionen (69,4%) im Rechtskreis SGB II (Hartz IV) (bei den 408 Jobcentern!) registriert. (Oktober 2013: 69,0%)
    • Als Arbeitsuchende waren im Oktober 2014 insgesamt 4,887 Millionen Frauen und Männer registriert, 84.000 (1,7%) weniger als im Oktober 2013.
    • Die von der Statistik der BA ermittelte „Unterbeschäftigung ohne Kurzarbeit“ betrug im Oktober 2014 3,636 Millionen, 115.000 (3,1%) weniger als im Oktober 2013.
    • Nach vorläufigen, hochgerechneten Daten hatten im Oktober 2014 789.000 (arbeitslose und nicht arbeitslose) Frauen und Männer Anspruch auf das
      beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld (SGB III) und 4,314 Millionen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Bereinigt um die Zahl der etwa 89.000 sog. Aufstocker/Parallelbezieher (Bezug von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II) hatten im Oktober 2014 etwa 5,014 Millionen erwerbsfähige Frauen und Männer Anspruch auf Arbeitslosengeld (SGB III) und/oder Arbeitslosengeld II, „64.000 … weniger“als ein Jahr zuvor.

    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung
und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF]

    Siehe auch: Bundesagentur für Arbeit, Monatsbericht Oktober 2014 [PDF]

  7. Transatlantischer Sozialabbau
    Der deutsche Wohlfahrtsstaat ist amerikanischer geworden. Anders als in den USA gibt es allerdings nach wie vor den Rechtsanspruch auf ein staatlich garantiertes Existenzminimum.
    Was den Sozialstaat angeht, bestehen nach gängiger Auffassung fundamentale Unterschiede zwischen Deutschland und den USA: In der einschlägigen Literatur stehe Deutschland stellvertretend für den Typ des konservativen Wohlfahrtsregimes, die Vereinigten Staaten hingegen verkörperten das liberale Modell, schreibt Martin Seeleib­Kaiser in den WSI-Mitteilungen*. Demnach vertrauen die Deutschen auf das Konzept der Sozialversicherung zur Statussicherung, die Amerikaner setzen dagegen auf private Vorsorge sowie auf bedürftigkeitsabhängige staatliche Maßnahmen. Der Politikwissenschaftler von der Universität Oxford hat untersucht, inwieweit die reale Entwicklung dies widerspiegelt. Seiner Analyse zufolge lässt sich ein Konvergenzprozess zwischen dem konservativen deutschen und dem liberalen amerikanischen Modell feststellen sprich: die beiden Systeme nähern sich einander an. Ein Unterschied bleibe allerdings bestehen: Mittellose im Erwerbsalter erhielten in den Vereinigten Staaten faktisch keine staatliche Unterstützung und würden systematisch kriminalisiert.
    Seeleib-Kaiser unterscheidet in seinem historischen Überblick zwei Phasen. Bis Mitte der 1970er-Jahre zu Zeiten des industriellen Wohlfahrtskapitalismus seien Sozialleistungen auf beiden Seiten des Atlantiks ausgebaut worden, in den USA vor allem in Form betrieblicher Zuwendungen. Zuzüglich der staatlichen Leistungen hätten amerikanische Arbeitnehmer in Schlüsselindustrien ein Niveau der sozialen Sicherung erreicht, das dem in Europa ungefähr entsprach. Bei gleichzeitig stabilem Wirtschaftswachstum ging die offizielle Armutsquote zwischen 1960 und 1975 von 22 auf 12 Prozent zurück. In Deutschland hätten zu dieser Zeit sowohl die Rente als auch die Arbeitslosenversicherung dem Prinzip der Lebensstandardsicherung entsprochen. Die Netto-Lohnersatzrente für Eckrentner, die 45 Jahre Beiträge bezahlt und durchschnittlich verdient haben, betrug 70 Prozent, etwa zwei Drittel der Arbeitslosen hatten Anspruch auf Leistungen in Höhe von 68 Prozent des letzten Gehalts.
    Nach dem „Goldenen Zeitalter“ habe die Deindustrialisierung in beiden Ländern die Arrangements zur sozialen Sicherung untergraben, stellt der Autor fest. So sank die Reichweite der betrieblichen Altersversorgung in den USA zwischen 1979 und 2010 von 50,6 auf 42,4 Prozent. Zudem hätten sich die Modalitäten der Programme größtenteils geändert: Den meisten Beschäftigten würden nicht mehr bestimmte Auszahlungsbeträge garantiert, die Rentenhöhe hänge vom Kapitalmarkt ab. Zugleich sei es zu Kürzungen bei den staatlichen Sozialleistungen gekommen, vor allem bei den Zuwendungen für Alleinerziehende und Langzeitarbeitslose.
    Noch tiefgreifender waren nach Seeleib-Kaisers Einschätzung allerdings die Änderungen am deutschen Modell. Da künftige Rentner nur noch mit einer Netto-Lohnersatzrate von 52 Prozent rechnen könnten und betriebliche Vorsorge in vielen Branchen wenig verbreitet sei, stehe ein Anstieg der Altersarmut zu erwarten. Infolge der Hartz-Reformen bezögen nur noch 40 Prozent der Erwerbslosen einkommensbezogene Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Von 13,6 Prozent auf über 20 Prozent habe in Deutschland zwischen 1996 und 2010 die Niedriglohnbeschäftigung zugenommen, die in den USA im gleichen Zeitraum stabil bei 25 Prozent lag. Insofern sei eine Annäherung an das amerikanische System deutlich erkennbar.
    In einer Hinsicht unterschieden sich die beiden Länder allerdings nach wie vor grundsätzlich, urteilt Seeleib-Kaiser: Der deutsche Staat sei per Grundgesetz verpflichtet, das Existenzminimum aller Bedürftigen zu gewährleisten. Die USA dagegen hätten kein bedingungsloses bundesweites Sozialhilfeprogramm, die große Mehrheit der Langzeitarbeitslosen ohne Kinder habe keinerlei Zugang zu Transferzahlungen, sondern bekomme allenfalls Lebensmittelmarken. Die Folge: Über 10 Prozent der Amerikaner leben in extremer Armut, müssen mit weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens auskommen. In Deutschland trifft das auf etwa 4 Prozent zu. Darüber hinaus verfolge der amerikanische Staat eine Politik der Kriminalisierung von Outsidern: Zuletzt waren in den USA von 100.000 Einwohnern 743 inhaftiert, in Deutschland waren es 85. Die soziodemografischen Merkmale der amerikanischen Gefängnisinsassen ähnelten denen der europäischen Langzeitarbeitslosen. Für viele sozialpolitische Outsider, so der Politologe, hat sich der amerikanische Wohlfahrtsstaat in einen Strafstaat verwandelt.
    Quelle 1: Martin Seeleib-Kaiser: Wohlfahrtssysteme in Europa und den USA: Annäherung des konservativen deutschen Modells an das amerikanische?, in: WSI-Mitteilungen 4/2014
    Mehr Informationen unter boecklerimpuls.de
    Quelle 2: Welt der Arbeit Newsletter (Franz Kersjes)
  8. Revidierte Beschäftigungsstatistik und Rente -»Jo-Jo-Effekt« beim Anpassungssatz
    Im August 2014 hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Revision der Beschäftigungsstatistik vorgenommen. Im Ergebnis steigt hierdurch die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Über Umwege hat dies Auswirkungen auf die künftige Höhe der Rentenanpassungen. Im kommenden Jahr steigen die Renten schwächer als im Szenario ohne Revision der Statistik, im darauf folgenden Jahr fällt der Zuwachs aus dem gleichen Grund stärker aus. Am Ende kompensieren sich die beiden Effekte weitgehend. Wie aber sehen die rechnerischen Zusammenhänge genau aus?
    Quelle: Johannes Steffen in Portal Sozialpolitik
  9. Sozialgericht erweitert Anspruch auf Hartz IV
    Eine neue Belastung könnte auf deutsche Kommunen zukommen: Auch im Ausland lebende Kinder von Hartz-IV-Empfängern haben Anrecht auf deutsche Sozialleistungen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.
    Auch im Ausland lebende Kinder von Hartz-IV-Empfängern können in Deutschland Sozialleistungen beanspruchen, wenn sie hier ihre Eltern besuchen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel am Dienstag entschieden. Denn für Kinder, die selbst noch nicht erwerbsfähig sind, ist der „gewöhnliche Aufenthalt“ in Deutschland keine Voraussetzung für einen Anspruch auf Sozialleistungen.
    Die Richter in Kassel hatten über den Fall zweier Kinder deutscher Staatsangehörigkeit zu entscheiden, die in Tunesien bei ihren Großeltern wohnen, während ihre Eltern in Deutschland leben und Harz-IV-Leistungen erhalten. Während der tunesischen Schulferien von Anfang Juli bis Ende September kamen die Kinder für drei Monate zu ihren Eltern nach Bocholt in Nordrhein-Westfalen.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Dazu: Sozialamt Deutschland
    Das jüngste Hartz-IV-Urteil des Bundessozialgerichts ist ein weiteres fatales Signal auf dem Weg in ein anderes Land. Es fügt sich aber in eine Rechtsprechung, die Europa als Solidargemeinschaft sieht – mit Deutschland als zentralem Sozialamt. (…)
    Das ist ein weiteres fatales Signal auf dem Weg in ein anderes Land. Es fügt sich aber leider in eine Rechtsprechung, aber auch einen politischen Willen, Europa vor allem als Solidargemeinschaft zu sehen – mit Deutschland als zentralem Sozialamt. Dabei steht hinter der Grundidee der europäischen Freizügigkeit das Ideal, dass jeder für sich selbst sorgen kann – und will. Das deutsche Sozialsystem, ja jede Solidarität bräche zusammen, wenn allen, die auch nur zeitweise ins Land kommen, die gleichen Sozialleistungen wie deutschen Staatsangehörigen versprochen und gezahlt würden.
    Vor diesem Hintergrund klingen Forderungen nach schrankenloser Aufnahme von Flüchtlingen wie Beihilfe zum staatlichen Suizid. Natürlich kann man stets fragen, ob Deutschland noch mehr humanitäre Hilfe leisten kann. Aber Hilfe für wen? Schon die Euro-Rettungspolitik wird von einem einseitigen Solidaritätsverständnis getragen. Dringend geholfen werden muss Menschen in Not. Aber nicht allen gleichermaßen, die es insbesondere aus europäischen Nachbarländern irgendwie hierher geschafft haben. Auch das wäre menschenunwürdig.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine

    Anmerkung H.R.: Die Kasseler Richter haben eine Entscheidung getroffen, die der Realität entspricht. Der FAZ-Kommentar ist eine Frechheit: Nicht das Urteil ist ein “fatales Signal auf dem Weg in ein anderes Land”, sondern die neoliberale Politik mit ihren menschenverachtenden Auswirkungen. Er erweckt außerdem fast den Eindruck als wolle er zum Rassismus aufrufen, wenn vom “staatlichen Suizid” durch “schrankenlose Aufnahme von Flüchtlingen” die Rede ist.

  10. Scharfe Kritik an Dobrindts Maut-Gesetz “Ökonomisch und ökologisch sinnlos”
    Das Maut-Gesetz von Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat heftige Kritik in der Opposition und in den Ländern ausgelöst. Der Linken-Verkehrsexperte Herbert Behrens bezeichnete Dobrindts Konzept als “katastrophal”. Es sei zweifelhaft, dass die Einnahmen am Ende die Ausgaben “überhaupt übersteigen”. “Murks bleibt Murks”, sagte Grünen-Chefin Simone Peter. Die Maut mache “weder ökologisch noch ökonomisch Sinn.”
    “Ich fürchte, Herr Dobrindt rechnet sich die Sache schön”, sagte der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD). Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) meinte, die Maut spiele weder die notwendigen Einnahmen ein, noch sei damit der Verkehr sinnvoll zu lenken.
    Im Nachbarland Österreich stießen Dobrindts Pläne auf Ablehnung. “Es bleibt dabei: EU-Bürger dürfen auf deutschen Straßen nicht diskriminiert werden”, sagte der österreichische Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ). “Sollte sich – entgegen der ersten Einschätzung der Kommission – herausstellen, dass EU-Bürger diskriminiert werden, werden wir das gegenüber Deutschland klar zur Sprache bringen und rechtliche Schritte einleiten.”
    Quelle: Tagesschau
  11. „Kosteneffizient bleiben?“ Erster Kommentar zum Grünbuch des BMWi
    Wie es sich gehört, stellt das BMWi dem Grünbuchs „Ein Strommarkt für die Energiewende“ die Ziele voran. „Energieversorgung soll umweltverträglicher werden und dabei sicher und kosteneffizient bleiben“. Dabei beruft es sich auf das energiepolitische Zieldreieck. Stutzig macht die Zielsetzung „kosteneffizient bleiben“.
    Schauen wir im 2. Monitoringbericht des BMWi „Energie der Zukunft“ vom 8. April 2014 nach, in dem laut Entwurf des Grünbuchs vom 23. Oktober 2014 „Die Bundesregierung … die Ziele des Energiekonzepts … ausdrücklich bekräftigt [hat]. Dort finden wir den Begriff „Wirtschaftlichkeit“ übergeordnet. Stellenweise wird auch, wie übrigens auch im Koalitionsvertrag (vgl. Kommentar in den Nachdenkseiten vom 18.11.2013) direkt die „Bezahlbarkeit“ als Ziel neben “Umweltverträglichkeit“ und „Sicherheit“ genannt. einem In den Ausführungen zu diesem Ziel wird anerkannt, dass dies mehr bedeutet als Kosteneffizienz, die aber als entscheidend für die „Bezahlbarkeit“ bezeichnet wird.
    Quelle: elsud
  12. Deutschland verweigert Zustimmung zu UN-Resolution über Uranmunition
    Die deutsche IPPNW-Sektion appelliert in einem Brief an das Auswärtige Amt, morgen in der UN-Generalversammlung für die Resolution zu den Folgen von Uranmunition zu stimmen. Nach Informationen der Internationalen Koalition zur Ächtung von Uranwaffen (ICBUW) plant Deutschland, im Bündnis mit Staaten wie Rumänien, Russland und der Ukraine, gegen die UN-Resolution zu stimmen. “Diese Position ist für uns Ärzte völlig unverständlich, da die Beweise für langfristige und schwerwiegende Gesundheitsschäden durch den Einsatz von Uranmunition inzwischen erdrückend sind”, erklärt Dr. Angelika Claußen (IPPNW).
    Laut einer aktuellen Analyse der ICBUW schädigt abgereichertes Uran (depleted úranium) die DNA auf zweifache Weise: als Schwermetall ist es ein chemisches Zellgift, als Alphastrahler verursacht es radioaktive Schäden. Für den Bericht wurden über 50 qualifizierte Studien ausgewertet.
    Quelle: IPPNW
  13. Mythos Trümmerfrau: Den Kriegsschutt räumten andere weg
    Wer hat nach dem Krieg die Schuttberge weggeräumt? Meist nicht Trümmerfrauen, obwohl dies viele meinen. Zu diesem Ergebnis kommt die Historikerin Leonie Treber in ihrer Dissertation, die sie an der Universität Duisburg-Essen (UDE) ablegte. Ihre auch als Buch erschienene Arbeit wurde jetzt mit dem begehrten Nachwuchspreis der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung ausgezeichnet.
    Treber: „Das Räumen der im Luftkrieg anwachsenden Trümmermassen begann schon im Krieg. Verpflichtet wurden vor allem Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. Aber auch Bauhandwerker und Wehrmachtsangehörige waren im Einsatz.“ Nach dem Krieg wurden in erster Linie professionelle Firmen mit schwerem Gerät und Fachkräften beauftragt. Zur Sühne mit einbezogen waren auch ehemalige Parteimitglieder und deutsche Kriegsgefangene. Fehlten Arbeitskräfte, versuchte man dies durch Bürgereinsätze und dienstverpflichtete Arbeitslose auszugleichen.
    Dies waren in der Regel Männer: Denn in der amerikanischen und französischen Besatzungszone war man strikt dagegen, Frauen in die Trümmerräumung einzubinden. In der englischen Zone griff man zwischen 1945 und 1947 nur auf eine geringe Zahl von arbeitslosen Frauen zurück. Anders war es in Berlin und in der sowjetisch besetzten Zone (SBZ): Hier wurden relativ viele Frauen eingesetzt. Und genau hier entstand auch der Mythos um die Trümmerfrauen.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
  14. On Realism, Old and New
    With new threats to the peace, it’s more important than ever to be clear about America’s core national interests.
    Though few people realize it, it was Bill Clinton who first uttered the phrase on which U.S. foreign policy has remained so hopelessly fixated ever since. During his 1996 re-election campaign, striving to describe America’s role in the world, Clinton began to speak of this country as the “indispensable nation.” In his acceptance speech at the Democratic National Convention that year, Clinton proclaimed, “We remain the world’s indispensable nation to advance prosperity, peace, and freedom and to keep our own children safe from the dangers of terror and weapons of mass destruction.” (Clinton himself apparently got this phrase from historian James Chace and adviser Sid Blumenthal.) The words stuck and became a regular catchphrase for his second-term secretary of state, Madeleine Albright—so much so that many people mistakenly attribute the words to Albright.
    Quelle: American Prospect
  15. 12. Studierendensurvey veröffentlicht
    Deutschlands Hochschüler sind „zufrieden“: mit ihrem Studium, mit sich, mit der Welt – mit so ziemlich allem. Das haben Wissenschaftler der Universität Konstanz herausgefunden. Das freut auch die Bundesregierung, die Auftraggeberin der Studie. Die Befunde belegten, dass sie mit ihren Reformen richtig liegt, meint Bildungsministerin Johanna Wanka. Nur eines macht der CDU-Politikerin Kummer: Studenten sind so schrecklich unpolitisch.
    Die Berliner Morgenpost titelte bereits am Montag: „Deutsche Studenten sind glücklich.“ Da war der „12. Studierendensurvey an Universitäten und Fachhochschulen“ noch gar nicht veröffentlicht, aber irgendwie doch schon etwas durchgesickert. Und was die Springer-Presse aufschnappt, wird gnadenlos rausgehauen. Selbst mit einem Zitat von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) wurde nicht hinterm Berg gehalten: „Die Ergebnisse zeigen: Trotz der stark gewachsenen Studienanfängerzahlen sehen die meisten ihre Studiensituation positiv.“ Wer hat das der Zeitung bloß gesteckt?
    Quelle: Studis Online
  16. Wo sind die festen Stellen?
    Eines der brennenden Probleme im deutschen Wissenschaftsbetrieb ist das Fehlen von Zukunftschancen für Doktoranden und wissenschaftliche Mitarbeiter wie mich. Wie viele andere junge Wissenschaftler auch, bin ich deshalb fürs Erste ins Ausland gegangen. In Deutschland habe ich keine Perspektive gesehen.
    Ein Hauptgrund für meine Zukunftsangst ist der Mangel an festen Stellen im sogenannten wissenschaftlichen Mittelbau. Das sind Stellen unterhalb der Professorenebene für Mitarbeiter, die in Lehre und Forschung tätig sind, ohne dabei selbst eine ganze Arbeitsgruppe zu leiten.
    Nicht jeder Doktorand oder Postdoc kann auch Professor werden, dafür gibt es bei weitem nicht genügend Lehrstühle. Doch auch im Mittelbau fehlen Stellen. Denn vor ein paar Jahren hat der Gesetzgeber die Anstellung von Wissenschaftlern nach der Promotion in befristeten Arbeitsverhältnissen auf sechs Jahre beschränkt. Gleichzeitig wurden fast alle unbefristeten Stellen im Mittelbau gestrichen.
    Was bleibt, sind Forscher wie ich in einer Zwickmühle. Ich würde gerne nach Deutschland zurückkehren und dort an einer Universität forschen und lehren. So könnte ich meiner Passion nachgehen und gleichzeitig etwas von der Ausbildung, die ich in Deutschland genießen durfte, zurückgeben. Ich würde mit Anfang 30 gerne irgendwo ein Leben beginnen, mit der Aussicht, dauerhaft meinem Beruf nachgehen zu dürfen. Doch ich fürchte mich vor einem de facto Berufsverbot nach sechs Jahren, falls ich bis dahin keine Professur ergattern konnte.
    Quelle: Zeit
  17. ABS-Gutachten: Studiengebühren für ausländische Studierende rechtswidrig
    Der Präsident der TU München Wolfgang A. Herrmann will Studiengebühren für internationale, Nicht-EU Studierende, einführen. So will er für seine „unternehmerische Hochschule“ mehr Geld einnehmen. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) beauftragte hierzu ein Rechtsgutachten. Das Ergebnis: Die Studiengebühren für ausländische Studierende würden gegen den UN-Sozialpakt verstoßen.
    Der Präsident der TU München bezieht sich nach eigener Aussage auf eine „gängige internationale Erfahrung“. Um eine auf geltenden deutschen Recht fußende „Erfahrung“ kann es sich dabei nicht handeln, stellt das ABS fest.
    Ein vom ABS im Februar 2014 in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zu der in Baden-Württemberg geplanten ‘Zulässigkeit der Erhebung von Studiengebühren bei Nicht-EU-Ausländern’ widerspricht der Rechtmäßigkeit der Erhebung von Studiengebühren für internationale Studierende.
    Die Erhebung einer Studiengebühr allein von Studierenden aus Nicht-EU Staaten bei gleichzeitiger Gebührenfreiheit aller anderen Studierenden ist mit Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 2 c UN- Sozialpakt nicht vereinbar.
    Nach Art. 3 Abs. 1 sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich, nach Art. 3 Abs. 3 GG darf niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
    Auch das Argument, Studierende aus Nicht-EU-Staaten würden den deutschen Staat nur Geld kosten, lässt sich widerlegen. Nicht alle kehren nach ihrem Studium in ihre Heimatländer zurück, einige bleiben, arbeiten und zahlen Steuern. Nach einer Studie aus dem Jahre 2012 des Niederländischen Institut für ökonomische Politikanalysen (CPB) im Auftrag der dortigen Regierung zu den Effekten ausländischer Studierender in den Niederlanden ergibt sich ein wirtschaftlich positiver Effekt, der die staatlichen Kosten der Ausbildung ausländischer Studierender überwiegt, bereits dann, wenn 2,5 % der Studierenden nach dem Studium in den Niederlanden blieben.
    Darüber hinaus herrscht im Abgabenrecht die Meinung, dass bei der gleichen Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung auch gleich hohe Gebühren zu zahlen sind, eine unterschiedliche Inanspruchnahme hingegen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zu unterschiedlichen Gebühren und ein Auswärtigen-Zuschlag also nicht erhoben werden darf.
    Nach Art. 2 Abs. 2 UN-Sozialpakt verpflichten sich die 20 Vertragsstaaten zu gewährleisten, dass die in dem Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung ausgeübt werden.
    Da Studiengebühren gegenüber dem Ziel der Einführung der allmählichen Unentgeltlichkeit von Hochschulbildung einen Rückschritt darstellen, muss hier besonders darauf geachtet werden, nicht zu diskriminieren.
    Eine Einführung von Studiengebühren nur für ausländische Studierende wäre jedoch definitiv eine Diskriminierung.
    Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.04.2009, Az.: 6 C16/08 betont, dass dem gleichheitsrechtlichen Bezug des Art. 13 Abs. 2 c des UN-Sozialpaktes, wonach der Zugang zur Hochschulbildung vor allen Dingen diskriminierungsfrei ausgestaltet sein muss, (…) nicht gleichheitswidrig gestaltet sein darf.
    Der Anteil an Studierenden aus Ländern mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen ist in den letzten Jahren rückläufig, wie in der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes festgestellt. Insofern sollte sich Herr Hermann vorzugsweise mit der Verbesserung der Situation von Studienbedingungen für internationaler Studierenden beschäftigen. Er sollte sich an der geltenden Rechtslage orientieren und Studiengebühren eine Absage erteilen!
    Quelle 1: Pressemeldung des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren
    Quelle 2: Rechtsgutachten der Kanzlei Meisterernst, Düsing und Manstetten [PDF]


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